Berner kulturagenda 2011 N° 42

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N°42 Donnerstag bis Mittwoch 20. bis 26.10.2011 www.kulturagenda.be

Die israelische Komponistin Chaya Czernowin beehrt das KulturCasino mit einer Uraufführung. Seite 3

Gadi Dagon

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Die Puppentheater laden zur neuen Saison. Eine Expertin erklärt, warum diese Kunstform nicht nur ein Kinderspiel ist.

Yasmeen Godder füllt mit «Storm End Come» den Raum mit archaischer Gefühlswelt.

Bern im Zeichen des Tanzes Am 19. Oktober wird die diesjährige Edition von «Tanz in Bern» mit «En Atendant» (2010) von Anne Teresa de Keersmaeker und ihrer Truppe Rosas eröffnet. Wie in ihrem neuesten Stück, «Cesena», hat die Choreografin aus Belgien hier die Verbindung von Tanz und Musik wieder einmal neu ausgelotet. Mit «Amour, Acide et Noix» (2001) des kanadischen Vorzeigechoreografen Daniel Léveillé stehen die beiden Stücke für starke Positionen, die bereits Tanzgeschichte geschrieben haben. Zwischen Tanz und Performance Im Rahmen von «Tanz in Bern» sind vor allem aber auch Arbeiten von jungen internationalen Kunstschaffenden zu sehen, die sich auf jeweils ganz unterschiedliche Weise mit Tanz, Perfor-

mance oder Bewegung im weiteren Sinne auseinandersetzen. Genau diese Vielfalt interessiert Festivalleiter Roger Merguin, der ab August 2012 die Gesamtleitung des Theaters an der Gessnerallee übernehmen wird: «Bei einer choreografischen Arbeit können sowohl tänzerische und musikalische als auch thematische oder abstrakte Elemente im Vordergrund stehen. Die tänzerische Umsetzung kann mit verschiedenen Mitteln und auf mehreren Ebenen gestaltet werden.» So können im Programm von «Tanz in Bern» Stücke wie «Your brother. Remember?» des New Yorker Singer/Songwriters Zachary Oberzans oder Sudermann & Söderbergs bewegtes Sprachspiel «A Talk» neben rein tänzerischen Arbeiten wie etwa Yasmeen Godders «Storm End

Come» oder «Ein Winternachtstraum» des Bern Ballett bestehen. Die Verortung des Künstlers in seiner Epoche Dem 48-jährigen Merguin geht es in seiner Vision des Tanzes um einen erweiterten Kunstbegriff: «Ich vertrete die Auffassung des Künstlers als Autor mit einer eigenen Handschrift, der sein Werk in Bezug zu der heutigen Zeit stellt und seine Kunstform auch immer wieder hinterfragt.» Ein Beispiel dafür ist Michel Schweizer, der die Professionalisierung der künstlerischen Erfahrung unter die Lupe nimmt. In seinem Stück «Fauves» konfrontiert er zehn junge Erwachsene mit zwei 50-Jährigen. Sie tauschen sich tanzend und singend zu ihren Träumen, Erfahrungen und Ängsten aus und unterlaufen dabei auch die die Erwartungshaltung des Publikums. Auf die Frage, welche Funktion der zeitgenössische Tanz in der Gesellschaft habe, gibt der scheidende Festivaldi-

rektor eine überraschende Antwort: «Besonders spannend sind die Arbeitsprozesse, die exemplarisch für Modellbildungen stehen können.» Merguin präzisiert: «Kreative Ideenfindung kann nur stattfinden, wenn man alle Referenzen und Codes über den Haufen wirft oder zumindest in Frage stellt. Dies wirkt wie ein mentales Update, das die Wahrnehmung schärft und dazu dient, sich mit neuen Sichtweisen aufzuladen und Codes neu zu besetzen und zu definieren.» Sein wichtigstes Anliegen als Programmdirektor ist es deshalb, die Zuschauer auf eine Entdeckungsreise mitzunehmen und ihnen Welten zu eröffnen, die es nur auf der Bühne gibt, die mit unserer Gegenwart aber sehr eng verknüpft sind. Christine A. Bloch \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Dampfzentrale, Bern 19.10. bis 6.11. www.tanzinbern.ch

Mit zeitgenössischer Kunst verheiratet

Caspar Martig

Galerist sei kein Beruf, sondern eine Berufung, findet Bernhard Bischoff. Seit seiner Jugend begeistert sich der Berner für Gegenwartskunst. Nun feiert seine Galerie im Progr ihr 10-jähriges Bestehen.

Der Galerist Bernhard Bischoff vermittelt zeitgenössische Positionen.

Schon als 15-Jähriger klapperte Bernhard Bischoff die Flohmärkte nach Kunstwerken ab und besuchte Ausstellungen. Wenn ihm Arbeiten dort besonders gefielen, suchte er die Kunstschaffenden in ihren Ateliers auf. So knüpfte er zahlreiche Verbindungen. Diese kamen zum Tragen, als er 2001, noch während seines Kunstgeschichtestudiums, in Thun eine eigene Galerie gründete. Viele Künstlerinnen und Künstler zeigten sich spontan bereit, den damals 28-Jährigen bei seinem Projekt zu unterstützen. Mit seiner Galerie wollte Bischoff einen «Begegnungs- und Vermittlungsort»

schaffen, an dem er zeitgenössische Kunst aus der Schweiz und Europa an die Leute bringen konnte – was ihm zweifellos gelang. Aus der ganzen Schweiz pilgerten Kunstfans nach Thun. Langjährige Beziehungen 2005 siedelte die Galerie an die Speichergasse in Bern um, wo Bischoff sie fünf Jahre lang gemeinsam mit Marlies Kornfeld betrieb. Vor einem Jahr zog es ihn wieder in die Selbstständigkeit. Er mietete sich in der Ausstellungszone im Progr ein und ist seither «so glücklich wie noch nie».

Zum 10-Jahr-Jubiläum seiner Galerie zeigt Bischoff Werke von sämtlichen Kunstschaffenden, die er aktuell vertritt. Manche von ihnen betreut er schon seit Beginn. «Die Beziehung zwischen Galerist und Künstler ist wie eine Ehe», sagt er. Man vertraue sich, sage einander unverblümt, was man denke, und manchmal, da lebe man sich auch auseinander. Jene Beziehungen aber, die andauern, auf die möchte Bischoff auch in Zukunft bauen. Denn ihm gefällt die Vorstellung, «mit meinen Künstlern zu altern». Michelle Schwarzenbach \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Galerie Bernhard Bischoff im Progr, Bern Vernissage: Do., 20.10., 18 Uhr Ausstellung bis 19.11. www.bernhardbischoff.ch

3 Kulturtipps von Guy Krneta

Sebastian Hoppe

Für die vierte Ausgabe von «Tanz in Bern» bringt der scheidende Festivalleiter Roger Merguin in einem breit gefächerten Programm noch einmal vierzehn Tanzkompanien aus aller Welt auf die Bühne der Dampfzentrale.

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Der Berner Schriftsteller Guy Krneta liest in der Buchhandlung Haupt aus seinem neuen Buch, «Umkehrti Täler» (Do., 20.10., 19 Uhr).

1. Neuerwerbungen der Schweizerischen Post im Kornhausforum Bern (bis 27.10.) Mein Basler Atelier-Nachbar Pedro Wirz hat mir erzählt, dass die Post junge Kunst fördert. Von ihm sind drei grossformatige Zeichnungen zu sehen. 2. «Eiger, Mord und Jungfrau» im Theater am Käfigturm Bern (Do., 20., bis Sa., 22.10., 20 Uhr; So., 23.10., 17 Uhr) Beat Sterchi ist der beste Dialogautor weit und breit. Seine Dramatisierung von Paul Wittwers Roman ist unterhaltsames Volkstheater zu ernsthaft-politischen Themen. 3. Literatour 2011 in der Zentralbibliothek Bern (Do., 20.10., 20 Uhr) Seit einigen Jahren pflegt der Kanton Bern die schöne Tradition, seine Literaturpreisträger auf Tournee zu schicken. Einen Freund, der wenig mit Büchern am Hut hat, überrede ich zur Literatour 2011 ... ... mit: «Wenn du schon nicht an meine kostenlose Buchvernissage kommst, wo es gratis Wein gibt, geh wenigstens zu meinen Freunden. Auch dort ist der Wein gratis.»


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