Berner kulturagenda 2008 N° 48

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ZVG

Malu Barben

ZVG

N°48 Do., 27.11., bis Mi., 3.12.2008

Monika Schneider spielt von Weber

«Der beliebte Bruder» im Theater am Käfigturm

Die Pilze bei Be-Jazz im Liebefeld

Sie liebt Romantik und spielt mit dem Berner Konzertorchester das Fagottkonzert von Weber.

Lucky (Beat Schlatter) ist ein eitler Fernsehstar. Als er sich in seinem Status bedroht sieht, schmiedet er einen zweifelhaften Plan. Hans, sein erfolgloser Bruder (Patrick Frey), soll ihm dabei helfen.

«Die Beatles machten Beat-Musik, wir machen Pilz-Musik», sagt der Altsaxofonist Benedikt Reising (oben links).

Fagöttlich Ein ungleiches Duo

Erspriesslich, die Pilze

Das Berner Konzertorchester geht mit zwei Romantikkonzerten und Monika Schneider in den Advent.

Patrick Frey und Beat Schlatter stehen wieder gemeinsam auf der Bühne. In ihrem Stück «Der beliebte Bruder» parodieren sie die Medienwelt. Patrick Frey über guten Humor, seinen Partner «Schlatti» und schlechtes Fernsehen.

Die Blechbläser-Jazzband «Die Pilze» tauft eine Debütplatte, die von Spielfreude, Klasse und einem Schuss Ironie lebt. Instrumental-Jazz – inspiriert von Käsefondue und Entenjagd – mal funky, mal sphärisch.

«Mir macht von Webers Musik Spass, weil man technisch und musikalisch gefordert ist», sagt Monika Schneider. Die 27-Jährige spielt zusammen mit dem Berner Konzertorchester das Fagott-Konzert in F-Dur von Carl Maria von Weber (Op. 75). Seit 2007 ist sie Solofagottistin des Berner Symphonieorchesters.

Patrick Frey, was zeichnet das Duo SchlatterFrey aus? Wir sind sehr verschiedene Typen, in vielerlei Hinsicht. Was uns verbindet, ist der Humor, wir sind uns meistens einig, wenn es um Satire und Pointen geht. Und natürlich sind wir nach all den Jahren dicke Freunde.

Sie steht auf die tiefen Töne Mit acht Jahren begann Monika Schneider nach einer kurzen Blockflötenkarriere mit dem Fagottspiel. Sie ist nicht etwa durch Sergej Prokofjews orchestraler Kindergeschichte «Peter und der Wolf» auf den Geschmack gekommen. «Ich wuchs in einer unmusikalischen Familie auf und habe das Instrument erst in der Musikschule kennen gelernt», erzählt sie. Das tiefe Register hat sie beeindruckt, und die Faszination für das Holzrohr mit der komplexen Mechanik hat seither nicht abgenommen. Neben den Engagements in Bern tritt sie oft mit ihrem Arirang-Quintett auf. Die Formation ist der Jungen Deutschen Philharmonie entsprungen, einem Orchester, das nur den besten der deutschen Talente offensteht. Mit dem Berner Konzertorchester trifft sie auf ein Laienorchester, das zweimal pro Jahr ein Programm einübt. Es umrahmt das Fagottkonzert mit von Webers Ouvertüre zu «Preciosa» und der ersten Sinfonie von Robert Schumann in B-Dur. mfe \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Bärensaal, Worb. Fr., 28.11., 20 Uhr Heiliggeistkirche, Bern. Sa., 29.11., 20 Uhr

Was ist das für ein Humor? Der richtig gute Humor muss ganz tief unten kitzeln oder kratzen und zugleich das Hirn beschäftigen. Ohne Schärfe und ein wenig Schmerz gibt es keine wirklich guten Lacher! «Der beliebte Bruder» ist ein Viermann-Stück. Jean-Marc Nia und Tino Marthaler spielen eine Live-Band, Beat Schlatter und Sie mimen zwei äusserst unterschiedliche Brüder … Lucky ist ein erfolgreicher TV-Star. Hans hingegen ein ewiger Versager. Egal was er in seinem Leben anpackt, er geht immer wieder pleite. Erzählen Sie uns etwas über das Stück. Lucky hat Angst, seine Sendung könnte auf einen schlechteren Sendeplatz verschoben werden. Da er eine Art Popularitätsneurose hat, wird er hysterisch und will seine Beliebtheit mit einer vorgetäuschten Entführung testen. Sein Bruder soll ihm dabei helfen. Ziel ist, dass das Fernsehpublikum Lösegeld einzahlt. Doch die Leute denken «Terre des hommes hats nötiger», – und das Konto bleibt leer. Als Lucky dies erfährt, eskaliert die Situation … Mehr verrate ich nicht – nur so viel: Die Geschichte wird stellenweise ziemlich blutrünstig.

Lucky moderiert eine «psychologische Kochsendung» – was muss man sich darunter vorstellen? In die Sendung werden Leute mit schwer fassbaren chronischen Beschwerden eingeladen – vom Putzfimmel bis hin zur Magersucht. Nach einem persönlichen Gespräch wird live ein speziell auf die Krankheit zugeschnittenes Menü gekocht. Ziehen Sie diese Krankheiten ein Stück weit nicht auch ins Lächerliche? Nein, wir machen uns über das Fernsehen lustig, nicht über Krankheiten. Wir spotten über das Krankhafte an der Medienprominenz und über die vielen Gesundheitssendungen, bei denen sich die Frage stellt, wem sie wirklich helfen. Wie stark sind Sie selbst von Ihrem Publikum abhängig? Ich weiss nicht – das werde ich erst merken, wenn ich nicht mehr vor Publikum stehe. Was toll ist: Beim Theaterspielen darf ich die dunklen Seiten meiner Person ausleben. Diese Ventilfunktion kann süchtig machen. Seit 2007 sind Sie mit «Der beliebte Bruder» auf Tournee. Wie hat das Publikum das Stück aufgenommen? Durchwegs sehr positiv. Aber der Erfolg ist wie eine launische Geliebte, man darf sich nie darauf verlassen. g Mariana Raschke sun

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Theater am Käfigturm, Bern Do., 27.11., 20 Uhr Aufführungen bis 20.12. www.schlatterundfrey.ch

Niemand denkt beim Wort «Pilz» an Jazz. Das war für Benedikt Reising ein wichtiger Grund für den Bandnamen «Die Pilze»: «Am besten gefällt mir daran, dass er überhaupt keinen Sinn ergibt.» Der Altsaxofonist und sein Sextett taufen ihr erstes Album, «Wer sind die Pilze», und darauf geht es mit dem Unsinn weiter: «Eine kochendheisse Fondueflut verschlingt das Mittelland» heisst ein Stück. Nach der Denkvorgabe dieses Horrorszenarios des gebrochenen Riesencaquelons hat die Formation einen Song aufs Band improvisiert. Käsig langfädig klingt das nicht, doch es blubbert. Wirklich witzig ist «Rimski Korsakows Entenjagd», das genauso klingt, wie es heisst. Sphärisch, funky und vielbeschäftigt Meist in flottem Tempo bläst sich das Trio Benedikt Reising, Xavier Nussbaum (Tenorsaxofon) sowie Martin Eberle (Trompete und Flügelhorn) durch die Stücke. Das klingt machmal funky und wenn sie improvisieren, auch sphärisch. Die Mischung von Groove und Soli steht in einem guten Verhältnis. Dazu spielt ein engagierter Rico Baumann am Schlagzeug in einer ansprechenden Vielfalt. Tastenmann Benjamin Külling und Bassist Marci Müller komplettieren das Sextett. Benedikt Reising ist zwar der Kopf der 2006 gegründeten Band, aber nicht der Musikdiktator. Nur zwei Kompositionen und allenfalls die Fondueapokalypse sind aus seiner Ideenschatulle, die restlichen sechs Stücke flossen aus der Feder der anderen Musiker. Gemein haben die Musiker ihr Fundament aus der

Jazzschule, wo sie sich kennen gelernt haben. «Doch unsere Stärke ist, dass mit der Konstellation der Musiker unterschiedliche Musikrichtungen zusammenkommen», sagt Benedikt Reising. Er selbst hat früher Barock-, Ska- und Hip-Hop-Musik gespielt. Pianist Külling kommt aus der Soul-Ecke und spielt auch bei den Brothertunes. «Mir ist wichtig, dass man hört: Wir sind Kinder unserer Zeit», erklärt Reising. Die stilistischen Standesgrenzen werden nicht in aller Strenge eingehalten, die Angst vor einem Allerwelts-Crossover aber wäre unbegründet. Letztlich ist «Wer sind die Pilze» (Unit records) ein regelrechtes Instrumental-Jazz-Album geworden, das immer für eine überraschende Wende im Arrangement gut ist. Über den Rösti- und Risottograben Ihre Schweizer Tournee führt die Band auch in Clubs in der Westschweiz und im Tessin. Sie wurde vom Förderprojekt «Suisse Diagonales» auserkoren, das Anfang nächstes Jahr nach dem Motto «Zehn Bands, vingt lieux, cento concerti» vielversprechende Jazz-Bands in die jeweils anderen Sprachregionen schickt. Das Augenzwinkern der Pilze zieht sich von ihrer CD bis zum Booklet durch. Das sieht auch in ladenfrischem Zustand abgegriffen aus, wie sonst nur absolute Klassiker, die seit Jahrzehnten regelmässig aus dem Regal genommen worden sind. Michael Feller \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Be-Jazz-Club, Liebefeld Fr., 28.11., 20.30 Uhr www.bejazz.ch


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