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Design für den Tisch. Design für den Stuhl. Design für das Denken?

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Wer bin ich?

Wer bin ich?

Es waren einmal … sagen wir, sieben Zwerge. Sie bauten Schaukelpferde, hunderte, tausende davon. Einer konnte gut hobeln, der hobelte. Immer. Einer konnte gut schnitzen, der schnitzte immer das Gesicht. Einer machte Mähne und Schwanz, das hatte er auch schon immer gemacht. Und einer kümmerte sich um die Farbe, bei jedem einzelnen Pferd, jedes einzelne Mal. Dann plötzlich, eines Tages, da schrie einer: Ich will hier raus! Vielleicht war es das Schaukelpferd gewesen, später wusste das keiner mehr. Aber von da an war klar, dass sie irgendetwas übersehen hatten: vielleicht ein Bedürfnis, vielleicht eine Veränderung, vielleicht einfach nur den Wandel der Zeit. Zum Glück hatte das Schaukelpferd einen geheimnisvollen Freund, genannt Dark Horse, ein Freund von innovativen Methoden. Seither arbeiten die sieben Zwerge mit „Design Thinking“. Mit gänzlich neuer Denkhaltung lösen sie ihre Probleme und entwickeln fantastische Ideen. Und weil ihre Ideen nie gestorben sind, tun sie das noch heute.

Was ist Design Thinking?

Wenn ein Designer ein Problem löst, dann versucht er, eine Anwender-Perspektive einzunehmen. Er versetzt sich in die Lage jener Menschen, die später sein Produkt nutzen sollen. Er beschäftigt sich mit räumlichen und sozialen Gegebenheiten. Er arbeitet interdisziplinär, denn einerseits erforscht er seine Thematik bis ins kleinste Detail – und andererseits will er eine einfache und selbstverständliche Antwort. Vergleichen könnte man diese Vorgehensweise mit Sherlock Holmes und MacGyver: Sherlock gibt sich erst zufrieden, wenn er alle relevanten Dimensionen eines Problems durchdrungen hat. Und MacGyver möchte das Problem mit einfachen, aber passenden Mitteln lösen. Design Thinking ist eine Methodensammlung, ein Prozess und eine Denkhaltung. Das Ziel ist eine lebendige Innovationskultur, voller Abwechslung, Kreativität und Ideenreichtum, wobei folgende Prämissen im Vordergrund stehen:

Digital Innovation Playbook, Dark Horse Innovation Unverzichtbares Arbeitsbuch mit über 40 Methoden und konkreten Tipps für den Innovationsprozess

1. Radikale Nutzerzentrierung 2. Handlungsfähigkeit statt

Wissenschaftlichkeit 3. Kreativität durch Kollaboration

Die einzelnen Schritte im Design-Thinking-Prozess sind nicht immer linear angeordnet. In einem iterativen Prozess werden immer wieder Schleifen gedreht, Schritte nach vorne und nach hinten gemacht. Der Prozess dient somit als Richtschnur, als Wegweiser. Wie so ein Design-Thinking-Prozess konkret aussehen kann, zeigt die erste Anwendung der Methode im LandStadt Projekt.

Verstehen Beobachten Synthese Ideen Prototypen Testen

Verstehen: Interdisziplinärer Wissensabgleich und Projektplanung

Beobachten: Über Nutzerrecherchen latente Bedürfnisse aufspüren

Synthese: Analyse der Feldrecherche, Empathie, Setzen von Rahmenbedingungen

Ideen: Entwicklung und Auswahl von Produkt-, Projekt- oder Serviceideen

Prototypen: Schnelle Umsetzung der ausgewählten Ideen in erlebbare Prototypen

Testen: Nutzertests der Prototypen, daraus lernen und Verbesserungen ermöglichen

Zwischenräume in der LandStadt

Dritte Orte, als Räume außerhalb des Arbeits- und Wohnortes, sind spannende Orte des Dazwischen. In der LandStadt Vorarlberg können diesen Orten besondere Bedeutungen zukommen. Sie bieten Möglichkeiten der Begegnung, des Austauschs und können vor allem für Menschen mit Kindern einen Beitrag zur Lebensqualität und zum Chancenreichtum leisten. Daher beschäftigte sich das Projekt mit folgender Challenge:

Gestalte den chancenreichsten Ort in der LandStadt für Menschen mit Kindern!

Um sich einer Herausforderung zu stellen, lohnt es sich, das Arbeitsfeld wirklich – und zwar tiefgreifend – zu verstehen. Was finden wir vor an Bedürfnissen und Menschen, an Situationen und Hintergründen? Neben einer klassischen Recherche über das Konzept der dritten Orte, Familien in Vorarlberg und Megatrends, stehen bei Design Thinking immer die Nutzerinnen und Nutzer als Expertinnen und Experten ihrer Lebenswelt im Vordergrund. Welche Bedürfnisse haben Familien in Vorarlberg? Was braucht es für ein chancenreiches Leben? In Interviews mit Vätern und Müttern werden Antworten auf die Fragen gesucht. Ob Vater in Karenz, alleinerziehende Mutter oder Großfamilie, in den einstündigen Gesprächen steht ihre Sicht auf das Leben in der LandStadt im Vordergrund.

Alle Ergebnisse werden auf Post-its festgehalten, sichtbar im Raum aufgehängt (Wände, Fenster, Kästen ...) und dem Team präsentiert. Im Laufe des Prozesses wächst das Wissen und mit ihm die Post-it-Wände. Interviews am besten bei den Personen zu Hause durchführen, hier fühlen sie sich wohl und wir können ihre Umgebung kennenlernen. Wir arbeiten mit offenen Fragen und starten mit Fragen nach konkreten Erlebnissen, durch mehrmaliges Nachfragen kommen wir in die Tiefe. Wichtig: 80% Zuhören, 20% Sprechen. Am besten zu zweit: eine Person schreibt mit, die zweite führt das Interview.

Von den Bedürfnissen zum LandStadt Hipster

Es wird über den Wunsch nach Zugehörigkeit gesprochen und über die Sehnsucht, Gleichgesinnte zu treffen, übers „Ghörig“-Sein und den Chancenreichtum, über die kleinen und großen Herausforderungen im Alltag, über Möglichkeiten sich einzubringen und über Orte der Begegnung. In den Interviews werden gemeinsame Bedürfnisse entdeckt, gesammelt und im Prozess der Synthese zu einer fiktiven Persona zusammengeführt. Und so wurde Georgie, der LandStadt Hipster, ins Leben gerufen. Als Persona steht er für viele Erkenntnisse und Einsichten aus den Interviews. Georgie ist Anfang dreißig, Vater von zwei Kindern und lebt mit seiner Freundin in Dornbirn. Er liebt seine Plattensammlung und das wöchentliche Bouldern mit seinen Freunden. Georgie würde sich gerne einbringen, findet aber im aktuellen Angebot in Vorarlberg nicht das Richtige für sich. In Georgie schlummert viel Potenzial, die LandStadt aktiv mitzugestalten, doch es fehlen ihm die Mitstreiterinnen und Mitstreiter und der nötige Rahmen. Wie können wir Georgie dabei helfen, die LandStadt mitzugestalten, und dazu beitragen, dass diese auch für seine Kinder lebenswert ist? Mit dieser Frage wechselt der Prozess nun vom Problemraum in den Lösungsraum. MacGyver, als kreativer Lösungsfinder, löst den forschenden Sherlock Holmes ab.

Weil alte Gedanken nur selten zu neuen Ergebnissen führen

Und dann kommt einer der wichtigsten Schritte im DesignThinking-Prozess, die Ideensammlung. Keine Idee ist zu verrückt, um nicht die eine oder andere Grenze zu verschieben – und Unerwartetes möglich zu machen. Jedes „Ja, aber …“ kann ersetzt werden durch ein „Ja, und …“. Design Thinking arbeitet dabei mit verschiedensten Methoden, vom klassischen Brainstorming über den Ideenturm, bei dem eine Idee im Team immer weitergesponnen wird. Aus abstrakten Ideen werden im nächsten Schritt greifbare Prototypen entwickelt. Ein Prototyp ist dabei keineswegs ein fertig entwickeltes Produkt, sondern ein einfaches Mittel der Kommunikation. Ein Karton stellt zum Beispiel einen mobilen Raum dar, der mit diversen Spielsachen für Kinder gefüllt wird. Oder ein Plakat zeigt einen ersten Entwurf, wie ein Prozess zur Förderung von dritten Orten aussehen kann. Georgie ist dabei immer präsent. Unter dem Motto „lieber früh scheitern“, werden die ersten Prototypen mit Nutzerinnen und Nutzern getestet und stetig weiterentwickelt. Würdest du dieses Angebot nutzen? Was fehlt dir? Aus vier Prototypen werden zwei und später eine immer konkreter werdende Idee. Immer wieder wird diese hinterfragt und im nächsten Schritt mit Stakeholdern durchleuchtet, um der Umsetzung näherzukommen. So entsteht ein Projekt, in dem Georgie sein Potenzial nutzen kann, in dem Georgie aktiv in der LandStadt mitgestalten kann. Iteration?! Anstrengend. Aber es lohnt sich, oder? Bau doch mal deinen eigenen Ideenturm! Zwölf Post-its auf ein A4 Blatt kleben, links unten die Idee aufschreiben und im Kreis weiterreichen, auf dem nächsten Post-it die Idee weiterdenken, weitermachen, bis das Blatt voll ist, und über die ausgefallenen Ideen staunen. Eine genaue Anleitung und Vorlagen findest du auch hier: www.vorarlberg.at/zukunft

Prototypen müssen nicht immer Basteleien sein, manchmal reicht ein Plakat. Organisiere trotzdem ein paar Utensilien wie Kartons, Pfeifenputzer oder Schnüre. Auch abstrakte Projekte lassen sich so darstellen!

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