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Digitalisierung von Neophytenstandorten

In Graubünden werden seit 2009 Daten zu Standorten mit invasiven Neophyten digital erfasst, verwaltet und auch ausgewertet. Seither hat sich in der Entwicklung der Erfassungshilfen einiges getan. In diesem Artikel werden die gängigsten Programme vorgestellt und der aktuelle Zwischenstand der Erfassungen präsentiert.

Sascha Gregori

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Die Erfassung und Verwaltung von räumlichen Daten erfolgt heutzutage über ein sogenanntes geografisches Informationssystem (GIS). In Graubünden werden die Informationen zu Standorten mit invasiven Neophyten seit der Revision der Freisetzungsverordnung (FrSV, SR814.911) Ende 2008 im Sinne des Umweltmonitorings (Art. 51 FrSV) auf diese Weise digitalisiert. Es erleichtert das Auffinden bereits erfasster Bestände und ermöglicht, eine Analyse bzw. eine grobe Übersicht über die Entwicklung der Verbreitung und den Zustand der Neophytenstandorte zu erhalten. Zu Beginn bauten verschiedene Kantone aufgrund unterschiedlicher Ansprüche und einer fehlenden nationalen Lösung eigene Systeme zur Erfassung bzw. zur Visualisierung der Neophytenbestände auf. Bereits bestehende kantonale GIS-Plattformen wurden weiterentwickelt und angepasst. 2009 bis 2016 wurden die Neophytenstandorte in Graubünden über das Neophyten-GIS des Kantons Zürich erfasst und verwaltet. Seit 2016 bietet nun auch Infoflora als nationales Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora die Möglichkeit an, die Beobachtungen und Massnahmen über das eigens entwickelte Neophytenfeldbuch zu erfassen. Da im Hintergrund ständig die Daten der anderen Neophyten-GIS einfliessen, findet sich dort die Gesamtheit der in der Schweiz beobachteten Neophytenstandorte. Eine zusätzliche Erleichterung bei der Arbeit im Feld bietet die InvasivApp von Infoflora. Damit können Neuerfassungen gemacht, aber auch die

Bildschirmfotos aus der InvasivApp. Die Daten werden durch Infoflora zeitgleich auch auf dem Feldbuch Neophyten dargestellt.

Infoflora Neophyten Feldbuch

Infoflora InvasivApp

GIS PLAN Neophyt kann im Feld auf einem Tablet ohne

Internetverbindung genutzt werden. (Bild: GISPLAN AG)

bisher bekannten Standorte gefunden und mit den aktuellen Daten aktualisiert oder Bekämpfungsaktionen hinterlegt werden. Die Benutzung dieser beiden Plattformen ist gratis und zählt bis dato knapp 600 aktive Nutzer. Sofern es sich um Standorte in Graubünden handelt, hilft das Amt für Natur und Umwelt (ANU) bei technischen Problemen gerne weiter. Neben dem nationalen und den verschiedenen kantonalen GIS haben auch private Firmen an der Entwicklung von Lösungen gearbeitet. So bietet die Firma GISPLAN AG aus Chur ein Kontrollinstrument zur Erfassung, Verwaltung und Auswertung von Neophytendaten an, welches auch auf einem Tablet unabhängig von einer Internetverbindung die Erfassung im Feld ermöglicht. Genauere Angaben dazu finden sich im Kasten «GISPLAN Neophyt». Einen etwas ganzheitlicheren Ansatz, der über die Daten zu Neophytenstandorten hinausgeht, bietet die Firma INFINITUDE AG aus Zürich an. Der Benutzer findet auf der interaktiven Karte zusätzliche Angaben zu Organisationen, welche auf diesem Gebiet aktiv sind, zu Anlässen welche stattfinden und Praxisbeispiele in seiner Nähe. Genauere Angaben finden sich im Kasten Pollenn® .

Webapplikation «GIS-PLAN Neophyt»

Auf Anregung von Andreas Weber (Gemeindebetriebe Bonaduz Rhäzüns) hat die GISPLAN AG für Geoinformation im 2017 eine Webapplikation für die Dokumentation und das Monitoring der Bekämpfung von invasiven Neophyten entwickelt. «GISPLAN Neophyt» ist eine Browseranwendung, welche auf dem System von Map+ aufbaut. Dabei wurde die Applikation, neben der normalen Onlineanwendung, auch autark für Tablets eingerichtet, mit denen eine vollständige Offlinetätigkeit möglich ist. Lediglich zur Synchronisation der Daten bedarf es einer Internetverbindung. Die Geometrie von Flächen, welche mit invasiven Neophyten befallen sind, wird vor Ort auf einem Tablet in einem Browser erfasst und mit verschiedenen Sachdaten (z. B. Art und Anzahl der entfernten Pflanzen) attributiert. Mit der Anwendung ist eine durchgehend digitale Erfassung und Bearbeitung mit Auswertemöglichkeiten gewährleistet. Die laufende Neuerfassung und Nachführung erlaubt ein aktuelles Monitoring in Bezug auf Verbreitung sowie Erfolg der getroffenen Massnahmen in der Bekämpfung der invasiven Neophyten. Die Webapplikation wird bei Grün Stadt Zürich sowie bei den Gemeindebetrieben Bonaduz Rhäzüns erfolgreich eingesetzt.

Bildschirmaufnahme aus dem System Pollenn®.

In der nationalen Datenbank (Neophyten Feldbuch von Infoflora) finden sich rund 11 000 Standorte auf Bündner Boden. Bis dato wurden 48 invasive Pflanzenarten bzw. -artengruppen festgestellt. Die fünf am häufigsten erfassten Arten sind: Riesenbärenklau (1890 Standorte), Schmalblättriges Greiskraut (1376 Standorte), Amerikanische Goldrutearten (1587 Stao), Asiatische Staudenknötericharten (1346 Standorte), Sommerflieder (1158 Standorte). Diese Rangliste zeigt die hohe Priorität der Überwachung und Bekämpfung gesundheitsgefährdender Arten (Riesenbärenklau und Greiskraut), aber auch die Priorisierung der Bekämp-

Neophytenstandorte in Graubünden, Stand Januar 2020

(Quelle: ANU)

Pollenn®

Pollenn® bietet eine intuitive und didaktische digitale Schnittstelle. Sie vereinfacht die Beteiligung der verschiedenen Akteure bei der Bewältigung von Umweltproblemen. Die Plattform ist über alle Arten von digitalen Medien zugänglich. Da ihre Inhalte individualisierbar sind (Arten, Sprachen, Formulare etc.), ermöglicht die Plattform Feldbeobachtungen in Echtzeit zu erfassen und zu überwachen. Die Umweltkarte Pollenn® ist schnell und einfach anwendbar. Pollenn® ermöglicht gezielt zu kommunizieren, Daten effektiv zu verwalten und Aktivitäten einfach zu visualisieren. So können Kosten reduziert (IT, Koordination etc.) und Zeit gewonnen werden. Zusätzlich zum bestehenden Modul «Invasive gebietsfremde Pflanzen» (kompatibel mit Infoflora) und weiteren, können – nach individuellen Bedürfnissen – zusätzliche Pflanzen, Arten, Landschaften oder Beobachtungen integriert werden. IN-FINITUDE AG ist eine Schweizer Firma (gegründet 2010) die auf dem Gebiet der nachhaltigen Entwicklung tätig ist, insbesondere der Umsetzung von Lösungen, die zum Erreichen der Ziele der Agenda2030 beitragen.

IN-FINITUDE AG Mühlehalde 25, 8032 Zürich +41 43 540 59 97/hello@in-finitude.ch

Die zentrale Erfassung von invasiven Neophyten kann bei der Beurteilung von Bauvorhaben eine grosse Hilfe sein. Die Kenntnis über diesen Riesenbärenklaubestand auf einer Bauparzelle führt dazu, dass die Baubewilligung für jenen Teil des Bodens, der als biologisch belastet gilt, spezielle Auflagen beinhaltet. Um eine Weiterverbreitung der Pflanze über

den abgetragenen Boden auszuschliessen muss dieser Boden gesondert behandelt werden. (Bild: Sascha Gregori)

fung der Sommerflieder, Goldruten und Asiatischen Staudenknöteriche in Naturschutzgebieten von nationaler und regionaler Bedeutung. Die meisten Einträge werden durch die Zivildienstleistenden des ANU gemacht. Aber auch kommunale Forst- und Werkbetriebe wie auch Private nutzen die App und das Onlinefeldbuch regelmässig, um ihre Beobachtungen und Massnahmen zu dokumentieren. Das Abbild der Ausbreitung der invasiven Neophyten kann jedoch nicht als abschliessend betrachtet werden. Flächendeckende Kartierungen gibt es kaum. Dennoch lassen sich die hauptsächlichen Verbreitungsgebiete einzelner Arten deutlich erkennen. Für eine detailliertere Auswertung der Neophytendaten in Graubünden verweisen wir an dieser Stelle auf den Jahresbericht des ANU.

Jahresbericht 2019: Invasive gebietsfremde Pflanzen in Graubünden

Sascha Gregori ist Firmeninhaber und Geschäftsführer der gregeco GmbH und führt im Auftrag des ANU seit 2009 das Neobiotamanagement aus.

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