Berner kulturagenda 2010 N° 48

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Lisbert Lama Elliel

N°48 Donnerstag bis Mittwoch 2. bis 8.12.2010 www.kulturagenda.be

Schauplatz International präsentiert mit «Ikeaville» unkonventionelles Theater im Möbelhaus. Seite 3

Annette Boutellier

Dominique Uldry

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Sie haben es geschafft: Kay (Fabian Guggisberg) und Gerda (Mona Kloos) lösen das Geheimnis des Lebens und entfliehen dem ewigen Eis im Palast der Schneekönigin.

Die Kraft der Freundschaft Ein Kobold purzelt auf die Bühne. Er steppt und neckt die Kinder im Publikum: «Das blonde Mädchen da unten hat Haare wie Stroh. Der Junge sieht aus wie ein Warzenschwein!» Die Kinder quietschen vor Vergnügen. Am Bühnenrand sitzt Andersen, klappert auf der Schreibmaschine und erzählt dem Premierepublikum sein Märchen. «Die Schneekönigin» von Hans Christian Andersen (1805–1875) gehört zu dessen ausgefeiltesten, aber auch komplexesten Kunstmärchen. Ingrid Gündisch inszeniert es als Weihnachtsmärchen am Stadttheater Bern. Es handelt von einem bösen Kobold mit einem Zauberspiegel, der alles was sich darin spiegelt, schlecht werden lässt. Der Kobold will sich über Gott lustig machen und fliegt mit dem Spiegel zum

Himmel auf. Doch der Spiegel fällt ihm runter und zerspringt in Millionen von Splittern, welche die Menschen kalt und böse werden lassen. Teuflischer Glassplitter Die zwei Nachbarskinder Kay (Fabian Guggisberg) und Gerda (Mona Kloos) verbringen jede Sekunde zusammen, bis auch Kay einen der teuflischen Glassplitter ins Auge bekommt. Er ist nicht mehr an Gerda und ihren gemeinsamen Spielen interessiert und gerät in den Bann der schönen Schneekönigin. Sie entführt ihn in ihren Eispalast, wo er bleiben muss, bis er das Rätsel um «das Geheimnis des Lebens» gelöst hat. Jeder Kuss der Schneekönigin lässt sein Herz mehr erkalten. Gerda macht sich unerschrocken auf den Weg, um Kay zu

retten. Unterwegs trifft sie auf verschiedene Gestalten. Manche halten sie auf, etwa der Gärtner der sprechenden Blumen. Andere helfen ihr weiter, wie das Rentier, das sie in den Norden bringt. Geheimnis des Lebens Gündisch verzichtet zugunsten der leichteren Verständlichkeit auf die poetische Sprache des Originals und auch weitgehend auf seine Vielschichtigkeit. Die Figuren setzt sie mit grossem Humor um. Etwa die beiden Krähen, im Original eher bedächtige Figuren, amüsieren hier als verliebte Tollpatsche, deren Kuss die Kinder im Publikum lautstark mit «Wäh!» kommentierten. Oder die Finnin, die Gerda schliesslich den Weg in den Eispalast weist, bei Andersen alt und schrullig, hüpft keck auf die Bühne und erzählt von ihrem Saunagang. Andersens Märchen besticht durch seine Naturbeschreibungen. Gerdas Reise führt durch die verschiedenen Jahres-

zeiten. Helke Hasse hat dies im Bühnenbild wunderbar umgesetzt: Riesige farbige Lampions als sprechende Blumen vermitteln den Sommer. Die Reise führt weiter durch den herbstlichen Räuberwald, und mit Schneegestöber und Eiskristallen ist man schliesslich im Winter angelangt. Zusammen mit den prunkvollen Kostümen, allen voran dem der Schneekönigin mit Glitzerkleid und Diadem, ergeben sich märchenhafte Bilder. Gerda findet Kay schliesslich im Eispalast, wo er, steif vor Kälte, immer noch versucht, das Rätsel zu lösen. Allein gelingt es ihm nicht. Doch Gerda hilft ihm, die Buchstaben zum richtige Lösungswort zu legen. Es heisst «Liebe». Regine Gerber

3 Kulturtipps

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Tobias Heim ist Sänger des Liedermachertrios Tomazobi. Die HochgeschwindigkeitsScherzbolde treten mit ihrem Weihnachtsprogramm, «Uf dr Suechi nach de verlorene Gschänkli», auf (Sa., 4.12., 21 Uhr, Bäre Buchsi).

Stadttheater, Bern Mo., 6.12., 10 und 15 Uhr., Mi., 8.12., 17 Uhr; Vorstellungen bis 16.1. Ticketverlosung für Mo., 6.12., 15 Uhr www.stadttheaterbern.ch

Martina Topley Bird hat schon für Tricky gesungen, für Massive Attack und die Gorillaz und prägte den Trip-Hop. Seit Längerem ist sie mit ihrem Soloprojekt unterwegs. Für ein Konzert bei Bee-flat macht Sie halt in Bern.

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Turnhalle im Progr, Bern Mi., 8.12., 20.30 Uhr. www.bee-flat.ch

2. «Lust und Laster» im Kunstmuseum Bern und im Zentrum Paul Klee (Ausstellung bis 20.2.) Die sieben Todsünden sind sicher ein Sündeli wert, olé! Eine Ausstellung, die ich mir gerne noch ansehen möchte. 3. Churchhill im Sous Soul (Fr., 3.12., 22 Uhr) Die aufstrebenden Mutterkühe aus Bern sind ein sicherer Wert und seit Jahren dabei.

ZVG

1990er-Jahre in Bristol entstanden – unter anderem durch Massive Attack und Tricky. Von Anfang an war auch Martina Topley Bird als Sängerin mit diesen Künstlern verbandelt. Heute tönt Topley Bird im Ansatz noch nach dem BristolStil, doch ist sie nicht in den 90ern stehengeblieben. Sie hat dann und wann ein wenig am Tempoknopf gedreht und eine musikalische Breite erreicht, die weit über die Stilgrenze hinausreicht. Bei Bee-flat steht sie mit ihrem Mitmusiker Ninja auf der Bühne. Michael Feller

von Tobias Heim

1. Crazy David auf dem Gurten (Mi., 8.12., 14 Uhr) Etwas für die ganze Familie, da ist manchmal auch der Mätzel der Tomazobis mit seiner Gitarre dabei.

Frei wie ein Vogel Auf den Alben von Tricky ist sie in den 1990ern aufgetaucht, auf seiner Bühne und auch sonst an seiner Seite. 1998 ging die Beziehung zwischen Martina Topley Bird und dem Trip-Hop-Pionier in die Brüche, und die Zusammenarbeit endete vorübergehend. Seither gilt ihre musikalische Aufmerksamkeit ihrem Soloprojekt. Drei Alben hat sie bereits herausgegeben. Das neuste, «Some Place Simple», ist in diesem Jahr erschienen. Die Musik der Sängerin steht in der Tradition des Trip-Hop. Dessen Charakteristika sind die gemächlichen Tempi sowie die Mischung aus Hip-Hop- und Dub-Rhythmen. Er ist Anfang der

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ZVG

Ingrid Gündisch inszeniert am Stadttheater Bern Hans Christian Andersens «Schneekönigin». Das diesjährige Weihnachtsmärchen ist ein Plädoyer für Freundschaft, Liebe und Menschlichkeit.

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Fesselnd und manchmal irritierend: Das Kunstmuseum Bern zeigt Videos und Installationen von Yves Netzhammer.

Martina Topley Bird braucht auf ihrer Solo-Tour wenig mehr als sich selbst.

Einen Hip-Hop-Verächter würde ich mit dem Argument ins Sous Soul schleppen, … … dass die Jungs mit echten Instrumenten hantieren und nicht nur aus Konserven schöpfen.


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