Graz, am 19.08.2020, 312x/Jahr, Seite: 9 Druckauflage: 268 231, Größe: 100%, easyAPQ: _ Auftr.: 8420, Clip: 13054697, SB: Ischgl
LEITARTIKEL
Bar jeder Vernunft Nach Österreichs Reisewarnung steht Kroatien unter Generalverdacht. Schuld an steigenden Coronazahlen ist aber primär das Verhalten österreichischer Touristen. enn ich nicht mehr weiterweiß, gründ ich ... pardon, schließe ich die Balkanroute. Diese Strategie, die ihm 2017 einen klaren Wahlsieg brachte, hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wiederentdeckt. Für die Länder des Westbalkans (Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Albanien, Kosovo) gilt bereits seit Anfang Juli eine Reisewarnung, seit Wochenbeginn ist eine solche auch für Kroatien in Kraft. Waren es einst die Flüchtlinge, wurden nun Pkw als Sündenböcke auserkoren. „Das Virus kommt im Auto“, meint der Kanzler. Nach Deutschland kommt das Coronavirus ja eher mit dem Flugzeug, weshalb der große Nachbar schon länger eine Reisewarnung für Mallorca ausgesprochen hat. Katerstimmung statt „Malle ist nur einmal im Jahr“. Fahren die deutschen Touristen eben zu Tausenden (mit der bösen Virusschleuder Auto!) durch Österreich – nach Kroatien. Angesichts stark steigender Infiziertenzahlen bei Urlaubsrückkehrern kann man die Reisewarnung als vernünftig ansehen – die Entscheidung ist aber
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Wolfgang Fercher wolfgang.fercher@kleinezeitung.at
auch wieder nationalistisch und populistisch. Denn zu suggerieren, das Coronavirus müsste erst nach Österreich importiert werden, ist unredlich. Im Fall Ischgl, das für Tausende Infizierte in ganz Europa verantwortlich ist, wehrte sich der Kanzler noch gegen Schuldzuweisungen – jetzt spielt er munter das von ihm zitierte „Blame Game“ mit anderen Ländern. Wo war eigentlich die Reisewarnung für St. Wolfgang? Schuld an Infektionen sind nicht einzelne Staaten, sondern ist die Sorglosigkeit der Menschen. Derzeit vor allem jener, die sich in Strandlokalen oder Discos bar jeder Vernunft gebärden. Dabei ist völlig egal, ob sie am Wörthersee, Wolfgangsee oder in der kroatischen PartyHochburg Makarska (schon passend zum „Ischgl Kroatiens“ erklärt) so leichtsinnig handeln. Die Gefahr, sich zu infizieren, ist in einem überlaufenen heimi-
schen Strandbad oder Partylokal am See höher als an einem weitläufigen Adriastrand, am Hotelpool oder im Apartment in Istrien. Wer sich an Abstandsund Hygieneregeln hält, wird auf der sicheren Seite sein und – auch in Kroatien – einen entspannten Urlaub verbringen können. Entscheidend ist das eigene Verhalten. Daran muss man immer wieder appellieren, anstatt Angst vor einer Reise in den Süden zu machen. Jene, die sich nach einem turbulenten Jahr noch auf einige Tage am Meer gefreut haben – und sich dort verantwortungsbewusst verhalten wollten –, würden es ihnen danken. er Altersdurchschnitt der Positivgetesteten in Österreich liegt im SiebenTages-Schnitt bei 32,2 Jahren. Jungen Menschen kann das Virus in den meisten Fällen kaum etwas anhaben. Aus Solidarität gegenüber der älteren Generation sollten sie es trotzdem ernst nehmen. Hoffentlich kommen Vernunft, Verantwortungsbewusstsein und Selbstlosigkeit der Bevölkerung bald aus dem Sommerurlaub zurück. Wir werden sie in den nächsten Monaten noch brauchen.
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zählt als: 5 Clips, erschienen in: Steiermark und Kärnten gesamt (Weiz, Ennstal, Graz, Leoben, Murtal, Mürztal, Süd-, Südwest-, Südost, - Ost-, Weststmk -- Klagenfurt, Lavanttal, St. Veit, Oberkärnten, Osttirol, Villach, Völkermarkt, Feldkirchen) Zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG. Digitale Nutzung gem PDN-Vertrag des VÖZ voez.at. Seite: 1/1 Anfragen zum Inhalt und zu Nutzungsrechten bitte an den Verlag (Tel: 0316/875*0).Pressespiegel Seite 22 von 38
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