Berner kulturagenda 2011 N° 2

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N°2 Donnerstag bis Mittwoch 13. bis 19.1.2011 www.kulturagenda.be

Es regne Rosen

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Die Musik kommt zuerst Ist das klassisches Musikkabarett? Jacqueline Bernard findet diesen Begriff zu missverständlich: «Wir machen kein politisches Kabarett – und die Musik bleibt bei uns an erster Stelle», sagt sie. Schliesslich haben alle drei eine Musikausbildung abgeschlossen. Sie nennen ihre Kunst deshalb «Musikhumor für alle Lebenslagen».

Keine halben Sachen: Rudolf Buchbinder spielt alle fünf Beethoven-Klavierkonzerte. Seite 7

ZVG

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Am Galerienwochenende gibt es neue Ausstellungen zu sehen, zum Beispiel die von Andres Fischer Muñoz bei Béatrice Brunner.

Nische in der Männerdomäne Mit einer breiten musikalischen Stilpalette vom Chanson bis zum Klezmer, mit einer nicht alltäglichen Triobesetzung und dem Beizug der talentierten Regisseurin Nadolska will siJamais ihre Nische in der männerdominierten Kleinkunst ausbauen. Mit ihren früheren Programmen (u.a. «Frauen sind keine Engel», 2008) bestritten die drei zahlreiche Auftritte. Dass ein weiterer Schritt gelingt, ist ihnen zuzutrauen, schliesslich lebt der Ehrgeiz nicht nur in ihren Bühnenfiguren. Wobei sie die Sache mit dem Erfolg schon ein wenig entspannter angehen. Michael Feller

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3 Kulturtipps von Bernhard Bischoff

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La Cappella, Bern Premiere: Do., 13.1., 20 Uhr Weitere Vorstellungen: Fr., 14.1., und Sa., 15.1., 20 Uhr, sowie So., 13.3., 19.30 Uhr www.la-cappella.ch

ZVG

Das Alphatier, die Chaotin, die Scheue Die Figuren von Jacqueline Bernard (Piano und Gesang), Simone Schranz (Bass und Gesang) und Mia Schulz (Klarinette und Gesang) tragen nicht von ungefähr ihre richtigen Namen. «Die Rollen haben schon einiges mit uns gemeinsam», sagt Jacqueline Bernard. Nicht nur auf der Bühne ist sie die Strategin der Gruppe, hält die Sache zusammen und treibt sie vorwärts. Mia Schultz spielt die leicht esoterisch angehauchte, emotionale und leicht zu begeisternde Chaotin, die mit ihren vielen Ideen immer wieder vom Businessplan abkommt. Simone Schranz verkörpert das vermeintlich scheue Reh des Trios. Dass die Frau mit dem Kontrabass genau weiss, was sie will, zeigt sich erst im Verlauf des Stücks. In der Verbissenheit der Erfolgshungrigen kommt noch so einiges ans Licht. Die Gefühlswelt dreier Frauen um die dreissig wird so richtig ausgeleuchtet.

Obwohl die Musik vorgeht, musste für das neue Programm ein roter Faden her. Für die Dramaturgie und die Regie hat das Trio deshalb Magdalena Nadolska engagiert. Nadolska, die auch für die Berner Kulturagenda schreibt, formte aus dem Songmaterial die Geschichte der strebsamen Frauenband. Im Vergleich zu früheren Programmen von siJamais hat die Dramaturgie an Bedeutung gewonnen. War sie lange vielmehr Mittel zum Zweck der Überleitung, wird jetzt mit den Songs und den theatralischen Elementen eine Story erzählt. «Wir haben genau deshalb eine Theaterfrau beigezogen», sagt Jacqueline Bernard. Nicht nur in Sachen Dramaturgie, sondern auch beim schauspielerischen Teil habe Magdalena Nadolska sie vorwärtsgebracht. Bei den Proben wurde viel improvisiert und ausprobiert.

Lorenz Heer

Meisterinnen fallen nicht vom Himmel, Rosen hingegen schon – wenn man sich genug in die Sache reinkniet. «Hauptsache dabei!» gilt für die Protagonistinnen Simone, Mia und Jacqueline. Sollen sie sich als Vorband eines Rappers versuchen, als Live-Act an der Mister-SchweizWahl oder im Schweizer Pavillon an der nächsten Weltausstellung? Koste es, was es wolle – der Erfolg muss her.

Philipp Horak

Mit neuen Songs, neuer Regisseurin und einer witzigen Geschichte will siJamais die Kleintheater erobern. «Hauptsache dabei!» heisst das vierte Programm des Berner Musikkabarett-Trios.

Simone Schranz, Jacqueline Bernard und Mia Schultz spielen ein erfolgshungriges Trio.

Die unstillbare Sehnsucht nach den Bergen Im Rahmen seiner Reihe «Heimatland!» zeigt das Theater Schlachthaus «Vrenelis Gärtli». Die Produktion beruht auf Tim Krohns gleichnamigem Roman.

Auf die Schuld konzentriert Als ihm ein Freund Tim Krohns Roman «Quatemberkinder» empfahl, habe er das Buch in einer Nacht durchgelesen und dabei ähnlich intensive Gefühle wie auf einem Gipfel erlebt: «Wenn man dort ankommt, möchte man jauchzen und gleichzeitig vor Erschöpfung weinen.»

Knecht brachte erst die «Quatemberkinder» auf die Bühne, durfte anschliessend die Entstehung von Krohns Nachfolgeroman, «Vrenelis Gärtli», eng mitverfolgen und schrieb eine Bühnenfassung. «Ich musste natürlich ein paar Figuren weglassen und mich auf die Frage nach der Schuld konzentrieren, die im Roman eine wichtige Rolle spielt», sagt er. Krohns artifizielle, musikalische Sprache, ein Gemisch aus Hochdeutsch und Mundart, habe er aber beibehalten. Dafür arbeitet Knecht mit harten Schnitten. «Man wird auch nicht jede Szene auf Anhieb verstehen», sagt er, «das ergibt sich erst im weiteren Verlauf des Stücks.» Dann aber sicher, schliesslich sei er Regisseur geworden, um Geschichten zu erzählen. Silvano Cerutti \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Theater Schlachthaus, Bern Mi., 12., bis Fr., 14.1., 20.30 Uhr

1. online5: Johanna Dombois – RingStudie 01 im Kunstmuseum Thun (Ausstellung bis 23.1.) Das Rheingold-Vorspiel in der Welt von Second Life; virtuell, tiefabhintergründig – fast wie Wagners Original. 2. Dominik Stauch «Mind the Gap» im Etagen, Loeb Treppenhaus (Vernissage 19.1., 17.30 Uhr. Ausstellung bis 18.6.) Stauch bespielt das Loeb-Treppenhaus vielschichtig möblierend und öffnet überraschende Zeitfenster. 3. «Die lustigen Weiber von Windsor» im Stadttheater Bern (Sa., 15.1., 19.30 Uhr. Vorstellungen bis 4.6.) Diese Oper ist ein wunderbar beschwingter Start ins neue Jahr!

Iko Freese

Eigentlich wollte Regisseur Jonas Knecht der Schweizer Enge entfliehen. Deshalb zog er ins flache Berlin – und stellte fest, dass er die Berge vermisst. Der Sankt Galler war von den Eltern oft zum Wandern mitgenommen worden, später zog es ihn auch mit Freunden in die Höhe. Aus Knechts Sehnsucht nach den Alpen entstand schliesslich eine Auseinandersetzung mit der Heimat, welche mehrere Projekte des von ihm mitbegründeten Theaters Konstellationen prägte.

Bernhard Bischoff ist Galerist, freier Kurator, Publizist und abtretender Präsident des Vereins Berner Galerien. Mit dem VBG lädt er jeweils im Januar zum Galerien-Wochenende. (Sa., 15.1., und So., 16.1., 11 bis 17 Uhr)

Eine Sprache wie ein Gipfelrausch fand Regisseur Jonas Knecht in Tim Krohns Heimatromanen.

Menschen, die schlecht über das Stadttheater sprechen, würde ich überreden hinzugehen, ... ... weil das direkte Erleben der vielen tollen Produktionen zeigt, dass auch im kleinen Bern grosses Theater gemacht wird!


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