N°33 Donnerstag bis Mittwoch 14. bis 20.8.2014 www.kulturagenda.be
DIE BERNER KULTURAGENDA SAGT DIR, WOS L ANGGEHT, WENNS AUSGEHT!
Drei Schlösser, drei Inszenierungen, ein Gewässer. Ausflug in die Vergangenheit entlang des Thunersees. Seite 7
Swiss Press Photo / Mark Henley
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Die Provinz als Zustand bringt kaum einer so treffend auf den Punkt wie Gerhard Polt: «Und Äktschn!» heisst sein neuer Film.
Bild aus der Siegerserie von Mark Henley, dem «König der Nullthemen».
Merkwürdiger als Erfundenes Eine Tschador tragende Frau beugt sich über ihren Laptop von Apple. Unter ihrem schwarzen Tuch blitzt westliche Kleidung hervor, das hochkonzentrierte Gesicht ist geschminkt. Es handelt sich um eine Journalistin, die Fotograf Mark Henley anlässlich einer Konferenz in Genf festhielt. In langwierigen Gesprächen verhandelten die USA, China, Russland und die EU mit dem Iran über dessen Atomprogramm. Mark Henley, ein Genfer mit britischen Wurzeln ist «Swiss Press Fotograf des Jahres 2014». Eine internationale Jury hat den Gewinner gekürt, verliehen wird der Preis bereits zum 24. Mal von der Fondation Reinhardt von Graffenried. Was macht ein gutes Pressebild aus? «Es ist die Balance zwischen Ästhetik und Informationsgehalt, die stimmen
muss», sagt Michael von Graffenried, der in Paris lebende Berner Fotograf und Initiant des Preises. Graffenried bezeichnet Henley als den König der Nullthemen. Eigentlich gäbe es ja nichts Langweiligeres, als eine Konferenz abzulichten, aber dem Fotografen seien spannungsgeladene Bilder gelungen. Banker im Regen Einmal mehr. Henley hat den begehrten Titel bereits vor zwei Jahren eingeheimst. Damals gewann der 48-Jährige mit einer schwarzweissen Aufnahme, die die Krise des Schweizer Bankenwesens auf den Punkt brachte: Ein korrekt mit Anzug gekleideter Banker springt – ohne Regenschirm – über den Paradeplatz durch den strömenden Regen.
Die Wanderausstellung «Swiss Press Photo 14» vereint rund 90 Pressebilder aus insgesamt sechs Kategorien, in denen jeweils die ersten drei Ränge erkoren werden. Die Themenkreise «Aktualität», «Alltag», «Schweizer Reportagen», «Porträt», «Sport» und «Ausland» ergeben ein facettenreiches Panoptikum. Politiker auf Diät Das Jahr 2013 in Bildern hält manche Überraschung bereit. Sébastien Anex, der Gewinner in der Kategorie «Porträt» hat Daniel Brélaz, den Stadtpräsidenten von Lausanne, in Schieflage festgehalten. Der grüne Politiker liess sich während einer Akupunktur-Sitzung fotografieren, die ihm angeblich beim Abnehmen half. Statt in würdevoller Pose, die Macht verströmt, liegt der Politiker mit Nadeln in der Backe auf einem Schragen. Witziges Detail ist die grünäugige Katze auf seiner Krawatte, die seinen leicht beunruhigten Blick zu verdoppeln scheint.
Steeve Iuncker-Gomez, der Gewinner in der Kategorie «Ausland» konnte bei der Jury mit Bildern aus Sibirien punkten. Der Westschweizer Fotograf hat die klirrende Kälte so festgehalten, dass es einen nur schon beim Hinschauen fröstelt. Seine Aufnahmen von eingefrorenen Autos und vereisten Kabeln sind schön und gespenstisch zugleich. Iuncker hat die Realität dokumentiert und dabei Bilder geschaffen, die aus einem apokalyptischen Science FictionFilm stammen könnten. Die Qualität der Bilder ist auch anderen aufgefallen: Am Wettbewerb des Naturhistorischen Museums in Paris gewann er den ersten Preis.
Helen Lagger \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
Polit-Forum Käfigturm, Bern Vernissage: Di., 19.8., 18.30 Uhr Ausstellung bis 11.10. www.swisspressphoto.ch
Im Emmental findet dieses Jahr zum ersten Mal das Zapperlot!-Festival statt. Zu erleben gibt es drei Tage progressive Musik im Geiste von Frank Zappa.
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Schangnau, Emmental Fr., 15. bis So., 17.8. www. zapperlot-festival.ch
Das Dekonstruieren von Sounds ist die Spezialität des Berner Musikers Reto Mäder und seiner 2008 gegründeten Band Sum of R. Mäder und seine Bandkollegin Isabelle Ryser machen experimentelle Musik zwischen Drone, Post-Metal und Ambient. Diese Woche live zu erleben im Instore-Gig im Chop Records (Do., 14.8., 20 Uhr).
2. «Taking a Line for a Walk», Ausstellung im Zentrum Paul Klee, Bern (bis So., 17.8.) Auf den ersten Blick eher abstrakt, bei genauerer Betrachtung wachsen aus Punkten und Linien aber Schriftzeichen und Symbole. 3. Tribute to the Ramones im ISC, Bern (Sa., 16.8., 21 Uhr) Punkrock mit Seele durch drei Akkorde. Die Ramones haben eine ganze Generation wach- und durchgeschüttelt.
Phil Mueller
tive, fun-tasievolle Musik» im Geiste von Frank Zappa. In Schangnau spielen nun zwei ZappaCoverbands wie auch viele innovative junge Schweizer Musikerinnen und Musiker. Etwa die Cowboys From Hell oder Öz Ürügülü. Sogar ein lokaler Frauenjodlerchor tritt auf. Nur eines kriegt man am Zapperlot! bestimmt nicht zu hören, warnt der Künstlerische Leiter und «Oberguru» des Festivals: «Mainstream». Sarah Sartorius
von Reto Mäder
1. «Blue Ruin» im Kellerkino, Bern (Fr., 15.8., 22.45 Uhr) Ein fesselnder Independentfilm mit aufwühlenden Einblicken hinter die Kulissen einer amerikanischen White-TrashFamilie.
Zappaeske Landpartie
«Eine richtige Solidaritätswelle von freiwilligen Helfern hat uns überrollt», erzählt Anton Brüschweiler vom neu gegründeten Zapperlot!-Festival. Das Gelände in Schangnau im Emmental wurde vom heftigen Unwetter verwüstet. Tagelang musste das überschwemmte Festivalgelände danach von Sand und Geröll befreit werden. Mit seiner Band Anton and the Headcleaners spielte Brüschweiler, der auch das Kulturlokal Chäsi Gysenstein leitet, letztes Jahr an der Zappanale in Deutschland und resümierte: «Genau so etwas fehlt in der Schweiz!». Also gründete Brüschweiler das Festival für «progressive, innova-
3 Kulturtipps
ZVG
Die Ausstellung «Swiss Press Photo 14» im Käfigturm präsentiert die besten Schweizer Pressebilder von 2013. Der Gewinner Mark Henley hat eine scheinbar dröge Konferenz spektakulär in Bilder umgesetzt.
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Nach der Sintflut reiten sie in Schangnau ein: die Cowboys From Hell.
Ich würde DICH überzeugen, an den Tributeto-the-Ramones-Anlass mitzukommen, … … weil auch nach dem Tode aller Original-Bandmitglieder der Ramones, «weniger» in so authentischer Form noch immer «mehr» geblieben ist.