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Unsere Windenergie für Europa

Berliner Gespräch mit der dänischen Botschafterin Susanne Hyldelund

(BS/ps) Im “World Happiness Report 2022” stehen wiederum drei nordeuropäische EU- Länder auf den ersten Plätzen: Finnland, Dänemark und Island. Deutschland fällt aus den Top Ten, nach einem siebten Platz im Vorjahr, nun auf den 14. – und liegt damit bei 146 verglichenen Ländern jedoch noch immer im vorderen Bereich. Es ist also, verehrter William Shakespeare, wohl nichts “faul im Staate Dänemark”, selbst wenn Ihr Prinz Hamlet das annimmt. Vielmehr leben dort sechs Millionen glückliche Zweitplatzierte in einem zweieinhalb Millionen Quadratkilometer großen “Inselreich”. Es reicht von Jütland bis Bornholm, über die Färöer bis Grönland und unser Land passte glatt sieben Mal dort hinein. Nur müssten wir dann unseren Euro in dänische Kronen umrechnen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Das dänische Festland, zwischen Nord- und Ostsee, ist lediglich etwa so groß wie Niedersachsen. Was es nicht übersichtlicher macht. Unserem Nachbarn oberhalb von Schleswig-Holstein gehören 1.419 Inseln, von denen immerhin 443 einen Namen haben und 72 sogar bewohnt sind. Wegen dieser Vielzahl von Eilanden und zerklüftete Schären ergibt sich die enorme Küstenlänge von über 7.000 km. Die Grenze zu uns, die einzige Landgrenze überhaupt, beträgt gerade mal 67 km. Seit 2020 repräsentiert Susanne Hyldelund als Botschafterin “ihr” Königreich Dänemark in der Berliner Rauchstraße.

Frauen für Königin und Ministerpräsidentin

Die 54-Jährige ist seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen anno 1816 mit dem Deutschen Bund (1815-66, Bündnis souveräner Fürsten, freie deutsche Städte, Österreich, Preußen, Niederlande) die erste Botschafterin bei uns. “Die jahrelange gezielte Förderung weiblicher Talente hat aber dazu geführt, dass wir heute eine große Gruppe von Botschafterinnen sind. Wir stellen zwar nicht ganz die Hälfte – noch nicht. Aber es wird auf allen Ebenen an einem vielfältigen und offenen Auswärtigen Dienst gearbeitet”, sagt Hyldelund. In Diensten einer Königin und einer Ministerpräsidentin! Vielleicht sind unsere bilateralen Beziehungen u. a. auch deshalb seit Langem vorzüglich. Frauen sind doch bessere Diplomaten, wie schon ein von der UFA 1941 produzierter Film zeigt.

Gemeinsamer Aktionsplan

Wie auch immer – die Verbindungen konnten in den vergangenen Jahren sogar noch weiter ausgebaut und gestärkt werden.

“Im Jahr 2020 feierten wir das Deutsch-Dänische Kulturelle Freundschaftsjahr, das leider durch die Corona-Pandemie et- was beeinträchtigt wurde. Glücklicherweise konnten die meisten der geplanten Veranstaltungen im Jahr 2021 nachgeholt werden. Nicht zuletzt der Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Dänemark im Juni 2021 und der Staatsbesuch Ihrer Majestät Königin Margrethe II. im November 2021.” “Darüber hinaus unterzeichneten unsere Außenminister eine Freundschaftserklärung mit einem bilateralen Aktionsplan für eine verstärkte deutsch-dänische Zusammenarbeit”, berichtet die Botschafterin. Dieser stelle den Rahmen dar für die Kooperation in Bereichen wie Klima-, Energie- und Industriepolitik, Digitalisierung, Gesundheit, Regionalentwicklung und Minderheitenrechte. Auch die schleswig-holsteinische Landesregierung ist an dem Aktionsplan beteiligt.

“Im Energiebereich haben wir uns sehr über die deutsche Teilnahme am North-Sea-Summit in Esbjerg im Mai 2022 und am Ostseegipfel am 30. August 2022

Rezept der Botschafterin gefreut. In beiden Fällen ging es um den gemeinsamen Ausbau der Offshore-Windenergie.”

Digitalisierungsvorbild

Dänemark

Letzterer dürfte, wie so vieles in diesem, unserem Lande, nicht gerade stürmisch sein, ähnlich wie bei der Digitalisierung. Da sind die Dänen weltweit führend, besonders beim E-Government der Behörden. “In Dänemark wurde früh schon gezielt auf eine starke und gut ausgebaute digitale Infrastruktur gesetzt und so die Verwaltung einfacher, schlanker, weil digital, gestaltet”, unterstreicht Hyldelund Dies gelte unter anderem für die “digitalisierte” Gesetzgebung und Administration der COVID19-Hilfspakete. “Aber natürlich ist auch bei uns noch Luft nach oben: Im März 2021 gründete die Regierung eine Digitalisierungspartnerschaft aus IT-Experten, Top-Managern aus Unternehmen, Berufs- und Branchenverbänden sowie den Vertretungen

Klassischer Dänischer Kartoffelsalat (4 Personen)

Zutaten: 600 g kleine Kartoffeln, 150 g grüner Spargel, 1 Bund Schnittlauch, 1 rote Zwiebel, 8 Radieschen.

Für das Dressing: (1 Deziliter) 1 dl Crème fraîche, 1 dl Mayonnaise, 2 TL Dijon-Senf, 1 TL Zucker, 1 EL Apfel- oder Weißweinessig, Salz und Pfeffer

Zubereitung: der dänischen Kommunen und Regionen. Im September 2021 lieferte die Partnerschaft fast 50 Vorschläge für eine verstärkte Digitalisierung in Dänemark, die die Grundlage einer neuen Digitalisierungsstrategie bilden.”

Kartoffeln in leicht gesalzenem Wasser 10 bis 12 Minuten lang kochen, Wasser abgießen und Kartoffeln abkühlen lassen. Die faserigen Enden der Spargelstangen abbrechen und wegwerfen, dann in kleine Stücke hacken. Sie können den gehackten Spargel mit kochendem Wasser übergießen und 2 Minuten ziehen lassen, wenn Sie einen weniger rohen Geschmack bevorzugen. Schnittlauch, rote Zwiebel und Radieschen fein hacken. Die Zutaten für das Dressing miteinander verrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Einen Teil des Schnittlauchs zum Garnieren aufheben und das restliche Gemüse mit dem Dressing vermengen.

Nicht alles übertragbar

Auch mit seiner Eindämmung der Corona-Pandemie hat Kopenhagen die Nase vorn. “Zwischen September und Dezember 2022 haben etwa 75 Prozent der über 50-Jährigen eine Auffrischungsimpfung erhalten und wir erwarten, dass dieser Anteil weiter steigt, da die Impfkampagne noch nicht abgeschlossen ist”, so Hyldelund. “Ein Grund für die hohe Impfquote in Dänemark könnte darin liegen, dass in der Öffentlichkeit ein hohes Maß an Vertrauen in die CoronaPolitik der Regierung herrscht. Zur Erklärung der aktuell niedrigen Infektionszahlen gehört aber auch, dass derzeit weniger getestet wird. Ich möchte auch betonen, dass sich unsere Erfahrungen nicht ohne Weiteres auf andere Länder und Kontexte übertragen lassen.” Schade eigentlich. Dabei wären diese etwa bei unserer Energieversorgung durchaus nachahmenswert. Doch dazu hätte man halt mal über den eigenen Tellerrand auf die Monarchie an Nord- und Ostsee schauen sollen. Aber das ist eine andere Geschichte… Schon Anfang 2022 legt die Regierung von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen ein Gesetzespaket vor, das Dänemark schnellstmöglich unabhängig von russischem Gas machen soll, indem die Geschwindigkeit der “Grünen Transformation” beschleunigt wird. Um es anschaulicher zu machen, nennt die Botschafterin drei konkrete Maßnahmen aus dem erwähnten Gesetzespaket:

Mit Salz und Pfeffer abschmecken, mit Schnittlauch garnieren und als Beilage servieren. Tipp: Wenn Saison ist, können Sie diesen Kartoffelsalat auch mit frischen Erbsen anrichten. Und nicht das Tuborg und den Aalborg vergessen. Skål!

“Ein beschleunigter Ausbau der Fernwärme. Rund zwei Drittel aller dänischen Haushalte werden schon jetzt damit versorgt, aber wir brauchen noch mehr. Und wollen – wo immer es technisch möglich ist – bis zum Jahr 2028 einen Anschluss ans Fernwärmenetz sichern.”

“Der komplette Umstieg auf grünes Gas. Rund ein Viertel unseres Gasverbrauchs wird derzeit durch klimafreundliches (Bio-) Gas gedeckt. Bis zum Jahr 2030 sollen es 100 Prozent sein.”

“Ein bis vier Gigawatt (GW) zusätzlicher Offshore-Wind bis Ende 2030. Dänemark verfügt heute über eine Offshore-Windkapazität von 2,3 GW, dies ist also eine deutliche Erweiterung. Und wir freuen uns sehr, dass auch Deutschland die ambitionierten Erklärungen von Esbjerg und Marienborg zum Ausbau der Offshore-Windkraft und zum Bau von Energieinseln in Nord- und Ostsee unterstützt.”

Damit sei man auf einem guten Weg und das Erdgas in der Nordsee könne kurzfristig dazu beitragen, russisches Gas zu verdrängen, bis die “Grünen Lösungen” den Energiebedarf Europas vollständig decken würden. “Bereits im nächsten Jahr – wenn das Tyra-Feld in der Nordsee wieder den Betrieb aufnimmt – werden wir mehr Gas produzieren, als wir verbrauchen. Wenn es dann voll im Betrieb ist, wird es etwa sieben Prozent der früheren jährlichen deutschen Importe von russischem Gas liefern.”

Übergangslösung bis 2050

“Wichtig ist hier zu erwähnen, dass die dänische Förderung von Öl und Gas in der Nordsee bis spätestens 2050 eingestellt werden muss, darauf einigte sich das dänische Parlament im Dezember 2020 mit breiter Mehrheit. Däne- mark ist damit der größte Öl- und Gasproduzent der Welt, der sich auf ein konkretes Enddatum für die Produktion festgelegt hat. Aber weil das Gasnetz europäisch zusammenhängt, sind wir nur dann völlig unabhängig von russischem Gas, wenn Europa es auch ist. Daher wird Dänemark vorangehen und sich für eine umfassende “Grüne Transformation” unseres Kontinents einsetzen. Durch die massive Expansion unserer “Grünen Energie” können wir unsere einzigartigen OffshoreWindressourcen nutzen, um sie an Millionen von Haushalten und Unternehmen in Europa zu exportieren”, berichtet Hyldelund Pragmatisch und zielorientiert ist auch der Umgang Dänemarks mit den ukrainischen Kriegsflüchtlingen. “Wir haben schnell auf den Konflikt in der Ukraine mit einem Sondergesetz reagiert, das in fast allen Details dem gemeinsamen europäischen Ansatz folgt. Dieses Gesetz erleichtert den ukrainischen Vertriebenen den Zugang zur Sicherheit in Dänemark, weil sie als Flüchtlinge im Sinne des Integrationsgesetzes gelten. Das bedeutet, dass sie Anspruch auf die gleichen Sozialleistungen wie andere Neuankömmlinge haben, sofern sie nicht erwerbstätig sind.”

Einmal Astronautin sein Botschafterin Susanne Hyldelund ist seit 26 Jahren im diplomatischen Dienst und dabei nie länger als dreieinhalb Jahre oder kürzer in demselben Job.

“Auch wenn der Arbeitgeber immer derselbe geblieben ist, hatte ich also das Glück, in sehr verschiedenen Funktionen und mittlerweile vier verschiedenen Ländern und Kulturen arbeiten zu können. Für Langeweile oder andere Berufswünsche blieb mir also kaum die Zeit.”

Letzte Frage: Möchten Sie dennoch mal für einen Tag mit jemandem tauschen? “Vielleicht mit Andreas Mogensen. Der war 2015 als erster Däne im Weltraum. Und soll in etwa einem Jahr wieder auf Mission. Einmal den blauen Erdball von oben sehen, die unglaublichen Dimensionen des Weltalls erahnen. Das stelle ich mir schon sehr besonders vor”, sagt Hyldelund. Guter Plan: Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein…

Kommunen und ihre Schutzwürdigkeit

Zwischen NIS-2 und Cyber-Versicherungen

(BS/Paul Schubert) Kommunen zählen nicht zur Kritischen Infrastruktur (KRITIS). Daran wird auch die NIS-2-Richtlinie nach ihrer Umsetzung in deutsches Recht nichts ändern. Nichtsdestotrotz werden Kommunen in kommender Zeit mehr in die Verantwortung genommen werden, denn durch die neue Richtlinie werden kommunale Dienste strengere Sicherheitsstandards erfüllen müssen. Des Weiteren zeigt das Beispiel Potsdam (siehe Seite 27) schon jetzt den Bedarf an stärkerem kommunalem Cyber-Sicherheitsschutz auf. Sind CyberVersicherungen dabei ein Teil der Lösung?

Dass Kommunen dabei nicht in die KRITIS-Vorgaben aufgenommen werden, ist für die meisten Ent schei dungsträger der Verwaltung sowieso keine Option: “Kleinere Gemeinden könnten di e KRITIS-Vorgaben niemals leisten”, sagt Sabine Griebsch, Managing Director bei GovThings und ehemalige CDO des Landkreises Anhalt-Bitterfeld. Allerdings sollten sich die Kommunen als Kritische Infrastruktur verstehen und genau analysieren, welche Daten sensibel und welche Prozesse besonders schützenswert sind. Ferner haben die Kommunen Institutionen unter sich, die “in Prozesse von KRITIS hineinspielen” wie z. B. das Veterinäramt und die Tierseuchenkontrolle, folgert Griebsch. Sich als KRITIS zu verstehen, heißt für Griebsch auch, bestimmte Prozesse vorzuplanen. Es solle einen Ablaufplan dafür geben, (IT)Vorfälle zu dokumentieren und bestimmte Leistungen bei einer Störung zu priorisieren. Kommunen nicht unterschätzen

Bei der Planung für diese Szenarien würden die Kommunen teils unterschätzt, sagt der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wallmerod, Klaus Lütkefedder (CDU): “Es ist ja nicht so, dass wir nur auf Cyber-Angriffe vorbereitet sein müssen. Wir haben auch Vorsorge zu Blackoutszenarien, Starkregen und Energiemangel zu treffen.” Die Verbandsgemeinde gehört zu einer der wenigen Kommunen in Deutschland, die sich für eine Cyber-Versicherung entschieden haben. Dabei solle man sich aber nicht auf die Versicherung verlassen, sondern trotzdem in Vorleistung bei der IT-Sicherheit gehen: “Man muss seine Hausaufgaben bei der IT-Prävention machen. Das ist wie bei einer Haftpflichtversicherung, man hofft, dass man sie nicht braucht, aber ist froh, wenn man sie hat”, folgert Lüt- kefedder. Eine Verpflichtung für Cyber-Versicherungen für Kommunen lehne er ab, empfiehlt aber eine “Verpflichtung, darüber nachzudenken”, denn allein das schaffe eine Sensibilisierung für IT-Sicherheitsstandarts, resümiert der Bürgermeister.

Keine Versicherungspflicht

Dass eine Verpflichtung für Cyber-Versicherungen kein Thema sei, liege auch an den für einen Vertragsabschluss zu erfüllenden Anforderungen an die IT-Sicherheit, erklärt Christian Stuffrein, Referent für Digitalisierung beim Deutschen Landkreistag. Des Weiteren könnten auch juristische Auseinandersetzungen bei einem Versicherungsabruf folgen. Dies gelte, wo vonseiten der Kommunen und der Versicherungen unterschiedliche Auffassungen zu m Stand der Technik, der Schadenshöhe und der Fahrlässigkeit vorlägen, so Stuffrein . Eine Verpflichtung sieht auch der Deutsche Städ- te und Gemeindebund (DStGB) nicht als zielführend an: “Der mögliche Abschluss sollte immer vor Ort in den Kommunen entschieden werden.” Als bessere Alternative schätzt der kommunale Spitzenverband die Bedeutung von Computer Emergency Response Teams (CERTs) und Mobile Incident Response Teams (MIRTS) ein, die durch Land und Bund bereitgestellt werden und bei Cyber-Vorfällen Soforthilfe leisten können.

Cyber-Versicherungen sind als Awareness-Verstärkung zu begrüßen, das meint auch Michael Rainer, Sales Engineer bei Enginsight, in einer Diskussionsrunde auf Digitaler Staat Online. Auch Rainer blickt im Zuge der NIS2-Umsetzung positiv auf den Schutz der IT-Infrastruktur von Kommunen voraus: “Es freut mich, dass künftig auch für kleinere Organisationen verpflichtende Regelungen geschaffen werden.” In welchem Maße für die Cyber-Sicherheit durch NIS-

2 verpflichtende Regelungen für die Kommunalverwaltungen realisiert werden, ist noch nicht geklärt.

Jul i a Schütze, Projektleiterin Internationale Cybersicherheitspolitik der Stiftung Neue Verantwortung, forderte im Digitalausschuss des Bundestags, die lokale öffentliche Verwaltung in die Umsetzung der Regelung mitzunehmen. Dies könne beispielsweise durch Vorgaben an die IT-Sicherheit an die Landkreise durch ein Stufenmodell geschehen. Im Umsetzungsgesetz müsste der Bund explizite Regelungen für die “öffentliche Verwaltung auf regionaler Ebene” schaffen, erklärte sie im Digitalausschuss. (Weitere Ergebnisse aus dem Digitalausschuss auf Seite 25)

NIS-2-Richtlinie auch für die Kommunen?

Doch nicht nur für die Kommunen wird sich die Gesetzeslage ändern. Auch die Einteilung, ab wann eine Institution zur Kritischen Infrastruktur gezählt werden soll, ändert sich: “Unter NIS-2 wird die Einstufung, ob eine Anlage oder Einrichtung unter die Kritische Infrastruktur fällt, nach der Wirtschaftsgröße des entsprechenden Unternehmens festgelegt”, so Andreas Könen, Abteilungsleiter Cyberund Informationssicherheit im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Dabei werde die Anzahl von Anlagen, die sich nach den KRITIS-Vorgaben richten müssten, von 1.400 auf circa 30.000 steigen, resümierte Könen. Durch das Subsidiaritätsprinzip und klare rechtliche Zuweisungen ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik in seiner Unterstützung für die Kommunen eingeschränkt: “Erst durch die Zentralstellenfunktion des BSI kann die Behörde dann auch unabhängig von der Amtshilfe unterstützend tätig werden”, resümiert der Abteilungsleiter aus dem BMI.

Solange aber weder die Zentralstellenfunktion des BSI noch die NIS-2-Umsetzung realisiert ist, müssen die Kommunen weiter eigenständig vorsorgen. Der Deutsche Landkreistag wünscht sich diesbezüglich verbindliche Vorgaben, beispielsweise für die zuverlässige Vorsorge für die Fortführung des Betriebes bzw. für den kontrollierten Übergang in den Notbetrieb einer Kommune. Auch das Netzwerk der öffentlichen IT-Dienstleister in Deutschland, VITAKO, strebt einen rechtlichen Schutz der kommunalen IT bis hin zur Einstufung zur Kritischen Infrastruktur an. Dies könne auch durch die effizienten kommunalen Dienstleister sichergestellt werden, heißt es vom Verband. Der (DStGB) lehnt einen gesetzlich festgelegten Schutz der kommunalen IT hingegen ab: “Besserer Schutz vor Cyber-Angriffen lässt sich nicht per Gesetz verordnen”.

Ein Ergebnis für alle oder Ausnahmen für Sparten?

KNAPP

Unzureichend, komplex und aufwendig (BS/mj) Städte und Gemeinden sollen einfacher über lokale Geschwindigkeitsbegrenzungen entscheiden können, sind sich der Deutsche Städtetag (DST) und der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) einig. DST-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy argumentiert: “Wir brauchen mehr Handlungsfreiheit vor Ort, zum Beispiel für sichere Schulwege für unsere Kinder.” Und Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des DStGB, ergänzt: “Die bisherigen Anordnungsbefugnisse aus Gründen der Verkehrssicherheit und zum Schutz der Umwelt sind aus Sicht der Kommunen unzureichend, zu komplex und zu aufwendig.” Die kommunalen Spitzenverbände fordern daher Bundesverkehrsminister Volker Wissing auf, das Verkehrsrecht entsprechend anzupassen. Nur so könnten Klima- und Umweltschutz, aber auch städtebauliche Aspekte zukünftig stärker berücksichtigt werden.

Klimaschutz bringt Wertschöpfung (BS/mj) Kommunen und Stadtwerke garantieren lokale Wertschöpfung durch Klimaschutzmaßnahmen, ist sich der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg, sicher. “Wenn mit den Einnahmen beispielsweise die Schule oder die Kita energetisch saniert wird, überzeugt das nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern schafft zugleich einen weiteren Beitrag für den Klimaschutz”, argumentiert er. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), ergänzt: “ G rundvoraussetzung sind vor allem gute Investitionsbedingungen für den Aus- und Umbau von Strom-, Gas- und Wärmenetzen.” Die Zukunft Deutschlands stehe und falle mit einer flächendeckend funktionierenden Infrastruktur, die ganz wesentlich von den Kommunen und kommunalen Unternehmen bereitgestellt werde, sind sich die beiden Verbandvertreter einig.

Städte sind keine

Ausfallbürgen schläge. Das wird nicht reichen.” Zugleich unterstrich der VerdiVorsitzende, dass die Beschäftigten bereit seien, für höhere Einkommen auf die Straße zu gehen. Mehr als 335.000 Beschäftigte hätten in Umfragen ihre Unterstützung für die Gewerkschaftsforderungen signalisiert. Die Arbeitgeber seien gut beraten, diese Botschaft ernst zu nehmen. Noch deutlicher wird der Bundesvorsitzende des DBB Beamtenbunds und Tarifunion (DBB), Ulrich Silberbach : “Bund und Kommunen bringen das Kunststück fertig, gegen Tarifrituale zu wettern, die sie selbst immer wieder erzwingen. Wir brauchen ein verhandlungsfähiges Angebot und nicht diese Runde der Respektlosigkeit.” Deshalb müsse der Druck auf die Arbeitgeber jetzt wachsen. Den Auftakt auf kommunaler Ebene machte Verdi in Peine und Salzgitter, der DBB einen Tag später in Aachen. Am schnellsten war allerdings die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). Schon am 25. Januar 2023 versammelten sich über 50 Bundespolizistinnen und Bundespolizisten vor dem Bundesinnenministerium (BMI) in Berlin zu einer Protestaktion.

10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro, wollen die Gewerkschaften für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes erreichen. Gerade der Mindestbetrag stößt den kommunalen Arbeitgebern auf. Im Schnitt bedeute dieser eine Erhöhung von umgerechnet 15 Prozent, in der untersten Einkommensgruppe sogar von 25 Prozent. “Der hohe Mindestbetrag ist das falsche Signal”, kommentiert Niklas Benrath Hauptgeschäftsführer der VKA.

Denn die Kommunen benötigten dringend Personal, das Leitungsaufgaben und Führungsverantwortung übernehme. So ganz stimmt die Aussage jedoch nicht. Denn der Mindestbetrag wirkt bis zur Einkommensgruppe 14, Stufe 1 (siehe Behörden Spiegel, November 2022, Seite 13). Somit w ürden auch neu eingestellte Führungskräfte von dem Mindestbetrag teilweise profitieren. Zudem adressiert die VKA besondere Herausforderungen an di e Gewerkschaf ten, etwa im Bereich der Sparkassen, der Versorgungswirtschaft und den kommunalen Krankenhäusern. Eines ist klar: Sollte es in diesen Bereichen zu besonderen Ergebnissen kommen, werden diese vom Gesamtvolumen abgezogen und schmälern die lineare Erhöhung der übrigen Beschäftigten. Das gilt insbesondere für die

Krankenhäuser und die Ärzteschaft. Parallel zur Einkommensrunde von Bund und Kommunen verhandelt die VKA mit dem Marburger Bund (MB). Dieser fordert einen vollen Inflationsausgleich von Oktober 2021 an und gibt diesen mit 10,4 Prozent an. Zudem sollen die Gehälter zusätzlich um 2,5 Prozent steigen, summa summarum um 12,9 Prozent. Entsprechend geht der MB davon aus, dass die Verhandlungen “erbittert geführt werden müssen”. Allerdings findet die dritte Verhandlungsrunde der Ärzteschaft erst Anfang April statt, während Verdi, DBB, Bund und Kommunen aller Voraussicht vom 27. bis 29. März 2023 in der dritten Runde einen Abschluss erreichen werden. Immerhin haben beide Seiten für die dritte Runde schon drei Verhandlungstage eingeplant.

Auftakt der Tarifverhandlungen wie erwartet / Kommunale Arbeitgeber in der Zwickmühle (BS/Jörn Fieseler) Auch wenn der Forderungskatalog der Gewerkschaften diesmal deutlich kürzer ist, die Tarifverhandlungen werden es nicht. Dem höflichen Auftakt folgen laute Proteste. Und klar wird: Dem Wunsch der kommunalen Arbeitgeber nach differenzierten Betrachtungen werden intensive und lange Gespräche in der zweiten und dritten Runde folgen. Parallel laufen die Verhandlungen mit dem Marburger Bund. Das macht es nicht einfacher. Der Auftakt der Tarifrunde im Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen verlief in sachlicher Atmosphäre und war von einem respektvollem Umgang geprägt. Zumindest in diesem Punkt waren sich Karin Welge Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), und der Verdi-Bundesvorsitzende Frank Werneke einig. Ebenso, dass die Rahmenbedingungen besonders schwierig sind. Doch hinsichtlich der Lösung unterscheiden sich beide Seiten: “Die Forderungen der Gewerkschaften werden so nicht erfüllt werden können”, betont Welge. Und Werneke konstatiert: “Ein positives Signal an die Beschäftigten ist leider ausgeblieben. Die materiellen Sorgen und die Überlastung im Öffentlichen Dienst werden zwar zur Kenntnis genommen, bleiben aber ohne Lösungsvor-

(BS/mj) Der Deutsche Städtetag (DST) warnt vor baldigen Kr anke nhaus-Insolvenzen, wenn nicht schnell Hilfen vor Ort ankämen. Höhere Kosten für Medizinprodukte und die steigenden Energiepreise auf der einen und Personalmangel auf der anderen Seite, bedingen laut DST-Vizepräsident Burkhard Jung die strukturelle Unterfinanzierung. “Jetzt müssen vor allem die versprochenen sechs Milliarden Euro des Bundes aus dem Härtefallfonds zügig und unbürokratisch vor Ort ankommen”, fordert er. Dass Kommunen oft in Windeseile viele Millionen Euro zuschössen, um die Versorgung der Menschen sicherzustellen, könne nur eine Notlösung sein, führt der Oberbürgermeister Leipzigs aus. “Städte sind keine Ausfallbürgen, weil Bund und Länder ih re Hau saufgaben nicht gemacht haben und Defizite nicht ausgleichen.” Konkret fordert der Verband unter anderem, die Vorhaltekosten mindestens in Höhe von 60 Prozent anzusetzen sowie Sonderregeln für Uni-Kliniken abzuschaffen.

Vier Fragen – vier Antworten

Inter view mit Elke Kahr, Bürgermeisterin der Stadt Graz

Behörden Spiegel: Als erste kommunistische Bürgermeisterin der Stadt Graz treffen Sie schnell auf die harte Realität. So musste in Graz kürzlich eine Erhöhung der Müll- und Kanalgebühren um 10,5 Prozent beschlossen werden. Diese Erhöhung wird ärmere Menschen am härtesten treffen. Was sind unter diesen Gegebenheiten die Besonderheiten einer kommunistischen Stadtpolitik?

Kahr: Ja, ich bin als Frau und Kommunistin die erste Bürgermeisterin. Das ehrt unsere Bewegung sehr und ich begegne dem Amt mit großem Respekt. Dadurch, dass ich gemeinsam mit vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern schon sehr lange in der Kommunalpolitik tätig sein darf, verfügen wir über viel kommunalpolitische Erfahrung. Deswegen schaffen wir auch diese neue Herausforderung gut.

Die KPÖ ist in Graz mit 29 Prozent zu stärksten Kraft gewählt worden. Gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern von SPÖ und Grünen ist es unser Ziel, in dieser Wahlperiode einen Weg einzuschlagen, der das Soziale und Ökologische in den Vordergrund stellt. Die Politik wird so ausgerichtet, dass alle Menschen eine höhere Lebensqualität in unserer Stadt vorfinden. Eine kommunistische Stadtpolitik bedeutet also vor allem einen anderen Umgang mit den Menschen. Wir haben

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