Menschen
Richard Haep steht in der Corona-Krise den Ärmsten in Bolivien bei.
Er besucht die indigene Bevölkerung und informiert sie über Präventionsmassnahmen.
Corona-Krisenmanager in Bolivien Richard Haep, der Caritas-Direktor in Bolivien wurde zum Corona-Krisen manager. Ununterbrochen setzte er sich für die Ärmsten der Bevölkerung ein, die am meisten bedroht waren. Richard Haep (55) meistert im Moment eine der grössten Herausforderungen seiner beruflichen Laufbahn. Seit Anfang 2018 ist er Direktor von Caritas Schweiz in Bolivien. Die Corona-Krise verlangt viel von ihm ab. Nachdem im März erste Fälle auftauchten, wurde das Land bis Ende
«Die Menschen vergruben die Toten nachts neben dem Haus.» Juni in einen strengen Lockdown versetzt. «Das Gesundheitssystem brach ziemlich schnell zusammen, ein Drittel der Ärzte und des Pflegepersonals infizierte sich», erzählt er. «Im ganzen Land gab es nur 238 Intensivplätze. Sauerstoffgeräte und Masken gab es zunächst nicht. Dann konnte der Sauerstoff, der im Tiefland hergestellt wurde, wegen Strassenblockaden nicht transportiert werden.» Richard sah sich mit einem Berg von Koordinations- und Informationsaufgaben konfrontiert. «Wir trieben Nothilfegelder auf, erstellten Sicherheitsprotokolle für das eigene Personal sowie die Part-
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nerorganisationen, beschafften Ausnahmegenehmigungen, um überhaupt arbeiten zu können, erklärt er. «Und natürlich mussten die Menschen, die in den verschiedenen Projekten Hilfe finden, geschützt werden.» Die Mädchen im Haus von Munasim Kullakita, die vor sexueller Gewalt geflüchtet sind, mussten im Heim in Quarantäne verharren. Auch die venezolanischen Flüchtlinge in den verschiedenen Unterkünften der Caritas-Partner mussten sich drei Monate einschliessen, bis sie wieder zurück auf die Strasse gingen, um ein Einkommen zu haben. Dort verkaufen sie Bonbons oder putzen Autoscheiben. «Für sie mussten wir danach neue Unterkünfte suchen, sie konnten nicht mehr in die Herberge zurück, weil sie Frauen und Kinder hätten infizieren können», erklärt Richard Haep. 50 tote Chauffeure und Gräber neben dem Haus Auch in den engen Wohnverhältnissen in El Alto – ein Slum auf 4000 Metern Höhe am Rande von La Paz – organisierte er Hilfe für die Ärmsten. Viele Menschen, die
von der Hand in den Mund leben, konnten nicht zu Hause bleiben, sie mussten sich irgendwie Nahrung und ein minimales Einkommen beschaffen. In Mikrobussen fahren sie zum Markt. In den engen Gefährten ist die Ansteckungsgefahr gross. Fünfzig Buschauffeure starben an Covid-19. Die offiziellen Infiziertenzahlen in Bolivien sind deutlich zu niedrig. Jeder zweite Coronatest ist positiv. «Indigene seien immun» «In den Dörfern wurden Familien, die einen Krankheitsfall hatten, stigmatisiert», berichtet Richard. «So hielten viele die Krankheit von Angehörigen geheim. Sie liessen die Toten oft tagelang zu Hause liegen und vergruben sie nachts neben dem Haus.» Viele Indigene starben, weil es zuerst hiess, sie seien immun. Informationen, wie man die Krankheit mit Hygienemassnahmen, Abstand und Quarantäne verhindert, fehlten überall. Gemeinsam mit anderen Organisationen, verfasste die Caritas wöchentliche Berichte für Regierung, UNO und Botschaften. Für ihre solidarische Hilfe wurden sie jüngst vom bolivianischen Aussenministerium geehrt. Und die Hilfe geht weiter, denn Corona ist auch in Bolivien noch lange nicht vorbei. (lf)
Bilder: Caritas Schweiz