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ES NERVT? GUT SO!

Ja, es nervt zu spät zur Arbeit zu kommen, den Arzttermin zu verpassen oder den Museumsbesuch nicht antreten zu können. Aber muss ein Protest nicht Aufsehen erregen, um zu wirken?

Muss nicht das Land aufgerüttelt werden, um endlich Verkehrswende, Erneuerbare Energien und Klimaschutzmaßnahmen ernst zu nehmen?

Wer Menschen als Terrorist*innen bezeichnet, weil sie mit Kartoffelbrei auf Kunstwerke hinter Glas werfen oder den Verkehr für eine halbe Stunde blockieren, hat in einer Zeit, in der Rechtsterrorismus eine echte Gefahr für deutsche Politiker*innen ist, die Verhältnismäßigkeit verloren. Wenn gewaltfreier sozialer Ungehorsam zu wochenlanger Präventivhaft führt, wehrt sich ein fossiles Establishment gegen ein neues Zeitalter der dezentralen Erneuerbaren Energien.

Als 2019 und 2020 Landwirt*innen mit 5000 Traktoren zum Teil ganz Berlin lahmlegten, sprach niemand von »krimineller Vereinigung« und es wurde auch niemand in Präventivhaft genommen. Stattdessen sagte Ministerpräsident Markus Söder: »Die ganzen Demonstrationen, die waren, müssen ja eine Wirkung haben.« Und hierbei ging es in erster Linie um wirtschaftliche Interessen.

Die sogenannten »Klimakleber« setzen sich hingegen für die Rechte aller ein und verlangen konkrete Maßnahmen wie ein Tempolimit um gesetzlich festgelegten und vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte Ziele zu erreichen. Wer wie Söder nach harten Strafen ruft oder wie Alexander Dobrindt von Klima-RAF spricht, hat jegliches Maß verloren und versucht, verzweifelte Menschen zu kriminalisieren. Umso peinlicher ist, wenn das bayerische Klimaschutzgesetz keine adäquaten Lösungsansätze für die Klimakrise bietet. Die Verbesserungsvorschläge des BUND Naturschutz und einer Vielzahl anderer Verbände wurden nicht berücksichtigt.

Klar ist: Von zivilem Ungehorsam dürfen weder Gewalt noch Sachbeschädigungen ausgehen und er muss alles für die Sicherheit von Beteiligten wie Unbeteiligten tun. Ziviler Ungehorsam gehört zur Demokratie und ist oft ein Treiber für progressive, gesellschaftliche Fortentwicklung gewesen: Das Ende von Kolonialismus und Apartheid, das Frauen-Wahlrecht, die Überwindung von Rassenschranken, der Atomausstieg – all diese gesellschaftlichen Veränderungen sind ohne Aktionen zivilen Ungehorsams kaum denkbar.

Im Fokus der öffentlichen Diskussion sollten statt Ablenkdebatten über die Form des Protestes Maßnahmen gegen die Klimakrise stehen. Stopp für neue Schneekanonen, ein Tempolimit auf Autobahnen und ein Straßenbaumoratorium könnten sofort umgesetzt werden. Auch wenn diese Form des Protestes nicht die des BN ist, habe ich großen Respekt vor engagierten Menschen, die im Einsatz für das Gemeinwohl massive persönliche Nachteile riskieren. Die Klimaproteste sind Teil der demokratischen Kultur in Deutschland und nehmen das von der Verfassung geschützte Demonstrationsrecht wahr.

Ihr/euer Richard Mergner BN-Vorsitzender

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