Berner kulturagenda 2010 N° 32

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ZVG

Friedrun Reinhold

N°32 Donnerstag bis Mittwoch 12. bis 18.8.2010 www.kulturagenda.be

The Hilliard Ensemble eröffnet die 23. Ausgabe der Bachwochen Thun-Amsoldingen

Schlossspiele Thun inszenieren den Krimi «Tatort Thun»

Das britische Vokalensemble, bestehend aus Rogers Covey-Crump (Tenor), Gordon Jones (Bariton), Steven Harrold (Tenor) und David James (Countertenor), lässt in der Stadtkirche von Thun den gregorianischen Gesang neu aufleben.

Im Stationentheater von Ueli Bichsel ist der Fulehung – der Narr mit der Teufelsmaske, der alljährlich am Thuner Ausschiesset erscheint – für einmal nicht Opfer, sondern Täter.

Von der Gregorianik bis zur Moderne Jagd auf den Fulehung Mit einem vielseitigen Programm ehren die Thuner Bachwochen den Ausnahmekomponisten bereits zum 23. Mal. Für sechs Konzerte reisen internationale Solisten und Ensembles an. Hauptspielort ist die über tausendjährige Kirche in Amsoldingen. «Johann Sebastian Bach ist der Vater der abendländischen Musik», untermauert Julia Vincent, die künstlerische Leiterin der Bachwochen Thun-Amsoldingen, ihre Bewunderung für den grossen Musiker des 18. Jahrhunderts. Schliesslich war Johann Sebastian Bach das grosse Vorbild einer ganzen Reihe späterer Komponisten. «Das Werk Bachs bietet unendlich viele Möglichkeiten an Programmkombinationen», fügt Vincent an. Sie hat in diesem Jahr den musikalischen Bogen zum ersten Mal bewusst etwas weiter gespannt. «Wir möchten so ein breiteres Publikum ansprechen. Der Fokus soll aber nach wie vor auf die Vermittlung der Musik von Bach gerichtet sein.» Bis auf eine Ausnahme haben denn auch alle auftretenden Künstler Kompositionen von J. S. Bach im Programm. Ein hochkarätiges Ensemble zum Auftakt Diese eine Ausnahme macht The Hilliard Ensemble aus Grossbritannien. Die vier Sänger greifen mit ihrer Darbietung «In Paradisum» weit vor die Zeit Bachs zurück. Der einstimmige Gesang aus der Gregorianik führt bis an die Ursprünge der okzidentalen Musik. Obwohl auf die Musik vor 1600 ausgerichtet, hat das Ensemble während seines dreissigjährigen Bestehens immer wieder die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Komponisten gesucht und verschiedenste vokal-instrumentale Besetzungsformen ausprobiert. In Thun treten sie in der Kernbesetzung auf (siehe Bild). «Ausgehend von der Idee, Kompositionen aus diversen Epochen in die diesjährige Ausgabe zu verpa-

cken, war es naheliegend, das Hilliard Ensemble für das Eröffnungskonzert einzuladen», erklärt Vincent. Erweiterungen geplant Unter der Leitung von Julia Vincent wurde in den letzten drei Jahren intensiv am Ausbau der Bachwochen gearbeitet. Mit jeder neuen Ausgabe versucht man, das Programm noch etwas hochstehender und interessanter zu gestalten. Ebenso wurde die Anzahl Konzerte Jahr für Jahr erhöht. Die Bachwochen Thun-Amsoldingen haben so an Ausstrahlung gewonnen. Vor 23 Jahren

von der amerikanischen Flötistin Besse Welsh gegründet, sind sie mittlerweile ein fester Begriff in der Schweizer Festivallandschaft der geistlichen und weltlichen Musik. Nicht an Kirchen gebunden Mit der Stadtkirche und der Scherzligkirche in Thun sowie der Kirche in Amsoldingen finden alle Konzerte in Gotteshäusern statt. Sind die Bachwochen denn an Kirchen als Konzertstätten gebunden? «Keineswegs», sagt Julia Vincent, «wir planen, in der Zukunft auch alternative Spielorte einzubeziehen.» Im nächsten Jahr wird der Schadausaal im neuen Kultur- und Kongresszentrum Thun dazukommen. Lukas Tinguely

Bachwochen Thun-Amsoldingen 2010 • The Hilliard Ensemble: «In Paradisum». Der Requiem-Text mit eingeschobenen polyphonen Werken von T. L. Victoria und G. Palestrina. Stadtkirche, Thun. So., 15.8., 17 Uhr • Steven Isserlis (Violoncello) und Naoki Kitaya (Cembalo): «Meisterwerke». Werke von D. Scarlatti, B. Britten, J. S. Bach u.a. Kirche, Amsoldingen So., 22.8., 17 Uhr • Schweizer Solisten – Kammerensemble: «Natur und Kunst». Werke von J. S. Bach, W. A. Mozart und L. v. Beethoven. Kirche, Amsoldingen. So., 29.8., 17 Uhr • Naoki Kitaya (Cembalo): «Sur les fleuves de Babylone».

Werke von G. Frescobaldi, H. Purcell, L. Couperin, J. S. Bach, u. a. Scherzligkirche, Thun Fr., 3.9., 19.30 Uhr • Ensemble L’Ornamento: «Les Quatre Nations». Werke von A. Vivaldi, J.-M. Leclair, H. Purcell, J. S. Bach u.a. Kirche, Amsoldingen So., 5.9., 17 Uhr • ensemble ardent – Vokalensemble, begleitet von Beat Sieber, Violoncello, Matteo Pastorello, Orgel: «Vesperklänge». Werke von H. Schütz, G. Palestrina, F. Mendelssohn Bartholdy, A. Pärt, J. S. Bach u.a. Stadtkirche, Thun. So., 12.9., 17 Uhr

www.bachwochen.ch

Das Thuner Stadtoriginal Fulehung mordet, Journalisten und die Kriminalpolizei ermitteln – und das Publikum spaziert mit. Die Schlossspiele Thun präsentieren heuer das Stationentheater «Tatort Thun – Dr Fall Fulehung». Es könnte der Beginn einer Episode der «Tatort»-Reihe im Fernsehen sein. Im beschaulichen Schlosshof Thun feiern ehemalige Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Schadau eine Klassenzusammenkunft. Gut gelaunt, posieren sie für Fotos auf dem Brunnenrad, albern herum und schwelgen in Erinnerungen. Doch der Mord lässt nicht lange auf sich warten. Plötzlich wird einer der Clique getötet – von einem Täter im Fulehung-Kostüm. So beginnt das neue Stück der Schlossspiele Thun, mit dem der Autor und Regisseur Ueli Bichsel nach seinem Abgang bei den Thuner Seespielen sein Comeback an der Theaterbühne gibt. Im Mittelpunkt seiner Inszenierung stehen der Journalist Kurt Moser (Daniel Niedermann) und der Fotograf Walter Friedli (Urs Badertscher). In ihrer Freizeit leiten die beiden Stadtführungen. Ihren Rundgang beginnen sie jeweils im Schlosshof, und so will es der Zufall, dass sie – kaum haben sie ihre Gäste begrüsst – Augenzeugen des Mordes an der Klassenzusammenkunft werden. Unabsichtlich geraten sie in die Aufklärung eines Kriminalfalls hinein – und das Publikum mit ihnen. Theater vor der Haustür Doch die Ermittlungen geschehen nicht vor Ort. Bichsels Stück ist ein Stationentheater, das vom Schlossberg über neun Spielorte ins Rathaus führt. Moser und Friedli begleiten die Zuschauer durch den «Tatort Thun». «Ich wollte einen Krimi schreiben, der für die Zuschauerinnen und Zuschauer abläuft wie ein Film», schreibt Bichsel

im Programmheft, «einen guten ‹Tatort› eben.» Die lebendigen Kulissen locken an der Premiere auch viele Schaulustige an, etwa bei der Szene in der Oberen Hauptgasse. Dort hat der Fulehung schon wieder zugeschlagen. Das Opfer liegt bewusstlos am Boden. Ein Krankenwagen nähert sich mit Blaulicht. Spätestens jetzt werden Fenster geöffnet und Vorhänge gezogen. Anwohner blicken verwundert auf die Vorstellung vor der eigenen Haustür. Die Sicherheitskräfte, die den Tross stets begleiten, sind hier mitten in der Stadt besonders gefordert. Geschickt schirmen sie den Schauplatz ab und weisen stecken gebliebenen Passanten den Weg. Ein Stück für Thuner Es ist ein unterhaltsamer Rundgang, den Regisseur und Ensemble dem Publikum bieten – vor allem für Thuner. Denn das Stück ist gespickt mit Themen, welche die Thuner bewegen. Zur Sprache kommt etwa die Schliessung der Selve-Partymeile oder der hochgeschätzte «Thuner Tägu». Doch auch Auswärtige kommen bei diesem Krimi, der mit vielen historischen Informationen aufwartet, auf ihre Kosten. Durch das Mitfiebern und Miträtseln entwickelt sich eine Stadtführung der ganz besonderen Art. Michelle Schwarzenbach \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Start im Schlosshof Thun Aufführungen bis 11.9. Bis 21.8. ausverkauft www.schlossspielethun.ch


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