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Serie: Event-Know-how

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Erlebnismarketing

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Events und Emotionen – Einblicke in die Forschung 2014

Seit sechs Jahren ist die Wissenschaftliche Konferenz Eventforschung an der TU Chemnitz im deutschsprachigen Raum eine feste Institution. Die 2009 vom Lehrstuhl für Marketing initiierte Konferenz ist zu derPlattform des Dialogs zwischen Eventforschern und Eventpraxis geworden. Wissenschaftler, Lehrende und Professionals kamen in diesem Jahr zum Schwerpunktthema „Events und Emotionen“ zu spannenden Vorträgen und Diskussionen zusammen, die das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchteten und zu neuen Einsichten führten. TEXT: Univ.-Prof. Dr. Cornelia Zanger, TU Chemnitz – Lehrstuhl für Marketing und Handelsbetriebslehre

NACHDEM AUF DEN KONFERENZEN der vergangenen Jahre ein breites Themenspektrum vorgestellt wurden war, so etwa die Nachhaltigkeit von Events, Events und Social Media, Events und Sport oder Messen und Events, waren die Referenten in diesem Jahr aufgerufen Arbeiten vorzustellen, die die emotionale Wirkung von Events untersuchen. Die große Resonanz auf den Call for Papers und die Qualität der Beitragsmeldungen machten es leicht, ein anspruchsvolles Konferenzprogramm zusammenzustellen. Die besondere Kommunikationsqualität von Live-Kommunikation im Allgemeinen und von Events im Besonderen liegt in der Möglichkeit zur Emotionalisierung der Teilnehmer. Selbst gering involvierte Konsumenten können durch multisensual vermittelte Erlebnisse aktiviert und emotional angesprochen werden. Eventkommunikation schafft auf diesem Weg die Voraussetzung, um Markenbotschaften über emotionale Ansprache zu vermitteln, das Markenimage zu profilieren und die emotionale Differenzierung vom

Wettbewerb zu erreichen. In drei Keynotes wurde diese besondere Wirkung von Events aus psychologischer Sicht, aus der Perspektive eines eventveranstaltenden Unternehmens und aus Agenturensicht eindrucksvoll analysiert. Der Psychologieprofessor Udo Rudolph arbeitete unter dem Motto „Es gibt nichts Gutes, außer man fühlt es…“ heraus, wie Emotionen wichtige Handlungsimpulse im Alltag geben, und zeigte, dass es einige (wenige) Emotionen wie Freude/Glück, Überraschung und Ärger gibt, die im Kontext des Marketing intensiv eingesetzt werden. Freude und Glück stellen sich dabei als die „Arbeitspferde“ zur positiven Emotionalisierung dar. Im Ergebnis seiner Forschungsarbeiten zu Emotionen im Alltag plädierte er dafür, die Palette der Emotionen bei der Eventkreation stärken auszureizen und beispielsweise auch Bewunderung, Stolz, Dankbarkeit, Respekt und Ehrfurcht als positive Emotionen einzusetzen. Corinna Vellnagel stellte als Projektleiterin Marketing Communications BMW M

aus München vor, wie bis ins Detail durchdachte Eventkonzepte die Markenwerte von BMW M für die Kunden in faszinierenden Events emotional erlebbar machen. „Touch Me If You Can“ – Sabine Clausecker sprach als CEO der Agentur CB.e aus Berlin über die hohe Kunst, Menschen mit Events wirklich zu berühren. Dabei ging sie insbesondere darauf ein, wie es gelingt, bei Events überraschende Geschichten zu erzählen, die die Teilnehmer im Spannungsfeld zwischen persönlichen und kollektiven Erlebnissen zu emotionalen Gedächtnisbildern führen. Von weither angereist war der Direktor des Australian Center for Event Management, Professor Rob Harris von der University of Technology Sydney, der in seinem Vortrag über die emotionale Wirkung von Musik-Festivals sprach. Um das Erlebnispotential emotionale Inszenierung drehte sich der Vortrag von Professor Jan Drengner von der Hochschule Worms, der auf Basis von bewertungstheoretischen Ansätzen herausarbeitete, dass Events dann als nicht-alltägliches, für den

Teilnehmer wertstiftendes Ereignis wahrgenommen werden, wenn sie als besonders neuartig bewertet und als grundsätzlich positiver Stimulus empfunden werden sowie einen Beitrag zum Erreichen gesetzter Ziele des Teilnehmers hinsichtlich des individuellen Wohlbefindens leisten. Die spezifischen Musikwünsche von bestimmten Zielgruppen bei Events untersuchte Professor Bernd Schabbing von der International School of Management in Dortmund und befand dabei, dass gängige Segmentierungskriterien wie Einkommen und Beruf nur eine geringe Erklärungskraft für den bevorzugten Musikstil besitzen. Lediglich das Alter konnte aktuell noch als Erklärung für unterschiedlichen Musikgeschmack herangezogen werden. Ziel dieser Forschungsarbeiten ist es, Hinweise für die zielgruppenbezogene Musikauswahl bei Events zu geben. Mit Fragen der Inszenierung beschäftigte sich auch der Beitrag von Professorin Susanne Doppler und Eva Holzhütter von der Hochschule für Internationales Management Heidelberg. Die Frage nach der emotionalen Nachhaltigkeit (Erinnerungswirkung nach zwei Wochen) einzelner Szenen einer Theateraufführung wurde anhand der eingesetzten szenischen Mittel wie z.B. Musik, Gesang und Bühnenbild untersucht. Als Schlussfolgerungen für die Kreation von Maßnahmen der Live-Kommunikation wurde von den Referentinnen festgehalten, dass intensiv empfundene positive (aber auch negative) Emotionen besonders nachhaltig sind und dass Musik als szenisches Mittel die emotionale Nachhaltigkeit steuert. Eine weitere Gruppe von Vorträgen beschäftigte sich mit dem kollektiven Erleben von Emotionen. Professor Georg Herbst von der Universität der Künste Berlin referierte zu der Bedeutung von Spiegelphänomenen für die emotionale Wirkung von Events und machte an Beispielen eindrucksvoll deutlich, wie Menschen die Emotionen und Handlungsziele ihres Gegenüber erkennen und auf diese Weise mittels einer emotionalen Dramaturgie die Gefühle der Teilnehmer bei einem Event gesteuert werden können. Katja Lohmann von der TU Chemnitz konnte im Rahmen einer empirischen Studie beim Public Viewing anlässlich der FIFA Fußball-WM 2014 nachweisen, wie „emotionale Ansteckung“ die individuellen Emotionen von Eventteilnehmern insbesondere bei positiven Emotionen wie ‚erfreut‘, ‚begeistert‘ oder (positiv) ‚überrascht‘ verstärkt sowie eine angenehme Eventatmosphäre unterstützt und das Gemeinschaftserlebnis der Teilnehmer intensiviert. Mit emotionaler Ansteckung beschäftigten sich auch Professorin Antje Wolf und Ulrike Jackson von der EBC Hochschule Hamburg. Am Beispiel des Lichtfestes in Leipzig konnten sie verdeutlichen, dass individuelle Emotionen sich innerhalb kürzester Zeit ausweiten, wenn sich die Eventteilnehmer mit dem Eventanlass identifizieren, eine Zugehörigkeit durch soziale Nähe empfinden und keine „Schwellen“ aufgrund von gegensätzlichen gesellschaftlichen Normen und Erwartungen bestehen.

Einen wirksamen Markenschutz im Eventbereich forderte die Rechtsanwältin Mandy Risch-Kerst von EVENTLawyers aus Berlin. Sie erörterte die rechtlichen Möglichkeiten und stellte die Vorteile des Markenschutzes am Beispiel von sportlichen Großereignissen für die Gewinnung von Sponsoren und die effektive Abwehr von „Trittbrettfahrern“ im Rahmen von Ambush Marketing heraus. Das Thema Wirkung von Eventmarken wurde ebenfalls von Professor Sören Bär und Kathleen Lehnigk von der Staatlichen Studienakademie Riesa in einer empirischen Untersuchung aufgegriffen. Am Beispiel von Musikfestivals konnten sie u. a. bestätigen, dass ein Festival, das als Marke wahrgenommen wird, von den Besuchern als vertrauenswürdiger und zuverlässiger eingeschätzt wird.

Weitere Beiträge beschäftigten sich mit neuen Entwicklungen im Eventbereich. So stellte Torsten Jensen von der Asandoo GmbH/TU Kaiserslautern die iBeacon-Technologie zur Messung von multisensorischen Event- und Messeerlebnissen vor, und Dr. Kai-Uwe Hellmann vom Institut für Soziologie der TU Berlin konnte erste empirische Ergebnisse zu der noch jungen Eventform der Barcamps darstellen.

Als grundsätzliches Fazit der Eventkonferenz 2014 bleibt festzuhalten: Die positive Emotionalisierung der Eventteilnehmer, die Vermittlung von Freunde am echten, am Live-Erlebnis – das sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren von Event als Instrument der Live-Kommunikation.

Weitere Informationen unter www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/bwl2/eventforschung oder cornelia.zanger@wirtschaft.tu-chemnitz.de.

3 Prof. Rob Harris aus Sydney wird von Frau Prof. Cornelia Zanger vorgestellt.

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