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verstehen will, ist hier richtig
«Wer die Zusammenhänge verstehen will, ist hier richtig»
Martin Feusi aus Maienfeld ist gelernter Forstwart, der nun wieder die Schulbank drückt. Er studiert an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Bern Waldwissenschaften. «Sein Wissen über Natur und Wald zu vertiefen, macht schon Spass», sagt der 25-Jährige.
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Interview mit Anke Schütze Text und Redaktion von Christoph Kummer
Du hast eine abgeschlossene Lehre als Forstwart in der Tasche. Was hat dich dazu bewogen, noch einen Schritt weiterzugehen und ein Studium der Waldwissenschaften an der HAFL zu machen?
Naturereignisse wie Lawinen und Hochwasser haben mich schon immer fasziniert, ebenso der Wald an sich. Ich erfuhr, dass die Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften ein Forststudium mit Vertiefung Gebirgswald und Naturgefahren anbietet. Ich fand das sehr spannend und den Zeitpunkt günstig, da ich jung bin und noch bei den Eltern wohne.
Wie anstrengend war es für dich, wieder die Schulbank zu drücken?
Ich musste als Voraussetzung die Berufsmaturitätsschule absolvieren, was schon eine Herausforderung war. Aber es ging gut. Und auch im Studium ist bisher alles rund gelaufen.
Hast du als gelernter Forstwart Vorteile gegenüber anderen Studierenden?
Ich denke schon. Spätestens im 2. Jahr werden sehr forstspezifische Themen behandelt. Und wenn man bereits als Forstwart gearbeitet hat, kann man sich Konkretes darunter vorstellen. Zum Beispiel die Holzernte mit Seilkran oder Helikopter: Das habe ich ein paar Jahre lang gemacht. Man weiss halt, worum es geht, kann Theorie von Praxis unterscheiden, denn oftmals klingt etwas in der Theorie einfach, ist dann aber im Wald eine ganz andere Geschichte.
Siehst du auch Nachteile zu den Studierenden ohne Berufserfahrung, insbesondere solchen, die direkt vom Gymnasium an die HAFL gekommen sind?
Ja, sich an den schulischen Alltag zu gewöhnen, war teilweise anstrengend. Bei bestimmten Fächern, Mathematik oder Chemie etwa, haben Gymnasiasten viel mehr Erfahrung. Aber ich erhielt auch Hilfe von Mitstudierenden und der Austausch ist sehr gut.
Habt ihr einen guten Zusammenhalt?
Ja, wir sind ein gutes Grüppchen, 6 bis 7 Leute, die sich gegenseitig helfen. Einer hat hier, ein anderer dort etwas mehr Ahnung.
Was ist denn dein Lieblingsfach?
Von denen, die ich bislang abgeschlossen habe, ist es Geologie. Das war sehr spannend. Waldrecht fand ich aber auch interessant, da wir viele Beispiele aus der Praxis erhielten. Oder das Fach Gebirgswald im 2. Jahr – das war durch die vielen Bilder, Exkursionen und Beispiele sehr lebhaft gestaltet.
Du bist nun fünf Tage pro Woche an der HAFL. Wie beurteilst du das Verhältnis Hörsaal und Praxis im Wald?
Ich finde es recht ausgewogen. Dort, wo es Sinn macht, sind wir viel draussen. Man sieht dann gleich, was Sache ist. Das gilt vor allem fürs 2. Studienjahr. Im ersten Jahr gibt es nicht viele Exkursionen, da man oft Unterricht von Grundlagenfächern hat.
Momentan wohnst du auf dem Campus der HAFL. Wie muss man sich das Leben dort vorstellen?
Ich finde es sehr cool. Es hat den Vorteil, dass man zeitlich weniger gebunden ist und Arbeiten auch mal am Abend weiterführen kann. Und auch was die Menschen und die Umgebung betrifft, passt es. Man kann hier Sport machen, ein Bier trinken gehen oder mal nach Bern in den Ausgang. Mittags essen wir jeweils in der Mensa und abends kochen wir selbst.
Was fehlt dir am meisten, wenn du in Bern bist?
Das ganze Umfeld – Freundin, Freunde, Familie, aber es ist nicht schlimm, weil ich immer am Wochenende zu Hause bin. Ich reise meistens am Sonntag oder Montag nach Bern und freitags gehe ich zurück nach Graubünden.
Und wie gefällt dir das Mittelland und Bern?
Bern ist wirklich eine tolle Stadt. Man kann viel machen: An der Aare sitzen, an ein Eishockeyspiel gehen oder die Altstadt besuchen. Die Menschen hier sind freundlich und locker drauf. Wir haben sowohl in Zollikofen als auch in Bern Unterricht – das gefällt mir, da man in Bern besser einkaufen gehen oder etwas mit Freunden unternehmen kann.
Was würdest du deinen Forstwartkollegen, die sich überlegen, ebenfalls an der HAFL zu studieren, für Ratschläge geben?
Sie sollten sich bewusst sein, dass die Berufsmaturität als Voraussetzung nötig ist, diese dauert ein Jahr. Durch ein Studium wird das Leben schon auf den Kopf gestellt. Man hat nicht immer um 17 oder 18 Uhr Feierabend, und muss oftmals auch am Wochenende arbeiten oder lernen. Und wenn man aus dem Bündnerland kommt, ist man unter der Woche weg von zu
Egal ob Forstwart oder Student: für Martin Feusi ist der Wald immer noch im Mittelpunkt. (Bild: M. Feusi)
Hause, und das für mindestens drei Jahre. Man muss sich fragen, ob man der richtige Typ dafür ist. Aber das Studium ist super. Wer die Zusammenhänge in der Natur und speziell im Wald besser verstehen will, der erhält hier ein vertieftes Wissen. Das ist schon sehr cool.
Aber der Job wird dann schon ein anderer sein. Kannst du dir vorstellen, dereinst mit Stift statt mit Motorsäge durch den Wald zu laufen?
Ich denke, dass es darauf ankommt. Die beruflichen Perspektiven sind vielfältig. Natürlich arbeite ich immer noch gerne mit der Motorsäge, aber das kann ich ja weiterhin nebenbei oder während der Ferien machen.
Hast du denn ein konkretes Berufsziel?
Am liebsten möchte ich schon wieder im Kanton Graubünden oder zumindest in der Ostschweiz arbeiten. Hier ist mein Lebensmittelpunkt. Was den Job selbst betrifft, habe ich noch nicht so klare Vorstellungen. Es wird irgendetwas im Forstingenieurbereich sein. Ich weiss nicht, ob ich gleich am Anfang meinen Traumjob finden werde, aber mit der Zeit bestimmt. Wenn es menschlich passt, dann ist man im Forstbereich schnell in einem neuen Team integriert.
Anke Schütze ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der BHF-HAFL
Christoph Kummer ist PR Redaktor an der BFH-HAFL
BFH-HAFL – das einzige Vollstudium in Waldwissenschaften
Die Hochschule für Agrar, Forst und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen ist ein Departement der Berner Fachhochschule BFH. Die Hochschule vor den Toren Berns zählt über 900 Studierende, Dozierende und Mitarbeitende. Mit steigenden Studierendenzahlen ist in Zollikofen über die Jahre ein Campus mit ausgezeichneter Infrastruktur entstanden. Nachhaltigkeit ist für die BFHHAFL mehr als ein Modewort, sie bildet die Basis des Studiums, der Forschung und der Dienstleistungsprojekte. Der Bachelor an der BFHHAFL ist in der Schweiz das einzige Vollstudium in Waldwissenschaften. Neben fundierten
theoretischen Grundlagen erwerben die Studierenden das Wissen in unmittelbarem Bezug zur Praxis, zum Beispiel auf Exkursionen in der ganzen Schweiz, bei Fallstudien und während ihrer schriftlichen Arbeiten. Das bringt viel Abwechslung, Erfahrung fürs Berufsleben und eine hohe Akzeptanz bei den möglichen Arbeitgebern. Drei Vertiefungen stehen zur Auswahl: «Wald und Gesellschaft», «Gebirgswald und Naturgefahren» sowie «Wald und Holzwirtschaft».