BAZ Nr. 22 vom 29/11/2021

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STANDORT

Historisches Obermais Obermais wird auch als das Villenviertel von Meran bezeichnet. Das kommt nicht von ungefähr, denn in Obermais befinden sich viele Schlösser, Ansitze und Herrschaftsvillen. Ein geschichtlicher Rundgang. von Philipp Genetti

Durch seine sonnige und klimatisch vorteilhafte Lage war der Standort geradezu geeignet eines Tages zum Balkon von Meran zu werden. Das war auch der Grund, weshalb sich schon früh Adel und Bürgertum in Obermais niedergelassen haben. Ganz im Gegenteil zu Untermais, wo hingegen vorwiegend das Bauerntum beheimatet war. Auch touristisch hatte sich der Standort in der Geschichte schneller entwickelt als seine Nachbargemeinde. Das ist allen voran den Kurpionieren Dr. Franz Tappeiner und Dr. Bernhard Mazegger senior zu verdanken. Nachdem sich Obermais in der sogenannten Gründerzeit stark urbanisiert hatte, errichtete der Kurarzt Mazegger um 1840 als Pendant zum Kurmittelhaus im Stadtzentrum im Lazagviertel seine berühmte Wasseranstalt (heute: Komplex Freihof, beim Roseggerpark). Der Ankauf des Ansitzes Reichenbach am Brunnenplatz durch Mazeggers Zeitgenossen Franz Tappeiner, der vorwiegend durch seine Kuren und die Errichtung des Tappeinerweges als der „Übervater“ des Meraner Kurwesens in die Geschichte einging, wertete den Standort Obermais einmal mehr auf. Als Anfang des 20. Jh. in Untermais dann schließlich die ersten Hotels entstanden, hatte sich Obermais bereits seit über einem halben Jahrhundert zum beliebten Urlaubsziel entwickelt. Die ersten Pensionen, die in Obermais errichtet worden waren, waren die Villa Kugelweg, die Pension Aders/Adria, der Obermaiser Hof und die bereits erwähnte Mazegger Kuranstalt. Ende des 19. Jh. kamen weitere Hotelanlagen hinzu, das Hotel Gilmhof, das Hotel Minerva und in der Zwischenkriegszeit das

eindrucksvolle Parc Hotel von Otto Panzer (ehemalige Böhler Klinik). Besonders attraktiv stellte sich in dieser Zeit das Gebiet um den Winkelweg heraus, in dessen unmittelbarer Nähe gleich mehrere Gaststätten eröffneten. Aber auch die Schlösser und Ansitze, wie Greifen-Planta, Rottenstein, Rosenstein, Rundegg, Rubein, Rametz oder Schloss Trauttmansdorff, das Kaiserin Sissi sogar als Sommerresidenz diente, boten Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste aus dem Ausland. „Es war in und schick in diesen Anwesen zu wohnen“, erklärt der Habsburgerexperte und Heimatkundler Georg Hörwarter. Religionsflüchtlinge aus Graubünden

Die ersten Anfänge des Fremdenverkehrs reichen weit in die Geschichte zurück und hatten ihren Ursprung bereits in der Reformationszeit (17. Jh.). Nachdem die katholischen Fürsten, wie Paravicini, Greifen-Planta oder auch Flugi von Aspermont, aus Graubünden geflohen waren, fanden einige Asyl in Obermais. Die Anwesen Knillenberg, in der Fluggigasse sowie das Schloss Greifen-Planta im Haslerweg erinnern an ihre Geschichte. Zusammen mit den Schlössern Labers, Rametz, Rubein, Reichenbach, Rosenstein, Rottenstein, Rundegg, Pinzenau, Winkel und Trauttmansdorff “ bezeugen die Schlösser Greifen-Planta und Knillenberg heute noch den historischen Wert des Standortes Obermais. Bis auf das Schloss Trauttmansdorff, in dem sich das Landesmuseum für Tourismus „Touriseum“, sowie die einzigartigen Botanischen Gärten befinden, sind die herrschaftlichen Anwesen von Obermais in Privatbesitz. Schloss Winkel, Perle der Renaissance

Meran-Obermais Brunnenplatz Kirchsteig 46 Tel. + Fax 0473 23 21 45 gufler.goldschmiede@gmail.com

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Ein besonderes Baudenkmal der Geschichte von Obermais ist das Schloss Winkel, das sich etwas versteckt, in der Nähe des gleichnamigen Winkelweges befindet. Das Schloss geht auf einen im 14. Jh. erstmals erwähnten Gutshof zurück, der im 17. Jh. zum heutigen Renaissancebauwerk erweitert wurde. In seiner Geschichte erlebte das Anwesen gleich mehrere Besitzerwechsel und war kurze Zeit auch in den Händen der Erzherzogin von Österreich und Landesherrin von Tirol Claudia de Medici (1604 - 1648). Letzter erwähnenswerter Bewohner des Anwesens war der bekannte österreichische Werbegrafiker, Maler und Kunstprofessor Franz J. Lenhart (1898 - 1992).


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