Berner kulturagenda 2009 N° 12

Page 1

us g a S o n d e ra

be zur

ern B t h c a e u msn är z

Mus m Freitag, 20. M

N°12 Do., 19., bis Mi., 25.3.2009

ZVG

ZVG

ZVG

vo

Die Kummerbuben mit neuem Album im Dachstock

Tracey Emin im Kunstmuseum Bern

Willy Astor im Bierhübeli

Sie ist jetzt noch eine Spur rockiger und düsterer: die Mischung aus Gitarren, Akkordeon und Saxofon, zu der die Berner Band ihre Geschichten aus alten Volksliedern erzählt.

Intime Bekenntnisse auf ein Bettlaken appliziert: eine typische Tracey-Emin-Arbeit von 2002.

Eine Walküre aus der Wagner-Oper? Der Kabarettist und Musiker Willy Astor bedient sich aus dem Fundus von Hoch- und Populärkultur.

Leidenschaft in Moll Bad Girl

Vielseitige Walküre

Alte Volkslieder landen nach ihrer Wiedergeburt in einem Beet von Rock, Whisky und Melancholie. Die Kummerbuben setzen mit «Schattehang» dort an, wo sie mit ihrem Debütalbum aufgehört haben. Ein weiteres Konzeptalbum, ein wenig rockiger.

Die Künstlerin Tracey Emin hat mit intimen Selbstdarstellungen schon manchen Skandal provoziert.

Der Münchner Wort-Poet und Musikkünstler Willy Astor kommt mit seiner Produktion «Reimgold» nach Bern. Im Bierhübeli nimmt er das Publikum mit auf eine musikalischhumoristische Reise, die er selbst als Piep-Show bezeichnet.

«Has», die Geschichte einer zerbrochenen Liebe, die der Erzähler wieder zu kitten versucht. Ein rockiges Jodel-Motiv schlägt eine Brücke zu dem, was wir gemeinhin unter Volksmusik verstehen.

Der millionenschwere Skandalkünstler Damien Hirst lud 1988 sechzehn Künstler zu einer Ausstellung namens «Freeze» ein. Die Gruppe der Young British Artists (YBAs) war geboren. Sie nutzten leere Fabriken statt etablierte Galerien, feierten exzessive Acid-House-Parties und sorgten für manchen Skandal. Die 1963 in London geborene Tracey Emin schafft es selbst innerhalb dieser illustren Gruppe in punkto Bekanntheitsgrad aufzufallen. Das liegt an ihren radikalen Selbstdarstellungen und an ihrer tragisch-glamourösen Persönlichkeit. Ihre Bekenntnisse machen keinen Halt vor Tabus: Anhand von bestickten Stoff bildern, Videofilmen und grossen Installationen erzählt sie von ihren Sexund Alkoholexzessen, von fehlender Schulbildung und Kinder­losigkeit.

«Ich hoff, Sie habens gern gehört, ich schriebs bei Kerzenschein. Und weils so schön ist, pfeif ich euchs noch mal rein.» So oder ähnlich verabschiedet sich der Wortakrobat Willy Astor von seinem Publikum. In seinem neusten Programm, «Reimgold», nimmt er unter anderem den Walküren-Ritt von «Ritchie» Wagner auf die Schippe. Kein Wunder also, dass er einen Helm mit Hörnern, wie ihn die Schildjungfern laut nordischer Mythologie tragen, spazieren führt.

«Als Band sind wir ein wenig manischdepressiv», sagt Simon Jäggi. Man ist mal euphorisch, mal betrübt und immer wieder zerstritten, Letzteres auch vor Konzerten. Doch sobald das Sextett auf die Bühne tritt und seine gestriegelten und verruchten Volkslieder vorträgt, ist alles wieder gut. Viele Songs der Kummerbuben sind denn auch ein wenig wie Versöhnungsbeischlaf: unheimlich leidenschaftlich. Grüner Klee im Schattental Vor zwei Jahren haben wir zum ersten Mal von den Berner Gielen gehört, von Simon Jäggi, dem Mattequartier-TomWaits, der mit dem Temperamentzauberer Mario Batkovic am Akkordeon und vier weiteren Musikerkollegen Volksmusikschätze ausgräbt und neu arrangiert. Die Kummerbuben sind über den grünen Klee gelobt worden für ihre DebütCD, «Liebi und anderi Verbräche». Doch es sind nicht die fetten Saftwiesen des Kulturlands, die sich im Repertoire der Berner finden, sondern die stotzigen, steinigen Hänge. Und so passt der Titel des neuen Albums, «Schattehang», vorzüglich zum Liedgut, das meist in MollTonarten geschrieben ist. Songs der mittellosen Landstreicher, düster und mit der Romantik von Piratengeschichten. «Säg, was hesch im Garte gmacht? – Röseli pflückt und Majoran»: Die wohl bekannteste Adaption des neuen Albums ist «Anneli, wo bisch geschter gsi» aus der Feder des Volksdichters Jakob Stutz. Rammsteineske Gitarrenriffs und ein schauriges Glockenspiel erweitern den Text um eine patriarchale Drohgebärde. Ein Lied mit veritablem Hitpotenzial ist

Mit Tom Waits in den Röseligarte «Bund»-Journalist Simon Jäggi fand über das Fernweh zu den Volksliedern. Er hatte den Wunsch, seiner Heimat eines Tages den Rücken zu kehren, verwarf aber den Plan: «Ich spürte, dass es etwas gibt, was mich hier hält.» Auf der Suche danach begann er sich der alten Volkslieder aus dem RöseligarteFundus anzunehmen und brachte sie in seine Tom-Waits-Coverband, die nach einem Namenswechsel den schnellen Kummerbuben-Aufstieg erlebte. Nun folgt das schwierige zweite Album nach einem Debüt, das eingeschlagen hat wie die Axt in den Spaltstock. In «Schattehang» ist im Vergleich zum Vorläufer ein grosser Qualitätsschritt gelungen. Schade nur, dass die Band mit der Idee ihrer Konzeptmusik noch am selben Ort steht wie vor zwei Jahren. Simon Jäggi gedenkt, in Zukunft auch eigenes Textmaterial einzusetzen. Vielleicht hätte es der Sache gutgetan, das Vorhaben ins zweite Album vorzuziehen. Denn auch wenn sich diese zweite Platte hervorragend anhört – die Überraschung von «Liebi und anderi Verbräche», von diesen herzhaft rumpelnden Volksliedern mit Balkaneinschlag, hat ihre Halbwertszeit längst überschritten. Michael Feller \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Dachstock, Bern. Sa., 21.3., 22 Uhr www.dachstock.ch

Dargestelltes Liebes- und Lotterleben Das Kunstmuseum Bern zeigt nun die von der Scottish National Gallery of Modern Art in Edinburgh zusammengestellte Retrospektive als erste TraceyEmin-Einzelausstellung in der Schweiz. Die legendäre Installation «My Bed», die schonungslos das Liebes- und Lotterleben der versierten Exhibitionistin dokumentiert, gehört mit Sicherheit zu den Highlights. Intimität, die es aus­ zuhalten gilt. hel g un los Ver \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Kunstmuseum, Bern Vernissage: Mi., 18.3., 18.30 Uhr Ausstellung bis 21.6. www.kunstmuseum.ch

Meckermann-Katalog für Miesepeter Vieles, was den 1961 in München geborenen Kabarettisten, Musiker und Komponisten beschäftigt, hat mit seinen Landsleuten zu tun. So weist er etwa darauf hin, dass die miesepetrigen Deutschen gerne den Meckermann-Katalog bestellen. Man darf also gespannt sein, wie er sein Programm auf das Schweizer Publikum ummünzt. Die meisten seiner Pointen und verspielten Wortverdrehungen werden bestimmt auch in Bern funktionieren. Bekannt wurde Willy Astor in den frühen 90er-Jahren mit Nummern, in denen er ähnlich klingende Worte in sachfremde Texte verpackte. Statt «Rotkäppchen und der böse Wolf» erzählte Astor die Geschichte vom «Radkäppchen und dem bösen Golf» und garnierte seinen Text mit allerlei Fachchinesisch aus der Automobil- und Markenwelt. «Vielsaitiger» Gitarrenspieler Willy Astors erste Liebe war die Musik. Bereits mit vierzehn Jahren spielte er Akkordeon. Während seiner Lehre zum

Werkzeugmacher bei BMW begann er, Gitarre zu spielen. Das meiste brachte er sich gleich selbst bei mit «intensivem Gitarrenspielen nach Feierabend». 1983 schloss er sein Studium zum Maschinenbautechniker ab und danach beschloss er, von der kabarettistischen Tätigkeit leben zu wollen. Das gelang nicht auf Anhieb. Seine frühen Programme wie «Lieder, Nonsens, Instrumentals» fanden beim Publikum keinen grossen Anklang. Er tingelte von Klub zu Klub in der Münchner Kleinkunstszene und verdiente seinen Lebensunterhalt als Gitarrendozent an der Volkshochschule. Mittlerweile hat Astor allerdings eine treue Fangemeinde, die seine Lieder wie seine Sprachkapriolen liebt. Dabei gibt er sich gerne «vielsaitig» und wechselt von Hip-Hop zu Salsa, vom Rock zur Country-Musik und wieder zurück. Weltreise des musikalischen Humors Manchmal textet er auch Lieder um, sodass etwa aus «The House of the Rising Sun» bei ihm das «See-Haus in der Freising sun» wird oder aus Gianna Nanninis «Bello Impossibile» ein «Bello Immobilie». Die musikalischhumoristischen Reisen des Komikers führen durch sämtliche Themen und Melodien der Weltgeschichte. Und um seine Alleinunterhaltung aufzulockern, fordert er das Publikum schon mal auf: «Wenn Ihnen meine Piep-Show zu viel wird, können Sie mich ruhig drosseln.» Helen Lagger \\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\\

Bierhübeli, Bern Mi., 25.3., 20 Uhr www.bierhuebeli.ch


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.