Berner kulturagenda 2014 N° 37

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N°37 Donnerstag bis Mittwoch 11. bis 17.9.2014 www.kulturagenda.be

DIE BERNER KULTURAGENDA SAGT DIR, WOS L ANGGEHT, WENNS AUSGEHT!

Die neue StattLand-Führung «Nachtwächter» führt in die schummrigen Ecken Berns. Seite 3

Antony Gormly, Foto: Dominique Uldry

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«Zwischen Räumen» lautet das Thema der Biennale Bern. Begangen wird der Grat zwischen Musik, Darstellender und Bildender Kunst.

Ankommen in New York: Die Installation «Expansion Field» von Antony Gormley im Zentrum Paul Klee.

Das Vermessen als Obsession Das Vermessen der Welt gehört zu den Obsessionen der Menschen. Bereits im alten Griechenland berechneten Gelehrte den Erdumfang. Leonardo da Vinci ging in seiner berühmten «Studie nach Vitruv» den Proportionen des menschlichen Körpers auf den Grund. Der Körper und sein Verhältnis zum Raum interessieren auch Antony Gormley. Im Zentrum Paul Klee (ZPK) ist jetzt die Installation «Expansion Field» des englischen Bildhauers zu sehen. An der Medienkonferenz illustriert Gormley seine Überlegungen kurzerhand: er fordert die anwesenden Medienschaffenden dazu auf, die Augen zu schliessen. Denn nur wenn wir uns der Dunkelheit des Körpers bewusst würden, liesse sich ein grenzenloser Raum ohne Dimensionen erfahren.

Am Anfang von Gormleys Faszination für den Menschen und seine Beziehung zum Raum stand ein Apfel. Für «One Apple» (1982) hat er die Frucht in verschiedenen Wachstumsphasen mit Blei umgossen. Die 53-teilige Installation, die in Bern auch zu sehen ist, trägt zum Verständnis seiner späteren Arbeiten bei. Betonbunker für Malmö In Anlehnung an die Apfelhüllen schuf der Träger des renommierten Turner Prize mit «Room II» eine Art Bunker für einen Körper. Die geometrischen Formen sind an seinen eigenen Körper angelehnt. Gormley verfolgte diesen Ansatz fortan weiter. Für «Allotment» (1995–2008) vermass er 300 Bewohnerinnen und Bewohner der schwedi-

Orientalische Party zum Auftakt

schen Stadt Malmö und konstruierte für alle ein passendes Betongehäuse. Für seine «Field»-Serien hat er Museumsräume mit zigtausend kleinen Tonfiguren gefüllt. 100 Tonnen sind zu viel «Expansion Field» kreierte Gormley eigens für das ZPK; seiner ersten Einzelausstellung in der Schweiz. Ausgangslage war der Wunsch von Museumsdirektor Peter Fischer, den 1700 m2 grossen Maurice E. Müller Saal ohne raumteilende Elemente zu nutzen. Ursprünglich war geplant, eine bestehende Arbeit von Gormley zu zeigen. Die Statik – «der Boden ist gemacht für Klee und sein Publikum», bemerkt Fischer scherzhaft – hätte dem horrenden Gewicht von 100 Tonnen allerdings nicht standgehalten. Gormley, der nicht an Kunst interessiert ist, die lediglich der Zerstreuung und der Unterhaltung dient, konzipierte daraufhin 60 monumentale Stahlfiguren.

Die Kanten der geometrischen Figuren sind verschweisst, somit ist das Innere vom Äusseren hermetisch abgeriegelt. Scans von Gormleys Körper bildeten die Grundlage für die insgesamt 21 Positionen, die in unterschiedlichen Dimensionen ausgeführt sind. Der ausserordentlichen Grösse des Raumes ist sich der Künstler bewusst. Doch im Füllen von immer grösseren Museen durch immer grössere Arbeiten sieht er keine Lösung: «Ich hätte «Expansion Field» auch drei Mal grösser machen können, aber es wäre nicht drei Mal besser geworden», sagt er. Das Erlebnis im Zentrum Paul Klee beschreibt er mit der Ankunft in einem New Yorker Flughafen: Die Skyline von Manhattan ist aus der Ferne sichtbar, beim Betreten der Strassenschluchten wird man selbst zu einem Teil davon. Nelly Jaggi \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Zentrum Paul Klee, Bern Ausstellung bis 11.1.15. www.zpk.org

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Bee-flat eröffnet die Saison mit einem wahren Pauken-, oder besser gesagt: Darbukaschlag. Die türkische Band Baba Zula spielt traditionelle Musik ganz modern. vent Akman tritt mit traditionellen Instrumenten wie dem Saiteninstrument Saz oder der Darbuka, einer arabischen Trommel, auf. Dazu gesellen sich elektronische Effekte und manchmal eine Bauchtänzerin. Mit einem verrückt-verzaubernden Auftritt hat Baba Zula 2010 den Saisonabschluss von Bee-flat in eine orientalische Party verwandelt. Nun eröffnen sie die Saison. Annatina Foppa

3. Die Ausstellung «Yolo» in der Galerie da Mihi, Bern (Vernissage: Do., 11.9., 18 Uhr. Ausstellung bis 8.11.) Toll, dass jungen Kunstschaffenden eine Plattform geboten wird.

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Turnhalle im Progr, Bern So., 14.9., 20.30 Uhr. www.bee-flat.ch Die Kulturagenda verlost 2 × 2 Tickets: tickets@kulturagenda.be

Zum zweiten Mal findet ArtStadtBern statt: Kunstschaffende gestalten Räume in der Alt­ stadt, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind. Dieses Mal findet die Aktion in Koope­ ration mit der Biennale statt. Der Künstler Adrien Rihs arbeitet im Organisationsteam und bespielt einen Raum an der Gerechtigkeits­ gasse 68 (Diverse Orte, Bern. Fr., 12. und Sa., 13.9. www.artstadtbern.ch).

2. Biennale Bern (Do., 11. bis Sa., 20.9.) Das diesjährige Motto «Zwischen Räumen» war Anlass für die Kooperation mit ArtStadtBern.

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«Psychedelischer Underground». So wurde Baba Zula in Fatih Akins «Crossing the Bridge» beschrieben. Der Dokumentarfilm über die Istanbuler Musikszene katapultierte die Band 2005 von genau diesem Untergrund auf die internationalen Konzertbühnen. Denn nicht nur Protagonist Alexander Hacke, Bassist der Einstürzenden Neubauten, verfiel dem abgefahrenem Charme von Baba Zula und wurde kurzzeitig selber Bandmitglied. Musikliebhaber weltweit liessen sich umgarnen von den osmanischen Klängen in elektronischem Gewand. Die Truppe um die beiden Gründungsmitglieder Murat Ertel und Le-

von Adrien Rihs

1. Die Führung «Die unterirdische Welt des ­Inselspitals», Haupteingang Lory-Spital, Bern (Di., 16.9., 17.30 Uhr) Ein wahres Labyrinth, das ich vor einigen Jahren als Patient im Bett, gezogen von einem Elektromobil, entdeckt habe. Würde dort gerne eine Kunstaktion durchführen.

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3 Kulturtipps

ZVG

Ein Hauch Grossstadt im Zentrum Paul Klee: Im Maurice E. Müller Saal stehen 60 monumentale Stahlskulpturen von Antony Gormley. Es ist die erste ­Einzelausstellung des englischen Bildhauers in der Schweiz.

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Baba Zulas psychedelischer orientalischer Dub hat in Bern schon viele in seinen Bann gezogen.

Ich nehme meinen 9-jährigen Göttibub Basil in die Galerie da Mihi mit, … … weil generationsübergreifende Kunsterlebnisse immer sehr anregend sind.


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