Magazin «die umwelt» 3/2020 - Schön vielfältig

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DOSSIER LANDSCHAFTEN

Messen der Landschaftsqualität

Den Landschaftswandel verstehen Wie ermittelt man die Qualität einer Landschaft? Dazu werden landschaftliche Elemente wie Wälder, Siedlungen oder Gewässer beurteilt. Zudem erfragt das BAFU in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) die Einschätzung der Schweizer Bevölkerung. Das Monitoringprogramm Landschaftsbeobachtung Schweiz (LABES) erfasst und überwacht sowohl die physische Beschaffenheit als auch die Wahrnehmung der Landschaft. Text: Peter Bader

Haben Sie eine Lieblingslandschaft? Was gehört dazu: offene Flächen mit Feldern und Wiesen? Sind Wälder als Rückzugsorte unerlässlich? Wohnen Sie gerne in der Nähe eines Gewässers? Bevorzu­ gen Sie städtische Umgebungen? Oder ist es vor allem wichtig, dass Sie mit Blick auf nahe Berge wohnen, weil Sie das an den Ort erinnert, an dem Sie aufgewachsen sind? Landschaften umfassen Baukultur und Biodiversität und sind wichtig für die Lebensqualität und die Bindung der Menschen an ihren Ort. Eine hohe Lebensqualität ist un­ trennbar mit einer hochwertigen Landschaft verbunden. Die im Jahr 2000 verabschiedete Euro­ päische Landschaftskonvention hält fest, die Land­ schaft sei für das Wohl der Einzelnen wie auch der Gesellschaft «ein Schlüsselelement».

Objektive Wahrnehmung? Angesichts der grossen Bedeutung der Landschaft ist die Überwachung und Beurteilung ihrer Verän­ derungen zwingend. Dabei handelt es sich aller­ dings um eine anspruchsvolle Aufgabe, weil sich dieser Wandel oft schleichend vollzieht und er sich nur erfassen lässt, wenn geeignete Indikatoren über einen längeren Zeitraum auf gleiche Art erhoben werden können. Vergleichsweise einfach ist es, die Landschaft anhand ihrer physischen Eigenschaften zu beschreiben. Eine Landschaft könne aber nur dann als qualitativ hochwertig gelten, wenn sie von den Menschen, die darin leben, auch positiv bewertet werde, sagt Gilles Rudaz von der Sektion Landschaftspolitik beim BAFU: «Die Qualität der

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Landschaft definiert sich längst nicht nur durch das räumliche Mosaik von Natur- und Kulturelementen, sondern vor allem auch dadurch, wie dieses von uns Menschen wahrgenommen und beurteilt wird.» Menschen finden Landschaften unter anderem dann schön, wenn diese im Lauf ihres Lebens und durch ihre Sozialisation für sie eine spezielle Be­ deutung erlangt haben. Auch individuelle Bedürf­ nisse und Interessen prägen die Landschaftswahr­ nehmung. Das führt zur Frage: Gibt es so etwas wie eine objektiv messbare Wahrnehmung von Land­ schaften, die sich für eine allgemeingültige Quali­ tätsbeurteilung verwenden lässt? Die Frage geht an Marcel Hunziker, Spezialist für sozialwissenschaft­ liche Landschaftsforschung an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Seine Antwort: «Jein.» Wahrgenommene Landschaftsqualität sei grundsätzlich ein Ergebnis subjektiver Wertung, die wiederum geprägt sei durch individuelle Vorlieben und die persönliche Sozialisation. Diese Prägung und damit die Land­ schaftsbeurteilung seien allerdings nicht völlig be­ liebig, weil «Menschen mit ähnlicher Sozialisation ähnlich ticken und deshalb auch zu ähnlichen Be­ urteilungen kommen». Diese «intersubjektive Über­ einstimmung» sei grösser, als man meine, hält Marcel Hunziker fest. Zudem würden bestimmte Landschaftsstrukturen und -elemente viele Men­ schen auf der ganzen Welt ansprechen, so etwa der typische Mix von Offenland und Baumgruppen wie jener der traditionellen Schweizer Kulturlandschaft oder auch Flüsse und Seen.


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