1 minute read
GIPSHÜGEL UND STEPPENFLORA
Einen Einblick in voreiszeitliche Vegetation
bietet sich bei Sulzheim. Der BN und seine Mitstreiter konnten hier ein botanisches Schatzkästchen bewahren.
Ein paar Schritte rauf, ein paar Schritte runter, und dann ein paar Schritte durch eine Senke hin zum nächsten Hügel und zum übernächsten: So verläuft der schmale Pfad durch die Sulzheimer Gipshügel, eine Landschaft, die durch Erosion der wasserlöslichen Gipsschicht entstanden ist und weiter entsteht. Immer noch sinkt der Boden ein und bildet eine neue Senke, wenn sich der Gips darunter aufgelöst hat.
An der aufgerissenen Stelle ist sichtbar, wie dünn und verletzlich die Humusschicht ist. Bedeckt sind diese skurrilen Wellen, Einbrüche und Buckel von einer »pontischen Pflanzengesellschaft«, einer voreiszeitlichen Steppenvegetation. Die Eiszeitgletscher reichten nicht bis ins Schweinfurter Becken, sodass sich eine unglaubliche Fülle an Pflanzenarten erhielt.
Im Frühling sieht es aus, als wäre jeder der Hügel von einer eigenen blühenden Art erobert worden: Da gibt es Schlüsselblumenhügel und Küchenschellenbuckel, dazwischen Traubenhyazinthenwiesen, Lerchenspornsenken und Veilchenhänge, und immer wieder leuchtende Büschel von Adonisröschen. Im Sommer blüht es farbenfroh mit Wolfsmilch, Lauch, Doldenblühern und mehr. Gräser mit seidigen Grannen lockern das bunte Durcheinander auf.
Dieses botanische Schatzkästlein als Naturschutzgebiet auszuweisen, wurde schon 1925 in der BN-Zeitschrift »Blätter für Naturschutz« gefordert. Ein Jahr später konnte über einen Pachtvertrag zwischen der Gemeinde Sulzheim und dem BUND Naturschutz sowie zwei weiteren Vereinen berichtet werden, »um das reizvolle Florenbild zu erhalten«.
Empfindliche Vegetation
Obwohl der Pachtvertrag nur für zehn Jahre geschlossen wurde, galt das Gebiet in der Bevölkerung dann als Naturschutzgebiet. Die Überraschung war recht groß, als es erst 1979 offiziell wurde: Die Sulzheimer Gipshügel sind Naturschutzgebiet.
Wer sich vor Ort ein eigenes Bild von diesen erstaunlichen Hügeln und ihrer Vegetation machen will, nutzt am besten den »Gipsrundweg«, den das Gipsinformationszentrum gestaltet hat. Er beginnt im Zentrum von Sulzheim und führt so-
Infos Zur
Wanderung
• Ausgangspunkt: Sulzheim (zwischen Schweinfurt und Gerolzhofen)
• Länge /Gehzeit: ca. 7 Kilometer/2 Stunden
• Wegcharakter: Straßen, Feldwege, markierte Pfade
• Einkehr: Sulzheim, KolitzheimHerlheim wohl zu den Steinbrüchen, in denen auch heute noch Gips industriell abgebaut und verarbeitet wird, als auch durch Renaturierungsflächen sowie zum botanischen Höhepunkt des Weges, dem Naturschutzgebiet, und von dort zurück nach Sulzheim.
Leider lässt die Besucherlenkung sehr zu wünschen übrig. Nicht einmal auf das strikte Wegegebot wird vor Ort deutlich erinnert. Das ist fatal, denn die Adonisröschen und Küchenschellen locken zum Fotografieren, so dass an schönen Frühlingstagen oft Hunderte von Besuchern –in aller Regel ohne jede böse Absicht –quer durch die trittempfindliche Vegetation laufen. Es ist dringend erforderlich, auf den erkennbaren Pfaden zu bleiben, damit man die wertvollen Flächen, die zehntausende von Jahren überstanden haben, vor ihrer unbeabsichtigten Zerstörung schützt!
Winfried Berner, Uli Rohm-Berner
Mehr entdecken
Winfried Berner, Ulrike Rohm-Berner: Gerettete Landschaften
Wanderführer, Verlag Rother, 14,90 Euro
Bestellung: service.bund-naturschutz.de