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Der Borkenkäferspürhund – wertvolle Hilfe im Wald
BoDogs ist eine in Österreich und Deutschland aktive Arbeitsgemeinschaft aus Förstern, Biologen und Hundetrainern. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Hunde zur Suche nach Borkenkäfern auszubilden beziehungsweise die fachlichen Grundlagen für deren Einsatz zu schaffen.
Dr. Leopold Slotta-Bachmayr
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Bei den Borkenkäfern gibt es viele verschiedene Arten, die sich auf eine bestimmte Baumart spezialisiert haben. Im Fall der Fichte sind es zwei Borkenkäfer, die uns interessieren. Der etwas grössere Buchdrucker, der die grobborkigen Bereiche des Fichtenstamms befällt, und der kleinere Kupferstecher, der in erster Linie in dickeren Ästen oder im Wipfelbereich zu finden ist. Ist eine Fichte geschwächt, dann kann sich ein Borkenkäfermännchen durch die Rinde bohren und dort eine sogenannte Rammelkammer anlegen. Mit Hilfe von Duftstoffen, sogenannten Pheromonen lockt das Männchen sowohl andere Männer an, die ihm beim Überwältigen der Fichte helfen, als auch Weibchen, mit denen sich das Männchen in der Rammelkammer paart. Wenn für weitere Käfer kein Platz mehr auf der Fichte vorhanden ist, dann senden sie ein anderes Pheromon aus, das Neuankömmlingen mitteilt, sie möchten sich doch auf einer Nachbarfichte ansiedeln. Die beteiligten Pheromone sind artspezifisch, damit die Männchen nicht die falschen Weibchen anlocken oder Borkenkäfer zur Fichte kommen, die mit dieser Baumart nicht zurechtkommen. Besonders die Kommunikation mit Duftstoffen der Borkenkäferarten Buchdrucker und Kupferstecher ist sehr gut untersucht. Man kann diese Duftstoffe künstlich herstellen, und sie werden beim Monitoring dieser Arten verwendet, indem man die Käferfallen mit den Pheromonen bestückt. Aber gerade diese Duftstoffe ermöglichen auch den Einsatz der Hunde.
Früherkennung dank feinstem Geruchssinn
Die Nase des Hundes ist ein fantastisches Sinnesorgan, dessen Leistung der Nase des Menschen millionenfach überlegen ist. Heute wird der feine Geruchssinn der Hunde nicht nur zur Suche nach Menschen oder Wildtieren, sondern auch zum Aufspüren von Geldscheinen, Datenträgern sowie für die Suche nach Kadavern, Kot von Wildtieren und den Tieren selbst eingesetzt. Letztendlich kann der Hund alles was riecht nicht nur finden, sondern auch sehr genau identifizieren. Für die Suche nach dem Borkenkäfer müssen die Hunde also zu Beginn einer Ausbildung die «Borkenkäfersprache» lernen. Das heisst, sie lernen die Pheromone des Buchdruckers kennen und sollen diese dann suchen. Da dieser Geruch zu Beginn einmal keine Bedeutung für den Hund hat, wird der Geruch der Pheromone mit Futter oder einem Spielzeug verknüpft, das der Hund dann erhält, wenn er diesen Geruch aufgespürt hat. Hat der Hund den Geruch einmal kennengelernt, muss er auch noch eine sogenannte Anzeige lernen, ein Verhalten, mit dem er uns zeigt, dass er etwas gefunden hat. Dazu kann sich der Hund am Baum aufstellen, den Baum anbellen, zwischen Baum und Mensch hin und her pendeln oder sich einfach vor den Baum setzen. Wie der Hund seinen Fund anzeigt, ist im Endeffekt völlig egal. Wichtig ist, dass der Mensch erkennt, dass der Hund etwas gefunden hat. Für diese Arbeit eignen sich besonders sehr arbeitsfreudige Hunderassen, die einen guten Geruchs
Sarek hat gelernt, sich am Baum aufzustellen und so zu zeigen, dass er etwas gefunden hat.
(Bild: Bea Maas)
sinn haben. Dabei ist die Arbeitsfreude viel wichtiger als die Nasenleistung, da die Borkenkäfer für Hunde relativ leicht zu finden sind. Dazu kommt, dass der Hund bei der Arbeit im Wald jagdlich nicht übermässig motiviert sein sollte, da eine Ablenkung durch Hase, Reh oder Hirsch den Sucherfolg des Hundes, was den Borkenkäfer betrifft, doch deutlich herabsetzen kann. Aber warum braucht man jetzt einen Hund, da man Borkenkäferbefall ohnehin anhand des Bohrmehls, der Harztropfen am Stamm, der Bohrlöcher oder durch die Spechtspuren einwandfrei feststellen kann? Das ist im Prinzip schon richtig, aber einer der wesentlichen Vorteile des Hundes besteht darin, dass er einen Borkenkäferbefall schon feststellen kann, wenn äusserlich noch keine Zeichen vorhanden sind. Mit Hilfe des Hundes ist es also möglich, die Fichten zu finden, in denen der Borkenkäfer überwintert. Dazu sucht man mit dem Hund den Wald im Spätwinter oder im frühen Frühjahr ab. Zu einer Zeit, in der die Lufttemperatur noch unter 16°C liegt und der Borkenkäfer noch nicht aktiv ist. Findet der Hund in diesem Zeitraum einen vom Borkenkäfer befallenen Baum, kann man die Massenvermehrung nicht nur in ihrer Entstehung stark bremsen, es besteht auch kein unmittelbarer Handlungsbedarf, da der Käfer noch nicht aktiv ist. Man hat also ausreichend Zeit, Personal zum Fällen des Baumes sowie zum Abtransport des Stammes zu organisieren. Im Sommer, wenn der Käfer voll aktiv ist, muss man viel schneller reagieren während man im Frühjahr ausreichend Zeit hat und warten kann, bis eine grössere Anzahl von Bäumen zu fällen ist, beziehungsweise ausreichend Holz gelagert wurde, dessen Abtransport dann auch ökonomisch sinnvoll ist.
Trefferquote von bis zu 90%
Dann stellt sich allerdings die Frage: Wie gut sind die Hunde wirklich am Ende des Tages? Versuche der Fachhochschule in Weihenstephan haben bereits 2005 gezeigt, dass die Hunde einwandfrei und sicher in der Lage sind, vom Borkenkäfer befallene Bäume zu identifizieren, dazu reichen auch geringste Bohrmehlreste. Schwedische Wissenschaftler konnten ausserdem zeigen, dass die Hunde die verschiedenen Pheromone des Buchdruckers mit über 90%iger Sicherheit von anderen Pheromonen unterscheiden können. Das eröffnet unter anderem die Möglichkeit, Hunde nicht nur auf Borkenkäfer zu trainieren, die für die Fichte relevant sind. Es ist auch möglich, Hunde auf andere Borkenkäferarten zu trainieren, die sie sicher und artspezifisch finden können. Die schwedischen Kollegen konnten weiters zeigen, dass Hunde vom Borkenkäfer befallene Bäume aus einer Distanz von bis zu 150 Meter erkennen und auffinden können. Damit bleibt noch die Frage, wie schnell und wie sicher die Hunde Käferbäume finden können. Erfahrungen aus Suchen in Österreich haben gezeigt, dass in einem einfachen Gelände mit wenig oder keinem Unterwuchs, der Hund eine Fläche von bis zu 10 Hektaren pro Stunde absuchen kann. Sind die Hunde gut ausgebildet, dann finden sie in dieser Fläche bis zu 90% der befallenen Bäume, wobei es für die Hunde kein Problem ist, den befallenen Baum stammgenau anzuzeigen. Handelt es sich bei dem Befall allerdings um ein Käfernest, wird die Sache ein wenig komplizierter. Im Käfernest steht der Hund in einer riesigen Geruchswolke aus Pheromonen und kann keine bestimmte Geruchsquelle ausmachen. Er muss also lernen, sich zu entscheiden und entweder irgendeinen Baum in dieser Geruchswolke anzuzeigen oder sich an den Rand der Wolke vorzuarbeiten, um dann anzuzeigen. In diesem Fall kommt dann der Mensch zum Einsatz, der die Bäume in diesem Bereich optisch kontrolliert und damit das Ausmass des Käfernests feststellen kann. Theoretisch wäre es auch noch möglich, nach Entfernen der Käferbäume diese Massnahme mit dem Hund zu kontrollieren, um zu sehen, ob wirklich alle befallenen Bäume entfernt wurden. Dazu gibt es allerdings noch keine Erfahrungen. Ein weiterer wesentlicher Vorteil, der in erster Linie bei der Kontrolle von Schutzwäldern zum Tragen kommt, ist die ausgezeichnete Geländegängigkeit des Hundes. In steilen Hanglagen, in denen ein Begehen mit Gefahren verbunden ist, kann der Hund ein wertvoller Helfer sein, der diesen Bereich absucht. Erst wenn er etwas gefunden hat, muss sich der Mensch zum Käferbaum vorarbeiten, wodurch eine mögliche Absturzgefahr minimiert wird.
Man rechne
Am Ende sprechen dann die Kosten für sich. Die Erfahrungen zeigen, dass ein menschlicher Absucher etwa 60% der befallenen Bäume findet und für einen Hektar Fichtenforst etwa eine Stunde braucht. Dem gegenüber steht ein Borkenkäfersuchhundeteam, das etwa 90% der befallenen Fichten findet und bis zu 10 Hektaren pro Stunde absuchen kann. Und auch wenn man für das Suchhundeteam einen etwas höheren Stundensatz veranschlagt, belaufen sich die Gesamtkosten am Ende nur auf etwa 75% eines menschlichen Absuchers. Auch wenn es am Anfang ein wenig skurril erscheint, Hunde zur Suche nach Borkenkäfern einzusetzen, so macht es am Ende sogar ökonomisch Sinn. Eines muss allerdings klar sein, der Hund ist keine Wunderwaffe im Kampf gegen den Borkenkäfer. Aber er ist ein Puzzleteil, das helfen soll, die vom Borkenkäfer im Wald verursachten Schäden so gering wie möglich zu halten.