Integration
Im «Haus der Bildung und Integration» arbeiten die Kinder ihre Vergangenheit auf.
«Hier in Matran dürfen sie wieder Kind sein» Wie integriert man Flüchtlingskinder ins Schweizer Schulsystem? Im Kanton Freiburg betreut Caritas Schweiz die Flüchtlingsfamilien in den ersten sechs Monaten nach ihrer Ankunft im «Haus der Bildung und Integration» von Matran. Kinder im Alter zwischen 4 und 15 Jahren nehmen an einem Vorschulprogramm teil. So sind sie vorbereitet, um sich im Schulsystem des Kantons Freiburg zurechtzufinden. «Sakr, holst du bitte deinen Ordner?», fragt die Lehrerin den kleinen Jungen. Angesichts seines fragenden Blicks wendet sich Émilie Romanens an seine Mitschülerin. «Zeinab, zeigst du Sakr bitte, wo der Ordner ist?» Flugs ist das kleine Mädchen zur Stelle, um Sakr zu helfen,
«Bereits nach sechs Monaten können die Kinder ins Freiburger Schulsystem wechseln.» der so das Wort «Ordner» lernt. Sakr, Zeinab und Mohammad sind sechs Jahre alt und kamen Anfang Oktober aus Syrien in die Schweiz. An diesem Januarmorgen lernen sie ein bisschen Französisch und Rechnen. Drei Lehrpersonen mit jeweils einem halben Pensum betreuen derzeit 27 Kin-
Bilder: Caritas Schweiz
der. «Wenn die Familien bei uns ankommen, suchen wir das Gespräch mit den Eltern, um etwas über die Schulbiografie der Kinder zu erfahren», erklärt Émilie Romanens. «Manche waren schon eingeschult, andere nicht.» Abhängig vom Alter und ihrem Kenntnisstand werden die Kinder in drei Gruppen eingeteilt. «Wir haben ein flexibles System, das wir auf die Kinder abstimmen können», betont sie. «Wenn die jeweiligen Ziele erreicht sind, wechseln die Kinder die Gruppe.» Traumatisierte Kinder Französisch und Rechnen haben oberste Priorität. Zudem stehen Zeichnen, Basteln und Sport auf dem Programm. Auch Gesang ist wichtig, denn singen erleichtert das Erlernen der Sprache. Aber zuvor gilt es herauszufinden, ob das Kind überhaupt bereit und in der Lage ist, eine
neue Sprache zu lernen. Für einige von ihnen ist es sehr schwierig, denn sie sind schwer traumatisiert. Manchmal tragen die Kinder auch die Traumata ihrer Eltern in sich, Traumata infolge von Krieg und Exil. Gerade die syrischen Kinder haben in ihrem Schulleben oft Gewalt erlebt oder wurden während ihrer Flucht misshandelt oder zurückgewiesen. Die Abklärung dieser Fragen ist Teil der Arbeit der Lehrpersonen, die eine Zusatzqualifikation in Traumabewältigung absolviert haben. Kontinuierliche Fortschritte Die in Matran aufgenommenen Kinder könne bereits nach sechs Monaten ins Freiburger Schulsystem wechseln. «Die Kinder machen kontinuierliche Fortschritte», freut sich Émilie Romanens. «Man hat ihnen sicherlich einen Teil ihrer Kindheit gestohlen, aber hier in Matran, dürfen sie wieder Kind sein.» (vm) Émilie Romanens berichtet aus ihrem Alltag: caritas.ch/matran-d
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