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Covid 19 und die Jagd

In den vergangenen Monaten hat sich die Welt stark verändert. Ein Coronavirus, dass von Fledermäusen auf ein Schuppentier und von diesen über einen Wildtiermarkt in China auf den Menschen übertragen wurde, hat die Menschen in Angst und Ungewissheit versetzt. wHR DI Friedrich Prandl

Viele sind und waren mit neuen Herausforderungen wie Ausgangsbeschränkungen, soziale Isolation und Angst um ihre Gesundheit und ihre berufliche Zukunft konfrontiert. Gerade wir Jäger als naturverbundene Menschen sollten aber wissen, dass die Natur immer wieder Grenzen zur Herstellung des natürlichen Gleichgewichts setzt. Als Beispiele sind erwähnt: Zunahme der Erdbevölkerung auf derzeit 8 Milliarden Bewohner und Corona-Pandemie, Massenvermehrung von Borkenkäfer als Antwort auf Trockenheit und falsche Baumartenwahl, stark zunehmende Schwarzwildbestände und ASP usw. Andererseits ist seit dem Auftreten der Tollwut in den 1980er Jahren bekannt, dass nach einer starken Populationsverdünnung bei den Füchsen die Zahl der Welpen pro Fähe von 4 bis 6 Stück in Normaljahren auf 8 bis 12 Stück nach der Reduktion angestiegen ist. Inzwischen hat sich die Situation entspannt und es ist eine Lockerung der Verbote eingetreten, ein Post-Corona ist gerade im Entstehen. In dieser Situation scheint es angebracht über mögliche Auswirkungen der Pandemie auf die Jagd im Burgenland für die Zukunft nachzudenken.

Wildbret

Wildbret ist als gesundes, fettarmes Nahrungsmittel anerkannt. Seine Qualität ist durch die natürliche Lebensweise des Wildes und durch strenge Vorschriften für die Beurteilung vor und nach dem Schuss abgesichert. Die Verwertung erfolgte bisher durch Eigenverbrauch, Abgabe an den WildbretHandel und Direktvermarktung. Durch die Corona-Krise ist ein Rückgang bei der Übernahme durch den Handel eingetreten und durch Zusperren der Gastronomiebetriebe ein wesentlicher Abnehmer weggebrochen. Andererseits darf es durch die Absatzkrise nicht zum Nachlassen der Bejagung z. B. auf © pixabay

02/2020

Schwarzwild kommen, da die Schadensverhinderung bei Schwarzwild und Vermeidung von erhöhten Straßenfallwildziffern bei Rehwild ein wesentlicher Teil der Jagdausübung sind. Es sind daher neue Strategien zu entwickeln. Dabei wird der Schwerpunkt auf der Direktvermarktung mit Zustellung von zerwirktem Wild zum Konsumenten nach dem Motto: „Regionalität kommt ins Haus“ liegen. Erfreulicherweise wird im Burgenland von immer mehr Jagdgesellschaften und Eigenjagdberechtigten die Wildbret-Direktvermarktung in verschiedenen Formen praktiziert. Die Corona-Krise zeigte aber auch, dass das Interesse an „aufbereitetem“ Wildbret größer als bisher angenommen. Der BLJV als Interessenvertretung der gesamten Bgld. Jägerschaft hat daher die konsumentengerechte Wildbretvermarktung in einem Fachartikel zu den Themen „Faktencheck“ „Wildbret aufbrechen“, „Zerwirken und Hygiene im Revier“ im neugestaltetem Mitteilungsblatt „Jagd im Burgenland“ 1/20 eingeleitet und mit dem Projekt „Wildes Burgenland“ die Umsetzung in der Praxis ermöglicht. Bei dieser neuen Vermarktungsplattform wurden die erlegten Stücke vom Revier abgeholt, in einem zertifizierten Verarbeitungsbetrieb küchenfertig zerwirkt, vakuumiert und etikettiert und wieder ins Revier zur weiteren Abgabe an die Konsumenten zurückgebracht. Diese einmaligen Leistungen wurden mit folgenden Kosten für die Revierinhaber erbracht: Rehwild: € 35,00 pro Stück Schwarzwild € 55,00 pro Stück Rotwild € 75,00 pro Stück Für die Anschaffung eines Kühlschrankes zur Lagerung der erlegten Stücke gewährt der BLJV eine Förderung von 20% des Kaufpreises des Kühlschrankes. Nähere Information sind auf der Homepage des BLJV www.bgld.burgenland.at oder per E-Mail Wildbret@bljv.at erhältlich.

02/2020

Die Corona-Krise und die verschiedenen Initiativen zeigen, dass die Wildbretverwertung hinkünftig eine wesentliche jagdbetriebliche und nachhaltige Tätigkeit sein wird. Die Vorhaben entsprechen auch den Plänen der Burgenländischen Landesregierung nach Schaffung einer eigenen Biovermarktungsgesellschaft bis 2021, mit der faire Preise für Konsumenten und Erzeuger durch Wegfallen von Zwischenhändlern geschaffen werden sollen.

Jagdgebietsfeststellung und Jagdpacht

Im Herbst 2020 beginnen die Jagdgebietsfeststellungen durch die Bezirksverwaltungsbehörden für die neue neunjährige Jagdpachtperiode von 2023 bis 2031 mit der Feststellung der Eigenjagdgebiete. Nach deren Abschluss erfolgt die Feststellung der Genossenschaftsjagdgebiete. Dabei wird neben der Größe der Jagdgebiete auch deren Struktur durch Ausscheidung von Jagdruhegebieten und Vorpachtrechten festgelegt. Nach dem neuen Bgld. Jagdgesetz 2017 haben bei Genossenschaftsjagdgebieten die Vertreter der Grundeigentümer (Jagdausschuss) mit Einbindung des Jagausübungsberechtigen die Möglichkeit zu prüfen, welche Grundstücke hinkünftig bejagbar sind. Als Grundlage hierfür dient ein von der Bezirksverwaltungsbehörde übermitteltes Grundstücksverzeichnis und der rechtsgültige Flächenwidmungsplan der Gemeinde. Mit dieser neuen Bestimmung wird eine bessere Beschreibung des Jagdgebietes hinsichtlich der Lebensräume und jagdlichen Bewirtschaftungsmöglichkeiten und somit seiner Wertigkeit ermöglicht. Das Mitspracherecht der Jagdausübungsberechtigten eröffnet erstmalig auch die Möglichkeit zu deponieren, welche Maßnahmen im Revier notwendig sind wie z. B. Einschränkung der verbauten Flächen in Randgebieten und im Freiland, Ausscheidung von Tourismus- und Wildruhezonen, Anlage eines zentralen Aufbrechplatzes usw. Damit soll der Wert des Revieres sichergestellt bzw. verbessert und eine Grundlage für die Verpachtung geschaffen werden Die Höhe der Pachtbeträge die im Burgenland derzeit im Spitzenfeld von Österreich liegen, werden hinkünftig von den vorkommenden Wildarten, dem Lebensraum und seiner Belastung durch Tourismus etc., aber auch von den Einkommensverhältnissen der Pachtinteressenten nach der Corona-Krise abhängig sein. Auch ein Ausfall des Schwarzwildes durch die ASP – das Schwarzwild ist dzt. das zweithäufigste und trotz hoher Wildschadensanfälligkeit die pachtbestimmende Schalenwildart im Burgenland – lässt eine deutliche Wertminderung der Revier erwarten. Pachtbeeinflussend können auch die nach Rechtskraft der Feststellungsbescheide möglichen Vergaben von Genossenschaftsjagdgebieten durch Zusammenfall mit der voraussichtlich im Jahr 2022 im Burgenland stattfindenden Gemeinderatswahlen sein. Die Jagdvergabe kann für den Bürgermeister in einer Gemeinde das politische Überleben kosten, wie Erfahrungen in vergangenen Jagdperioden zeigten.

Lebensräume und Tourismus

Viele Prognosen sagen für die Zukunft eine Abnahme des Auslandstourismus und Zunahme der Besucher aus dem Inland voraus, wie bereits während der Corona Krise in den Revieren zu bemerken war. Immer mehr Menschen wollen Natur um sich haben und in der Natur baden. Die gesetzliche Waldöffnung im Jahr 1975 mit einer fast uneingeschränkten Begehbarkeit des Waldes hat die Situation weiter verschärft. Seit Ende er 80er Jahre ist auch in der Europäischen Charta durch das Europäische Parlament festgelegt worden: „Der Fußgänger hat das Recht, in einer

gesunden, offenen Umwelt zu leben und die öffentlichen Straßen und Plätze zu angemessenen Bedingungen für die Sicherheit seiner körperlichen und seelischen Gesundheit frei zu benutzen“. Vor diesem Hintergrund wird besonders im urbanen Bereich eine ökologische Raumplanung oder ein „Lebensraummanagement“ hinkünftig unausweichlich sein, wobei zu beachten sein wird, dass eine deutliche Mehrzahl an Nichtjägern einer Minderzahl an Jägern gegenübersteht. Die Grundzüge eines „Lebensraummanagement“ können nur an einem runden Tisch mit Vertretern der Grundeigentümer, Jagdausübungsberechtigten, Gemeinde-, Fremdenverkehr und Naturschutz erarbeitet werden. Der fachliche Inhalt wird wird neben der Festlegung der bejagbaren Flächen (siehe Kapitel Jagdgebietsfeststellung und Jagdpacht) auch eine Ausscheidung von Zonen für Tourismus und von Wildruhegebiete umfassen. In beiden Zonen muss eine auf die Wildschadensprävention abgestimmte Bejagungsmöglichkeit erhalten bleiben. Die Kennzeichnung der Zonen ist durch Gebotstafeln, d.h. Tafeln mit kurz gefassten Erläuterungen zum Verhalten in der Natur und den notwendigen Einschränkungen und nicht mit Verbotstafeln vorzunehmen. Verbotstafeln werden nach bisherigen Erfahrungen langfristig kaum beachtet und führen eher zu Abneigungsäußerungen seitens der Besucher. Da bei den Teilnehmern an einem runden Tisch die Jagdausübungsberechtigten meist die einzigen Teilnehmer sind, die für ihre Tätigkeit in der Natur einen jährlichen Beitrag (=Jagdpacht) leisten, ist eine flächenbezogene Entschädigung für die jagdlichen Einschränkungen in der Tourismuszone durch den Fremdenverkehr oder die politische Gemeinde angebracht. Dieser Beitrag kann zusammen mit dem gesetzlich festgelegten 10% Anteil am jährlichen Pachtbetrag (siehe § 50 Bgld. Jagdgesetz 2017) und einer Unterstützung aus der Jagdabgabe des BLJV für lebensraumverbessernde Maßnahmen wie z. B. Verbesserung der Wasserversorgung, verwendet werden. Viele Betroffene werden diese in anderen Ländern bereits umgesetzten Anregungen im Burgenland für nicht durchführbar halten. Ihre Verwirklichung ist jedenfalls einen Versuch im Hinblick auf die anstehende Jagdverpachtung wert und kann viel Ärger in der Zukunft ersparen.

Jäger und Öffentlichkeit

Wie andere Organisationen ist die Jägerschaft bemüht ihre Leistungen in der Öffentlichkeit darzustellen. Diese PR-Arbeit beginnt bei der Standesvertretung und endet beim einzelnen Jäger und ist die Grundlage für die Beurteilung des Jägers und seiner Tätigkeit. Neueste Untersuchungen bescheinigen der Jägerschaft hohe Akzeptanz als Lieferant von gesundem Wildbret und als Lebensraumbetreuer und -gestalter; wobei das Verständnis bei der Landbevölkerung größer als im urbanen Bereich ist. Das Zusammenleben zwischen Jägern und anderen Naturnutzern ist im Revierbereich meist abhängig von der Wahrung einer respektvollen Gesprächskultur, was für den Jäger bei laufenden Übertretungen von Verboten durch andere Naturnutzer nicht immer leicht ist. Seitens der Jägerschaft werden auch im Burgenland große Anstrengungen unternommen, das Verständnis für die Jagd als Lebensraumgestalter, Wildstandsregulator, Wirtschaftsfaktor und Wildbretlieferant, durch Führung von Schulklassen, einer sehr erfolgreicher Einrichtungen wie die Werkstatt Natur in Marz und verschiedenen Veranstaltungen zu fördern. Diese Aktivitäten sind gerade in der Zeit der Corona-Krise sehr wichtig, da sich besonders der Wald großer Beliebtheit der Erholungssuchenden erfreut. Die erfolgreiche Umsetzung dieser Öffentlichkeitsarbeit kann nur durch eine geschlossene Standesvertretung, wie sie der gut aufgestellte und liquide BLJV derzeit ist, gewährleistet werden.

Ausblicke

Die Corona-Krise wird die Einstellung des Menschen zur Natur ändern und vieles wird nach der Krise anders als bisher sein. Einem Sprichwort folgend sind es nicht schlechten Nachrichten die Angst machen, sondern die Unwissenheit. Verschieden Prognosen erwarten eine Wende zu mehr Nachhaltigkeit und Regionalität, sowie eine Besinnung auf natürliche Zusammenhänge. Wir dürfen aber keine Rückkehr zu ehemaligen Zuständen oder zur Selbstversorgung erwarten, denn Kreativität und Wachstum ist die Grundlage unseres Wohlstandes. Bei der Jagd werden neue Wege bei der Wildbretverwertung, beim Lebensraummanagement, in einer erhöhten Informations- und Dialogbereitschaft und einer stärkeren Ausrichtung der Bejagung auf die Lebensweise des Wildes zu berücksichtigen sein. Als Motto sollte gelten: „Jede Krise hat bisher Grundlagen für einen Neuanfang gebracht.“ •

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