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LIBRI E MUSICA

Der eigenwillige Marco Mengoni Das Reservoir an talentierten italienischen Musikern ist enorm. Einige verschwinden nach ihrem Durchbruch wie Schnee in der Sonne, darunter leider auch Burt Bacharach-Protegé Karima. Andere wie Alessandra Amoroso spielen immer dieselbe Leier. Zum Glück aber gibt es auch große Künstler, die sich mit jedem Album weiterentwickeln und immer für eine Überraschung gut sind. Zu dieser Spezies gehört Marco Mengoni, der 2013 mit dem brillanten Essenziale seinen Durchbruch feierte. Inzwischen liegt mit Materia (Terra) sein sechstes Studioalbum vor. Es ist eine Ode an seine musikalischen und familiären Wurzeln und dabei zugleich ein selbstsicheres „Das bin ich“. Die Eröffnungsnummer „Cambia un uomo“ (Ein Mann ändert sich) besagt, dass man vergeben können muss, um zu wachsen. Doch vergeben bedeutet für ihn nicht, einfach alles zu akzeptieren. Vielmehr ist auf dem Album auch scharfe Kritik an Kirche und Politik zu vernehmen, etwa im Stück „Proibiti“ (Verboten). Die opulenten Arrangements auf Basis akustischer Aufnahmen anstelle von Computern feiern Mengonis Verbundenheit zu Soul und Gospel, wobei sie der Stimme genug Spielraum zur Entfaltung bieten. Als Album voller Hingabe ist Materia (Terra) übrigens das erste einer Trilogie. Das verspricht einiges für die nahe Zukunft. (JM) Marco Mengoni, Materia (Terra), Sony Music.

Tektonische Verschiebungen

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Immer wieder erschüttern schwere Erdbeben Italien. 1976 war unter anderem das Friaul im Nordosten des Landes betroffen. Das Rahmenereignis plötzlich zersprengter Existenzen nimmt die im Rheinland geborene Autorin (*1956) zum Anlass, sieben Frauen und Männer aus einem abgelegenen Bergdorf über die Folgen die Naturkatastrophe berichten zu lassen. Dabei offenbart sich schon bald, dass die Verschiebungen nicht nur tektonischer Art gewesen sind. Von der gemeinsamen Erfahrung von Angst und Verlust nämlich spleißen sich bald die Fäden der individuellen Erinnerung ab. In der Folge werden sie zu ebenso eindringlichen wie berührenden Erzählungen tiefer Versehrung. Esther Kinsky, Rombo, Suhrkamp, 267 Seiten, € 24.

Zweite Chance für die Liebe

Als sich Edith und Andrea während der Überfahrt von Venedig nach Piräus kennen lernen, hat sie gerade Abitur gemacht und er ist Kapitän des Schiffes. Beide nähern sich an. Doch während er seine Verlobung löst, mag sie ihm keinerlei Sicherheiten geben. Als er ihr einen Heiratsantrag macht, weist sie ihn jäh zurück. Das Paar trennt sich. Viele Jahre kreuzen sich die Wege der beiden erneut. Aus anfänglicher Freundschaft wird erneute Liebe - nur wird sie diesmal von einem Schicksalsschlag begleitet. Die poetische Geschichte der gefeierten Autorin (*1957) nimmt ihren Lauf. Susanna Tamaro, Geschichte einer großen Liebe, Harper Collins, 240 Seiten, € 20.

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LIBRI E MUSICA Kreativer Lockdown

Für manche hatte der Lockdown auch positive Folgen. Der Pianist Ludovico Einaudi etwa hat die Periode genutzt, um zwölf neue Lieder zu komponieren. Underwater ist der Titel seines ersten Solo-Piano-Albums seit 20 Jahren. Dabei kultiviert der Turiner das Selbstverständnis, dass seine Musik Mal ums Mal die Flucht aus dem Alltag ermöglicht. In diesem Fall nur mit dem Künstler und seinem Piano. Bei der Aufnahme auf dem Cover übrigens handelt es sich um ein Foto, das Einaudi selbst gemacht hat und das die Stimmung des Albums gut wider gibt. Noch bis Oktober ist der Künstler mit dem Werk auf Tour, wobei er unter anderem in München und Berlin auftritt. (SC) Ludovico Einaudi, Underwater, Decca Records.

Selbstfindungstrip

Als Matteo wenige Tage nach dem Begräbnis seiner Partnerin Zofia als Shakespeares König Lear wieder auf der Bühne steht, vergisst er, der um sein gutes Gedächtnis immer beneidet wurde, seinen Text. Er kehrt der Bühne und Berlin den Rücken und flüchtet nach Lerone in die süditalienischen Provinz. Auf der Piazza d’Oriente, der schönsten Piazza der Welt, erhofft er sich Ruhe. Doch Abstand gewinnt er nicht. Ein einfühlsames Porträt eines Getriebenen auf der Suche nach seiner verlorenen Liebe. Jürg Beeler, Die Zartheit der Stühle, Dörlemann, 224 Seiten, € 22.

Krimi aus der anderen Lagune

Venedig und seine Lagune sind als Schauplatz von Kriminalromanen mit Dank an Donna Leon längst etabliert. Nun schickt sich auch das Pendant in Grado an, zur wirkungsvollen Kulisse für Spannungsliteratur zu werden. Die in Klagenfurt lebende Autorin Andrea Nagele schickt in Person von Maddalena Degrassi eine junge Kommissarin ins Rennen, die sich in einem ansonsten ausschließlich aus Männern bestehenden Team von Ermittlern behaupten muss. Bei ihrem ersten Fall sieht sie sich mit der dramatischen Situation konfrontiert, dass an einem Sommertag ein Mädchen am Strand verschwindet. Es folgt eine nervenaufreibende Suche nach Opfer, Täter und Motiv, in dem die hauptberuflich als Psychotherapeutin arbeitende Autorin mehr als einen Fallstrick legt. Andrea Nagele, Grado im Licht, Emons Verlag, 240 Seiten, € 13.

Drei Generationen Italienliebe

Wir schreiben das Jahr 1969, als Eleonara ihr Jurastudium in Tübingen schmeißt, um sich an den laufenden Arbeiterstreiks in Turin zu beteiligen. Wie das Leben so spielt, lernt sie dort einen Mann kennen, den sie für die Liebe ihres Lebens hält - mit Tochter Rosalia als bleibende Erinnerung. Gut 25 Jahre später wird diese ungewollt schwanger - und sie möchte endlich wissen, wer ihr Vater ist. Als 2018 dessen Tod publik wird, machen sich die inzwischen drei Frauen der Familie auf den Weg in den Süden, um dem Mann seinen letzten Wunsch zu erfüllen. Ein intensiver Familienroman, dem die Liebe zu Italien auf jeder Seite anzumerken ist. Aja Leuthner, Via Torino, Harper Collins, 416 Seiten, € 22.

Stresstest

Kaum etwas bürgt so verlässlich für gepflegte Urlaubsunterhaltung ohne übertriebenes Stressmoment, wie der Alltag eines Dorfpolizisten. Dieser nämlich muss sich gemeinhin nicht mit Mord und Erpressung herumärgern, sondern kann sich neben kleineren Autounfällen mit der Einhaltung des Weingesetzes und anderer durchaus ernster, aber eben meist nicht lebensdrohender Delikte die Zeit vertreiben. Wenn das erledigt ist, wartet zur Belohnung La Dolce Vita. Commissario Luca ist der jüngste Vertreter dieser Spezies. Seine Wirkungsstätte ist das rundum beschauliche Montegiardino in der Toskana, das Schlemmermäuler wegen seines Marktes schätzen. Zur allgemeinen Entgeisterung jedoch fallen dort auf der zentralen Plaza eines Tages Schüsse - und schon nimmt der erste Fall des Ermittlers seinen Lauf. Das Opfer der Tat ist eine Olivenbäuerin. Handelt es sich etwa um Schutzgelderpressung? Oder hat die Mafia ihre Finger im Spiel? Commissario Luca ist gefragt. Anstelle der regelmäßigen Barbesuche entsinnt er sich plötzlich früherer Fähigkeiten und macht sich mit Hochdruck auf die Suche nach dem Täter. Paolo Riva, Flüssiges Gold, Hoffmann und Campe, 306 Seiten, € 16.

LAURA Protti

IST RECHTSANWÄLTIN MIT ZULASSUNG IN ITALIEN UND GROSSBRITANNIEN. IHR SPEZIALGEBIET SIND IMMOBILIEN. SIE LEBT UND ARBEITET IN LONDON.

Welche Rolle spielt der Gutachter in Italien und wann ist es ratsam, einen Gutachter im Rahmen eines Kaufprozesses zu beauftragen?

Sobald Sie eine interessante Immobilie gefunden haben, müssen einige grundlegende Informationen beachtet und Unterlagen beschafft werden, auf deren Basis die allgemeinen Kaufbedingungen ausgehandelt werden. In dieser Phase ist Vorsicht geboten, da der ausländische Käufer möglicherweise aufgefordert wird, eine Reservierungsvereinbarung (proposta d'acquisto) zu unterzeichnen und eine kleine Anzahlung zu leisten, um sein Interesse an der Immobilie zu bekunden. Hier ist es ratsam, sich rechtlich beraten zu lassen, bevor man dem zustimmt. In dieser Phase sollte eine Besichtigung der italienischen Immobilie stattfinden. Auch sollten alle notwendigen Recherchen bei den örtlichen Behörden (comune) eingeleitet werden, um die örtlichen Planungs-, Kataster- und Bauvorschriften zu prüfen. Mit der Durchführung dieser Arbeiten und der Erstellung eines schriftlichen, unterzeichneten Berichts sollte ein örtlicher, qualifizierter italienischer Gutachter (geometra) beauftragt werden, der eine wichtige Rolle beim Kauf einer Immobilie in Italien spielt. Er kann den baulichen Zustand und die Plankonformität der Immobilie beurteilen. Auch kann der Experte bestätigen, dass keine illegalen Arbeiten ohne entsprechende Genehmigung durchgeführt wurden. Er kann zudem bestätigen, dass die Immobilie vollständig mit den amtlichen und registrierten Plänen übereinstimmt, was eine gesetzliche Anforderung im Rahmen des Verkaufsabschlusses darstellt. •

Laura Protti www.leplaw.co.uk info@leplaw.co.uk

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