Berner kulturagenda 2011 N° 29

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N°29 Donnerstag bis Mittwoch 21. bis 27.7.2011 www.kulturagenda.be

Wie lustig sind die Deutschfreiburger wirklich? Ein Ausflug ins Sensler Museum von Tafers. Seite 3

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Gehören zum Interessantesten, was die New Yorker Jazzszene derzeit zu bieten hat: der Pianist Vijay Iyer und der Saxofonist Rudresh Mahanthappa.

Vijay Iyer und Rudresh Mahanthappa gehören zu den interessantesten Jazzmusikern, die in der New Yorker Szene derzeit mitmischen. Am Freitagabend sind der Pianist und der Saxofonist zu Gast an den Langnau Jazz Nights. Langnau ist ein unbedeutender Fleck auf der Weltkarte. Nicht so, wenn es um Jazz geht. Denn Walter Schmoker, Gründer und künstlerischer Leiter der Langnau Jazz Nights, holt jedes Jahr im Sommer eine Reihe hochkarätiger Mu­ siker, vornehmlich der New Yorker Jazz­ szene, in den Chrachen im oberen Em­ mental. Auch dieses Jahr stehen vom 26. bis zum 30. Juli bekannte Namen wie Ravi Coltrane und John Scofield auf dem Programm. Bekannte Namen; das bedeutet jedoch oft Konzerte mit wenig Überraschun­ gen. Entweder weil man die Band schon x-mal hören konnte wie im Fall von The Bad Plus. Sie spielte vor gerade mal ei­ nem halben Jahr letztmals in Bern. Oder weil die Musiker die produktivste Zeit ihrer Karriere hinter sich haben,

mittlerweile vor allem vom Ruhm zeh­ ren und das aktuelle Schaffen nur noch ein Abglanz vergangener Zeiten ist. Das jüngste Album, «A Moment’s Peace», von John Scofield weckt Befürchtungen in diese Richtung. Spannendes Duokonzert Ganz anders das Duokonzert mit Vijay Iyer und Rudresh Mahanthappa: Die rhythmisch und harmonisch hochkom­ plexe Musik des Pianisten Iyer und des Saxofonisten Mahanthappa greift Ele­ mente indischer Musik sowie der USamerikanischen Jazztradition auf – weit davon entfernt, je in der billigen Ecke des Ethno-Fusion-Sounds zu landen. Dies gelingt, weil sie nicht der Versu­ chung anheimfallen, klischierte indi­ sche Melodien in die Sprache des Jazz

zu übersetzen, sondern das Wesen der indischen Musik in ihrer rhythmischharmonischen Tiefenstruktur erfor­ schen. Das Programm «Raw Materials» datiert aus dem Jahr 2006 und wurde von Publikum und Kritikern mit Lob überhäuft. In Langnau darf man ge­ spannt sein, wie sich das Programm in den letzten fünf Jahren weiterentwi­ ckelt hat. Beide sind nämlich unglaub­ lich produktiv und haben seither in verschiedenen Besetzungen eine ganze Reihe weiterer bemerkenswerter CDs veröffentlicht. Darüber hinaus wurde Iyer, der vor seinem Musikstudium ei­ nen Masterabschluss in Physik machte und einen Doktortitel trägt, im vergan­ genen Jahr von der Vereinigung der USamerikanischen Jazzjournalisten zum Musiker des Jahres gewählt. Direkt aus Rumänien Neben den gewöhnlichen Abendkonzer­ ten bieten die Langnau Jazz Nights mit der Jazzparade am Schlussabend einen

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ganz speziellen Anlass: Zum Abschluss der parallel zum Festival stattfindenden Jazzworkshops für talentierte Nach­ wuchsmusiker ziehen die Studieren­ den der Workshops durch die Strassen des Dorfes. Angeführt werden sie vom Fischermann’s Orchestra. Die 17-köp­ fige, aus jungen Jazzmusikern beste­ hende Street Band aus Luzern kommt pünktlich auf die Jazz Nights von ihrer alljährlichen Sommertour zurück, die sie diesmal nach Rumänien geführt hat. Nicht zuletzt auch mit dieser Jazzpara­ de und den täglich auf dem Dorfplatz stattfindenden Gratiskonzerten des OffFestivals verwandeln die Langnau Jazz Nights das beschauliche Dorf in eine respektable Kulturstadt. David Loher \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Langnau Jazz Nights, Langnau Di., 26., bis Sa., 30.7. Konzerte jeweils ab 21 Uhr www.jazz-nights.ch

Neben den Festivalgiganten versüssen uns zahlreiche kleine Open Airs den Sommer. «Am Schluss», das zehntägige Musikfestival des Mokka-Betreibers Pädu Anliker in der Thuner Innenstadt, ist eines davon.

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Mühleplatz, Thun. Mi., 20., bis Sa., 30.7., jeweils 20 Uhr. Programm: www.amschluss.ch

Die Kunsthistorikerin Anna Bähler ist Kunstvermittlerin und Pädagogin im Kunstmuseum Bern sowie im Historischen Museum. In letzterem leitet sie die Führung «Von Herzog Berchtold V. bis Napoleon – zur Geschichte Berns». (Bern, So., 24.7., 11 Uhr)

2. Ernest Biéler im Kunstmuseum Bern (bis 13.11.) Biéler schuf ein äusserst spannendes und vielseitiges Werk zwischen Jugend­ stil, Symbolismus und Realismus. 3. «Les Misérables» auf dem Münsterplatz (Do., 21., bis Sa., 23., und Mi., 27.7., 20 Uhr) Das spätmittelalterliche Figurenportal des Berner Münsters bietet eine gran­ dio­se Kulisse. Zudem war Victor Hugo ein begnadeter Schriftsteller.

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zum zweiten Mal «Am Schluss» spielt. Daneben gibts Musik aus den Nachbar­ ländern: Neben dem bayrischen Lieder­ macher Hans Söllner und Funk-Star Juan Rozoff aus Paris trifft man auf Nidi’d’Arac, die traditionelle italienische Rhythmen mit elektronischen Klängen verbindet. Bluesige Songs von Kareyce Fotso (Kamerun) und der eklektische Mix aus Flamenco, Rock, Latin und Blues der Castillo-Brüder (Austin, Te­ xas) runden das Programm ab. Michelle Schwarzenbach

von Anna Bähler

1. «Elsi, die seltsame Magd» im Schlosshof Erlach (Fr., 22., Sa., 23., und Mi., 27.7., 20.15 Uhr) Eine mitreissende Tragödie nach Jere­ mias Gotthelf, die zur Zeit des unterge­ henden alten Berns spielt.

Ein Festival zum Anfassen Absperrgitter, Security und Give-aways wird man am Festival «Am Schluss», das vom 20. bis 30. Juli auf dem Müh­ leplatz in Thun stattfindet, vergeblich suchen. Vielmehr stellt ein kleines Team mit geringen Mitteln eine Gratis­ veranstaltung mit «moralischer Spen­ depflicht» auf die Beine. «Es ist ein Mi­ nimalding, dafür umso näher bei den Leuten», sagt Pädu Anliker, Festivalchef und Betreiber des Café Mokka in Thun. Heuer bestreiten die Schweizer die Hälfte der zehn Auftritte, darunter drei Berner Bands: die Hip-Hop-Combo Churchill, die Balkanbrassband Trak­ torkestar sowie Stiller Has, der schon

3 Kulturtipps

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New Yorker Jazz im oberen Emmental

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Noch ein Ausflug: Im «Bären Buchsi» harmoniert Beat Wyss Gastronomie mit dem Kultur­ programm von Jüre Hofer.

Mit neuer Single zu Gast am Festival «Am Schluss»: Chansonnier Michael von der Heide.

Einen Theatermuffel würde ich zu «Les Misérables» mitnehmen, … ... weil er sich an den witzig-makabren Darstellungen des Jüngsten Gerichts und an Berner Altstadt-Luft erfreuen kann.


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