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Gemeinsamer Bezugspunkt?
Unterschiedliche Zug Nge Zu Abraham
• Die Geschichte Abrahams wird im Judentum als dauerndes Auf und Ab gedeutet. Die Bindung Isaaks (vgl. Gen 22) wird als dessen größte Prüfung verstanden: Abraham bleibt auch in dieser schlimmen Situation voller Gottvertrauen und überwindet so das Leid. Im Lebensweg Abrahams erkennen Jüdinnen und Juden sich selbst, ihr Volk und ihren oft leidvollen Weg durch die Geschichte.
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• Auch im Christentum gilt Abraham als Vorbild im Glauben, jedoch aus anderen Gründen: Er folgt ohne jede Sicherheit dem Ruf Gottes, aus seiner Heimat aufzubrechen (vgl. Gen 12, Hebr 11,8). Weil sich die ersten Gemeinden bis etwa 100 n. Chr. als Teil des Judentums verstehen, sehen sie auch sich selbst unter dem Bund Gottes mit Abraham. Später freilich wurde daraus der Anspruch, alleinige Erben Abrahams zu sein.
• Im Islam wird Abraham als Gottgläubiger dargestellt, der weder Jude noch Christ (Sure 3,68), sondern ein »Hanif*« ist, also wie Mohammed ein Anhänger des unverfälschten monotheistischen Glaubens (vgl. Sure 2,135; 16,120 und Sure 3,19). Abraham gilt als der erste wahre Muslim und der Islam, den der Prophet Mohammed verkündet, entspricht der Ur-Religion Abrahams.
• Jede der drei Religionen verbindet also mit Abraham etwas je Eigenes und identifiziert sich mit Abraham traditionell auf eine Weise, die die Angehörigen der anderen Religionen letztlich ausschließt.
GEMEINSAMER BEZUGSPUNKT?
Die Bezugnahme der drei großen religiösen Traditionen auf Abraham ist offensichtlich so unterschiedlich, dass die Behauptung einer grundlegenden Gemeinsamkeit entweder nur Hülle ohne Inhalt ist oder aber im Namen einer gemeinsamen Symbolfigur einer eigenen, neuen Konstruktion jenseits dessen bedarf, was in der jeweiligen Glaubensgesellschaft in Geltung steht.
Friedmann Eißler, Islambeauftragter der württembergischen Landeskirche
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Meine These ist, dass historisch-literarisch der in der Bibel und dem Koran vorgestellte Abraham nicht als Urgestalt der Ökumene zwischen Juden, Christen und Muslimen genannt werden kann.
Dennoch kann »Abraham« als Metapher oder Symbol in transformierter und abstrahierter Gestalt einen gemeinsamen Weg von Juden, Christen und Muslimen zu einem friedlichen Miteinander und zum Frieden in der Welt andeuten und eröffnen.
Hubert Frankemölle, Gründer der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit
ABRAHAM – TROTZDEM?
1. Recherchieren Sie politische und religiöse Konflikte rund um das Grab Abrahams und deuten Sie die Gestaltung des Fotos (links) auch unter dem Aspekt »Zwischenraum«.
2. Vertiefen Sie Ihre Kenntnisse über die verschiedenen Zugänge zu Abraham, indem Sie die in der Info genannten Bibel- und Koranstellen nachlesen.
3. Formulieren Sie ausgehend von den Positionen F. Eißlers und H. Frankemölles eine Stellungnahme zu Dialogbemühungen im Namen Abrahams. Beziehen Sie ggf. andere Stimmen (z. B. aus einer Recherche zu »abrahamitische Religionen«) ein.
4. Entwerfen Sie vor dem Hintergrund dieser Seite eine alternative Idee zum Cover S. 66.
5. Überlegen Sie sich einen ansprechenden Titel, mit dem Sie zu einer interreligiösen Feier einladen wollen, und diskutieren Sie, ob Abraham darin vorkommen soll oder nicht.