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Tiroler Tageszeitung Unabhängige Tageszeitung für Tirol Innsbruck, am 17.08.2020, 312x/Jahr, Seite: 9-10 Druckauflage: 83 919, Größe: 78,41%, easyAPQ: _ Auftr.: 8420, Clip: 13051930, SB: Ischgl

Neues Vertrauen Der niederländische Botschafter Aldrik Gierveld sieht nach Ischgl den Tiroler Tourismus gefordert. Seite 10 Foto: De Moor

„Wenn alles glatt läuft, ist wenig dran“ Der niederländische Botschafter über Corona, die Leidenschaft seiner Landsleute für Tirol und die neue „Sparsamen“-Achse Niederlande-Österreich auf EU-Ebene. Innsbruck – Fünf Millionen Nächte verbrachten niederländische Urlauber im Tourismusjahr 2018/19 in Tirol. Auch Aldrik Gierveld war schon einige Male privat hier, in seiner Funktion als Botschafter der Niederlande vergangene Woche aber erstmals. Die Niederländer sind Tirols zweitgrößte Gästegruppe hinter den Deutschen und vor den Österreichern. Seit dem Corona-Ausbruch in Europa, der oft mit Ischgl in Verbindung gebracht wird, besteht aber Sorge, dass Ihre Landsleute ausbleiben könnten. Ist Ischgl Thema in den Niederlanden? Aldrik Gierveld: Das war natürlich Thema in den Medien, denn es gab von Ischgl ausgehend auch Fälle in den Niederlanden. Als man dann aber verstanden hat, was da los ist, hat Österreich die Infektionen sehr gut bekämpft. Und seither ist das Land in einer vergleichsweise guten Situation. Inwieweit wird sich das Geschehene auf das Urlaubsverhalten Ihrer Landsleute im Winter auswirken? Gierveld: Die potenziellen Winterurlauber stellen sich schon die Frage, wie das gehandhabt werden wird. Ob man dann zu sechst im Lift sitzt oder ob immer ein Sessel frei bleiben muss, sich dafür aber ein Stau beim Einsteigen bildet. Auch die Infektionsraten in den verschiedenen Regionen werden sich die Leute anschauen. Aber die Touristiker haben mir gesagt, dass die ein Bestes für die Sicherheit tun werden, um das Vertrauen wieder herzustellen. Das heißt, Ihre Landsleute werden abwarten? Gierveld: Die Niederländer lieben den Wintersport und die Berge. Sie kommen gerne, aber sie sind klug, wenn es

Botschafter Aldrik Gierveld (im Bild mit Gattin Saskia): „Die Kritik an den ,Sparsamen Vier‘ war nicht gerecht.“ Foto: De Moor um ihre Gesundheit geht. Da geht es um Verantwortung für sich, für die Familie und die Umgebung. Deshalb muss alles getan werden, um den Schutz zu gewährleisten. Sie sind dank Ihrer vorherigen beruflichen Stationen in Ministerien, Botschaften und der EU-Kommission ein ausgezeichneter Kenner der EU-Institutionen und der europäischen Integration. Wie beurteilen Sie den momentanen Zustand der Europäischen Union? Gierveld: Eine Union wächst auch während einer Krise, vielleicht sogar vor allem dann. Denn in einer Krise muss man sagen, was man wirklich will. Deshalb bin ich sehr froh, dass Mitte Juli beim EU-Gipfel ein Paket zur Ankurbelung der Wirtschaft nach

der Corona-Krise gelungen ist, in dem sich auch die „Frugal Four“ (die „Sparsamen Vier“: die Niederlande, Österreich, Dänemark und Schweden, Anm.) wiederfinden. Die Niederlande und Österreich verstehen sich in europäischen Fragen sehr gut und unsere Regierungschefs Mark Rutte und Sebastian Kurz haben ein sehr gutes Arbeitsverhältnis. Sie haben immer betont, dass es für jene, die das große Geld bekommen – Italien vor allem –, auch Pflichten gibt. Ich hoffe, dass dieses Paket den Italienern hilft, schon längst überfällige Reformen zu verwirklichen. Letztendlich bin ich optimistisch, dass diese Einigung – auch wenn sie schwierig war – die EU letztendlich stärkt. Dass Zuschüsse an Refor-

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men geknüpft sein sollen, wurde von Brüssel ja nie verneint. Die „Sparsamen Vier“ ernteten deshalb die Kritik, populistisch zu agieren, um den eigenen Wählern zu gefallen. Dabei braucht doch gerade Österreichs Wirtschaft ein funktionierendes Italien. Gierveld: Das war keine gerechte Kritik. Wir leben in der Union in einem gemeinsamen Haus, und die Art und Weise, wie sich jeder darin verhält, hat einen Effekt auf unser Wohlbefinden. Also darf man an das Verhalten der anderen auch Ansprüche haben. Wenn eine Politik gemacht wird, die den Euro strukturell schwächt, dann hat das auch Auswirkungen auf uns – auf unsere Lebensverhältnisse, auf unsere Pensionen. Des-

halb darf man das Geld an Verpflichtungen knüpfen. Es geht nicht nur um Solidarität, es geht auch um Verantwortung, und deshalb waren die „Sparsamen Vier“ wichtig für die weitere europäische Integration. Sie haben Bedingungen gestellt, die die Union stärken und die nationalen Programme dieser Länder europäischer machen. Aber schwächt sich die EU nicht, wenn sie sich der Welt ständig streitend präsentiert? Gierveld: Es muss manchmal auch Streit und Auseinandersetzung geben, um zu einer besseren Lösung zu kommen. Wenn alles glatt läuft, ist auch wenig dran. Wenn es um wirklich wichtige Sachen geht, dann ist das Bemühen bis ins kleinste Detail notwendig. Ja, es mag Streit gegeben haben, aber es ging um die Sache, die wichtig war – für uns und für andere auch. Apropos Streit: Tirol leidet massiv unter dem Verkehr und liegt deshalb immer wieder im Clinch mit der EU. Besser wird es aber nicht. Gierveld: Das Verkehrsthema ist eines von vielen, das die Niederlande mit Österreich verbindet. Auch wir haben große Probleme mit der Luftqualität und verstehen Tirol daher völlig. Bei uns darf auf Autobahnen generell nur noch Tempo 100 gefahren werden, um den StickoxidAusstoß zu verringern. Dies allein reicht aber nicht aus. Es muss strukturell etwas geschehen, also der Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Deshalb steht bei meinem Tirol-Besuch auch eine Besichtigung des Brennerbasistunnels auf dem Programm. Das Gespräch führte Gabriele Starck

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