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Religion und Kultur

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Quellenverzeichnis

Quellenverzeichnis

WAS IST KULTUR?

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Angesichts der Vielzahl der Verwendungsweisen des Wortes »Kultur« und der Vielfalt konkurrierender wissenschaftlicher Definitionen erscheint es sinnvoll, von Kulturbegriffen im Plural zu sprechen. Als zentraler Aspekt bezeichnet Kultur das vom Menschen Gemachte bzw. gestaltend Hervorgebrachte – im Gegensatz zu dem, was nicht vom Menschen geschaffen, sondern von Natur aus vorhanden ist. Der weite Begriff der Kultur umfasst somit die Gesamtheit der vom Menschen selbst hervorgebrachten und im Zuge der Sozialisation erworbenen Voraussetzungen sozialen Handelns, d. h. die typischen Arbeits- und Lebensformen, Denk- und Handlungsweisen, Wertvorstellungen und geistigen Lebensäußerungen einer Gemeinschaft.

Ansgar Nünning, Anglist und Kulturwissenschaftler

VERWOBEN UND VERFILZT

Einig sind sich die gegenwärtigen Kulturtheorien weitgehend darin, Kultur als etwas Dynamisches zu verstehen. Als Produkte menschlichen Handelns sind sie veränderbar und verändern sich beständig. Schon deshalb kann man nicht von »der« Kultur eines Volkes, einer Religionsgemeinschaft oder einer anderen Gruppe sprechen. Hinzu kommt: In der Regel haben Menschen Anteil an verschiedenen Kulturen, denn der Begriff Kultur bezieht sich im Grunde nicht auf »Hochkulturen« oder »Nationalkulturen«, sondern allgemein auf die verbindende Kraft von partialen, regionalen oder lokalen, also auch flüchtigeren kulturellen Lebenszusammenhängen. So verbindet Punks in verschiedenen Ländern ihre Punk-Subkultur, zugleich unterscheiden sie sich voneinander nicht nur aufgrund individueller Merkmale der Personen, sondern auch, weil sie aufgrund unterschiedlicher »nicht-punk-kultureller« Sozialisationen an verschiedenen Kulturen partizipieren. Religionsgemeinschaften sind ebenso wenig homogen, wie es sog. Nationalkulturen sind: Auch innerhalb von Religionsgemeinschaften gibt es Subkulturen oder Subreligionen. Jeder Mensch hat somit Anteil an unterschiedlichen Kulturen und Subkulturen und entsprechend an unterschiedlichen Religionskulturen und Religionssubkulturen. Diese überlagern und ergänzen sich, und jeder Mensch bringt auf diese Weise neue Impulse in Kulturen und Religionskulturen ein, wodurch sich diese verändern – und in dieser veränderten Form

Schwierig

1. Sammeln Sie Beispiele für die Verwendung des Begriffs »Kultur« im Alltag und leiten Sie daraus eine eigene erste Definition von »Kultur« ab.

2. Ergänzen Sie – ggf. mit Varianten – die folgenden Satzanfänge mithilfe der Texte von A. Nünning und J. Willems: Kultur ist … / Kultur leistet … / Kultur und Religion … – Vergleichen Sie die Ergebnisse mit Ihren eigenen Definitionen (Aufgabe 1).

3. Arbeiten Sie aus der Abbildung (oben) kulturelle und religiöse Anteile heraus.

4. Diskutieren Sie anhand eigener Beispiele den Zusammenhang zwischen Religion und Kultur.

5. Beziehen Sie Ihre Erkenntnisse zum Zusammenhang von Kultur und Religion auf S. 58 f. und 61 bis 63.

auf Individuen ein- und zurückwirken. Kultur ist wiederum, wenn man sie als Set von Ordnungsformen und Deutungsmustern versteht, selbstverständlich religiös geprägt, da die Bewohner aller Regionen der Welt über viele Jahrtausende von Religion geprägt wurden. Religion und Kultur erscheinen damit als miteinander ver woben oder, da das Bild des Verwobenseins noch impliziert, dass man beides eindeutig voneinander unterscheiden könnte, als verfilzt.

Joachim Willems, Theologe

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