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Trialog
VOM DIALOG ZUM TRIALOG?
Bundestagspräsident Norbert Lammert zum 50. Jahrestag des jüdisch-christlichen Dialogs 2011
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Friedliches Zusammenleben von Menschen, Völkern, Nationen und Kulturen wird es nicht geben ohne Verständnis, Verständigung und Toleranz zwischen den Religionen. Fast ein Drittel der Menschheit sind Christen oder Muslime. Beide Religionen sind mit dem Judentum von ihren eigenen Quellen her stärker verbunden, als es im Selbstverständnis der Gläubigen wie in der Selbstdarstellung ihrer Religionen oft erkennbar ist. Ein Trialog ist offensichtlich nötig – aber ist er auch möglich? Wer einen Trialog der monotheistischen Weltreligionen ernsthaft will, muss wissen, worauf er sich einlässt:
1. Der jüdisch-christlich-muslimische Trialog muss mehr sein als die Freude an Vielfalt, oft verbunden mit dem fröhlichen Missverständnis, alles ist möglich, alles ist gleich, alles ist gleich gültig oder gleichgültig.
2. Der Blick auf das Gemeinsame darf die Sicht auf Unterschiede nicht trüben. Trialog ist keine Bagatellisierung der Wahrheitsfrage. »Und wenn Gott gewollt hätte, hätte er euch zu einer Gemeinde gemacht, einer einzigen. Aber er wollte euch in dem prüfen, was er euch gegeben hat. So wetteifert um die guten Dinge« (Sure 5,48).
3. Es gibt keinen Dialog zwischen Religionen, schon gar keinen Trialog. Dialoge gibt es nur zwischen Menschen, sie müssen zum Dialog bereit und in der Lage sein. Sie müssen die Eigenständigkeit des jeweils Anderen wahren. Überfällig ist ein Erlernen trialogischer Kompetenz durch das jeweilige Füh- rungspersonal. Es gibt ein Zitat des bedeutenden islamischen Mystikers Rumi: »Draußen hinter den Ideen vom rechten und falschen Tun liegt ein Acker. Wir treffen uns dort. Das ist die ganze Aufgabe. Aber um sie zu erledigen, bedarf es zweier Voraussetzungen. Erstens muss man sich treffen wollen und zweitens, muss man den Acker tatsächlich bearbeiten.« Man muss sich treffen. Man muss tatsächlich arbeiten. Und vor allem: Man muss es wollen.
Bem Hungen Und Herausforderungen
1. »Ein Trialog ist offensichtlich nötig …«: Sammeln Sie (auch vor dem Hintergrund dieses Kapitels) Gründe für sog. trialogische Bemühungen.
2. Arbeiten Sie mithilfe dieser Seite Herausforderungen für Trialoge heraus. Deuten Sie in diesem Zusammenhang die Karikatur (oben rechts).
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3. Ist die Ringparabel ( S. 51) ein gelungener Trialog? – Diskutieren Sie.
DER SOGENANNTE TRIALOG
• Nach dem Zweiten Weltkrieg entsteht ein jüdischchristlicher Dialog, der vor allem als Aufgabe der christlichen Kirchen verstanden wird. Hier geht es (zunächst zögerlich) um die historische Aufarbeitung der Schuld der Kirchen im Zusammenhang mit der Schoa [9] und um die Absage an eine Judenmission. Dieses asymmetrische Gesprächsverhältnis wandelt sich im Laufe der Zeit, sodass heutige Initiativen stärker theologische Berührungspunkte suchen, an einer inhaltlichen Auseinandersetzung darüber interessiert sind und/oder Begegnungen zwischen Juden und Christen ermöglichen.
• Mit der Einsicht, dass hierbei auch Muslime einbezogen werden sollten, erwuchsen Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern aller drei Religionen. Diese werden wortspielerisch bisweilen Trialog genannt, um den Charakter eines Dreiergesprächs prägnant hervorzuheben.
Plakat des Kulturprojekts »respect-us« aus München. In dem Konzert »Music for the one God« wird sakrale Musik aus Judentum, Christentum und Islam aufgeführt.
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SCHULWETTBEWERB »TRIALOG DER KULTUREN«
ÜBER DAS KUNSTPROJEKT TRIMUM – MUSIK FÜR
JUDEN, CHRISTEN UND MUSLIME
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Es läge nahe, einem Projekt wie diesem eine unmittelbar »grenzüberschreitende« und »friedensstiftende« Bedeutung zuzuschreiben. Gerne wird der Musik eine entsprechende, quasi naturgegebene Mittlerfunktion attestiert. Doch im Kontext von Interreligiosität sind solche einfachen Zuschreibungen unangebracht. Eine Koranrezitation, ein gesungenes Kaddisch-Gebet und ein protestantisches Kirchenlied mögen durchaus nach außen hin Ähnlichkeiten aufweisen. Doch die theologischen Deutungen dessen, was im Moment des Singens geschieht, die Vorstellungen davon, worin dies Singen begründet ist und was es »bedeutet«, liegen weit auseinander: Wenn es um die drei monotheistischen Religionen geht, dann trennt Musik mehr, als dass sie verbindet. In unseren Veranstaltungen, Neukompositionen und Liedern sollen diese Unterschiede nicht verwischt, sondern offensiv thematisiert und künstlerisch gestaltet werden. Die wichtigste und anspruchsvollste Aufgabe wird deshalb darin bestehen, den »Zwischenräumen«, dem Verbindenden und dem Trennenden der drei Religionen eine adäquate musikalische Form zu geben. Unser ehrgeiziges Ziel: Eine »neue Musik des Trialogs« zu kreieren.
Bernhard König, Komponist und Konzertpädagoge
TRIALOGISCHE PROJEKTE?
1. Analysieren Sie, wie die Projekte dieser Seite jeweils »Trialog« verstehen und umsetzen.
2. Recherchieren Sie weitere Projekte zum Trialog und stellen Sie diese in Ihrer Lerngruppe vor.
3. Beziehen Sie die auf S. 68 (Aufgabe 2) erarbeiteten Herausforderungen auf die Praxisbeispiele dieser Seite.
Die Erich Kästner Schule Baunatal berichtet über geplante Aktivitäten zum Trialog-Schulprojekt »Wurzeln erinnern – Zukunft gestalten. Sprachen, Kulturen, Religionen in Deutschland«.
Die Herbert-Quandt-Stiftung möchte mit dem Wettbewerb die Verständigung zwischen den Religionen Judentum, Christentum und Islam fördern. Um diesem Ziel nachzukommen, möchte die Projektgruppe die ganze Schulgemeinde in den Wettbewerb einbeziehen. Im Religions- und Ethikunterricht interviewen die Neunt-Klässler ihre Eltern und Großeltern sowie Experten aus den verschiedenen Religionen. Eine Gruppe dieses Jahrgangs vertieft ihr Wissen über die Festkultur in den einzelnen Religionen und präsentiert dies in der Pausenhalle der Schule. Der Kurs »Darstellendes Spiel« entwickelt Spielszenen zur Ringparabel Lessings*. Im Kurs »Räumliches Darstellen« erkunden die Schüler Merkmale von Synagogen, Kirchen und Moscheen. Die jüngeren Schüler suchen nach Ritualen und Gebeten der drei abrahamitischen Religionen. Im Kunstunterricht gestalten die EKS-Schüler Symbole der Religionen. Das Ergebnis, ein Mosaik der Religionen, soll den Boden eines Klas senraumes schmü cken. 33 Schülerin nen und Schüler gestalten zum Holo caust-Gedenktag im Januar 2014 einen Gottesdienst und bre chen im Frühjahr zu einer Studienfahrt nach Auschwitz auf.
Unterrichtshilfen wie diese wollen zu sog. trialogischem Lernen anregen.