Magazin «die umwelt» 3/2020 - Schön vielfältig

Page 38

38

DOSSIER LANDSCHAFTEN

Veränderungen sichtbar machen

Fotografie im Dienste der Raumplanung Von Schlieren bis zum Chasseral gewinnt die fotografische Landschaftsbeobachtung in der Schweiz an Bedeutung. Ihren Anhängern zufolge kann sie als Orientierungshilfe für die Raumplanung dienen. Text: Patricia Michaud

Das Bild aus dem Jahr 2005 zeigt eine typische Strassenkreuzung innerorts: im Vordergrund rechts ein gräuliches Wohngebäude, im Hintergrund links eine Garage, vor der Neuwagen ausgestellt sind. Rechts im Hintergrund eine unbebaute Parzelle. Die gleiche Kreuzung vier Jahre danach (2009) aus dem gleichen Blickwinkel fotografiert: Hinter dem vor­ mals unbebauten Grundstück erhebt sich ein impo­ santes Wohngebäude mit blau-weisser Fassade. Zwei Jahre später (2011) sind vor und hinter dem blau-weissen Wohnblock weitere Gebäude im Bau. Eine neue Passerelle führt über die Strasse. 2017 ist das einst graue Wohnhaus im Vordergrund hinter Gerüsten versteckt, 2019 überrascht es mit einer vollkommen renovierten Fassade. Zwischen 2005 und 2020 wurde die Entwicklung der Zürcher Gemeinde Schlieren im Limmattal mit­ hilfe von Fotografien akribisch dokumentiert. Alle zwei Jahre wurden von 63 verschiedenen Orten im Siedlungsgebiet Aufnahmen gemacht – stets aus der gleichen Perspektive und unter vergleichbaren Bedingungen. Diese «Fotografische Langzeitbeob­ achtung Schlieren 2005–2020» wurde von einem Team des Institute for Contemporary Art Research (IFCAR) der Zürcher Hochschule der Künste unter der Leitung von Meret Wandeler und Ulrich Görlich initiiert. Die erste Projektphase neigt sich dem Ende zu. «Wir wollten Fotografie und ange­ wandte Forschung miteinander verbinden», erin­ nert sich Görlich. «Als wir erfuhren, dass die Firma Metron ein Stadtentwicklungskonzept für Schlie­ ren erarbeitete, haben wir vorgeschlagen, uns zu beteiligen und zu dokumentieren, wie sich die Rea­ lisierung des Konzepts landschaftlich auswirkt.»

die umwelt 3 | 20

Schock der Bilder Auch anderswo in der Schweiz wurden Projekte zur fotografischen Landschaftsbeobachtung lanciert. Dabei werden verschiedene Standorte in regelmäs­ sigen Abständen aus demselben Blickwinkel foto­ grafiert. So wird die Veränderung der Landschaft bildlich nachvollziehbar. In verschiedenen Werken wurde dieser Ansatz mittels Gegenüberstellung von Aufnahmen, die mehrere Jahrzehnte auseinander­ liegen, bereits umgesetzt. Ein Beispiel dafür ist der

«Nur die Fotografie kann Entwicklungen deutlich machen, die zwar weniger auffällig, aber dennoch überaus aufschlussreich sind.» Meret Wandeler | Zürcher Hochschule der Künste

Bildband «Glaciers: Passé-présent du Rhône au Mont-Blanc», welcher das dramatische Abschmelzen der Gletscher dokumentiert. «Solche Projekte ent­ falten eine enorme kommunikative Wirkung», betont Gilles Rudaz von der Sektion Landschafts­ politik des BAFU. «Mit Zahlen lassen sich flächenund volumenmässige Veränderung der Gletscher zwar präzise beschreiben, aber nichts führt den Gletscherschwund deutlicher vor Augen als ein bild­ licher Vorher-nachher-Vergleich.» 2017 haben auch die Regionalen Naturpärke Chas­ seral und Doubs ein «spannendes Projekt zur foto­


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.