Globaler Wachstumsausblick 06/2021

Page 20

Die amerikanische Lokomotive der Weltwirtschaft | Aufschwung im Norden, Risiken im Süden 23/06/2021

entsprechend geringem Druck vom Gütermarkt ist 2022 bereits wieder mit einem geringeren Preisanstieg (1,5 Prozent ggü. Vj.) zu rechnen. Zudem wirkt die moderate Aufwertung des Euro dämpfend. Im Euroraum ist bisher auch keine bedenkliche Änderung der Inflationserwartungen für die mittlere Frist eingetreten, die mittlere Markterwartungen und die EZB-Befragung der Marktprognostiker liegen leicht unter den offiziellen Schätzungen, die marktbasierten Indikatoren für die langfristigen Inflationserwartung (5-year/5-year forward-Rate) liegen noch deutlich unter der Zielmarke der EZB.

Finanzmärkte durchlaufen turbulente Anpassung Trotz des massiven Wirtschaftseinbruchs im letzten Jahr haben die Finanzmärkte vergleichsweise wenig Turbulenzen an den Tag gelegt. Die Aktienmärkte brachen zwar im letzten Frühjahr massiv ein, erholten sich jedoch bis zum Jahresende bereits vielfach weitgehend. Die Anleihemärkte waren weiterhin durch niedrige Renditen geprägt, die erst am Jahresanfang vor allem in den USA anzogen. An den Devisenmärkten ergaben sich zwar leichte Bewegungen, aber kaum größere Turbulenzen. Die Wertentwicklung auf den Aktienmärkten verlief seit dem Herbst 2020 kräftig. Die Märkte in Korea, Frankreich, Italien, Deutschland und Japan holten bis Mitte Mai mit je mehr als 25 Prozent am stärksten seit November 2020 auf. Der US-Markt lag mit etwas über 20 Prozent im Plus, die Aktienmärkte der Entwicklungs- und Schwellenländer legten insgesamt um 18 Prozent zu (MSCI Emerging Markets) und der chinesische Markt legte mit gut fünf Prozent zu (OECD, eigene Berechnungen). Das Bewertungsniveau am US-Aktienmarkt, gemessen am zyklisch bereinigten Kurs-Gewinn-Verhältnis des S&P-500Indexwerts, stieg von bereits hohen 26 im Tiefpunkt der Pandemie im Frühjahr 2020 auf einen Rekordwert von 37 Mitte Mai an, was sicherlich dem ungewöhnlichen Mix aus sehr expansiver Fiskalpolitik mit hohen Erwartungen der Märkte an Unternehmensgewinne und wirtschaftliches Wachstum bei gleichzeitig expansiver Geldpolitik zuzuschreiben ist. Europäische Aktien erholten sich ebenfalls von einem KGV von 14 im März 2020 auf Werte leicht oberhalb von 20 (EuroStoxx 600), mit besonderen Kurssteigerungen zyklischer Energie- und Finanztitel. Der japanische Aktienmarkt kehrte dagegen nach einer längeren Phase höherer Bewertungen zwischen 20 und 25 zuletzt auf ein Vorkrisenniveau der KGVs von 15 zurück. Die Wachstumshoffnungen, die Fortschritte in der Pandemiebekämpfung und höhere erwartete Inflationsraten, vor allem in den USA, machten sich auch auf den Anleihemärkten erkennbar. So zogen vor allem zum Jahresanfang die US-Renditen auf zehnjährigen Staatsanleihen um zunächst 80 Basispunkte an, kühlten dann aber wieder etwas ab. Japanische Anleihen blieben flach, aber alle anderen G7-Staaten erfuhren ebenfalls moderate Renditeerhöhungen. Nur deutsche Renditen verharrten Mitte Mai noch im Negativterritorium. Die Risikoprämien für die südeuropäischen Staaten engten sich dabei sogar ein wenig ein. Die Anleihemärkte der Mehrzahl der Entwicklungs- und Schwellenländer verzeichnete keine größeren Preisbewegungen; die Türkei, Brasilien und Russland mussten jedoch erheblich makroökonomisch gegensteuern und sahen Renditeerhöhungen um mehr als drei, knapp zwei bzw. gut einem Prozent. An den Devisenmärkten standen im letzten Halbjahr vor allem die Währungen Argentiniens, Brasiliens und der Türkei mit Abwertungen von 15-25 Prozent gegenüber dem US-Dollar im Visier. Renminbi, britisches Pfund, kanadischer Dollar und Yen legten dagegen zu. Der Euro wiederum wertete gegenüber dem Dollar um zehn Prozent auf. Handelsgewichtet bewegte sich der Euro jedoch seit Sommer 2020 real und nominal seitwärts, verlor etwas zu Dollar und Pfund, wertete aber gegen Yen, Franken und türkischer Lira auf. Der US-Dollar wertete dagegen von April 2020 bis Januar 2021 real und nominal handelsgewichtet fünf bis sechs Prozent ab, legte dann aber wieder im Zuge der Nachrichten über

20


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.