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Die Verbreitung der Buche in Graubünden – eine Übersicht

Die vor allem in Nord- und Teilen Südbündens weit verbreitete Buche (Fagus sylvatica), auch Rotbuche genannt, ist vor der Esche die häufigste Laubbaumart im Kanton. Die Verbreitung erstreckt sich über etwas mehr als einen Zehntel der Waldfläche Graubündens und beschränkt sich dabei bisher auf tiefe bis mittlere Höhenlagen.

M. Vanoni

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Die Rolle der Buche in den Bündner Wäldern

Die Buche ist die häufigste Laubbaumart im Kanton, liegt aber gesamthaft betrachtet nach den noch häufigeren Nadelbaumarten Fichte, Lärche, Föhre, Weisstanne und Arve nur auf dem sechsten Rang der am häufigsten vorkommenden Baumarten. Nach Schätzungen und Hochrechnungen des Landesforstinventars (LFI4) stehen in Graubünden ab einem Brusthöhendurchmesser von 12 cm ungefähr 2,8 Millionen Buchen (±15%), was bei geschätzten 74 Millionen Bäumen (±3%) in den Bündner Wäldern ungefähr jeder 26. Baum ist. Die Buche ist in Graubünden von Nordbünden her bis in das Prättigau und die Surselva weit verbreitet. Auch in den an das Tessin angrenzenden Südtälern ist diese Baumart heimisch und dominiert in den mittleren Höhenlagen viele Bestände. In den fünf rätoromanischen Idiomen wird die Buche als fau oder fau verd (Sursilvan), fo (Sutsilvan), fo oder coller (Surmiran), fo (Puter) und fau (Vallader) bezeichnet, in Rumantsch Grischun heisst sie fau. Unbestritten ist die Wichtigkeit und Wirkung in vielen Schutzwäldern, wo der Buche als dominante Art eine wichtige Rolle zufällt. Während die Buche das Risiko von Steinschlag oder Rutschungen reduzieren kann, ist die Wirkung gegenüber Lawinen aufgrund der laubfreien Wintermonate jedoch geringer als diejenige von Nadelbäumen (Abb. 1). In der waldbaulichen Behandlung wird deshalb eine möglichst breite Baumartenmischung angestrebt. Für die Buche stehen in Graubünden keine spezifischen Artenförderungsprogramme bereit, die ausschliesslich auf die Förderung dieser Baumart abzielen. Dennoch kann im Rahmen des Programms zur Erhaltung und Förderung der Waldbiodiversität in Graubünden lokal auch die Buche gefördert werden. Im Waldentwicklungsplan WEP2018+ bestehen die Kategorien «spezielle Laubholzbestände ausserhalb Auen», «Lichter Wald», «Waldränder», sowie «Verzahnung Wald-Offenland». In vielen dieser Objekte stocken Buchen, die bei der konkreten Planung der Massnahmen vor Ort gefördert werden können. Durch die natürliche Dominanz auf mittleren Standorten ist dies aber oftmals nicht nötig, da sich die Buche meist in genügendem Ausmass von selbst verjüngen kann. Mit den in Graubünden neu eingeführten Verträgen für Habitatbäume besteht eine weitere Möglichkeit, wertvolle Einzelbäume langfristig zu sichern und zu erhalten. Durch ihre mächtigen Dimensionen und ihr Alter von mehreren Hundert Jahren können Buchen einen äusserst wertvollen Lebensraum bieten, der auch nach dem Absterben noch für verschiedenste Arten wie etwa den Alpenbock (Rosalia alpina) unersetzlichen Lebensraum bietet.

Die Verbreitung der Buche in den Bestandeskarten

In Graubünden werden für alle grösseren Waldeigentümer ab 40 Hektaren in regelmässigen Abständen Betriebspläne erstellt, in welchen detaillierte Bestandeskartierungen mit Angabe der Baumarten-Anteile (in 10%-Schritten) erarbeitet werden. Damit kann heute auf knapp 90 Prozent der Wald-

Abb. 1: Dichte Buchenbestände sind sehr wertvolle Wälder, die gegen Steinschlag schützen. Durch das viele Laub am

Boden ist die Gefahr von Nassschneerutschungen (Waldlawinen) sehr gross. (Bild: J. Hassler)

fläche eine ungefähre Abschätzung der Buchenvorkommen erfolgen. Für die nachfolgenden Beschreibungen der Verbreitung wurden sämtliche Bestände ausgewählt, in welchen die Buche erfasst wurde, unabhängig ob die betreffende Art nur als Einzelbaum oder bestandesbildend vorkommt. Bei den Aufnahmen gilt zu beachten, dass nur schlecht oder gar nicht zugängliche Bestände genauso wie unproduktive Flächen innerhalb des Waldareals oftmals nicht beschrieben werden. Auch sind Unsicherheiten bei der Ansprache im Feld nicht auszuschliessen. In den Bestandeskarten sind Buchen von Einzelvorkommen bis hin zu bestandesbildenden Vorkommen auf 23 563 Hektaren erfasst, was über 11% der Waldfläche entspricht. In 49% dieser beschriebenen Bestände sind Buchen sowohl im Altbestand als auch im Jungwuchs vorhanden, auf 39% der Flächen nur im Altbestand, und 11% der beschriebenen Buchen-Bestände weisen zum Zeitpunkt der Bestandesbeschreibung nur Buchen-Jungwuchs auf (Abb. 2). Das Vorkommen liegt in den Haupttälern Nordbündens (Rheintal, Prättigau) meist bis auf etwa 1400 m ü. M., je nach Lage auch noch etwas höher. Die Buche ist vor allem in der submontanen bis zur obermontanen Stufe eine wichtige Hauptbaumart, deren dominantes Vorkommen auch für die Abgrenzung zur hochmontanen Stufe verwendet wird. Sie kann aber krüppelförmig im Nebenbe-

Abb. 2: Bucheverbreitung im Kanton Graubünden nach Bestandeskarte.

(Karte: AWN)

stand oder in der Kraut- und Strauchschicht auch in höheren Lagen vorkommen. Die Hauptverbreitung zieht sich von der Bündner Herrschaft bis in das hinterste Prättigau, im Churer Rheintal talaufwärts und in das Schanfigg (bis etwa Tschiertschen), sowie in die Surselva bis ungefähr Sumvitg, mit Vorstössen in die grösseren Seitentäler Val Lumnezia und Safiental. In Mittelbünden dringt die Buche nur vereinzelt ins Domleschg vor, und stockt weiter mit Einzelvorkommen bis Andeer. Das Surses und Albulatal sind bis auf einen aufgeforsteten Bestand bei Filisur (noch) weitgehend Buchenfrei. Auf der Alpensüdseite stockt die Buche bis auf über 1700 m ü. M. deutlich höher. Sie ist vom Tessin her bis Cauco im Val Calanca und in der Mesolcina bis nach Cabbiolo verbreitet, kommt aber in kleinen Beständen bis nach Mesocco vor. Im Bergell ist ein Bestand mit einzelnen Buchen beschrieben, sowie im Puschlav einzelne Bestände bis Poschiavo. Im Unterengadin sind einzelne Buchen-Bestände rund um Scuol bekannt, und Einzel-Vorkommen sind auch aus der Val Müstair bekannt.

Die Zukunft der Buche in Graubünden

Gefährdet ist die Buche an heute besiedelten Standorten durch längere Trockenperioden, wie es in den Jahren 2018 und 2019 beobachtet werden konnte. Deutlich sichtbar wurden die Schäden vor allem im Schweizer Jura, wo grössere Buchenbestände abgestorben sind, wobei auch in Nordbün-

Abb. 3: Buchenwälder auf flachgründigen Böden, wie hier am Calanda bei Mastrils, vermögen unter diesen Umständen nicht genügend Feuchtigkeit aus den tieferen Bodenschichten zu fördern und sterben nach sehr heissen und trockenen

Perioden ab. (Bild: J. Hassler)

den gewisse Ausfälle verzeichnet wurden. Somit dürfte der Buchen-Anteil zukünftig auch in Nordbünden in den tieferen Lagen deutlich abnehmen, während diese Baumart aufgrund der anhaltenden Erwärmung in immer höhere Lagen vorstossen wird (Abb. 3). Limitierend dürften Trockenperioden sein, die zwar häufiger werden, aber eine weitere Ausbreitung nicht vollständig verhindern. Gefährdet ist die Buche weiter durch diverse einheimische sowie eingeschleppte Schädlinge, die bei geschwächten Bäumen oftmals keine grosse Gegenwehr mehr haben. Nicht zuletzt wird die Buche auch durch das Schalenwild gerne verbissen, kann sich aber in den meisten Fällen ohne Wildschadenverhütungs-Massnahmen in genügender Anzahl von selbst verjüngen und aufwachsen. Bei lokal sehr hohem Wilddruck wird aber die Verjüngung generell stark verzögert, was auch für die Buche zutrifft.

Dr. Marco Vanoni leitet den Bereich Schutzwald & Waldökologie an der Zentrale des Amts für Wald und Naturgefahren in Chur.

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch

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