N°10 Donnerstag bis Mittwoch 6. bis 12.3.2014 www.kulturagenda.be
DIE BERNER KULTURAGENDA SAGT DIR, WOS L ANGGEHT, WENNS AUSGEHT!
Die neue Oper von Christian Henking dreht sich nicht um den Figaro sondern um seinen Schöpfer. Seite 3 \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
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Die Sammlung von Bruno Stefanini umfasst 8000 Werke. Sie sind kaum je zu sehen. Das Kunstmuseum Bern zeigt einen Querschnitt.
Der tätowierte Künstler Tiger (Cyrille Haefeli) ist nach seinem Tod plötzlich ein Gesamtkunstwerk – und sehr, sehr wertvoll.
Tot ist der Tiger wertvoll Ein tätowierter Kerl namens Tiger besucht seine Freunde, den erfolglosen Schriftsteller Fred und die mittellose Schauspielerin Lea. Im Gegensatz zu den beiden Tagträumern ist Tiger in Los Angeles künstlerisch durchgestartet. Tiger ist zynisch, marktkonform und weiss, wie man sich verkauft, während Fred und Lea behaupten, sie würden ihre Ideale nie für Geld aufgeben. Im Laufe des Wiedersehens schliessen die drei einen morbiden Pakt. Sollte Tiger vor Lea sterben, soll diese seinen gänzlich mit Tattoos übersäten Körper aufbewahren. Kurz darauf ist Tiger tatsächlich tot. Soweit die Ausgangslage in Igor Bauersimas Stück «Tattoo» von 2002. Der 49-jährige Schweizer Autor mit tschechischen Wurzeln hat eine bitterböse Satire auf den Kunstbetrieb ge-
schrieben. Natürlich kommen Lea und Fred durch Tigers Vermächtnis in Teufels Küche. Die Haut eines Freundes Die ständig ohne Geld dastehenden Künstler sind nämlich plötzlich im Besitz eines Gesamtkunstwerkes, das sich möglicherweise zu sehr viel Geld machen lässt. Dass in dieser Haut einst ein Freund gesteckt hat, scheint dagegen plötzlich unwichtig. Das junge Bieler Theaterkollektiv t.arte bringt das moderne Schauermärchen auf die Bühne des Tojo Theaters. Die Gruppe rund um Regisseurin Michelle Affolter besteht seit 2008. Cyrille Haefeli, der in bisher allen Produktionen der Gruppe mit dabei war, spielt den exzentrischen Tiger.
t.arte ist nach eigener Aussage, stets auf der Suche nach gesellschaftskritischen Stoffen, die zum Nachdenken anregen sollen. 2012 gewann die Truppe für ihre Inszenierung von Roland Schimmelpfennigs «Der goldene Drache» den Jugendpreis der Burgergemeinde Bern. Preisgekrönte Truppe «Tattoo» kreist um ähnliche Themen wie Schimmelpfennigs Globalisierungskritik: Auch in Bauersimas rabenschwarzem Stück geht es um Missbrauch und Geldgier. Und Bauersima, der auch als Architekt und Musiker bekannt ist, scheint kein Eisen zu heiss zu sein. Den Durchbruch schaffte der Autor mit seinem in mehr als zwanzig Sprachen übersetztem Stück «norway.today» (2000), in dem sich zwei Jugendliche in einem Chatroom zum Selbstmord verabreden. Inspiriert wurde Bauersima dabei von einer wahren Begebenheit. In «Tattoo» erzählt er in seiner für ihn typischen einfachen Sprache eine noch
viel abstrusere Story. Doch auch hier hat sich die Realität zumindest nicht lumpen lassen. Die Ausgangslage des Theaterstücks erinnert jedenfalls an den belgischen Konzeptkünstler Wim Delvoye. Dieser liess ein Werk auf den Rücken des Zürchers Tim Steiner tätowieren – dieses ist inklusive Recht zur chirurgischen Hautentfernung nach dem Tod ihres Trägers an einen Sammler verkauft worden. Das Regiekonzept von Michelle Affolter setzt auf zwei voneinander getrennte Welten: Sie lässt Fred und Lea ihren finanziellen Mitteln entsprechend in einem winzigen Studio agieren. Tiger und seine ehrgeizige Galeristin Naomi bewegen sich auch räumlich in grossen Gefilden. Wer am Ende wem das Fell abzieht, bleibt erst mal offen. So oder so: Was folgt, geht unter die Haut. Helen Lagger \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
Tojo Theater in der Reitschule, Bern Do., 6., bis Sa., 8.3., 20.30 Uhr. www.tojo.ch
Der britische Bestsellerautor Simon Beckett lässt keine Leiche unerforscht. Jetzt kommt er mit seinem gruseligen neuen Psycho-Thriller «Der Hof» für eine Lesung nach Bern.
3. Pablo Nouvelle in der Turnhalle im Progr (Fr., 7.3., 22 Uhr) Herausragende Berner Künstler, die mit ihrem innovativen, eingängigen Sound begeistern.
Jens Koch
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Julia Wietlisbach organisiert die Filmküche in der Holzkiste. Bis Ende März gibt es jeweils am Sonntagabend um 19 Uhr ein Buffet mit Lebensmitteln, die sonst sinnlos im Abfall gelandet wären. Um 20 Uhr wird dann ein Film gezeigt, das genaue Programm ist auf Facebook ersichtlich. Die Holzkiste steht auf dem Centralwegareal in der Lorraine.
2. Klischee im Dachstock der Reitschule (Sa., 8.3., 21 Uhr) Mir ihrer tollen, tanzbaren Musik sorgt Klischee immer für wunderbare Feste, die bis in die frühen Morgenstunden reichen.
gönnt der zurückhaltende Bestsellerautor Beckett seinem Hunter eine Auszeit. Im Mittelpunkt steht ein junger Engländer, der in Frankreich auf der Flucht vor seiner blutigen Vergangenheit ist. Als dieser verunfallt und von zwei mysteriösen Schwestern aufgefunden und gepflegt wird, merkt er zu spät, dass er nicht gerettet, sondern gefangen worden ist. Sarah Sartorius Stauffacher, Bern. Mo., 10.3., 20 Uhrwww.stauffacher.ch Die Kulturagenda verlost 2 × 2 Tickets: tickets@kulturagenda.be
von Julia Wietlisbach
1. Flohmarkt im Serini Kiosk (Do., 6.3., 18.30 Uhr) Ein toller Ort mit vielen Kleidern und Chrimschrams, organisiert von den charmanten «zwoi feisse Meitli».
Familienanschluss auf eigene Gefahr
Sein Metier ist das, was übrigbleibt, wenn die Menschen längst gegangen sind. Die von Würmern zerfressenen Körper sind die Spezialität des forensischen Pathologen David Hunter, dem der britische Autor Simon Beckett bereits vier Thriller gewidmet hat. Inspiriert zur Figur des eigenbrötlerischen Forensikers hat den einstigen Journalisten Beckett angeblich ein ReportageBesuch auf einer «Body Farm» in Tennessee. Dort werden wissenschaftliche Studien zu Verwesungsprozessen von Leichen durchgeführt. Für seinen neuen Psycho-Thriller «Der Hof» (Originaltitel: «Stone Bruises»)
3 Kulturtipps
ZVG
In Igor Bauersimas Stück «Tattoo» wird eine tätowierte Leiche zum gefragten Kunstobjekt. Das Theaterkollektiv t.arte bringt das moderne Schauermärchen auf die Bühne des Tojo Theaters.
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Spezialist für Verwesungsprozesse: Thrillerautor Simon Beckett.
Einen Freund, der mit Livemusik nicht soviel anfangen kann, würde ich zu Pablo Nouvelle mitnehmen mit dem Hinweis, ... ... dass es zur Musik hervorragende Visuals gibt, in Verbindung mit der Musik ein Meisterwerk!