Engelsloge n°50

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Oper

KLANG DER KÜSTE Während seiner Zeit in den USA löste eine britische Erzählung Benjamin Brittens Oper Peter Grimes, seine Rückkehr nach England und ein Orchestermeer an widerstreitenden Emotionen aus. Ein Panorama.

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sich die Freundschaft zu seinem Reisegefährten Pears zur Liebesbeziehung, die bis zu Brittens Tod währen sollte. Der beginnende Krieg machte aus der privaten Aus­ landsreise eine Exilsituation. In diese Zeit fiel die Begeg­ nung mit dem Werk des Dichters George Crabbe und spe­ ziell mit dessen Verserzählung The Borough von 1810. Die Schilderung einer ostenglischen Küstenstadt (Aldeburgh) und ihrer Bewohner ließ in Britten die Sehnsucht nach sei­ ner Heimat übermächtig werden. Rückblickend schrieb er, dass Crabbe in ihm „ein Gefühl der Sehnsucht nach Suf­ folk“ hervorgerufen hätte: „Plötzlich wurde mir bewusst, wo ich hingehörte und was mir fehlte“ – der Entschluss, nach England zurückzukehren, und derjenige, aus Crabbes Geschichte eine Oper zu machen, fielen praktisch gleich­ zeitig, wie ein Blitz. Insbesondere die Figur des Fischers Peter Grimes faszinierte Britten. So, wie der Grimes der Oper sich nicht vorstellen kann, irgendwo anders zu leben („I am a native, rooted here“ – hier bin ich geboren und verwurzelt), brauchte Britten den Geruch des Meeres und den Klang der Küste seiner Heimat. Allerdings ist Grimes in der Erzählung eine ganz andere Gestalt als diejenige, die Britten aus ihm gemacht hat. Bei Crabbe ist er ein verkom­ mener Mensch: Er treibt seinen Vater in den Tod, lebt seine sadistischen Fantasien an wehrlosen Jungen aus, die er

Den Klang seiner britischen Heimat vergaß Benjamin Britten auch während seines Aufenthalts in den USA nicht. Die Sehnsucht nach Meer und Küste spiegelt sich in seiner Oper.

Engelsloge

FOTO: GETTY IMAGES/KURT HUTTON, UNSPLASH/MILO MCDOWEILL

„Mit der Welt im Zwist“: so beschrieb Leonard Bernstein seinen englischen Kollegen und Freund Benjamin Britten. In Peter Grimes, seiner ersten Oper, hat Britten einen sol­ chen Menschen porträtiert – einen Menschen, der spürt, dass er der Welt etwas zu geben hat, der sein Talent aber auch als belastende Verpflichtung empfindet; einen Außen­ seiter von früh an, der sich mit zunehmendem Erfolg im­ mer mehr mit dem Establishment arrangieren muss. Der Schriftsteller Ronald Duncan, langjähriger Mitarbeiter und Librettist von Britten, meinte, der Komponist sei „ein Mann auf der Flucht vor sich selbst, der oft andere für die Sünde bestrafte, die er begangen zu haben glaubte. Er war ein Mann auf der Streckbank“. Die späten 1930er und frühen 1940er Jahre waren für Britten der Wendepunkt, die Zeit, in der sich seine Zukunft entschied. 1913 geboren, war er schon früh als Komposi­ tionsbegabung aufgefallen. Bei der Mitwirkung an Doku­ mentar­ und Werbefilmen wie für die britische Post kam er mit dem Dichter W. H. Auden in Kontakt. Auden klärte und verstärkte Brittens pazifistische Neigungen. Als Linksintel­ lektueller vertrat Britten seine Meinung öffentlich als Mit­ glied in der Musicians’s Organisation for Peace und als Vizepräsident des Arbeitermusikvereins ebenso wie mit seiner Musik zu dem Film Peace of Britain und mit einem Pacifist March für die Peace Pledge Union. Dass er den Kriegsdienst verweigern würde, war da nur folgerichtig. So wurde das Leben im auf den Zweiten Weltkrieg zusteuern­ den Europa für ihn zunehmend unerträglich; auch künstle­ risch fühlte er sich an einem toten Punkt angelangt. Nicht zuletzt musste er sich mit der Tatsache auseinandersetzen, schwul zu sein. Homosexualität war zu dieser Zeit in Eng­ land strafbar. Kaum vierzig Jahre zuvor hatte man Oscar Wilde deswegen in den Tod getrieben. Und so ging Britten mit dem befreundeten Tenor Peter Pears im April 1939 auf eine Reise in die USA. Gemeinsam mit Auden entstand dort eine revueartige Laien­Operette über die amerika­ nische Legendenfigur Paul Bunyan. Doch während sich Brittens und Audens Wege danach trennten, verwandelte


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