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in den Sommermonaten Trassenmanagement der APG

Trassenmanagement der APG

Die Austrian Power Grid APG betreibt das überregionale Stromnetz in Österreich. Seit einigen Jahren werden auf diesen Stromtrassen verstärkt ökologische Begleit-Maßnahmen durchgeführt. Gerhard Stangl sorgt als zuständiger Leitungsmeister dafür, dass seine Kollegen vom Freileitungsteam und die ausführende Schlägerungsfachfirma die geplanten Trassenfreihaltungsarbeiten im Einklang mit Jagd und Biodiverstität durchführen und berichtet über diese lebensraumverbessernden Maßnahmen.

Das Stromnetz der Austrian Power Grid AG ist das Rückgrat der österreichischen Stromversorgung. Dieses überregionale Übertragungsnetz der APG besteht aus knapp 7.000 km Stromleitungen, die Österreich mit elektrischer Energie versorgen. Sie verbinden die Kraftwerke mit den heimischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und bilden zusammen mit den Verteilernetzen in den einzelnen Bundesländern ein weit verzweigtes Versorgungsnetz. Im Burgenland betreut Gerhard Stangl von der APG einen Abschnitt der 380 kV-Steiermarkleitung zwischen Markt Allhau und Oberwart und einem Teilabschnitt der 380 kV-Burgenlandleitung zwischen Oberwart und Sieggraben. Naturgemäß führen die Stromleitungen durch die verschiedensten Landschaft-

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stypen Österreichs. Technisch problematisch wird das in Bereichen mit Bewuchs, der in die Leiterseile einwachsen kann. Um Strom-Überschläge zwischen Baumbewuchs und Leiterseilen und damit Leitungsausfälle oder auch Waldbrände zu verhindern, ist ein ausreichender Abstand zwischen Baumbewuchs und Leiterseilen herzustellen (in der Regel zumindest sechs Meter). Die Hochspannungsfreileitungstrassen müssen daher in periodischen Abständen freigeschlägert werden bzw. ist die Flächenpflege unterhalb dieser Leitungen eine wesentliche Säule im Wartungsmanagement der APG. Die APG praktiziert Trassenfreihaltungsarbeiten entlang von Hochspannungsfreileitungen hauptsächlich in Waldgebieten. Die Arbeiten erfolgen unter der Prämisse der Betriebssicherheit, der rechtlichen Vorgaben und der ökologischen Gesichtspunkte. Es hat sich gezeigt, dass außerordentlich positive Effekte auf die Umwelt generiert werden und Wild und Jagdwirtschaft bzw. die Ökologie und Biodiversität durch die von der APG gezielt gesetzten Maßnahmen profitieren. Wo Wildkorridore unmittelbar an größere zusammenhängende Waldkomplexe anschließen, kann z.B. eine Freileitungstrasse durch den Wald gute Leitfunktion haben, wenn sie direkt auf diese Bereiche zuführt und ihr Bewuchs sich von der Umgebung deutlich unterscheidet. Die Sektoren im Querschnitt eines Trassenkorridors eignen sich auch gut zur Habitatverbesserung für viele Kleinsäuger. Die Breite der Korridore sollte möglichst 50 – 100 m betragen. In der

Einsaat und Pflege der Stromtrassen mittels Spezialgerät durch die APG

Mitte befindet sich die Rückegasse (5 – 6 m breit), die dem Abtransport des geschlägerten Schlagabraumes nach den

APG

Die Austrian Power Grid AG (APG) betreibt das überregionale Stromnetz in Österreich und ist auch verantwortlich für den Stromaustausch mit den Nachbarländern. Die Stromversorgung funktioniert nach einem wesentlichen Prinzip: Stromerzeugung und Stromverbrauch müssen sich in jeder Sekunde exakt die Waage halten. Nur dann ist das System stabil und die Versorgung sicher. Als unabhängiger Übertragungsnetzbetreiber Österreichs ist es die Kernaufgabe der APG, diese Balance in jedem Moment zu halten. Durch sorgsame und langfristige Netzplanung stellen wir sicher, dass das österreichische Stromversorgungssystem auch in Zukunft den stetig wachsenden Herausforderungen gerecht wird. Mehr als 600 Spezialistinnen und Spezialisten arbeiten in der APG daran, die Balance zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch zu halten, 24 Stunden am Tag und an 365 Tagen im Jahr. Schlägerungsarbeiten dient. Zusätzlich ermöglicht sie den Mitarbeitern der APG bei ihren Kontrollinspektionen die Einsehbarkeit und die Erreichbarkeit der Spannfelder bei Inspektions- oder Wartungsarbeiten. Die Rückegasse wird einmalig gemulcht und anschließend mit einer speziellen Wildäsungsmischung eingesät. Bei der Saatgutmischung hat sich die APG für eine Zusammenstellung entschieden, die einerseits sehr standhaft ist und andererseits auch als ökologisch wertvoll eingestuft werden kann. Durch die Verwendung heimischer Arten erhalten die Saatgutmischungen somit auch den typischen Charakter und durch die Beigabe von Weißklee, Phacelia und Malve sind sie vor allem für Bienen und Insekten sehr wertvoll. Für den schnellen Anwuchs sorgt Buchweizen und Hafer, diese leicht keimenden Arten sind essentiell, da sie den Rest in einer Art Kleinklima heranwachsen lassen. Der Waldstaudenroggen dient als Stütze bei der Unterdrückung von Neophyten sowie als Bodenverfestiger, der gut Erosionen vorbeugt. Weiters wird auch ein Anteil an heimischen Gräsern beigemengt, diese dienen als sehr leicht keimende und genügsame Arten zum Schluss von Lücken, um diversen Neophyten keinen Raum zum Wachsen zu bieten. Dies ist aus fachlicher Sicht ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der heimischen Arten und dient dem Tier- und Artenschutz sowie in hohem Maße dem aktiven Naturschutz. Die Mischung benötigt keine Düngung - im Gegenteil - auf Dünger sollte verzichtet werden, da vor allem Wildblumen magere Standorte lieben und diese sich bei zu starker Düngung wieder „verflüchtigen“. Eine Kalkung mit kohlensaurem Bodenkalk erfolgt nur bei sauren Böden, da ein gutes Wachstum nur bei einem neutralen Boden-pHWert gegeben ist. Ein bis zweimal im Jahr wird die Rückegasse dann unter Einhaltung der Brutzeiten der Tiere geschlegelt. Dadurch ergibt sich eine gut geschützte Äsungsfläche für Niederwildtiere und ein „durchsichtiger“ Mittelstreifen als Blickfang für das Wild allenfalls mit gut versteckten Wasserstellen. Die Koordination und die Finanzierung der Maßnahmen bis hin zur Einsaat und Pflege übernimmt die APG. Die Rückegasse befindet sich vorwiegend in der Mitte des Servitutsstreifens, dessen Aufhiebsbreite ca. 60 m

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beträgt. Die restliche Schlägerungsfläche im Servitutsbereich wird nach Bedarf händisch oder mit speziellen Maschinen bearbeitet, wobei die Wurzelstöcke im Boden bleiben, sodass die forstliche Wiederbewaldung gegeben bleibt. Dabei wird auch Rücksicht genommen, dass weniger schnellwüchsige Baumarten wie Kiefer, Fichte oder Tanne oder auch jene Bäume stehen bleiben, die den Betrieb der Leitung nicht gefährden. Die verlaufenden Übergänge von der Rückegasse zum angrenzenden Hochwald (Waldtrauf) bewirken zudem eine reduzierte Windwurfanfälligkeit der angrenzenden Bestände. Im angrenzenden Hochwald kommt es zur Verminderung von Folgeschäden und Wildverbiss. Äsungsplätze und Unterstände sind im Nahbereich vorhanden. Es wurde festgestellt, dass der Trassenkorridor durch heimische Kleinsäuger etwa 1 bis 2 Jahre nach Abschluß der Arbeiten wiederbesiedelt wird und den Kleinsäugern entsprechende Bedingungen für das Nahrungsangebot und die Fortpflanzung der Art bietet (Deckungsschutz). Kleine Laichbiotope wurden von der APG unter Einbezug der Grundstücks-

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Auch die Anlage von Feuchtbiotopen ist möglich

eigentümer und der örtlichen Jägerschaft errichtet und schaffen so im Trassenkorridor Lebensraum für viele Wasserorganismen und auch andere am oder nahe zum Wasser lebenden Arten (Gelbbauchunken, Frösche, Libellen). Es werden auch zahlreiche Wildtierarten angezogen, die diese Gewässer als Tränke nutzen. Zusätzlich wurden auch bei den Trassenfreihaltungsarbeiten verwachsene und zugeschüttete Biotope wiederhergestellt und in Stand gesetzt. Auch um diese Biotope herum wurde mit Wildäsungsmischungen eingesät und die Flächen werden in die jährlichen Pflegemaßnahmen integriert. Alle Trassenabschnitte, die in der vorhin beschriebenen Weise errichtet, gepflegt und erhalten werden, sind einem kontinuierlichen Monitoring durch eine ökologische Bauaufsicht unterzogen. Die Entwicklung der Pflanzengesellschaften ist dabei ebenso im Fokus der Ökologen wie auch die Erhebung jener Tierarten, die sich diese Lebensräume vermehrt als ihre Habitate zunutze machen. Besonders zahlreiche Vogel- und schon selten gewordene Fledermausarten finden sich in den Trassenabschnitten ein und verdeutlichen eindrucksvoll die Verbesserung der Attraktivität des Lebensraumes der oftmals zu Unrecht herabgewürdigten Flächen der Strominfrastruktur. •

GERHARD STANGL

ist Leitungsmeister bei der APG und für den Betrieb und die Instandhaltung der Hochspannungsleitungen sowie der Trassenabschnitte der Region Süd (südöstliches Niederösterreich, Steiermark und Süd-Burgenland) zuständig. Ausgehend von Erfahrungen aus der Steiermark im Jahr 2014 mit der „Ökologisierung“ der Stromtrassen werden seither die Erfahrung und Erkenntnisse bei aktuellen Projekten eingesetzt und weiter optimiert.

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