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Systematische Theologie

Fragen an Jörg Lauster, Professor für Systematische Theologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Womit beschäftigt man sich in Systematischer Theologie?

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Systematische Theologie thematisiert die Inhalte des Christentums, seine zentralen Ideen und Motive. Was geht in Christinnen und Christen vor, was denken sie, was fühlen sie und was folgt für ihr Handeln daraus, wenn sie sagen, Gott ist eine Person, Gott hat die Welt erschaffen, Gott wurde Mensch, Gott nimmt Menschen gnädig an, Gott begegnet uns in einem Jenseits. Was finden Sie daran besonders spannend?

Das sind die großen Themen unserer Kultur. Es geht ja letztlich um nichts anderes als Anfang, Ziel und Sinn unseres Daseins. Was kann es Spannenderes geben?

Welche Methoden werden in dieser Disziplin angewendet?

Sehr viele. Wir lesen und interpretieren Quellen, manchmal in fremden und alten Sprachen, wir tragen deren Gedanken zusammen – ganz ähnlich wie dies in der Philosophie geschieht –, wir fragen mit Hilfe der Psychologie und Soziologie, was wir heute damit anfangen können.

War um muss es Ihre Disziplin unbedingt geben?

Sie ist das beste Heilmittel gegen Langeweile und Banalität. Sie öffnet die Augen für das Geheimnis und auch den Sinn unseres Daseins, über beides kann man immer wieder nur staunen.

Einige Veranstaltungstitel aus der Systematischen Theologie

Was ist Religion? Diskursformationen vom Zeitalter der Aufklärung bis zur Gegenwart

Ende mit Schrecken oder Schrecken ohne Ende?

Die Apokalyptik in Geschichte und Gegenwart und ihre Bedeutung für eine Wahrnehmung von Zeit und Welt

Zur Bedeutung der Gefühle für religiöse Überzeugungen Schöpfungsglaube und Naturwissenschaft

Gotteskindschaft. Der christliche Glaube als Erleben und Deuten

Geist Gottes: Substanz, Kraftfeld oder Person?

Neue Entwürfe in der Pneumatologie

Der stellvertretende Sühnetod Christi als Problem der Christologie

Einige Veranstaltungstitel aus der Ethik

Medizin- und Bioethik im Film

Von Freiheit und Anderem. Krisensprache und die Frage, wie wir leben wollen

Gerechter Krieg – Gerechter Friede

Kann Globalisierung gerecht sein? Aktuelle ethische Diskurse um den globalen Wandel

Bildung als Thema theologischer Ethik

Die Freiheit des Christenmenschen

Liebe und Gerechtigkeit. Kennzeichen protestantischer Ethik

Geist und Geld. Wirtschaftsethik als theologische Aufgabe

Digitalisierung (in) der Ethik

Fragen an Reiner Anselm, Professor für Systematische Theologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Womit beschäftigt man sich in theologischer Ethik?

Das Christentum ist keine Philosophie, sondern eine Lebensform. Das bedeutet, dass sich die Überzeugungen des Glaubens immer auch darauf auswirken, wie wir unser Leben gestalten. Was es nun bedeutet, ein christliches Leben zu führen, eine Partnerschaft zu gestalten, eine Familie zu haben, einer Arbeit nachzugehen, politische Entscheidungen zu treffen, das Verhältnis zum eigenen Körper und zu der uns umgebenden Natur zu gestalten. – Das sind die Fragen, mit denen sich die evangelische Ethik auseinandersetzt. Wie prägen unsere Überzeugungen maßgebliche Entscheidungen? Wie lässt sich eine Lebenswelt gestalten, die unseren Überzeugungen entspricht?

Was finden Sie daran besonders spannend?

Obwohl natürlich unsere eigenen Entscheidungen immer geprägt sind von der Geschichte, in der wir stehen, ist der Ort der Ethik die Gegenwart. Hier geht es darum, sich mit den Themen zu beschäftigen, die uns als Einzelne und als Gesellschaft beschäftigen. Dieser Gegenwartsbezug fasziniert mich bis heute. Immer aufs Neue. Darüber hinaus kann man nur entscheiden, wenn man weiß, um was es geht. Daher ist Ethik immer auch am Gespräch mit anderen Disziplinen und Wissenschaften orientiert. Ich selbst beschäftige mich vor allem mit der Biomedizin und der Politik, und diesen interdisziplinären Austausch schätze ich ganz besonders. Und schließlich: Wer Ethik betreibt, gestaltet immer auch die Welt mit, in der wir leben. Welche Methoden werden in dieser Disziplin angewendet?

In der Ethik geht es zunächst einmal darum, Probleme möglichst genau zu beschreiben: Warum wird etwas zu einem ethischen Problem? Das liegt daran, dass wir eine Differenz bemerken zwischen den grundlegenden moralischen Normen, denen wir uns verpflichtet fühlen, und der Situation, die wir wahrnehmen. Zu einer ethischen Analyse gehört es daher, auf der einen Seite diese Normen präzise zu beschreiben. Was bedeutet Menschenwürde? Wie buchstabieren wir Freiheit? Was beinhaltet Gerechtigkeit? Sodann muss mit diesem Wissen das jeweilige Themenfeld genau erschlossen werden. Wo liegen die Schwierigkeiten? Welche Alter- nativen gibt es? Lassen sich entsprechende Probleme lösen oder stehen wir in einem Dilemma? Da unsere Bilder von Gerechtigkeit, aber auch von Krankheit und Gesundheit, Mann und Frau, Natur und Umwelt durch unsere Geschichte geprägt sind, sind alle diese Aspekte noch einmal vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Perspektive, ihres Ortes und ihres Zeitbezugs zu reflektieren.

War um muss es Ihre Disziplin unbedingt geben? Es macht das Besondere des Menschen aus, dass er sein Leben nach eigenen Entscheidungen führen kann –aber auch führen muss. Moral und Ethik gehören daher unumstößlich zu dem, was uns als Menschen ausmacht. Ein Mensch, der die Voraussetzungen und Fähigkeiten zum Entscheiden hätte, aber nicht nutzt, wäre so etwas wie ein Vogel, der auf seine Flügel verzichtet. Dabei ist die Moral nicht etwas, über das wir einfach von Natur aus verfügen, sondern es ergibt sich daraus, dass wir in Beziehungen, dass wir in einer Kultur leben. Und daher ist es notwendig, diese Fähigkeiten zu erlernen, wie eine Sprache, wie Rituale, eine Kultur. Diese sind das Thema und der Gegenstand der Ethik. Sie ist unverzichtbar für eine menschliche Kultur.

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