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die wichtigste Säule Biotopverbessernde

Biotopverbessernde Maßnahmen im Niederwildrevier

Die Niederwildhege im Revier Zurndorf Süd wird seit vielen Jahren groß geschrieben. Revierinhaber Leitzinger sowie Revierjäger Himmler berichten über ihre Erfahrungen bei der Niederwildhege.

Wir alle leben in sich sehr schnell verändernden Zeiten und das Gleiche gilt für unsere Lebensräume und Wildtiere. Kleinste Veränderungen in der Agrarlandschaft oder Agrarpolitik können regional große Vor- oder Nachteile bewirken. Es ist daher essenziell, in unseren Re-

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vieren die Lebensräume zu erhalten bzw. diese zu verbessern, um möglichst vielen Arten einen „Lebens-Raum“ zu bieten. Sich dabei „nur“ auf jagdbare Wildarten zu beschränken, ist kurzsichtig und nicht zielführend. Es muss das große Ganze gesehen werden, um Mangelerscheinungen auszugleichen. Kleine Dinge können große Erfolge erzielen! Wegränder, Raine bzw. Zuackerung - wenn auch nur Gräser stehen bleiben - bieten ein Zuhause für eine Vielzahl von Lebewesen. Ziel muss es sein, Kleinbiotope zu schaffen, um eine Habitatverbesserung zu erhalten!

Sida Miscanthus Diese Pflanzen kommen auch mit nur sehr wenig Feuchtigkeit aus. Beide Pflanzen sind rund 20 Jahre nutzbar und werden 3-5 Meter hoch.

Der Erfolg ruht auf 3 Säulen – Lebensraum, Äsungsangebot und Prädatoren-Management. Wird nur eine dieser Säulen vernachlässigt, so stürzt dies den Erfolg.

Vorweg: Effiziente Raubwildbejagung von Fuchs, Dachs, Marder oder Aaskrähe mittels Falle oder Gewehr ist für einen stabilen, nachhaltig nutzbaren Niederwildbestand unabdingbar. Das Prädatoren-Management ist allerdings ein umfangreiches Thema, auf das in diesem Artikel nicht eingegangen wird.

Lebensraum - Wildäcker

Die Verbesserung des Lebensraumes und des Äsungsangebotes gehen Hand in Hand. Wird der Lebensraum entsprechend gestaltet, bietet er Schutz aber auch Nahrung. Vor diesem Hintergrund sind unsere Aktivitäten im Bereich Lebensraum zu sehen. Anfänglich waren wir mit Mais und Co. Die Kante zwischen Acker und Wiese/ Blühstreifen ist zu hoch. Küken können diesen bei bei Gefahr nicht überwinden

nur bedingt erfolgreich. Denn diese Früchte sind nur für eine relativ kurze Zeit für das Niederwild attraktiv. Um in der Biodiversität bzw. bei den Bioindikatoren nachhaltig etwas zu verändern, sollten die Saaten der Wildäcker so geplant werden, dass diese, fehlende Parameter im Biotop bzw. bei der Äsung ausgleichen. Die Schwierigkeit liegt darin, den Mangel zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu setzen, um diesen auszugleichen.

Nach heutigem Wissenstand bauen wir die Wildackerflächen folgenermaßen auf:

n

n n n n Die Hauptwindrichtung (die windgeschützte Seite ist wärmer und daher nochmals attraktiver)

Windschutzmischung – Sorghum 36 cm Reihen Brutmischung – Gras Klee 12cm Reihen Dauereinstand – Hecke, Miscantus, … Äsung/Blühmischung 50 cm Reihen

So entstehen um 2 Randzonen mehr gegenüber herkömmlicher Bewirtschaftung Diese Vielfallt sorgt für mehr Nahrungsangebot und ein mehr an Lebensraum!

Diese schüttere Anbauweise macht die Fläche noch attraktiver.

Als Dauereinstand haben sich Miscanthus (Elefantengras), Sida (blühende Energiepflanze) und Heckenpflanzen (Kornelkirsche, Liguster, …) bewährt.

Beispiel einer Blüh-/Äsungsmischung

Bei der Anlage von Blühfächen/Äsungsmischungen sollte so eingesät werden, dass der Boden erkennbar bleibt, damit sich das Wild auch darin geschützt bewegen kann. Selbst das beste Saatgut wird minderen Erfolg bringen, wenn es zu dicht gesät ist und die Fortbewegung des Niederwildes behindert. Mut zur Lücke ist angesagt! Ackerfurchen sollten nicht in der Nähe von Brutstreifen sein, da die Henne ihre Küken über diese hinwegführt. Bei Gefahr flüchtet die Henne in die Deckung zurück jedoch das Gesperre bleibt bis zur Flugfähigkeit an dieser Kante hängen. Und ist somit Prädatoren schutzlos ausgeliefert! Hier empfiehlt es sich mit dem Spaten zumindest im Fütterungsbereich Aufstiegshilfen zu schaffen.

Äsungsangebot

Die Erntemaschinen, die noch vor 10 Jahren 2 – 10 % Getreide bei der Arbeit verloren haben, kommen heutzutage praktisch ohne Verluste aus. Die Stop-

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pelfelder, die Fasan und Rebhuhn gerne aufsuchen, um Insekten und Körner aufzunehmen, werden meist direkt hinter dem Mähwerk umgebrochen. Diese Rückstände in Form von Getreide bzw. Struktur sind vor allem für die Überwinterung des Niederwildes essenziell. Randzonen an Feldern mit Gräsern und Kräutern, die einen Teil der Grünäsung für Hase, Fasan und Rebhuhn darstellen, existieren vielfach nicht mehr. Durch den Klimawandel kommt es immer öfter zu ausgeprägten Trockenperioden im Frühjahr und zur Verschiebung der Frostperioden nach hinten, wodurch keine oder nicht ausreichende Brut- bzw. Deckungsmöglichkeiten heranwachsen. Die Niederschläge in den Sommermonaten fallen nahezu aus, dadurch entsteht ein großer Wassermangel generell bzw. ein Äsungsmangel an Gräsern, Wasser ist Leben!

Blüten und Samen durch vermindertes Wachstum. Dort, wo flächige Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensraum nicht oder nur minder möglich sind, muss mit punktuellen Maßnahmen, wie z.B. Futterkübel/Futterfässer bzw. Wasserspender gearbeitet werden. Bei entsprechender Anlage (Deckung/ Einstand in der Nähe, Erreichbarkeit zur Beschickung, etc.) können wertvolle Akzente im Revier gesetzt werden, die das Niederwild, aber auch andere Tierarten in der Notzeit des gesamten Jahres unterstützen. In den letzten Jahren war die Anlage von Tränken eine der Hauptaufgabe in unserem Revier bei der Niederwildhege. Die trockenen Sommer sind eine besondere Herausforderung für das Wild. Wasserbehälter mit Schwimmersystem haben sich im Besonderen be-

Futterfässer: Der Abstand zum Boden sollte ca. 20cm betragen.

währt, da das Wasser je nach Bedarf nachfließt. Kleine Behältnisse und ein Aufstellen wenn möglich unter Schirm verhindert zu hohe Verdunstungsverlust. In unserem Revier wurden im Jahr 2019 in Summe 235.000 Liter (!) Wasser (Anm.: eine Badewanne (Vollbad) hat rund 120 Liter – das wären 5,4 Badewannen pro Tag) ausgebracht.

Wasser heißt Leben! Bei lichtundurchlässigen Behältern entstehen keine Algen. Das Schwimmersystem wird nicht verstopft.

Aufgrund von Hitze und fehlendem Niederschlag wächst keine Grünäsung für das Federwild nach. Dieser Mangel kann nur mit Zufütterung über die Futterfässer ausgeglichen werden. Mit althergebrachten Methoden wäre diese Notzeit nicht oder nur sehr schwer auszugleichen gewesen. Im Normalfall sind in unserem Revier die Futterfässer über die Sommermonate nicht beschickt, es sei denn die fehlende Vegetation macht eine Zufütterung notwendig. Die Futterfässer haben unterhalb eine Spirale (bzw. Feder) aus Metall (am Besten Nieroster-Material) aus der das Futtermittel (Körner) fällt bzw. durch Picken oder Bewegen der Feder herausfällt. Um die Abstände zwischen den Spiralen zu vergrößern, kann die Feder mittels Draht zur Seite gespannt werden. Die Fässer werden auf kreisrund eingesteckten Baustahlmatten fixiert. So ist gewährleistet, dass ausschließlich kleines Wild durch die Gitter zur Spirale kommt und die Körner aufnehmen kann. Unterhalb der Feder wird eine Steinplatte (z.B. Waschbeton) gelegt, damit die Körner nicht in den Schmutz/Nässe fallen. Wenn die Futterstelle durch zu hohe Frequentierung schmutzig wird, bzw. die Grasnarbe zerstört oder durchbrochen ist, kann die gesamte Konstruktion einfach um ein paar Meter versetzt werden.

Als Futtermittel hat sich reiner Weizen bewährt, natürlich können auch Samen beigemischt werden, um die Singvögel oder andere Bioindikatoren zu stärken.

Plexiglastrichter (oben) oder Spirale (unten)

Vorteile der Fütterkübel

• Steigerung der Artenvielfallt • Das Futter im Behälter ist immer trocken • Dauerhaft vorhanden • Gezielte Fütterung von Niederwild • Unter der Steinplatte sind immer

Insekten • Entlastung der Balzkämpfe • Keine Keime durch Kot im Futter, gegenüber der Schütte • Der Gitterkorb sorgt für ungestörte Äsung Verschieden Anbieter liefern diese Futterfässer auch mit Plexiglastrichter, durch die das Futtermittel fällt, aus. Aufgrund unserer Erfahrung überwiegen allerdings die Vorteile der Metallfeder gegenüber der Plexiglasversion: • Durch das Spannen eines Drahtes vom Federende zum Gitterrahmen kann die Futtermenge reguliertwerden • Durch die Drahtspannung rutschen

Fremdkörper bis an das Ende der

Feder, ohne diese zu verstopfen • Ist die Futterfeder so ausgerichtet,

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Diverse Insekteneier unter den Steinplatten bewirken ein reiches Angebot an tierischem Eiweiß, welches zur Aufzucht der Gesperre lebensnotwendig ist.

dass das Ende in die Hauptwindrichtung steht, kann keine Nässe in die Spirale eindringen. Somit bleibt dieser Bereich immer trocken. Gemeinsam mit lebensraumverbessernden Maßnahmen kann das Äsungsangebot entsprechend verbessert werden. Im Revier werden dazu Topinambur Felder (Süßkartoffel) angelegt. Diese werden ja nach Witterung Ende des Winters ausgegrubbert, um die Knollen als Äsung anzubieten. Dieser Arbeitsgang schlägt 2 Fliegen mit einer Klappe: Die Knollen werden ausgedünnt und wachsen in Reihen sodass die Deckungsfläche für das Federwild wesentlich interessanter wird. Diese Urkartoffel wächst bei nahezu jeder Witterung, und wird bei entsprechenden Bedingungen bis zu 3m hoch. Einmal ausgebracht wächst diese unaufhörlich jedes Jahr von neuem!

02/2020 Fazit

Lebensraumverbessernden Maßnahmen im Revier können als flächige Maßnahmen oder als punktuelle Maßnahmen durchgeführt werden. Bei dem fortschreitenden Flächenverlust durch Verkehr, Siedlung und Tourismus ist die Erhaltung bzw. Wiederherstellung von Lebensraum unabdingbar. Dabei fungieren die Wildarten Rebhuhn, Fasan und Hase als Indikatorarten, durch die Maßnahmen profitieren deutlich mehr Arten wie Bodenbrüter oder Insekten (Stichwort Bienenwiese). Damit wird auch klar, dass der Grundbesitzer bzw. Landbewirtschafter den größten Hebel für Verbesserungen in der Hand hält. Mit ihm ist unbedingt eine Zusammenarbeit anzustreben, eine „Win-Win-Situation“ muss hier das Ziel sein, um die Artenvielfalt zu beleben bzw. zu erhalten. Jede noch so kleine Bevor wir die Wildäcker von Ertragsflächen auf Äsungsflächen umgestellt haben, kam es immer wieder zu vermehrtem Hasensterben. Durch Erhöhung des Äsungsangebots in der vegetationslosen Zeit konnten diese Ausfälle ausgeglichen werden. Zudem erleichtert es die Aufzucht des ersten Hasen-Satzes im Frühjahr.

Fläche hilft, die Lebensbedingungen des Niederwildes zu verbessern! Niederwildhege ist „Knochenarbeit“ und anhand dieser ausgewählten Beispiele aus unserem Revier ist ersichtlich, wie umfangreich die Maßnahmen sind bzw. sein können, um Lebensräume auszubauen. Mit diesem kleinen Auszug in der Niederwildhege hoffen wir, dass einige neugierig werden und es ebenfalls versuchen! •

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