Berner kulturagenda 2011 N° 48

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N°48 Donnerstag bis Mittwoch 1. bis 7.12.2011 www.kulturagenda.be

Unter neuer Leitung will das Performance-Festival Bone auch inhaltlich neue Wege gehen. Seite 3

Vladislav Gustevich

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Fragen über Fragen – durften Schülerinnen und Schüler als rasende Reporter dem Berner Symphonieorchester stellen.

Subtile Brüche mit der Symmetrie stehen für Kritik am Umgang des sowjetischen Staats mit der Kunst: «Pansionat» (1989) von Vladislav Gutsevich.

Russische Kunst für Kopf und Auge Auf den ersten Blick ist es ein naives, ornamentales Bild, das symmetrisch aufgebaut ist. Die Sonne legt ihre Strahlen über den Himmel. Auf einer Insel in der Bildmitte steht ein weisses Gebäude, dem das Werk seinen Namen, «Pansionat» (Erholungsheim), verdankt. Im Vordergrund befinden sich zwei Uferpartien, zwischen denen eine Reihe Schwäne schwimmt. Asymmetrisch ist der Fliegenpilz am linken Ufer. Er steht für eine regierungskritische Künstlergruppe aus den Siebzigern. Und wenn man erfährt, dass in Radio und Fernsehen beim Tod eines wichtigen Regierungsmitglieds jeweils «Schwanensee» gespielt wurde, erhalten auch die Wasservögel eine ganz neue Bedeutung: Die Idylle wird zur Parodie auf die sowjetische Glücksuto-

pie und die Sonne zur allumfassenden Staatsmacht.

sant. Weil Künstler zur Sowjetzeit kein anerkannter Beruf war, haben viele ihr Geld als Kinderbuchillustratoren verdient, was die handwerkliche Qualität hochhielt. Die Mensch-Tier-Mischwesen aus der Serie «Monster» von Dmitri Prigov zeigen bekannte Personen, die er in fantastischen und detailreichen Zeichnungen und mit einer ganz eigenen Symbolik wiedergibt. Beliebt ist auch die Auseinandersetzung mit Malewitsch und El Lissitzky, den Aushängeschildern der russischen Avantgarde. Bei Künstlern wie Igor Makarevich oder Sergei Bugaev, genannt «Afrika», werden diese Bezüge formal und inhaltlich sichtbar.

Vieldeutig und illustrativ Das Bild ist von Vladislav Gutsevich. Er gehörte der St. Petersburger Gruppe «Neue Künstler» an, welche gegen die Zensur der Kunst durch den Staat protestierte. «Russische Kunst ist nicht immer leicht verständlich», räumt Monika Schäfer ein. Sie hat die Ausstellung «Passion Bild. Russische Kunst seit 1970» zusammen mit Matthias Frehner kuratiert. Wegen der Zensur musste Kunst im Ostblock immer zwischen den Zeilen stattfinden. Das Kunstmuseum setzt daher auf einen ausführlichen Saaltext und bietet regelmässig Führungen an. Die Ausstellung ist aber keineswegs nur unter dem politischen Aspekt interes-

Cowboys in der Chefetage

Wegweiser in die Gegenwart Die gezeigten Werke gehören Arina Kowner, einer Zürcherin mit russischen Wurzeln. Die Reichweite ihrer Sammlung erlaubt einen vergleichenden Einblick in die Kunstszenen von Moskau und St. Petersburg. Zwischen den Zentren gab es zur Zeit der Sow-

jetunion kaum Austausch. Während Künstler in Moskau strenger zensuriert wurden, aber gelegentlich auch Kontakt zu Ausländern hatten, waren die St. Petersburger stärker abgeschottet dafür freier im Ausdruck. Indem sie ergänzend einige Werke westlicher Künstler aus Kowners Sammlung zeigen, öffnen die Kuratoren Schäfer und Frehner das Feld und knüpfen eine Verbindung zum Westen. Russische Kunst hat in Bern Tradition. Bereits 1988 und 2005 stellte das Kunstmuseum russische Nonkonformisten aus. Die jetzige Ausstellung schliesst nahtlos daran an: Kowners Sammlung setzt in den 70er-Jahren bei dieser Strömung ein und weist den Weg bis in die Gegenwart. Nelly Jaggi \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Kunstmuseum Bern Vernissage: Fr., 2.12., 18.30 Uhr Ausstellung bis 12.2. www.kunstmuseumbern.ch

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Sandra Künzi moderiert im Tojo-Theater die Lesereihe «Tittanic». Am So., 4.12., ab 19 Uhr findet die zehnte Ausgabe statt. Zur Feier des Tages gibt es ab 18 Uhr gratis Suppe. Künzi hat ausserdem bei der kürzlich erschienenen Textsammlung «Über Geld schreibt man doch» (Zytglogge Verlag) mitgearbeitet.

2. Ausflug zur Grasburg an die Sense (jederzeit) Ein schönes Feuer unter freiem Himmel ist richtig prima, egal wann. Die Grasburg an der Sense ist dafür perfekt.

gefundenes Fressen für Schnoz und Schmid. «Wir fungieren als Coachs auf der Bühne», erklärt Schmid. Das Publikum werde sehr direkt angesprochen. Wie viel darf ein Topmanager verdienen? Was passiert, wenn man Privates und Geschäftliches mischt? Die Antworten liefern Schnoz und Schmid im Minutentakt, sogar in Cowboyhüten. In dieser «Nummer» gehe es um den Kult alles Amerikanischen einiger Manager. Zumindest bis es heisse: «You are fired!» Helen Lagger

Nicola Pitaro

3. Larry Bang Bang im Grand Palais in Bern (Fr., 2.12., 18.30 Uhr) Countrypsycho ist die logische Steigerung von Taco und Larry super. Ausserdem gibts an der vorgezogenen Weihnachtsfeier heisse Würste.

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Ono, Bern. Mo., 5., So. bis Di., 11. bis 13.12., 20.30 Uhr. www.onobern.ch

von Sandra Künzi

1. Taco in der Broncos-Loge in Bern (Do., 1.12., 21.30 Uhr) Ich bin Fan von She Riff am Kontrabass und neugierig auf den Support Act Miss Tigre. Dafür kann ich sogar meine Vorbehalte gegen Jimy Hofer überwinden.

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Wie überlebe ich im Haifischbecken der Geschäftswelt? Die Schauspieler René Schnoz und Niklaus Schmid antworten in ihrem Stück «Business Class» frei nach Martin Suters legendären Kolumnen. Etwas abgekämpft sitzen sie auf Umzugskartons. Die zwei Manager mussten offensichtlich gerade das Feld räumen. Doch sie wissen, wie man in der Geschäftswelt überlebt. Die Bündner Schauspieler René Schnoz und Niklaus Schmid präsentieren mit ihrem gemeinsam erarbeiteten Stück ein Survival Kit für Manager. Es besteht aus Höhepunkten von Martin Suters Kolumne «Business Class», die zwischen 1992 und 2004 zuerst in der «Weltwoche» und später im «Magazin» des «Tagesanzeigers» erschienen. Suter beschrieb die Posen und Possen des mittleren Kaders messerscharf – ein

3 Kulturtipps

ZVG

Die Leidenschaft von Arina Kowner gilt russischer Kunst. Die Ausstellung «Passion Bild. Russische Kunst seit 1970» im Kunstmuseum Bern präsentiert ihre Sammlung, die über 200 Werke umfasst.

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Niklaus Schmid (l.) und René Schnoz decken Wild-West-Strategien in der Geschäftswelt auf.

Mit einer solchen würde ich meine gläubige Nachbarin ins Grand Palais locken … … mit dem Hinweis auf die heiligen drei Könige, die üblicherweise auch nicht in Ställen verkehrten, aber doch genau dort das Jesuskindli fanden.


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