aktuell Saison 2008/09 Editorial
Liebes Publikum Doppelte Festspielfreuden künden sich an: Nach dem grossen Erfolg der vergangenen zwei Jahre wird die basel sinfonietta auch im kommenden Sommer an den Salzburger Festspielen zu erleben sein – zum nunmehr dritten Mal in Folge. Wenige Wochen später wird das Orchester gemeinsam mit dem Kunstfest Weimar, das von Nike Wagner geleitet wird, ein weiteres aussergewöhnliches Konzert präsentieren. Im Zentrum stehen jeweils Werke des 20. Jahrhunderts in üppigen Besetzungen mit mehr als hundert MusikerInnen. Damit manifestiert sich deutlich die Leitfunktion, die sich die basel sinfonietta als grosses Orchester für zeitgenössische Musik erarbeitet hat. Mit hohem Können, grosser Hingabe und viel Mut hat es das Orchester geschafft, sich als wichtige Stimme nicht nur in Basel, sondern auch im internationalen Konzertbetrieb Gehör zu verschaffen. Die Region Basel profitiert von diesem Leuchtturm der Neuen Musik. Die langjährige innovative Arbeit der basel sinfonietta strahlt auf die ganze Schweiz als Land, in dem Visionen Wirklichkeit werden. Doch auch Qualität hat ihren Preis. Da unser Orchester nach wie vor um die Sicherung der existenziellen Zukunft kämpft, müssen wir an dieser Stelle mit Nachdruck auf die Zusammenhänge zwischen Weltniveau und Finanzierung aufmerksam machen. Um die herausragende Qualität der basel sinfonietta dauerhaft zu sichern, benötigen wir Freunde und Förderer, die uns auf dem eingeschlagenen Weg unterstützen. Thomas E. Preiswerk, der im Laufe dieser Saison altershalber als Sponsoringleiter von Novartis ausscheiden wird, ist einer dieser treuen Freunde, die das Orchester bereits seit vielen Jahren unterstützen. Ihm und der Novartis möchten wir hierfür herzlich danken. Nun wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Lesen der «aktuell» und freue mich, Sie zu unseren nächsten Konzerten begrüssen zu dürfen! Ihr Harald Schneider, Geschäftsführer
Andreas Gutzwiller, Experte für traditionelle japanische Musik
«Arcana»: Geheimnis
Wenn das Orchester Feuer fängt Mit Sergej Prokofjews dritter Sinfonie und der Orchesterkomposition «Arcana» von Edgard Varèse stehen im Januar-Konzert der basel sinfonietta Werke zweier exzentrischer Individualisten auf dem Programm, ergänzt durch eine Uraufführung des jungen Basler Komponisten Martin Jaggi «Explosiv»: Dieser Begriff beschreibt wohl am besten die musikalische Kraft, mit der die basel sinfonietta ins neue Jahr vorsprengt. Bei den Werken von Edgard Varèse und Sergej Prokofjew scheint der Konzertsaal förmlich in Flammen zu stehen vor ungebändigter Orchesterwucht. In der dritten Sinfonie, 1928 in Paris geschrieben, verarbeitet Prokofjew musikalisches Material seiner Okkultismus-Oper «Der feurige Engel», für die er sich vergeblich um eine Aufführung bemüht hatte. Mit Teufelsaustreibungen, Geistererscheinungen und Hexenverbrennungen lässt der Komponist darin das Europa der Inquisition wiederaufleben, und es scheint, als hätte das wilde Heer ohne grosse Umschweife seinen Weg von der Bühne in den Konzertsaal gefunden. Prokofjews dritte Sinfonie ist ein orchestraler Exorzismus von gewaltiger Sogkraft. Dem steht Edgard Varèses fulminantes Instrumentalfeuerwerk «Arcana» in Nichts nach: Ganze 20 Minuten lang entlädt sich das Orchester in wilden Klangblitzen und lässt dabei gängige Formvorstellungen links liegen. Zu den «Grandseigneurs» der klassischen Moderne gesellt sich auch eine Stimme der jüngeren Generation: Solo-Cellist Martin Jaggi (*1978), ausgezeichnet mit dem Förderpreis der Ernst von Siemens-Kulturstiftung, stellt sich mit der gross besetzten Uraufführung «Moloch» erstmals dem sinfonietta-Publikum als Komponist vor.
Von der Arbeit am Klang Dirigent Stefan Asbury im Gespräch Beim «Arcana»-Konzert im Januar arbeiten Sie zum vierten Mal mit der basel sinfonietta zusammen. Was ist das Besondere an diesem Orchester? Die MusikerInnen der basel sinfonietta beweisen stets grosses Engagement: Egal wie schwierig ein Werk auch sein mag, sie arbeiten so hart als möglich, um auf höchstem Niveau zu spielen. Es gibt nur wenige Berufe, für die ein solch hohes Mass an Autorität vonnöten ist, wie der des Dirigenten. Stimmen Sie dieser Aussage zu? Ich habe wenig Erfahrung in anderen Berufen – daher kann ich mir eigentlich kein Urteil erlauben. Aber es stimmt: Ohne Autorität ist es sehr schwer, mehr als 100 Menschen sinnvoll zu lenken. Man sagt, dass ein Orchester in dem Moment, in welchem der Dirigent das Podium betritt, merkt, ob er diese Fähigkeit besitzt oder nicht. Mit der Komposition von Martin Jaggi steht im Januar-Konzert auch eine Uraufführung auf dem Programm. Wie nähern Sie sich einem Werk, das Sie noch gar nicht kennen? Ich gehe sehr sorgfältig vor, wenn ich mir eine neue Partitur erarbeite und mache viele Notizen. Ich bemühe mich, mir so viele Details wie möglich in meiner Dirigierpartitur zu notieren. Gewöhnlich arbeite