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Quellenverzeichnis

Quellenverzeichnis

Lernbereiche: »Sola scriptura!? – Zugänge zur Bibel«, »Zwischen Distanz und Nähe: Judentum, Christentum, Islam«

Im Religionsunterricht haben Sie sich immer wieder mit biblischen Texten beschäftigt. In diesem Kapitel geht es nun um die Bedeutung der Bibel als ganzer und um mögliche Zugänge, beispielhaft erarbeitet am Buch Hiob. Sie lernen wichtige Aspekte eines evangelischen Schriftverständnisses kennen, beschreiben Ziele und methodische Schritte der historisch-kritischen Auslegung der Bibel sowie Kernanliegen weiterer Lesarten der Bibel.

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Sie deuten Texte aus dem Buch Hiob aus unterschiedlichen Perspektiven und vergleichen ihre theologischen Aussagen. Sie nehmen die vielfältige Wirkungsgeschichte dieser biblischen Schrift wahr und deuten einzelne Beispiele aus Kunst, Literatur und Film. Sie vergleichen das christliche Schriftverständnis mit dem der jüdischen und islamischen Religion und grenzen es von fundamentalistischen Lesarten ab.

Sie machen sich Ihre eigenen Einstellungen zur Bibel bewusst und prüfen Reichweite und Grenzen unterschiedlicher Methoden der Textauslegung. Ausgehend von einem evangelischen Schriftverständnis setzen Sie sich kritisch mit einem fundamentalistischen Umgang mit der Bibel auseinander.

Sie tauschen sich über die im Hiobbuch aufgeworfenen Fragen aus und kommen ins Gespräch über Chancen und Grenzen unterschiedlicher Arten der Auslegung biblischer Texte. Sie erproben eigene Auslegungen und verwenden dabei auch kreative und spielerische Methoden.

DER BIBEL AUF DER SPUR

Worte, Erzählungen, Figuren und Symbole aus der Bibel begegnen einem nicht nur in religiösen und kulturellen Zusammenhängen, sondern auch in Politik und Gesellschaft. Begeben Sie sich auf Entdeckungstour und dokumentieren Sie Beispiele für solche biblischen Spuren. Um Ihre Funde übersichtlich zu präsentieren, können Sie z. B. eine digitale Pinnwand erstellen oder selbst eine passende Form der Präsentation wählen. Deuten und bewerten Sie die Beispiele und stellen Sie Vermutungen an, warum jeweils biblische Motive verwendet wurden.

Der Dichter Gotthold Ephraim Lessing* (1729–1781) sieht eine unüberbrückbare Kluft zwischen den geschichtlichen Zeugnissen der Bibel und einem vernünftigen, aufgeklärten Glauben:

»Das, das ist der garstig breite Graben, über den ich nicht kommen kann, so oft und ernstlich ich auch den Sprung versucht habe. Kann mir jemand hinüber helfen, der tue es; ich bitte ihn, ich beschwöre ihn.«

Der Schreiber »gestaltet mit der Schrift eine Art Leiter zwischen Mensch und Gott und dabei weiß er, dass es eben gerade nicht die Stufen dieser Leiter sind, die das Auf und Ab bestimmen und ermöglichen. Es sind die Abstände zwischen diesen Stufen, die den Weg bestimmen, ihm gleichsam im Schweigen eine Stimme geben. Im Bild der Leiter Jakobs ist das Verhältnis zwischen dem konkreten Text und der religiösen Erfahrung zu verstehen. Die Leerstellen zwischen den Stufen müssen entdeckt werden. In der Sprache einer alten jüdischen Redeweise: ›Die Tora* wurde geschrieben, schwarzes Feuer auf weißes Feuer‹. Das schwarze Feuer sind die Buchstaben der Tora, die es uns ermöglichen, sie zu lesen; sie sind aber zugleich nur Rahmen für die sie ausfüllenden Zwischenräume.«

Eveline Goodman Thau, Rabbinerin, Professorin für jüdische Religionsgeschichte

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