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durch Freizeitaktivitäten

Veränderungen von Lebensgemeinschaften durch Freizeitaktivitäten

Erholungsaktivitäten in der Natur und im Wald sind sehr beliebt. Damit einhergehen oftmals Beeinträchtigungen von Lebensräumen und Lebensgemeinschaften. Dieser Artikel erläutert diese Aspekte im Allgemeinen und anhand von drei Fällen.

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Dr. Kirsten Edelkraut, Prof. Dr. Reto Rupf, Benjamin Sigrist

Entwicklungen von Freizeitaktivitäten und deren resultierenden Beeinträchtigungen

Die Schweizer Bevölkerung treibt immer mehr Sport – zwar ist der Anteil der sportlich inaktiven Menschen seit 1978 einigermassen gleichgeblieben, jedoch haben die Anzahl und Dauer der Aktivitäten der sportlich Aktiven deutlich zugenommen (Lamprecht et al. 2014). Immer mehr Menschen betreiben Sport auch in der freien Natur. So zählen Wandern, Velofahren, Schwimmen und Skifahren zu den beliebtesten Sportarten. Damit nimmt auch der Druck auf Erholungs- und Waldgebiete zu, nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich. Dies hat direkte und indirekte Auswirkungen auf den Naturhaushalt (Tabelle 1). Pickering und Hill (2007) beschreiben allgemeine Eigenschaften, welche obige negativen Effekte von Freizeitaktivitäten besonders begünstigen: –intensive Nutzungen (laut, schnell, grosse

Anzahl Besucher und so weiter) –zeitlich lange Störungen –grosse Gebiete beeinflussend

Effekt Boden Vegetation Wildtiere Landschaft Infrastrukturen

Direkt Bodenverdichtungen Verlust von VegeAuslösen von Lichtemissionen Wegschäden mit tation Flucht Erosionsfolgen Direkt Bodenfreilegung Reduktion der Einschränkungen Bildung neuer Wuchshöhe (qualitativ und («wilder») Wege quantitativ) des Lebensraums Direkt Bodenerosion Verschiebungen im Verringerung der Artenspektrum Artenvielfalt Direkt Gestörte Bodenfauna Reduktion der Schwächung der Artenvielfalt Fitness und Reproduktion Direkt Beschädigungen an Pflanzen Indirekt Verbiss an Pflanzen Zerschneidung Ausbau von Vervon Habitaten kehrsflächen und anderen Infrastrukturanlagen Indirekt Reduktion des Zurückgelassene Bruterfolgs bei Abfälle Bodenbrütern

Tabelle 1: Direkte und indirekte Beeinträchtigungen der Natur durch Freizeitaktivitäten (Wandern, Mountainbiking, Rupf [2015] und Ingold [2005]).

Abbildung 1: Tageszeitliche Verläufe der Bewegungsaktivität der Rehe, exemplarisch für den Sommer (1.Juni–31.August). Bewegungsaktivität der besenderten Rehe im gesamten Untersuchungsgebiet (Säulen) beziehungsweise separat für

Bereiche mit niedriger und hoher menschlicher Nutzungsintensität (Linien). (Quelle: Graf et al. 2018)

–Störungsempfindlichkeit der Lebensräume sowie

Tier- und Pflanzenarten –nicht wiederherstellbare Lebensräume oder gefährdete Lebensräume und Arten

Fall 1 – Erholungsaktivitäten in agglomerationsnahen Wäldern

Häufig werden Veränderungen der Lebensraumbedingungen für Wildtiere und damit Veränderungen im Verhalten der Wildtiere beobachtet, welche auf Störungen durch Freizeitnutzungen zurückzuführen sind (Ingold 2005). So konnten Graf et al. (2018) in einer Studie mit 15 besenderten Rehen feststellen, dass in agglomerationsnahen Waldgebieten die Bewegungsaktivitäten der Rehe mit grossem Besucher aufkommen deutlich kleiner sind als in Gebieten mit geringem Besucheraufkommen (Abbildung 1). Ebenfalls wurde in dieser Studie beobachtet, dass Rehe grundsätzlich die Nähe von Waldstrassen und Wegen mieden. So näherten sich die Tiere am Tag den Waldstrassen bis maximal 25 m (Abbildung 2). Diese Distanz wurde in der Nacht kleiner und lag immer noch bei 10m (Graf et al. 2018). Die beobachteten Fluchtdistanzen waren bei Störungen ausserhalb des Wegnetzes deutlich grösser, als wenn sich die Erholungsuchenden auf den Wegen aufhielten. Ähnliche Verhaltensweisen konnten auch bei Brutvögeln beobachtet werden.

Fall 2 – Winteraktivitäten im Wald

Freizeitaktivitäten im Winter haben insbesondere im Wald einen sehr starken, negativen Einfluss auf Wildtiere. Viele Wildtiere verharren in einer Art Winterruhe und suchen dafür geschützte Orte auf. Diese

befinden sich häufig im Wald. Werden die Tiere durch Freizeitsportler gestört, führt dies in den meisten Fällen zu schreckartigen Fluchtmanövern, bei denen die T iere wertvolle Energie verlieren, welche mangels Futterangebot nur schlecht wieder kompensiert werden kann. Winterquartiere verlieren somit durch menschliche Aktivitäten ihre Qualität. In einer grossen Studie in der Val Müstair wurden während zweier Winter GPS-Daten von Wintersportlern (Tourenski und Schneeschuhe) aufgezeichnet und die Tracks mit den Kernlebensräumen für Auerhühner überlagert (Rupf et al 2011). Zahlreiche dieser Routen führten durch die Kernlebensräume, insbesondere auch intensiv genutzte Routen (Abbildung 3). Die Gemeinde hat nun reagiert und durch forstliche Eingriffe einen Korridor für Wintersportler geschaffen. Dieser deckt sich mit einem Bereich, welcher als intensiv genutzte und offizielle Route aufgezeichnet wurde. Die Akzeptanz dieses Korridors durch Wintersportler sowie die Schutzwirkung innerhalb der Auerhuhnschutzgebiete werden in den nächsten Jahren durch ein entsprechendes Monitoring kontrolliert.

Fall 3 – Schutz des Lebensraums

Wie in anderen Bergregionen wird auch im Ober engadin der Sommertourismus immer wichtiger. Zunehmend boomt neben dem Wandern auch das Mountainbiken. In der Folge wird in stark

Abbildung 2: Aufenthaltsräume von Rehen in Abstand von Strassen und Wegen (Graf et al. 2018). Ein positiver IVLEV-Index zeigt eine Bevorzugung an, ein negativer Index eine Meidung der Gebiete in Strassennähe.

Abbildung 3: Wintersportaktivitäten in einem Auerhuhn-Kernlebensraum am Piz Dora, Val Müstair. Die Intensität der

Störung ist farblich hinterlegt (orange = intensiv). (Quelle: Rupf et al. 2011)

frequentierten Gebieten die Entstehung «wilder Pfade» beobachtet – ein Resultat von Ausweichmanövern oder Abkürzungen beziehungsweise der Suche nach interessanten Trails. Dies mag für die Waldgesellschaften (Hauptwaldgesellschaft sind hier die Lärchen-Arven-Wälder in verschiedenen Ausprägungen) grundsätzlich keine Veränderung bedeuten, kleinflächig jedoch sind Veränderungen offensichtlich, unter anderem offener Boden und freigelegte Wurzeln, Erosion, lokal veränderte Vegetation und so weiter. Um diesen Prozessen entgegenzuwirken, wurden in einem Wald oberhalb der Station Morteratsch/Pontresina Wege neu- und zurückgebaut mit dem Ziel, die Besucher auf diese Wege zu lenken und die anderen Waldgebiete für den Schutz des Auerwilds zu schonen. Erste Erkenntnisse zeigen ein klares Bild: Die attraktive Abfahrtsstrecke wird von Mountainbikern gern gefahren, der Aufstieg bereitet in der gemeinsamen Nutzung mit Wanderern keine Probleme (die meisten müssen stossen) und der Genusswanderer bewegt sich auf einer neu erstellten Promenade mit Aussichtspunkten entlang der Ova da Bernina. Somit konnten einerseits die zahlreichen wilden Pfade erfolgreich zurückgebaut und andererseits der Besucherverkehr im Wald auf die drei definierten Wege reduziert werden (Abbildung 3). Als ein weiterer Effekt werden entlang von Wegen häufig gebietsfremde Pflanzenarten beobachtet, welche beim Wegbau oder durch die Nutzung unabsichtlich eingetragen werden. Meist können sich diese jedoch aufgrund des grossen Konkurrenzdrucks

Abbildung 4: Neu gebauter Trail und zurückgebauter Abschnitt (Bildmitte) im God Chapütschöl. Hier funktioniert die Besucherlenkung zur Schonung des Waldes und der Wildbestände durch ein attraktives Wegangebot sehr gut. Der Lebensraum konnte durch den Rückbau mit lokalem Boden- und Pflanzenmaterial wiederhergestellt werden.

durch die Waldvegetation nur an gestörten Stellen, also an den Wegen und Wegrändern, halten.

Fazit

Der Lebensraum Wald ist aufgrund seiner Grösse gegenüber Störungen durch Freizeitnutzungen wie Wandern oder Mountainbiken meist nicht direkt gefährdet. Floristisch gesehen verändert sich der Lebensraum Wald aufgrund von Wegen oder Pfaden als Ganzes nicht. Allerdings bieten gestörte Stellen für unerwünschte Arten eine Ansiedlungsmöglichkeit. Auch kleinflächig lassen sich Veränderungen der Artenzusammensetzung beobachten, im Extremfall bis zu einem Verlust der Vegetation. Bei kleinräumiger Betrachtung sind Veränderungen in der Artenzusammensetzung bis Verlust der Vegetation erkennbar. Für Wildtiere, welche natürlicherweise störungsempfindlich sind, bedeuten diese Aktivitäten jedoch grosse Veränderungen ihres Lebensraums als Nahrungs-, Ruhe-, Reproduktions- oder Überwinterungshabitat. Solche Beeinträchtigungen können durch geeignete Lenkungsmassnahmen oftmals minimiert werden. Damit die Lenkungsmassnahmen mit Infrastrukturen, zum Beispiel Wegen, greifen, muss – neben der grösstmöglichen Schonung der Wildtiere – auch auf die Attraktivität für die Freizeitnutzer geachtet werden. Schliesslich sind in gewissen Bereichen auch Verbote mit begleitender Kommunikation und Kontrolle angezeigt. Durch fachgerechten Neubau und Rückbau können einerseits qualitativ gute Wege gebaut und andererseits nicht mehr benötigte Abschnitte mit der lokalen Vegetation renaturiert werden.

Literatur

Ingold P 2005. Freizeitaktivitäten im Lebensraum der Alpentiere. Bern: Haupt Verlag. Lamprecht M, Fischer A, Stamm H 2014. Sport Schweiz 2014. Sportaktivität und Sportinteresse der Schweizer Bevölkerung. Magglingen, Bundesamt für Sport BASPO. Graf R F, Signer C, Reifler-Bächtiger M, Wyttenbach M, Sigrist B, Rupf R 2018. Wildtier und Mensch im Naherholungsraum. Swissacademies factsheet. Vol 13. Nr. 2 Pickering C M, Hill W 2007. Impacts of recreation and tourism on plants in protected areas in Australia, CRC for Sustainable Tourism Gold Coast, Qld. Rupf R, Wyttenbach M, Köchli D, Hedinger M, Lauber S, Ochsner P und Graf R F 2011. Assessing the spatio-temporal pattern of winter sports activities to minimize disturbance in capercaillie habi tats. Eco.mont, Vol. 3, No. 2, pp 23–32. Rupf R 2015. Planungsinstrumente für Wandern und Mountainbiking in Berggebieten – unter besonderer Berücksichtigung der Biosfera Val Müstair. Nationalpark-Forschung in der Schweiz. Bern: Haupt Verlag.

Dr.Kirsten Edelkraut ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW und Stv. Geschäftsführerin der Firma Eco Alpin SA. Prof.Dr.Reto Rupf ist Leiter des Zentrum Ecosystems & Biodiversity am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW. Benjamin Sigrist ist wissenschaftlicher Assistierender am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen der ZHAW.

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Bikesport und Walderhaltung – Ansatz für eine waldrechtliche Regelung

Der Bikesport ist ein wichtiger Teil des touristischen Sommerangebots im Kanton Graubünden. Nebst der Doppelnutzung (Koexistenz) von bestehenden und dem Bau von neuen Wegen sind konzentrierte, abfahrtsorientierte Anlagen wie zum Beispiel Bikeparks im näheren Umfeld von Bergbahnen im Trend. Betreffend die erforderlichen forstrechtlichen Regelungen für konzentrierte Bikeanlagen im Wald gibt es in der Schweiz wenige Beispiele, sodass neue Lösungsansätze gefragt sind.

Ueli Eggenberger, Claudia Bieler

Ein mögliches Vorgehen bei der Planung und beim Bau neuer Bikestrecken ist im Handbuch «GraubündenBIKE» und im Positionspapier «Mountainbiking, Natur- und Landschaftsschutz» verschiedener Umweltverbände festgehalten. Grossanlässe wie beispielsweise eine Weltmeisterschaft dienen als Motor für die Weiterentwicklung einer (Bike-)Destination. Das gilt auch für die Mountainbike-WM auf der Lenzerheide (Abbildung 1 und 4), welche im September 2018 während fünf Wettkampftagen über 65 000 Zuschauer begeistert hat. Was ein Grossanlass, der teilweise im Wald stattfindet, für den Forstdienst bedeuten kann, beleuchtet der Abschnitt C «Grossanlässe im Wald am Beispiel Bike-WM Lenzerheide» weiter unten.

Lösungsansatz Lenzerheide zur Bewilligung von Bikeinfrastrukturen im Einflussbereich von Transportanlagen

Rund um die Talstation der Rothornbahn und im Gebiet zwischen der Mittelstation Scharmoin und der Talstation besteht eine Bikeanlage mit attraktiven Downhill- und Crosscountrystrecken, die entsprechend vermarktet werden. Der direkte Zusammenhang mit der Bergbahn bedingt aufgrund der sehr hohen Besucherfrequenzen erhöhte Anforderungen an den Bau und Unterhalt der Downhillstrecken. Um die Attraktivität der Anlage zu erhalten und den aktuellen Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden, sind kontinuierliche Massnahmen an den Strecken notwendig. Im Einflussbereich der Bikeinfrastrukturen befindet sich ein Waldgürtel, durch welchen bereits die Seilbahn und die Wintersportpisten verlaufen. Mit der Entwicklung des Bikesports entstanden in den letzten Jahren neue Nutzungsansprüche an diese Waldfläche. Nebst der Nutzung der Seilbahnschneise und der Skipisten gab es für den Bau von Biketrails neue Projekte im bisher noch nicht beanspruchten Waldareal. Die zusätzliche Bikenutzung führt zwangsläufig ganzjährig zu einer intensiveren Beanspruchung des Waldes mit den entsprechenden Störungen. Der Bikesport ist auf der Lenzerheide etabliert, die touristische Vermarktung und das Angebot sind weit fortgeschritten und mit diversen Bikeevents erreicht die Destination einen hohen Stellenwert im umkämpften Markt. Aufgrund fehlender Erfahrungen bei der Genehmigung der verschiedenen Anliegen (Trailbau und Events) musste eine geeignete Lösung zur Regelung der Waldbeanspruchung entwickelt werden. Eine geregelte und bewilligte Infrastruktur mit entsprechender Planungssicherheit ist für eine Destination, die den Bikesport als strategischen Schwerpunkt festgelegt hat, sehr wichtig.

Mountainbike-WM 2018 auf der Lenzerheide.

A. Nutzungsplanung

Als Leitverfahren für die waldrechtlichen Regelungen dienten die bewährten raumplanerischen Verfahren. Üblicherweise werden Bikestrecken im Rahmen einer Ortsplanungsrevision in einen generellen Erschliessungsplan integriert und anschliessend kann im Verfahren für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen (BAB-Verfahren) der Bau genehmigt werden. Da die Downhillstrecken im Bikepark Lenzerheide eine hohe Dynamik und Dichte aufweisen, erwies sich der übliche Ansatz mit Aufnahme in den Generellen Erschliessungsplan als zu starr. Daher wurde eine überlagernde Bikezone in der Nutzungsplanung festgehalten, die waldrechtlich mit einer nachteiligen Nutzung gestützt auf

(Bild: Piotr Staron, LMS)

Art. 16 WaG geregelt wurde. Zusätzlich wurde ein entsprechender Artikel zu dieser Bikezone ins kommunale Baugesetz aufgenommen. Darin ist festgehalten, dass innerhalb der Bikezone Bauten und Anlagen für die Ausübung von Aktivitäten im Bereich des Mountainbikesports wie beispielsweise Freeridestrecken oder Skill-Areas zulässig sind. Weiter gilt, dass die bestehende sowie die zukünftige Bestockung sicherzustellen sind und zwecks Erhalt des Bestockungsgrads bei Bedarf geeignete Massnahme getroffen werden müssen. Beispielsweise dürfen Verjüngungskegel nicht durch touristische Aktivitäten beeinträchtigt werden. Im Rahmen der Ausscheidung dieser Bikezone wurden auf dem übrigen Gemeindegebiet insgesamt

Räumung Schlagabraum und Arbeiten am Biketrail.

vier Gebiete als Wald- und Wildschonzonen festgelegt. Diese Gebiete werden vor touristischen Einflüssen und weiteren Störungen geschützt und dadurch beruhigt. Dadur ch kann für die Wildtiere ein Ausgleich zur intensiveren Nutzung und vermehrten Störung innerhalb der Bikezone geschaf fen werden.

Nachteilige Nutzung

Um sicherzustellen, dass die nachteilige Nutzung für den Wald verträglich bleibt und auch in Zukunft nicht einem Rodungseingriff gleichkommt, hat die Gemeinde Vaz/Obervaz als Planungsträge

(Bild: AWN)

rin mit dem Grossteil der betroffenen Waldeigentümer Wald-Servitutsverträge abgeschlossen. Die Wald-Servitutsverträge bezwecken die langfristige Erhaltung der Waldbestockung im Zusammenhang mit dem Betrieb der Bikezone. Im Vertrag wird festgehalten, dass das Waldgebiet weiterhin der forstrechtlichen Gesetzgebung unterstellt ist und der Baumbestand vor Verletzungen an Stamm und Wurzeln geschützt werden muss beziehungsweise das Befahren des Waldes ausserhalb der festgelegten Linienführungen nicht zulässig ist. Weiter wird geklärt, wie neue Anlagen und Einrichtungen

rechtlich behandelt werden, welche Baubewilligungsverfahren notwendig sind und wer für die Kosten der Holzerei- und Verjüngungsmassnahmen aufkommt.

Grundeigentümer

In den meisten Fällen sind in Graubünden die politischen Gemeinden und die Bürgergemeinden Eigentümer des von touristischen Vorhaben betroffenen Waldes. Im vorliegenden Fall sind neben den Erwähnten auch viele private Waldeigentümer betroffen. Das führte sowohl beim Einholen der Zustimmungen zu den nachteiligen Nutzungen als auch bei der Genehmigung der Bikezone zu Schwierigkeiten. Den Aspekten des Eigentums ist beim vorliegenden Lösungsansatz daher speziell Beachtung zu schenken. Es kann bei zukünftigen Vorhaben relevant sein, dass Linienführungen mit möglichst wenig Beanspruchung von Privatwald umgesetzt werden. Ohne Zustimmung der Wald eigentümer kann und soll keine Bikestrecke im Wald gebaut werden.

B. BAB/temporäre Rodungen

Fallweise wird für den Neubau von Freeride strecken innerhalb der Bikezone neben der BAB- Bewilligung

Frisch gebauter Biketrail auf der Lenzerheide.

(Bild: AWN)

Mountainbike-WM 2018 auf der Lenzerheide.

zusätzlich eine temporäre Rodungsbewilligung verlangt. Werden nämlich grössere Terrainveränderungen vorgenommen oder North-Shore-Elemente (Holzbrücken zum Schutz des Waldbodens) eingebaut, können diese Massnahmen über diejenigen einer nachteiligen Nutzung gemäss Art. 16 WaG hinausgehen. Dann wird zusätzlich eine temporäre Rodung verlangt, wobei als Rodungsersatz auch Verjüngungsmassnahmen im angrenzenden Waldareal verlangt werden können. Im Servitutsvertrag zur nachteiligen Nutzung ist zum Beispiel aufgelistet, unter welchen Voraussetzungen (innerhalb der Bikezone) Teile von bestehenden Strecken ohne zusätzliche Rodungsbewilligungen verlegt werden können:

(Bild: Piotr Staron, LMS)

–Flächengleicher Abtausch (Bilanz) –Umlagerung Erdmaterial (Rückbau der alten

Linienführung) –Stützpunktpflanzungen mit Schutz gemäss

Vorgaben des AWN –Absperrung der alten Linienführung Die Regelungsdichte ist auf das konkrete Vorhaben abzustimmen. Es ist wichtig zu erwähnen, dass nicht jeder Biketrail die Regelungsdichte des Beispiels Lenzerheide benötigt. Als wichtige Minimalanforderung ist ein Verfahren mit öffentlicher Auflage zu nennen, bei dem sich interessierte Parteien und Ämter einbringen können. Nicht zu vergessen ist, dass es Grundeigentümer gibt, die informiert werden und ihre Zustimmung geben müssen. Es

bestehen auch in touristisch intensiv genutzten Gebieten verschiedene Akteure, die unterschiedliche Vorstellungen über die Nutzung eines Waldgebiets haben. Im Positionspapier der Umweltverbände wird beispielsweise festgehalten, dass die gemeinsame Nutzung (Koexistenz) von Weginfrastruktur die umwelt- und landschaftsschonendste Lösung ist und daher durch die Gesuchsteller, wenn immer möglich, angestrebt werden soll. Beim Bau von neuen Pisten soll darauf geachtet werden, dass bei der Realisierung eine naturverträgliche Umsetzung und eine gute Integration in die Landschaft angestrebt wird. Aus forstlicher Sicht sind vor allem Abkürzungen und das «wilde» Befahren von Waldareal unbedingt zu verhindern. Die Betreiber von Bikeanlagen, die Waldeigen tümer oder die Destinationen müssen mit geeigneten Massnahmen dafür sorgen, dass Abkürzungen so rasch als möglich unzugänglich, unattraktiv und zurückgebaut werden. Mit der Kampagne «Fairtrail» bemühen sich verschiedene touristische Leistungsträger und die Abteilung Langsamverkehr des Tiefbauamts Graubünden einerseits um einen respektvollen Umgang von Wanderern und Bikern und andererseits um die Besucherlenkung auf den bestehenden Anlagen.

C. Grossanlässe im Wald am Beispiel

Bike-WM Lenzerheide

Vom 5. bis 9. September 2018 fanden in Lenzerheide die UCI Mountainbike Weltmeisterschaften statt. Insgesamt wurden auf den dafür bereitgestellten Rennstrecken elf verschiedene Rennformate ausgetragen. Der Grossanlass übertraf die Erwartungen der Veranstalter und wurde an den fünf Wettkampftagen von 65 000 Leuten besucht. Gemäss Art. 35 des kantonalen Waldgesetzes sind Veranstaltungen im Wald bewilligungspflichtig. Die Regierung hat gestützt auf diese gesetzliche Grundlage eine Richtlinie für die Durchführung von organisierten Veranstaltungen im Wald erlassen. Darin wird festgehalten, dass das Amt für Wald und Naturgefahren bei organisierten Veranstaltungen angehört werden muss. Bewilligungsbehörde für solche Grossanlässe im Wald ist die Standortgemeinde. Im Fall der Mountainbike-WM funktionierte die Zusammenarbeit zwischen Veranstalter, Gemeinde Vaz/Obervaz und dem Amt für Wald und Naturgefahren aufgrund langjähriger Erfahrungen der vorgängigen Anlässe gut. Aus forstlicher Sicht ist es wichtig, dass diverse Auf lagen gemacht werden können und durch die Bewilligungsbehörde auch gestützt werden. In der forstlichen Stellungnahme wurden Fragen betreffend temporären Campinganlagen, Waldbeanspruchung durch Infrastrukturanlagen wie Kühlwagen oder Sammelstellen oder die Thematik rund um das Feuerverbot vorgängig geklärt. Die Linienführungen der Rennstrecken haben sich aufgrund der Durchführung von Weltcups in den vorherigen Jahren bewährt. Der Verband «Union Cycliste Internationale» (UCI) fordert von den Veranstaltern trotzdem jährlich kleine Anpassungen an den Strecken. Dadurch soll die Attraktivität für die Zuschauer und die Athleten gesteigert werden. Aus forstlicher Sicht sind solche Anpassungen problematisch und können nur dann bewilligt werden, wenn die «Eventstreckenführung» im Normalbetrieb durch den Betreiber zielführend abgesperrt und dadurch nicht nutzbar wird. Die Ferienregion Lenzerheide führt viele Veranstaltungen durch. Jährlich finden diverse Bikerennen, der Zauberwald oder Grossanlässe mit Ski-, Langlauf- oder Biathlonschwerpunkt statt und beanspruchen unterschiedlich lange und intensiv Waldareale. Der Wald ist in diesem Gebiet aufgrund der Verzahnung innerhalb der Siedlungen allgegenwärtig und deshalb ist eine gute Absprache und Zusammenarbeit zwischen Bewilligungsbehörde (Gemeinde), Veranstalter und Forstdienst zentral. Aus forstlicher Sicht sind Grossanlässe im Wald dann vertretbar, wenn die Verantwortlichen für die jeweilige Veranstaltung die Wichtigkeit und Sensibilität des Ökosystems Wald verstanden ha

ben und auch entsprechend planen und handeln. Wo es sinnvoll und möglich ist, müssen Massnahmen zum Schutz der bestehenden Verjüngung wie Absperrungen oder Pflanzungen getroffen werden. Die Veranstalter müssen dafür sorgen, dass die vor Ort arbeitenden Personen diese Sensibilität ebenfalls aufbauen und durch ihr Handeln die häufig lange und intensive Vorarbeit bis zur Bewilligung nicht mit einer unüberlegten Aktion zerstören. Unsorgfältige Auf- oder Abbauarbeiten können viel Schaden am bestehenden Baumbestand anrichten und führen dazu, dass an diesem Standort bei der nächsten Anfrage keine Bewilligung mehr erteilt werden kann. Mit der Durchführung von grossen Events wird der Wald erlebbar gemacht und auch von Personen besucht, die sonst keinen direkten Bezug für dieses Ökosystem haben. Im neuen Waldentwicklungsplan wird erwähnt, dass Aktivitäten im Wald einen positiven Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Besuchern haben. Es wird weiter festgehalten, dass Besucher die vielfältigen Lebensräume und Waldlandschaften schätzen. Es ist die Aufgabe der Veranstalter in Zusammenarbeit mit dem Forstdienst und den Grundeigentümern solche Grossanlässe im Wald mit der notwendigen Sorgfalt zu planen und durchzuführen. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch die zukünftige Baumgeneration noch Bestandteil der Eventlandschaft auf der Lenzerheide ist.

Ueli Eggenberger ist Bereichsleiter für die Walderhaltung beim Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden. Claudia Bieler ist Regionalforstingenieurin, zuständig für die Gemeinde Vaz/Obervaz.

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