DORFGESCHEHEN
Urbaner Flirt mit Verlobung und Hochzeit Es muss nicht immer Kaviar sein. Das wusste der Schriftsteller Johannes Mario Simmel schon 1960. Es muss auch nicht immer ein Burggräfler Ort sein, um den es hier in den Straßengeschichten geht. Auch außerhalb finden sich Bezüge zum Burggrafenamt: zum Beispiel die Meraner Straße in Salzburg.
Beschauliche Straße im Grünen
Sie begannen als Friedensprojekte nach dem Zweiten Weltkrieg und dienen der europäischen Ver ständigung und dem kulturellen Austausch. Die Rede ist von Städtepartnerschaften, von denen es auch in Südtirol nicht wenige gibt. Auffallend ist, dass Beteiligte wie auch Zeitungen gerne einen Vergleich zu menschlichen Beziehungen ziehen, wenn sie vom Ver hältnis der Städte sprechen. So erklärte Brigitte Lindner, die seit 1985 in Salzburg dafür zuständig ist, die Stufen der Verbindung wie folgt: „Eine Städtefreundschaft ist wie eine Verlobung, eine Städtepartnerschaft ist dann der nächste Schritt, sozusagen die Heirat oder die Ehe.“ Dabei scheint das weltbekannte Salzburg eindeutig zur urbanen Vielehe zu neigen, wie die „Verlobungen“ mit Busseto und Kawasaki und die „Hochzeiten“ mit Reims, Verona, Dresden, Vilnius, León, Singida und Shanghai
nahelegen. Doch es gibt noch einen weiteren Ort im Harem der Mozartstadt: Meran.
„Wir haben Mozart, was aber bietet Meran?“ Anlass war der Anruf einer Leserin, die sich eben diese Städtepartnerschaft gewünscht Städtisches Liebeswerben hatte und deren Vorschlag in der Rubrik „SN-Telephon“ abgedruckt Vor fast genau 20 Jahren, am 24. worden war. Zunächst gab es von November 2000, unterzeichneten österreichischer Seite große Skepder damalige Salzburger Bürger- sis. Die Meraner hingegen, die meister Heinz Schaden und sein ähnliche Angebote bis dahin imhiesiger Amtskollege Franz Alber mer höflich ausgeschlagen hatten, die Städtepartnerschaftsurkunde zeigten durchaus Interesse an einer – Jägerchor und Alphornbläser Liaison. 1993 wurden weitere Epiinklusive. Damit wurde die lang- soden der Städte-Telenovela gejährige Freundschaft offiziell be- sendet: „Aus dem Flirt wird eine siegelt, der, so die Salzburg-Stadt- ernste Sache“ und, romantisch Website, eine „Verlobung“ voraus- kurz vor Weihachten, „Meran und ging. „Trauzeuge“ war Salzburgs Salzburg sind ein Paar“. Als LieVize Siegfried Mitterdorfer. Aber besgabe für die „Jungfrau“ Meran zu behaupten, die Liebesgeschich- wurde eine Beteiligung Salzburgs te wäre von Anfang an einfach an der Meranflora vorgeschlagen. gewesen, würde doch zu weit ge Auch an weiteren Ideen für Musihen. Bereits im April 1989 berich- ker, Hotelfachschüler, Theaterleutete die Tageszeitung „Dolomiten“, te und andere mangelte es nicht. dass die Salzburger Nachrichten Schon im Jahr darauf festigte sich eine provokante Frage stellten: die „zarte Bande“ mit den Salz-
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burg-Tagen in Meran, einem Schüler-Ideenwettbewerb und Mozartkugeln-Roulette. Dann drängte die japanische Stadt Takayama als Nebenbuhlerin zwischen die beiden Liebenden, deren Werben aber nicht erhört wurde. Sie wandte sich erfolgreich an die Stadt Denver, die mehr Einwohner als ganz Südtirol hat. Lebendige Partnerschaft
Ob sich Salzburg von den Meraner Passer-Terrassen inspirieren lässt oder umgekehrt Meran vom Salzburger Fahrradgaragenkonzept – die Verbindung zwischen den bei den Städten ist nach wie vor höchst lebendig. Entsprechende Stra ßenbenennungen hat es allerdings noch keine gegeben. Die Meraner Straße im Salzburger Stadtteil Lehen, die zur Bozner Straße führt, heißt bereits seit 1968 so. Christian Zelger