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Faire Wettbewerbsbedingungen im Luftverkehr Neun Kernforderungen für den Luftverkehr
22. März 2021
Hintergrund 23. Oktober 2017 Der Luftfahrtstandort Deutschland hat nicht nur eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung, sondern ist auch Garant der individuellen Mobilität – für Geschäftsreisende wie für Privatreisende. Als führende Exportnation braucht Deutschland eine effiziente Verknüpfung mit anderen Wirtschaftsregionen in der Welt. Voraussetzung dafür sind faire Wettbewerbsbedingungen, damit die deutsche Luftverkehrswirtschaft international konkurrenzfähig sein kann und sich die deutsche Exportwirtschaft auf ein funktionierendes und an den Bedürfnissen angepasstes Streckennetz verlassen kann. Während sich der Luftverkehr pandemiebedingt weltweit aktuell in der tiefsten Krise seit Bestehen der zivilen Luftfahrt befindet, sieht er sich in der aktuellen politischen Diskussion in Deutschland zunehmend auch noch mit restriktiveren Rahmenbedingungen konfrontiert. Infolge der Corona-Krise ist der weltweite Luftverkehr 2020 um zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen und kam mit seinem Tiefpunkt im April (mit -94%) fast vollständig zum Erliegen; erst im Juni 2020 war ein langsamer, zögerlicher Wiederhochlauf zu verzeichnen. Insgesamt ging der Passagierverkehr aus und nach Deutschland sogar noch stärker zurück als im weltweiten und europäischen Schnitt. Ein funktionierender Luftverkehr sowie eine reibungslose Luftfrachtlogistik sind Voraussetzung für den Wiederhochlauf der Industrie. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die Luftfracht eine unverzichtbare Stütze für die Exportnation Deutschland und ihre Schlüsselindustrien ist. Wichtige, gerade auch im Kampf gegen Corona dringend notwendige Warengruppen, wie medizinische Schutzgüter, Pharmazieoder Chemieprodukte, werden über die Luft international schnell transportiert. Der Luftverkehr hat eine entscheidende Funktion innerhalb von Logistik- und Transportketten und ist auch als Netzwerk in der globalisierten Welt unabdingbar. Der Luftverkehr verbindet Menschen und Märkte sowie deutsche Unternehmen mit wichtigen Handelspartnern und Absatzmärkten in Europa und der Welt. Mithilfe des Luftverkehrs nimmt die deutsche Wirtschaft an weltweiten Warenströmen teil und sichert den Austausch mit anderen Nationen. Deutschland braucht leistungsfähige Flughafenstandorte; sie müssen sich bedarfsgerecht weiter entwickeln können. Die Stärkung von Passagier- und Luftfrachtdrehkreuzen wie Frankfurt, München bzw. Leipzig/Halle und Köln/Bonn spielen in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle. Denn nur eine
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Faire Wettbewerbsbedingungen im Luftverkehr
Bündelung von Passagier- und Luftfrachtverkehrsströmen über Drehkreuze ermöglicht eine Vielzahl wichtiger Interkontinentalverbindungen und trägt gleichzeitig Dank einer besseren Auslastung der eingesetzten Kapazitäten erheblich zu einer Reduzierung des Treibstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen bei. Via Luftfracht wird ca. ein Drittel der gesamten deutschen Exportwerte transportiert. Dazu gehören nahezu ausschließlich Waren, wie dringend benötigte Ersatz- und Bauteile, Medizinprodukte und Arzneimittel sowie verderbliche Güter des täglichen Bedarfs. Über 90 Prozent des Frachtaufkommens werden in den Frachtzentren der Flughäfen Frankfurt, Leipzig/Halle, Köln/Bonn und München abgefertigt. Diese internationalen Drehkreuze bilden das Rückgrat für eine stark exportorientierte Wirtschaftsnation wie Deutschland und sind für hier ansässige Unternehmen ein bedeutender Standortfaktor. Darüber hinaus haben gute internationale Luftverkehrsverbindungen nicht nur für Geschäftsreisende, sondern auch für den Privatreisesektor, den Zugang zu globaler Aus- und Weiterbildung sowie die touristische Nachfrage eine hohe Bedeutung. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die Luftfracht eine unverzichtbare Stütze für die Exportnation Deutschland und ihre Schlüsselindustrien ist. Wichtige, gerade auch im Kampf gegen Corona notwendige Warengruppen, wie medizinische Schutzgüter, Pharmazie- oder Chemieprodukte, werden via Luftfracht international schnell transportiert. Internationale Koordination in der Luftfrachtlogistik und im Passagierverkehr sind dringend erforderlich, um den infolge der Pandemie ausgebremsten Warenhandel wieder anzukurbeln und langfristig zu gewährleisten. Denn der zeitweise dramatische Einbruch des Passagierverkehrs trifft auch die Exportwirtschaft Deutschland, die auf internationale Konnektivität über ein funktionierendes Streckennetz angewiesen ist, hart. Der Luftverkehr steckt in einer seiner schwersten Krisen und eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau wird voraussichtlich weitere zwei bis drei Jahre dauern. Die Luftverkehrsindustrie und Luftverkehrswirtschaft streben ambitioniert das Ziel eines CO2-neutralen Flugbetriebs an. Dazu investieren sie jährlich viele Milliarden in die Optimierung der Energie- und Klimaeffizienz des Luftverkehrs. Technologische Innovationen, wie effizientere Antriebstechnologie, Flottenmodernisierungen und alternativen nachhaltigen Kraftstoffen, sind hierbei die größten Hebel, den Luftverkehr und Klimaschutz in Einklang zu bringen. Über Klimaschutzinstrumente, wie den Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) oder das globale Kompensationsinstrument CORSIA, werden die CO2-Emissionen im Luftverkehr bereits heue bepreist und reduziert.
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Faire Wettbewerbsbedingungen im Luftverkehr
Inhaltsverzeichnis Bedeutung der Luftfahrtstandorte für den deutschen Außenhandel ............................................ 4 Stellenwert des Luftverkehrs in der Corona-Krise .......................................................................... 5 Klimaeffizienz im Luftverkehr ............................................................................................................ 7 Marktanteil deutscher Fluggesellschaften sinkt in Deutschland ................................................. 10 Luftsicherheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe des Staates ............................................... 13 Forderungen ...................................................................................................................................... 14 Impressum ......................................................................................................................................... 17
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Bedeutung der Luftfahrtstandorte für den deutschen Außenhandel Für den Erfolg der exportorientierten deutschen Wirtschaft ist ein wettbewerbsfähiger Luftfrachtstandort eine unabdingbare Voraussetzung: Hierzu gehört beispielsweise der Versand von dringend benötigten Ersatzteilen binnen 48 Stunden für weltweit gefragte Maschinen und Anlagen, die rasche Auslieferung von Medizintechnik und Arzneimitteln „Made in Germany“ sowie alle eilbedürftigen und meist hochwertigen Güter. Der Anteil, der aus Deutschland per Luftfracht exportierten Güter, liegt bei über 30 Prozent, bezogen auf den Warenwert aller deutscher Ausfuhren, obwohl diese nur drei Prozent des gesamten Ausfuhrvolumens ausmachen. Über 90 Prozent des Frachtaufkommens werden in den Frachtzentren der Flughäfen Frankfurt, Leipzig/Halle, Köln/Bonn und München abgefertigt. Die Konkurrenz in den Nachbarländern ist enorm. Paris, Amsterdam, London, Luxemburg, Lüttich, Mailand und Brüssel sind für die deutschen Flughäfen die größten Wettbewerber im Frachtbereich. Die EU-weit einheitlich vorgeschriebenen, jedoch in den Mitgliedstaaten durch die jeweiligen nationalen Luftfahrtaufsichtsbehörden unterschiedlich ausgelegten Verfahren bei den Luftfrachtsicherheitskontrollen, haben einen starken Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Flughäfen untereinander. Bei der Luftfracht ist ein europaweit einheitliches Vorgehen bei der Umsetzung europäischer Vorgaben zur Luftfrachtsicherheit im Hinblick auf die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs im europäischen Binnenmarkt nationalen Alleingängen vorzuziehen. Stellenwert der Luftverkehrsdrehkreuze für die Luftfracht Ein entscheidender Standortfaktor für die deutsche Wirtschaft ist die Stärkung von Drehkreuzen des Passagier- und Luftfrachtverkehrs wie Frankfurt, München, Leipzig/Halle und Köln/Bonn. Denn die Bündelung von Verkehrsströmen über Drehkreuze trägt nicht zuletzt zu einer effizienten Verkehrsabwicklung und somit zum Klimaschutz bei. Durch den Einsatz größerer Zubringer‐ und Interkontinental‐ Flugzeuge und einer reduzierten Anzahl von Flugverbindungen führt dies zu einer Verbesserung der Energieeffizienz. Während kleinere, regionale Flughäfen lokale Bedürfnisse, wie die Anbindung für Geschäftsreisende zu Luftverkehrsdrehkreuzen, an Messestandorte und für Urlaubsreisende abdecken, sind die Luftverkehrsdrehkreuze für die Anbindung des Wirtschaftsstandorts Deutschland an die Welt unabdingbar. Fast die Hälfte der aus Deutschland exportierten Luftfracht wurde in Frankfurt, derzeit noch Europas größtem Drehkreuz für „klassische“ Fracht, umgeschlagen. Im Vergleich zur europäischen und internationalen Konkurrenz wachsen deutsche Frachtfluggesellschaften sowie der Luftfrachtstandort Frankfurt unterproportional. In Frankfurt ist dafür vor allem das strikte Nachtflugverbot verantwortlich. Wachstumshemmend wirken auch die nationalen Umsetzungen von EU-Richtlinien und Verordnungen bei Zoll, Sicherheitsverfahren oder der Erhebung von Steuern (vgl. Einfuhrumsatzsteuer), die im Vergleich zum europäischen Ausland trotz einer Änderung infolge der Corona-Krise noch immer strikter ausgelegt werden und für die beteiligten Unternehmen mehr Ressourcen binden. Wo aus volkswirtschaftlicher Sicht notwendig, müssen bedarfsgerechte und international wettbewerbsfähige Betriebszeiten inklusive wirtschaftlich notwendiger Nachtflüge an deutschen Flughäfen zuverlässig garantiert werden, damit die Unternehmen am übergreifenden Welthandel über alle Zeitzonen hinweg teilnehmen können. Selbstredend muss dabei ein hohes Maß an Rücksichtnahme auf die Anwohner geboten sein. Dies schafft Planungssicherheit bei Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen gleichermaßen.
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Luftfrachtkapazitäten unter Druck durch Corona Die Waren werden nicht nur in reinen Frachtmaschinen bewegt, sondern auch in den Laderäumen von Passagiermaschinen. Rund 50 Prozent der Waren ist sogenannte „Belly-Fracht“. Insofern sind Frachtund Passagierverkehr eng miteinander verzahnt. Auf deutschen Flughäfen sank der Warentransport 2019 um 3,2 Prozent auf 4.803.464 Tonnen gegenüber dem Vorjahr und spiegelt damit die weltweite Entwicklung in der Luftfracht wider. Der Abschwung in der Luftfracht hat sich im Zuge der CoronaKrise weiter verstärkt. Zu schwelenden Handelskonflikten kam 2020 auch der coronabedingte Produktionsrückgang in Schlüsselindustrien hinzu. Zuvor hatte sich schon der Außenhandelsrückgang mit den Vereinigten Staaten und Asien deutlich in der Luftfrachtnachfrage gezeigt. Die Nachfrage nach Luftfracht war bis August 2020 durch die Krise im Vergleich zum Vorjahr rückläufig, wenn auch nicht so stark wie der Passagierverkehr. Seit September 2020 zeigen die Aus- und Einladung von Fracht an deutschen Flughäfen wieder einen positiven Wachstumstrend, bedingt durch die sich erholende Konjunktur und wiederbelebende Logistikketten, auch wenn Belly-Fracht-Kapazitäten weiterhin fehlen.
Stellenwert des Luftverkehrs in der Corona-Krise Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die Luftfracht eine unverzichtbare Stütze für die Exportnation Deutschland und ihre Schlüsselindustrien ist. Ein funktionierender Luftverkehr sowie eine reibungslose Luftfrachtlogistik sind auch Voraussetzung für den Wiederhochlauf der Industrie nach der Covid-19Pandemie. Besonders dramatisch zeigt sich der Einbruch des Passagierverkehrs an deutschen Flughäfen im Vergleich zum Vorjahr. Während im Jahr 2019 noch ein leichtes Passagierwachstum von zwei Prozent zu verzeichnen war, stürzte die Entwicklung im ersten Halbjahr 2020 rapide ab. Im März brach der Luftverkehr in Deutschland stark ein und kam im April und Mai fast gänzlich zum Erliegen (jeweils -99% und -98%). Erst ab Juni 2020 setzte mit der Aufhebung der Reisebeschränkungen im Europäischen Wirtschafsraum eine leichte, wenn auch zögerliche, Erholung ein. So ist ein Rückgang des Passagierluftverkehrs in Deutschland um 66 Prozent (weltweit 53%) im ersten Halbjahr und um 71 Prozent in den ersten drei Quartalen 2020 zu verzeichnen. Die deutschen Flughäfen haben während der Krise ihre Betriebsfähigkeit aufrechterhalten, bei gleichzeitigen Einnahmeneinbruch von bis zu 95 Prozent. Im August 2020 nahmen Fluggesellschaften die Verbindungen zwar schrittweise wieder auf, von Erholung des Luftverkehrs in Deutschland kann aber keine Rede sein. Die Nachfrage an den deutschen Flughäfen ging um 75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Der Luftverkehr in Deutschland ist vor alle international geprägt. Schärfere Einreiseregulierungen und Reisebeschränkungen werden daher diesen Trend nicht umkehren.
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Entwicklung der Passagierzahlen an den deutschen Flughäfen im Vergleich zu 2019 Dez 19 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20
Jul 20 Aug 20 Sep 20 Okt 20 Nov 20 Dez 20
0,0% -10,0%
-1,9%
-1,6%
-3,7%
-20,0% -30,0% -40,0% -50,0% -60,0% -70,0%
-63,0%
-80,0%
-80,1%
-90,0% -100,0%
-98,6% -97,9%
-93,7%
-75,6%
-80,7%
-83,2%
-90,3% -87,9%
Quelle: Flughafenverband ADV
Das zeitweise dramatisch reduzierte weltweite Streckennetz im Luftverkehr trifft die exportorientierte deutsche Wirtschaft stark. An deutschen Flughäfen waren zu Spitzen der Covid-19-Pandemie die Flugbewegungen teilweise zwischen 89 Prozent und 95 Prozent unter dem Stand des Vorjahres eingebrochen. Negative Auswirkungen auf Luftfrachtkapazitäten und den Export von Waren nach Übersee per Luft waren die Folge. Die Kapazitäten der reinen Frachter-Maschinen können die Luftfrachtnachfrage allein nicht befriedigen. Langfristig muss der Passagier- und Luftfrachtverkehr wieder reibungslos operieren können. Die Luftfahrtindustrie zeigte sich in Zeiten der Corona-Krise äußerst innovativ. So konnte durch temporäre Umbauten von Passagiermaschinen weiterhin leichte Volumenfracht transportiert werden, um der hohen Nachfrage nach Luftfracht teilweise zu begegnen, auch wenn die Beiladekapazitäten in Passagiermaschinen weiter im Interkontinental-Verkehr fehlten. Insbesondere bei Destinationen, die keinen Schwerpunkt im Bereich der Luftfracht haben (sog. Non-Primary-Airfreight-Hubs), ist eine schrittweise Erhöhung des Angebots von Interkontinental-Luftfrachtkapazität auch erst mit dem Wiederanlaufen des weltweiten Passagierverkehrs zu erwarten. Für den Passagier- und Luftfrachtverkehr, wie auch für die exportierende Wirtschaft, ist daher ein reibungsloser Luftverkehr von besonderer Bedeutung. Die unterschiedlichen länderspezifischen Verordnungen zu Einreisebestimmungen und unterschiedliche Herangehensweisen an zentral wichtigen Flughäfen in Drittstaaten erschweren die Luftfrachtlogistik. Der gesamte weltweite Luftverkehr befindet sich pandemiebedingt in einer tiefen Krise. Es ist davon auszugehen, dass diese Krise auch länger anhalten wird. Mit einer Rückkehr zum Vorkrisenniveau wird nicht vor 2025 gerechnet. Die Entwicklung des Luftfracht- und des Passagierverkehrs ist von der weiteren Entwicklung der deutschen Exportwirtschaft, den globalen Handelsbeziehungen und dem Konsumentenverhalten vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie abhängig. Eine kurz- bis mittelfristige Prognose zur weiteren Entwicklung der Fracht- und Passagiernachfrage bleibt vorerst schwierig. Die Entwicklung hängt insbesondere davon ab, wie die Eindämmung der Pandemie in den einzelnen Staaten und Regionen gelingt, wie dann EU und Deutschland Reisewarnungen für EU-Bürger,
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aber auch Einreise- und Quarantänebestimmungen für Angehörige von Drittstaaten wieder lockern und welche Einreise- und Quarantänebestimmungen in Drittstaaten gelten werden. Oberstes Gebot ist es daher, den Luftverkehr zu stärken. Der Luftverkehr macht zeitkritischen Warentransport von dringend benötigten Gütern und Konnektivität im Welthandel möglich. Für die deutsche Industrie ist der Luftverkehr unter anderem auch für die Entsendung von Mitarbeitern in die Welt, beispielsweise zur Inbetriebnahme und Wartung von Maschinen und Großanlagen, und für den Im- und Export dringend benötigter Waren und Güter via Luftfracht unabdingbar.
Klimaeffizienz im Luftverkehr Der Luftverkehr hat ein intrinsisches Interesse an mehr Klimaeffizienz schon bei jedem Flug. Denn Kerosin macht bis zu einem Drittel der Betriebskosten einer Fluggesellschaft aus. Da liegt es nahe, aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten den Treibstoffverbrauch so gering und effizient wie möglich zu gestalten. Hierzu bedarf es keines externen Drucks, um die Luftverkehrswirtschaft zu mehr Klimaschutz zu bringen. Dies adressiert der Luftverkehr ganz allein. Luftfahrtindustrie und Fluggesellschaften investieren in innovative Maßnahmen zur Reduktion des Treibstoffverbrauchs und somit zur Absenkung von Treibhausgasemissionen. Energieeffizienz der Flugzeuge So konnte die Luftfahrtindustrie in den vergangenen knapp 30 Jahren ihre Ingenieurskunst durch gesteigerte Energieeffizienz unter Beweis stellen. Auf diesem Weg ist es gelungen, den Treibstoffverbrauch der deutschen Flugzeugflotte seit 1990 um 44 Prozent auf 3,55 Liter pro 100 Passagierkilometer zu senken. Zum Vergleich: 1990 lag der Verbrauch noch bei 6,30 Liter. Das große Potenzial der Energieeffizienzsteigerung liegt in technologischen Innovationen, wie z.B. optimierter Aerodynamik, effizienterer Antriebe und neuen, leichteren Werkstoffen, die den Treibstoffbedarf mit jeder neuen Flugzeuggeneration um bis zu 25 Prozent senken. Wichtigste Hebel, die die Klimaeffizienz im Luftverkehr auch in Zukunft fördern, sind daher innovative Technologien, wie beispielsweise eine Flottenmodernisierung und die Förderung alternativer nachhaltiger Kraftstoffe. Die staatliche Förderung von Forschung und Entwicklung und Demonstratorenprojekte, als ein wesentliches Element für den Fortschritt beim Thema klimaneutrales Fliegen, bei Wasserstoff, bei neuen Kraftstoffen und neuen Flugzeugkonfigurationen, muss daher unbedingt ausgebaut werden.
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Durschnittlicher Verbrauch der Deutschen Flotte: 3,55 l* Verbrauch in Liter pro Person und 100km
6,0 l - 44 %
4,0 l
6,30 l
3,55 l 2,0 l 1990
2018
*Berücksichtigt werden bei der Berechnung alle BDL-Passagier-Fluggesellschaften inklusive der entsprechenden Tochterunternehmen.
Quelle: BDL auf Grundlage von Unternehmensangaben, www.bdl.aero
Nachhaltige und alternative Kraftstoffe im Luftverkehr Um den Flugbetrieb aber im umfassenden Sinne CO2-neutral realisieren zu können, muss das fossile Kerosin durch nachhaltige CO2-neutrale Kraftstoffe ersetzt werden. Zu diesen nachhaltigen Kraftstoffen im Luftverkehr, den sogenannten „Sustainable Aviation Fuels“ (SAF), zählen auch strombasierte über das Power-to-Liquid-Verfahren (PtL) gewonnene Kraftstoffe. Für den Markthochlauf dieser alternativen Kraftstoffe, die bisher um ein Vielfaches teurer als fossile Kraftstoffe sind, wird in dem vom Bundeskabinett im Januar 2021 zuletzt verabschiedeten Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote auch eine PtL-Beimischungsquote für den Luftverkehr eingeführt. Diese kann aber nur dann ein zielführendes Instrument sein, wenn bis zum Inkrafttreten einer solchen verbindlichen Quote 2026 auch ausreichende Mengen von strombasierten Kraftstoffen zu wettbewerbsneutralen Marktpreisen zur Verfügung stehen. Um Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Luftverkehr und ein damit verbundenes Carbon Leakage zu vermeiden, müsste eine entsprechende Quote mindestens europäisch, z. B. im Rahmen der geplanten Revision der Erneuerbare-EnergienRichtlinie (RED II), abgestimmt sein. Im nationalen Alleingang würde eine Quote aufgrund der deutlich höheren Kosten für alternative Kraftstoffe den Flugverkehr zugunsten ausländischer Wettbewerber verlagern, ohne CO2-Emissionen wirkungsvoll zu reduzieren und klimafreundlichen Technologien zur Marktfähigkeit zu verhelfen. Deswegen sollten die im Luftverkehr entstehenden Mehrkosten einer Beimischungsquote für den Markthochlauf wettbewerbsneutral gegenfinanziert werden.
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Negative Effekte einer Kerosinsteuer Andere nationale oder europäische Ansätze, wie Steuern, Abgaben oder gar Verbote fördern allein Umgehungseffekte (Carbon Leakage), inklusive zusätzlicher Umweltbelastungen durch Umwege. Deswegen muss aufgrund des internationalen Charakters des Luftverkehrs bei allen Instrumenten einer kompensierenden CO2-Bepreisung auch ein internationaler regulatorischer Ansatz angewendet werden, um diese ökologisch und ökonomisch negativen Effekte zu vermeiden. Klimaschutzmaßnahmen für den Luftverkehrssektor dürfen nicht einfach die Preise für die Verbraucher erhöhen und damit auf eine Verringerung der Nachfrage abzielen. Dies würde sich negativ auf die Konnektivität und damit auf die Erreichbarkeit des europäischen Wirtschaftsraums sowie auch auf Arbeitsplätze und die Wertschöpfung auswirken. Jede regulatorische Maßnahme sollte wettbewerbsverzerrende Effekte vermeiden und so angelegt sein, dass sie direkt nachhaltige Technologien, wie z.B. über den Markthochlauf nachhaltiger alternativer Treibstoffe, fördert und die Prämisse gleicher internationaler Wettbewerbsbedingungen erfüllt. Besonders kontraproduktiv wäre eine CO2-Bepreisung in Form einer Kerosinbesteuerung im nationalen oder europäischen Alleingang. Diese würde zu Wettbewerbsverzerrungen infolge einer deutlichen finanziellen Mehrbelastung der deutschen bzw. europäischen Fluggesellschaften führen, ohne jegliche klimaschonende Effekte nach sich zu ziehen. Denn eine Kerosinsteuer würde letztlich dazu führen, dass Fluggesellschaften ausreichend Treibstoff an Flughäfen außerhalb des Gebiets, in dem die Kerosinsteuer erhoben wird, tanken. Durch dieses sogenannte „Tankering“ werden Flugverkehre zugunsten von Wettbewerbern aus und in Drittstaaten und zulasten deutscher und europäischer Fluggesellschaften und Luftverkehrsdrehkreuze verschoben. Dem Klimaschutz ist damit wenig geholfen. So werden Emissionen nur in andere Regionen verlagert, nicht aber reduziert. Effizientes Flugverkehrsmanagement in Europa – Single European Sky Auch auf europäischer Ebene kann die Klimaeffizienz im Luftverkehr optimiert werden. So würde die Umsetzung des Einheitlichen Europäischen Luftraums, des „Single European Sky“ (SES), nicht nur zu einer weiteren Senkung des Kraftstoffverbrauchs führen, sondern auch weitere Kapazitäten schaffen. Die Europäische Kommission geht nach eigenen Berechnungen von einer Reduktion um bis zu zehn Prozent beim Treibstoffverbrauch bzw. bei den Emissionen aus. Die optimierte Flugführung im europäischen Luftraum birgt großes Potenzial Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Im deutschen Luftraum wurden durch eine Optimierung der Routen bereits viele Umwege vermieden und damit Emissionen reduziert, insbesondere auch durch die Integration von zivilen und militärischen Flugräumen. Auf europäischer Ebene konnten mit der Einführung von Free Route Airspace seit 2014 mehr als 2,6 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden. Das entspricht rund einem halben Prozent der durch den Luftverkehr verursachten CO2-Emissionen. Die Europäische Kommission hat am 22. September 2020 in Anknüpfung an den Europäischen „Green Deal“ einen Vorschlag zur Modernisierung des Regulierungsrahmens für den einheitlichen europäischen Luftraum vorgelegt. Ziel ist es, die Verwaltung des europäischen Luftraums moderner zu gestalten sowie nachhaltigere und effizientere Flugwege zu schaffen. Der BDI unterstützt die Vervollständigung des einheitlichen Europäischen Luftraumes. Ein rasches Voranbringen des Entscheidungsprozess durch das Europäische Parlament und ein ambitionierterer Ansatz, der sich am Handlungsbedarf orientiert, sind dringend notwendig. Instrumente der CO2-Bepreisung im Luftverkehr – EU-ETS und CORSIA Die äußerst ehrgeizigen Klimaschutzziele der EU für den Verkehrssektor betreffen auch den Luftverkehr. Der Luftverkehr nimmt bereits seit 2012 als bisher einziger Verkehrsträger am Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) teil. Mit diesem europäischen Klimaschutzinstrument werden die CO2-
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Emissionen, neben den Industriezweigen Energiewirtschaft und verarbeitende Industrie, auch in der Luftverkehrswirtschaft, bepreist und abgesenkt. Andere nationale oder europäische Ansätze, wie Steuern, Abgaben oder gar Verbote fördern allein Umgehungseffekte, inklusive zusätzlicher Umweltbelastungen durch Umwege oder zu schwere Beladung/Betankung. Bei der Reduzierung von CO2-Emissionen des europäischen Luftverkehrs muss aufgrund des internationalen Charakters des Luftverkehrs auch ein internationaler regulatorischer Ansatz angewendet werden, um negative externe Effekte zu vermindern und gleichzeitig einheitliche Rahmenbedingungen im internationalen Wettbewerb zu gewährleisten. Marktbasierte Maßnahmen gewährleisten einen kosteneffizienten Weg zur Emissionsreduktion. Allerdings sollte das globale Kompensations- und Reduktionssystem CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) jedoch das einzige Instrument für den internationalen Luftverkehr sein, da es auf globaler Ebene umgesetzt wird und Emissionsneutralität anstrebt. Während der EU-ETS von vornherein zu Marktverzerrungen führt, da er nur regional ausgerichtet ist, was zu Verzerrungen zwischen EWR- und Nicht-EWR-Fluggesellschaften führt. Der EU-ETS wirkt im internationalen Luftverkehr wettbewerbsverzerrend. Dies ist derzeit bei Zubringerflügen zu Drehkreuzen innerhalb des EWR der Fall, die in den Anwendungsbereich des EU-ETS fallen, während Zubringerflüge zu Drehkreuzen außerhalb des EWR nicht betroffen sind. Es sollte erwogen werden, die kostenlose Zuteilung von ETS-Zertifikaten für den Teil der Emissionen beizubehalten, der einer Marktverzerrung unterliegt. Denn starke Drehkreuze und wettbewerbsfähige Anbindungen sind wichtige Standortfaktoren für die Industrie. Die EU-Kommission hat im Zuge des Green Deals den Vorschlag für die Revision des Europäischen Emissionshandels (EU-ETS) für den Luftverkehr vorgelegt, der eine Ausweitung des EU-ETS auf den internationalen Luftverkehr eruiert. Der europäische Luftverkehr nimmt allerdings bereits seit 2020 am globalen Kompensationsprogramm CORSIA teil. Dieses Instrument für internationale Flüge zielt darauf ab, dass der weltweite Luftverkehr schon ab dem kommenden Jahr CO 2-neutral wachsen soll. Der BDI spricht sich klar für CORSIA als einziges Klimaschutzinstrument für den internationalen Luftverkehr und die Vermeidung von Doppelbelastungen aus. Die Revision des EU-ETS für den Luftverkehr muss für Rechtssicherheit bei der Umsetzung von CORSIA und EU-ETS sorgen. EU-ETS und CORSIA müssen klar aufeinander abgestimmt werden. Zusätzliche Belastungen des Luftverkehrs, gerade in der kritischen Phase des langsamen Wiederhochlaufs des Luftverkehrs in Folge der Covid-19-Pandemie, müssen vermieden werden. Es gilt, eine weitere Verteuerung des europäischen Luftverkehrs und damit eine Schlechterstellung gegenüber internationalen Wettbewerbern zu vermeiden. Dem Klimaschutz ist nicht gedient, wenn europäische Drehkreuze schlicht durch außereuropäische ersetzt werden.
Marktanteil deutscher Fluggesellschaften sinkt in Deutschland Die Entwicklung der Marktanteile deutscher Fluggesellschaften am Luftverkehrsstandort Deutschland ist seit vielen Jahren rückläufig. Mit der Einführung der Luftverkehrsteuer (sog. Ticketsteuer) verloren deutsche Fluggesellschaften seit 2012 insgesamt elf Prozentpunkte Marktanteil; im Jahr 2012 waren es noch 67 Prozent. Der Marktanteil der deutschen Fluggesellschaften am Luftverkehr in Deutschland lag zuletzt bei 55 Prozent (Stand: 2019). Ursächlich für den kontinuierlichen Marktanteilsverlust sind die insgesamt steigenden ordnungs- und fiskalpolitischen Belastungen für in Deutschland operierende Fluggesellschaften, die insbesondere die heimischen Fluggesellschaften überproportional stark belasten und damit für eine abnehmende Wettbewerbsfähigkeit verantwortlich sind.
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Für ausländische Fluggesellschaften machen Starts und Landungen in Deutschland nur einen kleinen Teil ihres Gesamtumsatzes aus. Den größten Teil erwirtschaften sie mit Abflügen von ihren Heimatflughäfen oder aus Drittländern, an denen beispielsweise keine Luftverkehrssteuer erhoben wird und die Luftsicherheitskosten in der Regel zumindest anteilig vom Staat getragen werden. Diese geringere finanzielle Belastung gibt ausländischen Wettbewerbern erheblich mehr Spielraum in ihrer Angebotskalkulation und erlaubt eine aggressive Preispolitik auf dem deutschen Markt.
Abgaben und Steuern am Luftverkehrsstandort Deutschland Darüber hinaus zahlen alle Fluggesellschaften in Deutschland jährlich insgesamt über sechs Milliarden Euro an Gebühren und Entgelten für die Infrastrukturnutzung am Boden und in der Luft. Der Luftverkehr kommt als einziger Verkehrsträger nach dem Prinzip der Nutzerfinanzierung für seine genutzte Infrastruktur selbst auf. Für die Durchführung von Passagierkontrollen haben die Fluggesellschaften jährlich ca. 850 Millionen Euro an Luftsicherheitsgebühren zu entrichten (Stand 2020); hinzu kommen Entgelte in Höhe von ca. 3,2 Milliarden Euro für die Nutzung der Flughafeninfrastrukturen sowie weitere 800 Millionen Euro für die Beanspruchung von Bodenverkehrsdiensten und 1,2 Milliarden Euro für Flugsicherungsgebühren. Mit diesen Entgelten und Gebühren werden die anfallenden Infrastrukturkosten des Luftverkehrs gezahlt, ohne dass hierfür öffentliche Mittel bereitgestellt werden müssen. Durch diesen Finanzierungkreislauf bezahlt die Luftverkehrswirtschaft in Deutschland bereits ein Viel-
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faches mehr für die genutzten Infrastrukturen, als beispielsweise eine innerdeutsche Kerosinbesteuerung zur Finanzierung von Infrastrukturen einbringen würde. Mit der drastischen Erhöhung der Luftverkehrssteuer ab 1. April 2020 steigen die finanziellen Belastungen erneut überproportional für die deutsche Luftverkehrswirtschaft (vgl. Grafik).
Aktuelle Abgaben übertreffen bereits jetzt potenzielle Steuereinnahmen deutlich Gebühren für Infrastrukturnutzung 6,0 Mrd. € Luftverkehrssteuer 1,75 Mrd. € (seit 2020 infolge Steuererhöhung, ohne Corona-Effekte)
1,2 Mrd. €
Potenzielle Kerosinsteuer ... auf innerdeutschen Strecken 0,6 Mrd. € Potenzielle Mehrwertsteuer ... auf internationalen Strecken über deutschem Hoheitsgebiet 0,3 Mrd. € Angaben p.a.
Die deutsche Luftverkehrswirtschaft sieht sich im europäischen und auch im globalen Vergleich am heimischen Standort einer der höchsten finanziellen Belastungen durch Abgaben und Steuern ausgesetzt und ist mittlerweile der teuerste Luftverkehrsstandort Europas. Die Erhöhung von Abgaben und Steuern führt zu einer weiteren Verteuerung des Luftverkehrs im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn. Gleichzeitig führt dies insbesondere bei grenznahen Flughäfen zu Ausweichbewegungen der Passagiere hin zu ausländischen Flughäfen und Fluggesellschaften, die keiner oder einer geringeren Steuer ausgesetzt sind. Eine Schlechterstellung gegenüber internationalen Wettbewerbern muss vermieden werden. Auch dem Klima ist nicht gedient, wenn Verkehre verlagert werden. Vielmehr sollten faire Rahmenbedingungen statt Verteuerungen geschaffen werden, um nachhaltigen Luftverkehr in Deutschland zukunftsfähig zu ermöglichen.
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*Aviation Tax, Ecotax, Solidarity Tax Quellen: EU-Kommission, BDL; Darstellung: Lufthansa Group
Luftsicherheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe des Staates Eine Fluggesellschaft hat zunächst die unmittelbar für den Flugbetrieb anfallenden Kosten zu decken – die Anschaffung und den Betrieb des Fluggeräts, den Treibstoff und das Personal. Ein zunehmend steigender Kostenanteil ist die Finanzierung der Luftsicherheit mittels der von den Fluggesellschaften zu entrichtenden Luftsicherheitsgebühren – ca. 850 Millionen Euro (2020). Die Luftsicherheitsgebühren sind von Fluggesellschaften für die Luftsicherheitskontrollen von Personen und Gepäck an Flughäfen gem. § 5 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) zu entrichten. Rechtsgrundlage hierfür ist die Luftsicherheitsgebührenverordnung (LuftSiGebV). Die Luftsicherheitsgebühren werden in Deutschland – anders als in vielen europäischen Nachbarländern – nach dem umfassenden Kostendeckungsprinzip erhoben. Derartige Kontrollen sind aber grundsätzlich die hoheitliche Aufgabe des Staates und sollten deshalb auch überall staatlich getragen werden. Die Einnahmen aus den Luftsicherheitsgebühren decken die
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entstehenden Kosten bei der Bundespolizei bzw. den zuständigen Landesbehörden. Andere Länder, wie u.a. die Vereinigten Staaten, Italien und Spanien, sehen die Luftsicherheitskontrollen zu einem wesentlichen Teil als gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Gefahrenabwehr und der Terrorismusbekämpfung. In diesen Ländern werden die Kosten ganz bzw. zu einem Großteil staatlich getragen. Die Höhe der Luftsicherheitsgebühren in Deutschland ist signifikant und das bei ansteigender Tendenz. Der deutsche Sonderweg bei den Luftsicherheitskosten benachteiligt die deutschen Fluggesellschaften überproportional, denn diese machen den Hauptteil ihres Geschäfts mit Abflügen von deutschen Flughäfen.
Forderungen Der deutsche Luftverkehr steht im globalen Wettbewerb. Er vernetzt Millionen von Reisenden und bindet die Exportnation Deutschland an den Welthandel an. Hierfür muss er sich durch leistungsstarke Innovationen sowie seine Dienstleistungen im internationalen Passagier- und Luftfrachtmarkt behaupten können. Doch für die Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit ist eine Weiterentwicklung von gesetzlichen und regulativen Rahmenbedingungen erforderlich. Für einen zukunftsgerichteten Luftverkehr gilt es, wettbewerbsverzerrende Belastungen abzubauen. Denn gerade jetzt in der Phase des sorgfältigen Wiederhochlaufs des Luftverkehrs im Angesicht der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie würden zusätzliche Belastungen und Steuern den ohnehin angeschlagenen europäischen Luftverkehr und die Luftfahrtindustrie schwer treffen und im internationalen Wettbewerb zurückwerfen. Nur eine gesunde Luftverkehrswirtschaft ist auch langfristig in der Lage, in klimaeffiziente Innovationen zu investieren, Konnektivität zu erhalten und Warentransporte zu ermöglichen. 1. Wettbewerbsfähigkeit Luftverkehrsstandort Deutschland: Wir fordern eine nachhaltige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Logistik- und Wirtschaftsstandorts Deutschland auch im Luftverkehr und daran anknüpfend keine Schlechterstellung der deutschen Airlines, die ihr Geschäftsmodell und ihre Standortentscheidung zugunsten der Bundesrepublik Deutschland sowie der Beschäftigten in Deutschland ausgerichtet haben. Schon jetzt ist der Luftverkehrsstandort Deutschland im globalen Vergleich einer der höchsten finanziellen Belastungen durch Abgaben und Steuern (z.B. LuftVSt) ausgesetzt und der teuerste Standort Europas. Eine weitere Verteuerung des Luftverkehrs ist nicht zielführend. 2. Stärkung der Luftverkehrsdrehkreuze: Deutsche Luftverkehrsdrehkreuze müssen gestärkt werden, da die internationale Anbindung von Luftfracht und Passagieren für den Wirtschaftsstandort Deutschland von wesentlicher Bedeutung ist. Bei allen Regulierungs- und Bepreisungsinstrumenten ist deswegen darauf zu achten, dass Flüge über deutsche Drehkreuze nicht schlechter gestellt werden als Flüge über ausländische Drehkreuze. Es muss Wettbewerbsverzerrungen im EU-ETS zulasten deutscher und europäischer Fluggesellschaften und Drehkreuze entgegengewirkt werden. Abhilfe könnte eine kostenlose Zuteilung von ETS-Zertifikaten für den Teil der Emissionen schaffen, der einer Marktverzerrung unterliegt. 3. Unterstützung der Luftfracht: Bei der Luftfracht sind europaweit einheitliche Rahmenbedingungen und die Umsetzung von europäischen Vorgaben zur Luftfrachtsicherheit im Hinblick auf die Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs im europäischen Binnenmarkt nationalen Alleingängen vorzuziehen. Wachstumshemmend für die Abwicklung von Luftfracht über Drehkreuze wirken nationale Umsetzungen von EU-Richtlinien und Verordnungen bei Zoll, Sicherheitsverfahren oder
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Steuererhebungen (vgl. EUSt), die im europäischen Vergleich strikter ausgelegt werden. Der Wirtschaftsstandort Deutschland benötigt international wettbewerbsfähige Betriebszeiten. Unter großer Rücksichtnahme von Anwohnern müssen bedarfsgerechte, international wettbewerbsfähige Betriebszeiten inkl. notwendiger Nachtflüge an deutschen Flughäfen garantiert werden. 4. Aufrechterhaltung von Luftfracht- und Reiseketten: Im internationalen Luftverkehr mit Drittstaaten muss auch in Zukunft eine reibungslose Gesamtabwicklung des Passagier- und Luftfrachtverkehrs gewährleistet werden. Ein funktionierender Luftverkehr sowie Luftfrachtlogistik sind Voraussetzung für eine starke Industrie. Zur Aufrechterhaltung der Luftfracht- und Reiseketten müssen Regelungen zu Einreisebestimmungen bei zukünftigen Pandemiegeschehen in enger internationaler Abstimmung unter den Staaten harmonisiert und Reisebeschränkungen nach Möglichkeit abgebaut werden. Pauschale Reisewarnungen, wie auch pauschale Quarantänebestimmungen, sieht der BDI kritisch. Diese sollten sich eher an regionalen Infektionsgeschehen orientieren; unkoordinierte und unabgestimmte Grenzschließungen sollten sich nicht wiederholen. Im Zuge einer einheitlichen Impf- und Teststrategie muss Luftverkehr wieder möglich gemacht werden. 5. Innovationsförderung für mehr Klimaschutz im Luftverkehr: Klimaschutzinstrumente im Luftverkehr müssen mit Augenmaß evaluiert werden, um den langsamen Wiederhochlauf des Luftverkehrs nicht zusätzlich zu belasten. Wichtigster Hebel für Klimaschutz im Luftverkehr sind innovative, klimaeffiziente Technologien, wie beispielsweise eine Flottenmodernisierung und die Förderung alternativer nachhaltiger Kraftstoffe (SAF) zum Ersetzen fossilen Kerosins. Daher darf der Luftverkehrswirtschaft nicht durch immer weitere CO 2-Bepreisungssysteme und vermeintliche Klimaschutzinstrumente dringend benötigte Investitionskraft für klimaeffiziente Technologien entzogen werden. Vielmehr müssen Optimierungspotenziale, wie die Umsetzung des „Single European Sky“ (SES), zur Steigerung von Kapazitäten und Energie- und Klimaeffizienz genutzt werden. Auch muss die staatliche Förderung von Forschung und Entwicklung sowie Demonstratorenprojekte zur Weiterentwicklung des klimaneutralen Fliegens, von neuen Kraftstoffen und Flugzeugkonfigurationen, deutlich ausgebaut werden. 6. Förderung nachhaltiger Flugkraftstoffe: Es gilt, die notwendigen Fördermaßnahmen für die Entlastung der Mehrkosten für erneuerbares Kerosin zu schaffen. Der Markthochlauf von nachhaltigen strombasierten Kraftstoffen könnte beispielsweise durch entsprechende gesetzliche Anpassungen und Harmonisierung im Bereich der nationalen Luftverkehrsteuer gegenfinanziert werden. Dies könnte über eine vollständige Anrechnung oder einen Abzug der Mehrkosten im Rahmen der Ermittlung der Steuerschuld oder ein vergleichbares Verfahren erfolgen. Auf europäischer Ebene würde sich eine Zweckbindung der Einnahmen aus der Versteigerung von Zertifikaten für Luftfahrzeugbetreiber (EUAAs) aus dem EU-ETS anbieten. 7. Vermeidung von Doppelbelastungen: Die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Luftverkehrs ist ein entscheidender Standortfaktor für die europäische exportorientierte Industrie. Daher müssen Doppelbelastungen und Wettbewerbsverzerrungen zulasten des deutschen und europäischen Luftverkehres unbedingt vermieden werden. Klimaschutzinstrumente im Luftverkehr, wie der EUETS und CORSIA, müssen klar aufeinander abgestimmt werden, damit es bei deren Anwendung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. CORSIA sollte das einzige Klimaschutzinstrument für internationale Flüge sein. 8. Absage an eine Kerosinsteuer: Aufgrund der besonders negativen Effekte einer Kerosinbesteuerung im europäischen oder nationalen Alleingang, muss eine solche unbedingt ausgeschlossen werden. Ohne klimaschonende Effekte zu erzielen, würde eine Kerosinsteuer nur zu einer
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Schlechterstellung von Flugstrecken und Fluggesellschaften im internationalen Wettbewerb führen. Fossiles Kerosin muss durch nachhaltige CO2-neutrale Kraftstoffe ersetzt und nicht besteuert werden. 9. Fairness bei Luftsicherheitskosten: Der Staat muss seiner Verantwortung und gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Gefahrenabwehr auch im Luftverkehr gerecht werden. Sicherheitskontrollen sind eine grundsätzlich hoheitliche Aufgabe eines Staates und sind deshalb auch staatlich zu tragen. Dabei sollte das Prinzip der hoheitlich getragenen Verantwortung für die Luftsicherheit für alle deutschen Flughäfen gleichermaßen gelten und vergleichbare Wettbewerbsbedingungen für alle Airlines, die in Deutschland starten und landen, schaffen. Der Bund sollte daher die Luftsicherheitskosten an allen deutschen Flughäfen gleichermaßen übernehmen.
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