Annette Boutellier
ZVG
Zeichnung der 12-jährigen Jasmin
N°11 Do., 12., bis Mi., 18.3.2009
Must have been Tokyo im Club Bonsoir
«Brainweek» der Uni Bern
Tour de Suisse am Stadttheater Bern
Da werden Kind und Pate zugleich geweiht. In der ersten Nacht des Clubs Bonsoir tauft die Berner Band ihr Album «Vice». Für The-Cure-Fans ein Must.
«Was hast du in deinem Kopf?» Der BrainweekMalwettbewerb dauert noch bis am 16.3.
Ferdi Kübler (Ernst C. Sigrist) wird von den Zuschauern (Alice Röttger, Friederike Pöschel und Jonathan Loosli) angefeuert. Als Radsportler fuhr er meist im Schatten von Hugo Kobelt.
Bonsoir et dansez!
Geistreich Tugend versus Charme
Der Club Bonsoir öffnet seine Tore mit Live-Musik aus Bern. An der Aarbergergasse werden aber vornehmlich die DJs den Takt angeben. Programmleiter Christoph Haller will das lokale Plattenlegergewerbe stärken und internationale Musiker nach Bern holen.
An der «Brainweek» präsentieren Fachleute Erkenntnisse rund ums Gehirn. Film und Theater runden das Programm ab.
Gerhard Meister lässt im Stück «Hugos schöner Schatten» die Radsportlegenden Ferdi Kübler und Hugo Koblet gegeneinander pedalieren. Ein Wiedersehen mit dem pensionierten Biedermann und dem früh verstorbenen «James Dean des Radsports».
die trotz seines neuen Vollbart-Jobs als Nebenbehaarung stehenbleibt.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Oder der Betrachterin, müsste es richtig heissen. Nicht nur um der Gleichberechtigung willen, sondern auch, weil das weibliche Gehirn – so berichten Forscher – die Schönheit eines Gemäldes anders bewertet als das männliche. Während in Tests festgestellt wurde, dass bei Frauen beide Hirnhälften aktiviert waren, beschränkte sich die Aktivität bei Männern auf den rechten Scheitellappen. Neuroästhetik heisst die Disziplin, die versucht, Hirnforschung und Kunst einander näher zu bringen. Prof. Dr. med. Christian W. Hess, Direktor und Chefarzt der neurologischen Universitätsklinik Bern, schätzt den Mode-Begriff wenig: «Schon seit 100 Jahren befassen sich Neurophysiologen mit der Frage, warum wir etwas schön finden und etwas anderes nicht.»
Das kann ja heiter werden: Ein Mann im Ruhestand spielt mit seinem Privatcoach Golf auf der Bühne, und zwar bereits bevor das Kübler/Koblet-Stück offiziell beginnt. Gleichzeitig verteilen Mädchen im Fifties-Stil Wettbewerbtalons. Zu gewinnen gibt es einen Gutschein für «Thömus Veloshop». Eine Einführung in die Theaterrealität, die ein wenig an eine Schüleraufführung denken lässt. Man stellt sich die bange Frage: Bietet der Radsport genügend «Drama» für einen packenden Stoff? Je tiefer man in die Biografien der beiden Helden eintaucht, desto klarer wird die Antwort. Ja – denn das auf Tatsachen beruhende Stück des 1967 in Langnau geborenen Autors Gerhard Meister enthält, was ein Drama braucht: Aufstieg und Fall, Sieg und Verlust.
«Langsam kommt die Nervosität», gesteht Christoph Haller. Die Eröffnung des Clubs Bonsoir steht vor der Tür und seine Macher sind hibbelig wie Katzen, die in ihrem Bewegungsdrang die Krallen am Furnier wetzen. Ein weiteres Tummelfeld für die aufgekratzten tanzwütigen Bernerinnen und Berner mit Hang zur elektronischen Musik soll entstehen.
ZVG
hoi
The Cure klingt mit Die Berner New-Wave-Band Must have been Tokyo spielt im Bonsoir das erste Konzert. Nicht erst auf ihrer neuen Platte «Vice» ist dem Quintett anzuhören, dass es gerne The Cure hört und sich nicht scheut, dies mit Synthesizer, Gitarre, Bass und Schlagzeug auch klar und deutlich zu manifestieren. Bei dem für Das Toni’s vergessen lassen An der Aarbergergasse 30–35 war einst einen Elektro-Club eher unerwarteten das Toni’s eingemietet, ein Fixstern Startschuss zielt Christoph Haller auf am Firmament der Berner Nächte. Der zweierlei Scheiben: «Die Berner Musik Club Bonsoir ist ein Versuch zur Reak- liegt uns am Herzen und Live-Konzerte tivierung des Kellerlokals – die zentrale sind bei uns auch möglich.» Zwar liegt Lage in Bahnhofnähe spricht für das der Schwerpunkt auf Partys, aber minVorhaben. Das leitende Personal kennt destens einmal pro Monat will er echte die Berner Kulturszene: Neben Pro- Instrumente auf der Bühne stehen haben. Und allzu eng will Haller grammleiter Haller sind das stilistische Korsett nicht weitere Ausgeh-Spezialisschnüren: Independent-Muten der Stadt am Werk: Rolf sik anderer Stile ist Teil des Bähler (Ex-Bierhübeli), die Programms. So wird auch Propeller-Bar sowie Dave die Zürcher Rapperin Big Zis Marshal und Arci Friede demnächst ihr neues Song(Ex-Programmmacher im material präsentieren. Für die Wasserwerk). puren Elektroliebhaber folgt Christoph Haller ist als am zweiten Tag der Pariser DJ des Duos Round Table Christoph Haller DJ Play Paul, der kleine BruKnights erfolgsverwöhnt, doch die alleinige Verantwortung fürs der des Daft-Punk-Gründungsmitglieds Programm eines Hauses übernimmt Guy-Manuel de Homem-Christo. Bleibt er im Club Bonsoir zum ersten Mal. nur noch zu hoffen, dass die Kater und Erfahrung hat er seit 2002 gesammelt; Katzen das zur Musik der Tokioter pasim Dachstock und im Bierhübeli orga- sende 80er-Dekor des Clubs nicht mit nisierte er Partys, später wurde er ins ihren Krallen verunstalten. Michael Feller Zürcher Moods berufen, um das Ange- bot zu verjüngen. In der Dampfzentra- \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ le ist er derzeit für die zweimonatliche Club Bonsoir, Bern. Fr., 13.3., 23 Uhr Tanzreihe «Moustache» verantwortlich, www.bonsoir.ch
Die Wissenschaft geht ins Theater Bereits zum 12. Mal werden an der «Brainweek» neue Erkenntnisse der Hirnforschung präsentiert. Warum können wir nicht konstant glücklich sein? Wie verarbeitet unser Gehirn Sprache? Fachleute gehen diesen und anderen Fragen in Vorträgen nach. Anregend auch das Rahmenprogramm: Im Kino Lichtspiel wird «Le Scaphan dre et le Papillon» gezeigt (Mi., 18.3., 19 Uhr), und zum Abschluss der Brainweek macht sich im fantastischen Theaterstück «Cervelle & Gloria» (Sa., 21.2., 19.30 Uhr, Aula Freies Gymnasium) ein Gehirn aus dem Staub. Nadine Guldimann \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
Mo., 16., bis Sa., 21.3. Programm und Wettbewerb: www.brainweek.ch
Bruder Leichtfuss gegen Chrampfer Kübler (Ernst C. Sigrist) und Koblet (Diego Valsecchi) stehen für einen typischen Gegensatz. Wüsste man nicht, dass er der Realität nachempfunden wurde, wäre man versucht, dem Autor vorzuwerfen, er hätte billige Klischees geschaffen: Hugo, der Frauenschwarm und Bruder Leichtfuss, tritt gegen den soliden «Chrampfer» Ferdi an. Hugo lässt sich von dubiosen Ärzten kaputt spritzen, Ferdi trinkt nur Orangensaft. Hugo findet sich nicht mehr zurecht, nachdem der Erfolg nachlässt, und fährt in einen Baum. Ferdi schliesst stattdessen Werbeverträge ab und spielt in Südafrika Golf. Die Tugend besiegt den Glamour: ein moralinsaures Schweizer Märchen, das den Fleissigen belohnt und den Lebemann bestraft? Nein, eine Geschichte, die das Leben schrieb.
Die Berner Regisseurin Katharina Ramser inszeniert Meisters Stück mit vielen originellen Finessen und narrativen Details. Der lahme Anfang, bei dem man die Radfahrer auch akustisch schlecht versteht, weicht rasch einer spannenden Erzählweise. Viel zum Gelingen des Stückes trägt das Bühnenbild (Stefanie Liniger) bei. Eine schlichte, dreischalige Architektur ermöglicht es, geschickt mit den Zeit- und Ortsebenen zu spielen. Oftmals vermischen sich Traum und Wirklichkeit. In diesen Momenten ist das Stück am stärksten: Eine Szene in einer Bar zeigt nach einem Rennen den unterschiedlichen Umgang der Helden mit dem Erfolg. Orangensaft für den Lustlosen Während Hugo, in einen weissen Pelz gehüllt, die Groupies verrückt macht, bestellt Ferdi Orangensaft und gibt Ratschläge. «Von nichts kommt nichts», lautet sein Lieblingsspruch. Der Frau, die ihn so gerne verführen möchte, erzählt er: «Ich habe bis in die Schulzeit ins Bett gemacht.» Die Musik entfaltet dabei einen Sog, die Szene driftet ins Surreale ab. Hugo leckt an einem Lollypop und stöhnt: «Mein Leben ist ein Glitzerzeug, ich schlürfe es in mich hinein.» Währenddessen mutiert Ferdis Groupie aus Verzweiflung über dessen Lustfeindlichkeit zur Medusa mit Würsten auf dem Kopf. Grossartig! Helen Lagger \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\
Vidmar 1, Liebefeld. Mi., 11.3., Do., 12.3., Mi., 18.3.,, 19.30 Uhr Weitere Vorstellungen bis 14.6. www.stadttheaterbern.ch