Berner kulturagenda 2012 N° 9

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N°9 Donnerstag bis Mittwoch 1. bis 7.3.2012 www.kulturagenda.be

Mitmachen und Gewinnen: Leserumfrage auf www.kulturagenda.be

Pianist Martin Seefeld spielt zusammen mit dem BSO romantische Stücke von Beethoven und Mahler. Seite 3

Manuel Gnos

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Die Fotoausstellung «Industrious» im Kunstmuseum Bern wirft einen Blick auf die Mitarbeitenden und die Produktionsstätten von Holcim.

Nach einer Probe von «Geschichte vom Soldaten» posiert der abtretende Schauspielchef Erich Sidler im Bühnenbild von Bettina Latscha.

«Archaische Geschichten passen zur Stadt» «Das Theater muss nach neuen Formen suchen», sagt Erich Sidler. Eine Woche vor der Premiere beantwortet der Schauspielleiter des Stadttheaters nach einer Probe unsere Fragen. «Durch Film, Fernsehen und Werbung hat sich die Wahrnehmung des Theaters stark verändert.» Auf der Bühne stehen grosse Spiegel. Ein Techniker schaltet den Beamer ein, der in der «Geschichte vom Soldaten» bewegte Bilder auf die Spiegel werfen wird. Kondensierte Lebensweisheit Sidler verlässt das Stadttheater per Ende Saison, weil er andere Vorstellung hatte als Stephan Märki, der künftige Direktor von Konzert Theater Bern. Mit dem «Soldaten» steht seine letzte Inszenierung als Leiter des Stadttheater-Schauspiels an. Ein Märchen mit Musik. «Das Märchen

Prost Kummer

ist kondensierte Lebensweisheit», sagt er. «L’histoire du soldat» (1917), wie es in der Version von Charles-Ferdinand Ramuz mit der Musik von Igor Strawinsky hiess, hat seinen Ursprung in Russland. Wie beim Märchen üblich, steckt Moral im Stück. Ein Soldat verkauft dem Teufel seine Geige, also seine Leidenschaft. Die Verlockungen des Materialismus sind schon seit je ein Thema und heute aktueller als je zuvor. Mani Matter hatte den Text von Ramuz neu auf Deutsch übersetzt. «Archaische Geschichten passen in die Stadt, weil die Berner ein starkes Geschichtsbewusstsein haben. Der Kapitalismus lässt sich hier besser über ein Märchen hinterfragen als über Elfriede Jelinek», so Sidler. Er hat eine bewegte Zeit hinter sich. Fünf Jahre lang musste er intern für die

Etats der Schauspielsparte kämpfen. Er setzte sich schliesslich durch, nachdem er vor zwei Jahren mit dem Rücktritt gedroht hatte. Damit bewirkte er, dass dem Schauspiel das Budget nicht gekürzt wurde. Auf die nächste Spielzeit wird das Ensemble nun sogar aufgestockt. Sidlers «Spielzeit» war erfolgreich Zu Erich Sidlers Verdiensten gehört die erfreuliche Entwicklung des Theaters, sowohl was die Auslastung der Plätze als auch was die Leistung seines Teams betrifft. Junge Schauspieler haben unter Sidler grosse Fortschritte gemacht, man denke an Andri Schenardi, Diego Valsecchi oder Milva Stark. Schenardi spielte den Hamlet in Sidlers erster Produktion in dieser Spielzeit. In der «Geschichte vom Soldaten» ist mit Valsecchi nun ein weiterer «Zögling» Sidlers in einer Hauptrolle zu sehen. Die «anderen Formen des Theaters», von denen er zu Beginn gesprochen hatte, findet Sidler auch in der Musik. Das The-

ater mit Livemusik ist eine Leidenschaft von ihm. Komponist und Posaunist Mike Svoboda hat für die «Geschichte vom Soldaten» die Musik von Strawinsky mit einer eigenen Komposition ergänzt. 2010 hat er schon in «Quartett» mitgewirkt. Mit den «Murder Ballads» feierte Erich Sidler bereits in der vergangenen Spielzeit einen grossen Erfolg mit einem musikalischen Theater. Das Schauspiel zu den Songs von Nick Cave wurde letztes Jahr an die Autorentheatertage des Deutschen Theaters Berlin eingeladen. Ist es denn möglich, dass das Berner Publikum auch nach Sidlers Abschied dereinst wieder eine Inszenierung von ihm sehen wird? Sidler schaut in Richtung Bühne, wo sich das Beamerlicht spiegelt, lächelt und sagt nichts. Michael Feller \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Vidmar 1, Liebefeld Premiere: Fr., 2.3., 19.30 Uhr Vorstellungen bis 18.5. www.stadttheaterbern.ch

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«Weidwund» heisst das neue Album der Kummerbuben. Es schöpft aus den Untiefen der Seele, der Melancholie des Mittellandes und dem Spieltrieb. Die Songs stammen nicht mehr aus Liedarchiven, sondern aus eigener Feder. vom «Riesentalent». Dann machte sich die Band ans Songschreiben, feilte wochenlang im Proberaum und erweiterte das Instrumentarium unter anderem um Basssaxofon und Klarinette. Geblieben ist die bodenständige Schwermut des Schweizer Mittellandes und eine surreale Düsternis in den Texten, mit der sich Liebeskummer unter den Tisch saufen lässt. Der Rumpelcharme der Musik aber schillert noch verspielter zwischen Karussell, Rock, Heilsarmee und Balkanbrass. Silvano Cerutti

3. Kummerbuben im Dachstock (Fr., 2.3., 21 Uhr ) Ein vielversprechendes Album wird getauft – garantiert super Stimmung. Auch live haben mich die Jungs noch nie enttäuscht!

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Plattentaufe: Dachstock in der Reitschule, Bern Fr., 2.3., 21 Uhr. www.kummerbuben.com

Bei Bee-flat stellt Lily Yellow alias Nina Gutknecht ihr Debütalbum, «Yes, I Say No», vor. Einen Namen gemacht hat sie sich schon als Frontfrau von Gundi und als Mitmusikerin von Baze und Lea Lu (Turnhalle, Bern. So., 4.3., 20.30 Uhr).

2. «Ds Hippigschpängschtli und der guldig Schlüssel» im Stadttheater Langenthal (So., 4.3., 14 Uhr) Kindheitserinnerungen werden wach: Ich habe das Lied von Peter Reber geliebt, auch das Theater würde ich gerne sehen.

Tabea Hüberli

Bekannt geworden sind die sechs Berner mit ihren Bearbeitungen alter Schweizer Volkslieder der düsteren Sorte. Nach fünf Jahren, zwei Alben und einem Ballettstück hatte sich das Konzept totgelaufen. «Mitgespielt hat sicher, dass ich meine Lust, eigene Lieder zu schreiben, zwei Alben lang etwas unterdrücken musste.» Einen weiteren Schub erhielt die Band durch den Multiinstrumentalisten Moritz Alfons. Die Kummerbuben holten sich ihn nach dem Abgang von Akkordeonist Mario Batkovic. «Wir mussten ihn uns einfach schnappen, bevor es eine andere Band getan hätte», schwärmt Jäggi

von Lily Yellow

1. The Bridge mit James Gruntz im Café Kairo (Mo., 5.3. 20.15 Uhr) Das Open Mic ist eine gute Plattform für junge Musiker. Mit James Gruntz als Special Guest lohnt sich ein Besuch nur schon seinetwegen.

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3 Kulturtipps

ZVG

Schauspielchef Erich Sidler inszeniert am Stadttheater die «Geschichte vom Soldaten». Sein letztes Stück vor dem Abschied ist ein Märchen mit Musik über den Materialismus.

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Simon Jäggi (vorn) und seine Kummerbuben brennen auf die Plattentaufe.

Ich würde einen Freund aus Zürich an das Konzert der Kummerbuben mitnehmen, … … um ihn davon zu überzeugen, dass die besten Mundartbands immer noch aus Bern kommen.


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