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BAS MELISSANT: ‘PIONIER MIT ALLRADANTRIEB’

BAS MELISSANT IST VOR ZEHN JAHREN MIT SEINER FAMILIE IN DEN ORT NORWICH IN DER KANADISCHEN PROVINZ ONTARIO UMGEZOGEN. ER GRÜNDETE DORT MEN’S FARMING INC., EINEN BETRIEB, DER AUF DIE LIEFERUNG VON SPEZIALITÄTEN-ZWIEBELN FÜR DEN NORDAMERIKANISCHEN MARKT AUSGERICHTET IST. DAS ZWIEBEL-MAGAZIN SPRACH MIT IHM ÜBER DAS LEBEN UND DEN ZWIEBELANBAU IN KANADA.

Warum haben Sie beschlossen, die Niederlande zu verlassen und sich in Kanada niederzulassen?

„Ich wollte gerne einen eigenen Betrieb gründen. Kanada ist ein prächtiges Land mit vielen Möglichkeiten. Ontario ist von den Niederlanden aus gut und schnell zu erreichen und unser kirchlicher Hintergrund spielte auch mit bei der Entscheidung. Dies und dass ich Entwicklungen im niederländischen Landwirtschaftssektor entgehen wollte - und dann ist Emigration eine logische Option.”

Welche Erfahrungen haben Sie mitgenommen und welche kamen Ihnen gelegen, um den Anbau und Vertrieb in Kanada erfolgreich zu machen?

„Auf dem Gebiet des Anbaus, der Organisation und des Handels hatte ich in früheren Funktionen im Zwiebelsektor in den Niederlanden und in Frankreich Erfahrungen gesammelt. Nur im Anbau mussten wir alles wieder von Neuem herausfinden. Ich dachte, dass ich gut Zwiebeln anbauen könnte, aber hier in Ontario half mir das am Anfang nichts. Mit Hinfallen und wieder Aufstehen haben wir uns den Anbau hier zu eigen gemacht.”

Was sind die Herausforderungen im Anbau hinsichtlich Chemie und Mechanisierung?

„Was die Chemie betrifft, haben wir ein gutes Mittelpaket zur Verfügung, um unsere Bestände frei von Beikraut, Insekten und Blattkrankheiten zu halten. Auf dem Gebiet der Mechanisierung arbeiten wir sowohl mit europäischen als auch nordamerikanischen Maschinen. Wir bauen auf 2,25 Meter breiten Beeten an. In Nordamerika werden die Zwiebeln mit einer rotierenden Achse gelockert. Gleich, wenn die Hälse ganz eingetrocknet sind, wird das Laub der Zwiebeln geschlegelt. Die Zwiebeln laufen dann über ein Siebband, wobei die trockenen Spitzen mit einem Ventilator nach oben geblasen werden, wonach sie mit einem Fingerbalken abgezwickt werden. Dies ist für die Qualität und Lagerbarkeit der Zwiebeln absolut das beste System. Aber die Kapazität ist viel geringer als beim üblichen Laubschlegeln und Roden. Und wenn es etwas feucht ist, dann geht das nicht mehr.”

Gegen welche Krankheiten und Schädlinge rennen Sie an und wie gehen Sie damit um?

„Wir produzieren in einem feuchten und warmen Klima. Wir müssen da also immer die Nase vorne haben, um Blattkrankheiten zu bekämpfen. Es ist entscheidend, das

Blatt durch den Einsatz von Blattdüngern und Flüssigdüngung vital zu halten. Sobald Blattschäden entstehen, ist der Kampf verloren: Stemphylium befällt es dann rasant. Eine gute Blattbenetzung und Eindringung von starken Mitteln ist erforderlich. Beikrautregulierung ist hier sehr schwierig. Einige Mehltaurassen sind gegen Roundup resistent geworden und deshalb auch schwierig mit den in Zwiebeln zugelassenen Mitteln zu bekämpfen. Aber mit einer intensiven Vorgehensweise haben wir mittlerweile dieses Problem gut gemeistert. Es gibt Beikräuter im Zwiebelanbau, die nicht zu bekämpfen sind, wie der Korbblütler Berufkraut (Erigeron). Die müssen wir von Hand entfernen. Thripse kommen in unseren warmen, trockenen Sommern auch viel vor. Wir können Thripse mit systemischen Mitteln und Kontaktmitten gut bekämpfen, aber man muss aufpassen.”

Welche Sorten verwenden Sie?

„Alle Sorten, die wir säen, kommen aus Europa. Zum Beispiel sind die roten Sorten Redwing F1, Red Carpet F1 und Red Mountain F1 und die rosane Blush F1 von Bejo/De Groot en Slot.”

Mit welchen Herausforderungen auf dem Gebiet der Gesetzgebung und der Vorschriften haben Sie zu kämpfen?

„Kanada ist ein großes Land. Die Normen, die es für Mist/Gülle gibt, werden von wenigen Betrieben überschritten. Die Kontrolle hinsichtlich der Einhaltung der Gesetze ist nicht streng. Aber bei Exzessen ist man auch hier dran. Die Gesetze für Zulassungen sind hier viel flexibler als in den Niederlanden. Wir haben hier jedes Jahr doch etwas gebaut. Wenn man sich anständig an die Gesetze hält, dann ist hier alles so in Ordnung.”

Haben Sie es auch mit bodenbürtigen Pilzen wie Fusarium, Mehlkrankheit und Rosa Wurzelfäule zu tun?

„Durch die langjährige Verwendung von Roundup sind viele Pflanzenarten sehr empfindlich für Fusarium geworden. Wir spritzen mit einem biologischen Mittel, um Roundup im Boden abzubauen. Wir verwenden Roundup selbst sehr wenig im Spritzmittelwechsel. Rosa Wurzelfäule ist hier auch in den Böden vorhanden und das spielt Fusarium in die Hand. >>

Auf Sandböden, auf denen wir zum zweiten oder dritten Mal Zwiebeln anbauen, bekämpfen wir diese Bodenkrankheiten im Herbst vor dem Zwiebelanbau durch Desinfektion mit einer Art Tränengas, das wir mit einem Scharinjektor in den Boden bringen und gleich den Oberboden dichtrollen. Das ist ein effektives Mittel, unter der Voraussetzung, dass es unter guten Bedingungen eingesetzt wird. Pflanzen, die gut wegwachsen, sind viel weniger anfällig für Fusarium. In den ersten Jahren haben wir unsere Erdpresstöpfe immer früh gepflanzt. Sobald wir Nachtfrost kriegen, werden die Pflanzen geschwächt und wir kriegen dort Maden der Zwiebelfliege rein und sekundär auch Fusarium (an den Einfallspforten). Gegenwärtig beginnen wir später im Frühjahr, um dieses Risiko zu vermeiden. Mehlkrankheit habe ich hier glücklicherweise noch niemals gesehen.”

Wie lange ist die Anbausaison? Wann können Sie auf die Felder und wann müssen Sie mit der Feldarbeit fertig sein?

„In den meisten Jahren beginnen wir nach dem 20. April mit dem Säen. In einer guten Wachstumssaison sind die Zwiebeln nach vier Monaten (120 Tagen) abgereift. Wir sind hier auf 42 Grad nördlicher Breite, also haben wir kürzere Tage als in den Niederlanden (52 Nördlicher Breite) und deshalb eine längere Wachstumssaison, mit allen nachteiligen Folgen davon. 2022 haben wir die letzten Felder Schalotten und rosa Zwiebeln zwischen 20. und 23. Mai gesät. Diese wurden in der Woche vom 19.-24. September gerodet. In den meisten Jahren sind wir um den 20. Oktober herum fertig mit der Ernte. 2014 hatten wir den letzten strengen Nachtfrost. Die Redwing F1 stand Zwiebel an Zwiebel, weil wir sie viel dicker gesät hatten als die meisten Anbauer es hier tun. Es lag eine dicke Schicht grünes Laub auf ihnen und dadurch wurden sie vom Frost nicht geschädigt. Wir lieferten von diesem Feld von nicht einmal 9 Hektar fast 1.000 Tonnen netto in Säcken von 25 lb (1lb sind 0,45 kg) an Kunden in Kanada und Amerika, für durchschnittlich 10 Dollar pro Sack. Das sind Dinge, die man niemals vergisst.”

Werden Sie jemals in die Niederlande zurückkehren?

„Als erste Generation Emigranten lebt man immer in zwei Welten. Die Mentalität der Menschen, die Qualität der Produkte und der nahe Kontakt mit den nähesten Familie, das vermissen wir manchmal schon wirklich. Ich denke, dass man auch besser in den Niederlanden als in Kanada wohnen kann, wenn man älter wird. Die Sorge füreinander ist dort besser als hier. Aber das Unternehmerklima für junge Landwirte ist in Kanada viel besser als in den Niederlanden. Wir haben hier einen schönen Betrieb aufbauen können, mit einem Kundenstamm. Es gibt Wertschätzung dafür, was wir tun und liefern. Wenn unsere Jungen mit demselben Enthusiasmus ans Werk gehen wie ich, dann gibt es genügend Möglichkeiten, um den Betrieb weiterzuentwickeln, Darauf hoffe ich und darauf arbeite ich hin.”

Gibt es noch Sachen, auf die Sie stolz sind, wenn Sie nun auf alle Ihre Erfahrungen zurückblicken, die Sie in den Niederlanden und in Frankreich gemacht haben?

„Ja sicher! Ich mache gerne etwas, das noch nie vorher gemacht wurde. Und auf diesem unbekannten Terrain will ich schnell Resultate sehen. Mit dieser Einstellung habe ich B.A.S. (Business & Agri Service) gegründet (heute PPA=Professional Partners in Agribusiness) und ich bekam die Freiheit, schöne Dinge beim Lohnunternehmen Van Zielst (SVZ) und bei TOP Onions zu machen. Diese Betriebe stehen immer noch sehr gut da und ich bin stolz darauf, dass ich meinen Teil dazu habe beitragen dürfen. Das war „Pionierarbeit mit Allradantrieb“ und mit wenigen Hindernissen. Ich schaue mit Genugtuung auf diese Periode in meinem Leben zurück.”

„Ich wollte gerne einen eigenen Betrieb gründen. Kanada ist ein prächtiges Land mit vielen Möglichkeiten. Ontario ist von den Niederlanden aus gut und schnell zu erreichen.”

Was sind die Unterschiede beim Anbau in Kanada im Vergleich mit den Niederlanden und mit Frankreich?

„Wenn du wirklich auf ein gutes Resultat abzielst, dann bist du in Ontario bei allem hinsichtlich Anbau, Bearbeitung und Absatz auf dich selbst angewiesen. Es ist schwierig, Grund zu pachten, weil jeder Anbauer seinen eigenen Grund für seine eigenen Produkte nötig hat, die er selbst verkauft. Lohnunternehmen oder Anbauberater gibt es hier aufgrund des kleinen Ausmaßes dieses Anbaus nicht. Anbauer, die ihre Produkte nicht selbst bearbeiten können, verkaufen diese an große Kollegen, die die Supermärkte beliefern. So haben wir hier auch angefangen. Aber nachdem ich zweimal an diese geliefert hatte, wusste ich, dass dieses System keine Zukunft für uns hatte. Unsere Produkte werden jetzt auf einer viel gesünderen Basis an alle Einzelhändler in Ontario geliefert, mit einer Ausnahme. Dieser kauft nur nach Preis. Und viel Arbeit für wenig Profit, das habe ich noch nie gerne gemacht.”

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