Lena Stahl
N°18 Donnerstag bis Mittwoch 5. bis 11.5.2011 www.kulturagenda.be
Ein Berner bloggt aus Berlin
Severin Nowacki
Seinen ersten grossen Auftritt hatte Caspar Kaeser 2002 im Stück «Ein Engel kommt nach Babylon» auf der Bühne des Freilichttheaters Gurten. Doch noch im selben Jahr kehrte der damals 20-Jährige seiner Heimatstadt den Rücken und begann eine Schauspielausbildung in Zürich. Nach seinem Abschluss zog es ihn nach Oberhausen im Ruhrpott. Dort pulsierte zwar nicht das Leben, dafür gab es ein renommiertes Theater. Seit letztem Sommer lebt er nun in Berlin. Zurzeit ist er an der Volksbühne im Stück «ICKE – die Oper» zu sehen. Ab sofort berichtet Kaeser auf unserer Website aus seinem Grossstadtalltag und zeigt, wie viel Bern noch in ihm steckt. \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
Prinz von Popo heiratet Prinzessin von Pipi Nach der Hochzeit des Jahres in London wird auch auf der Bühne des Theaters an der Effingerstrasse geheiratet. Stefan Meier inszeniert Georg Büchners märchenhaftes Lustspiel «Leonce und Lena». «‹Leonce und Lena› ist so dicht, es ist so viel drin in dem Stück, man könnte fast alles aus ihm machen, eine Operette etwa oder sogar ein Drama», sagt Stefan Meier. Nach der Erkrankung von Norbert Klassen, der das märchenhafte Lustspiel ursprünglich inszenieren sollte, hat Meier die Regie am Theater an der Effingerstrasse übernommen. Seine Inszenierung orientiert sich stark am Originaltext, wie der Besuch einer Probe zeigt. Meier legt den Fokus primär auf das Lustige, Satirische, die Ironie und den Spott, ohne die melancholischen Momente auszuklammern, die dem Stück durchaus auch innewohnen. Von der Flucht zum Happy End «Leonce und Lena» ist die Geschichte zweier Königskinder. Der Herrscher
des Königreichs Popo (Jesko Stubbe) hat die Heirat zwischen seinem Sohn (Armin Köstler) und der Tochter des Königs von Pipi (Marie-Louise Bartel) arrangiert. Doch der Prinz und die Prinzessin haben sich noch nie gesehen und sind wenig begeistert von diesem Plan. Um der bevorstehenden Vermählung zu entgehen, ergreifen beide die Flucht. Der gelangweilte Prinz Leonce wird von seinem Freund Valerio (Uwe Schönbeck) begleitet. Die zarte Prinzessin Lena steht unter der Obhut ihrer Gouvernante (Brigitte Bissegger). Zufällig begegnen sich die Königskinder und verlieben sich ineinander, ohne zu ahnen, wer das Gegenüber ist. Im Reiche Popo laufen derweil die Hochzeitsvorbereitungen auf Hochtouren. Valerio bringt die beiden Liebenden als
Automaten verkleidet aufs Schloss und kann den König überreden, die zwei Maschinen anstelle der Königskinder zu vermählen. Als die Maskerade fällt, ist das Happy End perfekt. Politsatire zum Schmunzeln Georg Büchner übte 1836 mit seiner als Lustspiel getarnten Politsatire heftige Kritik an der Kleinstaaterei des Deutschen Bundes. Die Namen der Königreiche Popo und Pipi legen Zeugnis davon ab. Gleichzeitig thematisierte der Autor mit dem Motiv der Automaten die beginnende Industrialisierung und die Unterdrückung der Bauern. Ausserdem machte er sich lustig über die Romantik und die Klassik sowie die Philosophie Immanuel Kants. Mit «Leonce und Lena» war Büchner seiner Zeit voraus. Einzelne bezeichnen das Werk gar als erstes absurdes Theaterstück. Seine zentralen Themen wie die Langeweile und Dekadenz des Prinzen, die Suche nach dem Sinn des Lebens oder die Aufleh-
nung der jungen gegen die ältere Generation lassen sich problemlos ins Heute übertragen. Dennoch inszeniert Meier «Leonce und Lena» als zeitloses Stück ohne explizite Bezüge zur Aktualität. «Klar könnte man es ins Heute übertragen», sagt er, «aber ich denke, das hätte dem Stück viel von seinem Zauber und vom Märchenhaften genommen.» Büchners gekonntes Spiel mit den Worten hat es Meier besonders angetan, deshalb verwendet er vor allem Originalsprache. Die tollsten Wortspielereien legte Büchner Valerio in den Mund. So fabuliert dieser etwa: «Ich werde Sie lassen, sobald Sie gelassen sind und das Wasser zu lassen versprechen.» Ebenso fasziniert ist der Regisseur von der Ironie des Textes: «Es wird sicher einiges zu Schmunzeln geben.» Simone Tanner \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
Theater an der Effingerstrasse, Bern Premiere: Sa., 7.5., 20 Uhr Weitere Aufführungen bis 31.5. www.dastheater-effingerstr.ch
Der Rockband Dead Bunny läufts wie am Schnürchen: Zuerst hat sie sich einen Konzertauftritt am Gurtenfestival ergattert, dann einen M4Music-Preis eingeheimst. Jetzt tauft das Trio im Sous Soul sein erstes Album.
\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
Sous Soul, Bern. Sa., 7.5., 21.30 Uhr www.sous-soul.ch
3 Kulturtipps von Ueli Schmezer
Der Berner Musiker und Moderator Ueli Schmezer ist mit seiner Band und dem neuen Album, «Himustärnehimu», unterwegs. Diese Woche präsentieren sie ihre PoprockOhrwürmer im Musigbistrot. (Do., 5.5., 21 Uhr)
2. «Friede, Freude, Eierkuchen» im Theater am Käfigturm (Di., 10., Do., 12., bis Sa., 14.5., 20 Uhr) Können die Gessler Zwillinge Jasmin Clamor und Fritz Bisenz die Acapickels vergessen machen? Das will ich wissen. 3. Stahlberger und Band im Rössli (Do., 5.5., 21 Uhr) Stahlberger hat schon Tolles geleistet. Über das neue Projekt liest man viel.
ZVG
das Trio einen Konzertauftritt am diesjährigen Gurtenfestival gewonnen. Dafür musste es sich im Bierhübeli gegen 400 Bands durchsetzen, sowohl beim Publikum wie auch vor der Jury. Kürzlich erhielt Dead Bunny zudem den M4Music-Förderpreis mit dem besten Demotape in der Sparte Rock. So gute Meldungen bringen der Band Aufmerksamkeit und damit Auftritte. Der nächste ist im Sous Soul, wo die drei ihre Platte «Dead Bunny» taufen. Michael Feller
Seite 12 \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
1. Crazy Davids Gurten Club (Mi., 11.5., 14 Uhr) Die Sicht vom Gurten tut einem Berner immer wieder das Herz auf. Wenn der witzige Crazy David seine Show abzieht, lohnt sich ein Ausflug auf jeden Fall.
So einfach geht das So einfach geht das. Man nehme Gitarre, Bass, Schlagzeug, verzichte auf Firlefanz, besinne sich auf allerlei Rockmusik, auf Americana, auf gute Platten von früher (zum Beispiel von The Queens of the Stone Age), man mache daraus Musik und nenne es «zeitgenössischen Rock». Viele Bands versuchen sich in etwa so, doch nur bei wenigen tönt das originell. Bei Dead Bunny klappt das ganz gut. Die Band von Gitarrist Thomas Schmidinger, Bassist Fabian Lötscher und Schlagzeuger Benni Bucher kann sich derzeit nun wirklich nicht beklagen. Am Waldbühne-Band-Wettbewerb hat
Fünf Plädoyers verraten Ihnen, weshalb Sie am 15. Mai fünf Mal Ja stimmen sollen.
ZVG
Valerio (Uwe Schönbeck, rechts) unterhält den gelangweilten Prinzen Leonce (Armin Köstler) mit lustigen Spässen und Wortspielereien.
Befindet sich zurzeit auf der Gewinnerseite: die Rockband Dead Bunny.
Einen Freund, der noch nichts von Stahlberger gehört hat, würde ich wie folgt überreden: Er muss eine Mischung sein zwischen Matter und Springsteen. Wenn Dus nicht glaubst, gehe ich allein.