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ZWISCHEN GLEICH UND ANDERS
Wann ist eine Religion wahr?
Wie vergleicht man Religionen?
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Was toleriere ich, was nicht?
Wozu sind Unterschiede gut?
Ein Gott für alle?
Gehört Streit dazu?
Wollte Gott nur eine Religion?
Lernbereich: »Zwischen Distanz und Nähe: Judentum, Christentum, Islam«
In diesem Kapitel beschäftigen Sie sich mit Judentum, Christentum und Islam in der Zusammenschau. Sie vertiefen Ihr Wissen zu ausgewählten historischen Stationen und beschreiben aktuelle Auseinandersetzungen, z. B. um Geschlechterrollen, in ihrer religiösen, kulturellen und politischen Dimension.
Sie erkennen, auf welche Weise das Verhältnis der Religionen in ihrem eigenen Umfeld, aber auch in analogen und digitalen Medien thematisiert wird. Dabei unterscheiden Sie zwischen kulturellen und religiösen Anteilen. Stereotype und Vorurteile nehmen Sie wahr und deuten sie in ihrer geschichtlichen Bedingtheit sowie in ihrer aktuellen Funktion und Problematik.
Indem Sie über Wahrheitsansprüche in Religionen allgemein sowie über konkrete Glaubensinhalte nachdenken, schärfen Sie Ihr Urteilsvermögen und prüfen, inwieweit Darstellungen der drei Religionen als z. B. »abrahamitisch« als angemessen angesehen werden können. Auf diesem Wege reflektieren Sie Bedingungen und Möglichkeiten eines gelingenden Miteinanders der Religionen. urteilen
Extratour
Im Spannungsfeld von Toleranz und deren Grenzen erproben Sie eine von Fachkenntnis und Respekt getragene Art des Redens mit Angehörigen anderer Religionen und Kulturen im interreligiösen Dialog bzw. Trialog sowie im interkulturellen Austausch. Kreative, auch nonverbale Ausdrucksmittel können Ihnen dabei zusätzliche Dimensionen erschließen.
DARSTELLUNG VON RELIGIONEN IN FILMEN UND SERIEN
Schauen Sie sich Spielfilme und/oder Serien an, in denen es um die Beziehungen zwischen Angehörigen unterschiedlicher Religionen geht – besonders zwischen Judentum, Christentum und Islam. Analysieren Sie die Darstellung der Personen und Konfliktfelder, die damit zusammenhängende Inszenierung (filmische Mittel, Kontraste, Missverständnisse, Klischees und Stereotype …) sowie die eventuell angebahnten Lösungen in den Filmen. Überlegen Sie, ob die Darstellung der jeweiligen Religionen aus Ihrer Sicht positiv (z. B. konfliktentschärfend, klärend, zutreffend) oder eher negativ (Vorurteile schürend, verzerrend, Konflikte verschärfend etc.) zu bewerten ist. Stellen Sie Ihre Ergebnisse im Plenum vor. Als Filme kommen z. B. infrage: »Das Unwort«, »Masel Tov Cocktail«, »Monsieur Claude und seine Töchter«, »Familie ist ein Fest – Taufalarm«.
Das »House of One« (Modell), ein in Bau befindliches interreligiöses Projekt von Juden, Christen und Muslimen in Berlin. Die Grundsteinlegung war am 27. Mai 2021. Errichtet wird das Haus am Standort der 1964 abgetragenen Petrikirche, deren erhaltene Grundmauern im Keller des geplanten Gebäudes gezeigt werden sollen. Über den drei religiös definierten Gebäudeteilen wird sich der neutrale Mittelbau – die sog. Stadtloggia – turmartig erheben. In deren oberem Teil soll eine mit Metall überzogene kugelförmige Kuppel ruhen, die von einem luftigen Raum umgeben ist. Von dort aus werden Touristen einen Ausblick über die Mitte Berlins haben.
Die Ringparabel
Auf die Frage des Sultans, welche von den drei monotheistischen Religionen die wahre sei, erzählt Nathan folgende Parabel:
Vor grauen Jahren lebt‘ ein Mann in Osten, Der einen Ring von unschätzbarem Wert
Aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein Opal, der hundert schöne Farben spielte, Und hatte die geheime Kraft, vor Gott
Und Menschen angenehm zu machen, wer
In dieser Zuversicht ihn trug. Was Wunder, Dass ihn der Mann in Osten darum nie Vom Finger ließ; und die Verfügung traf, Auf ewig ihn bei seinem Hause zu
Erhalten? Nämlich so. Er ließ den Ring
Von seinen Söhnen dem geliebtesten; Und setzte fest, dass dieser wiederum
Den Ring von seinen Söhnen dem vermache, Der ihm der liebste sei; […]
So kam nun dieser Ring, von Sohn zu Sohn, Auf einen Vater endlich von drei Söhnen; Die alle drei ihm gleich gehorsam waren, Die alle drei er folglich gleich zu lieben Sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit
Zu Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald
Der dritte, […] würdiger
Des Ringes; den er denn auch einem jeden
Die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen. Das ging nun so, solang es ging. – Allein
Es kam zum Sterben, und der gute Vater
Kömmt in Verlegenheit. Es schmerzt ihn, zwei
Von seinen Söhnen, die sich auf sein Wort
Verlassen, so zu kränken. – Was zu tun? –Er sendet in geheim zu einem Künstler, Bei dem er, nach dem Muster seines Ringes, Zwei andere bestellt, und weder Kosten
Noch Mühe sparen heißt, sie jenem gleich, Vollkommen gleich zu machen. Das gelingt
Dem Künstler. Da er ihm die Ringe bringt, Kann selbst der Vater seinen Musterring Nicht unterscheiden. Froh und freudig ruft
Er seine Söhne, jeden insbesondre;
Gibt jedem insbesondre seinen Segen, –Und seinen Ring, – und stirbt.
Nach dem Tode des Vaters ziehen die Söhne vor Gericht, um dort klären zu lassen, welcher Ring der echte ist. Der Richter ist aber außerstande, das durch Augenschein zu ermitteln. So erinnert er die drei Männer an die Eigenschaft des Rings, den Träger bei anderen Menschen angenehm zu machen. Wenn dies bei keinem eingetreten sei, müsse der echte Ring wohl verloren sein. Doch er rät den Brüdern:
[…] Hat von Euch jeder seinen Ring von seinem Vater: So glaube jeder sicher seinen Ring
Den echten. – Möglich; dass der Vater nun
Die Tyrannei des einen Rings nicht länger
In seinem Hause dulden wollen! – Und gewiss; Dass er euch alle drei geliebt, und gleich
Geliebt: indem er zwei nicht drücken mögen, Um einen zu begünstigen. – Wohlan!
Es eifre jeder seiner unbestochnen
Von Vorurteilen freien Liebe nach!
Es strebe von euch jeder um die Wette, Die Kraft des Steins in seinem Ring an Tag
Zu legen! Komme dieser Kraft mit Sanftmut, Mit herzlicher Verträglichkeit, mit Wohltun, Mit innigster Ergebenheit in Gott
Zu Hilf’! Und wenn sich dann der Steine Kräfte
Bei euern Kindes-Kindeskindern äußern: So lad ich über tausend tausend Jahre
Sie wiederum vor diesen Stuhl. Da wird
Ein weisrer Mann auf diesem Stuhle sitzen
Als ich; und sprechen. Geht! – So sagte der Bescheidne Richter.