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15 minute read
Udo Jürgens wird 80
Meine Lieder gehen ihre eigenen Wege
TEXT CHRISTOPH BERNDL
BAHNHOF WIEN MITTE. Umsteigeknoten für Tausende Menschen. Nicht erst seit der Neugestaltung des Areals und der Eröffnung eines großen Einkaufszentrums Anfang November 2012 strömen hier tagtäglich die Massen. Auf den ersten Blick ein idealer Standort. Das dachte sich wohl auch die Erdberger Musiklegende Joe Zawinul, als er hier, unter der Wien-Dependance einer US-amerikanischen Hotelkette, 2004 sein Birdland eröffnete. Es sollte der Treffpunkt für Jazzfans werden. Klingende Namen standen auf dem Programm. Doch von Beginn an gab es immer wieder finanzielle Probleme. 2008, nur ein Jahr nach Zawinuls Tod, wurde schließlich ein Konkursverfahren eröffnet. Da sich keine Investoren fanden, wurde der Club geschlossen.
Jammen mit Zawinul und Gulda
Heute beherbergt das Lokal die Clubdiskothek [box] vienna. An diesem späten Februar-Nachmittag steht jedoch andere Musik als Urban Club-House auf dem Programm. Udo Jürgens, der Grandseigneur unter den deutschsprachigen Liedermachen, hat geladen, um sein neues Album zu präsentieren. Zwischen die einzelnen Songs streut er Anekdoten – und da taucht eben auch Joe Zawinul wieder auf. „Joe kannte ich, seit ich Anfang 20 war. Wir haben uns immer getroffen, wenn er und ich in Wien waren. Er war ja damals schon sehr erfolgreich und ein begnadeter Pianist. Wir gingen immer in die Adebar, die damals ein ganz berühmter Treffpunkt junger Menschen war. Dort stand auch ein Klavier. Da waren auch Fatty George und der Friedrich Gulda. Wir waren eine Clique. Dann haben alle abwechselnd gespielt und ich durfte auch hie und da ans Klavier. Joe sagte damals zum mir: ,Klavier spielen kannst ned, aber wenn’st dazu singst, is’ es tadellos.‘ Joe hat mir immer geraten, mich auf meine Lieder zu konzentrieren. Das war auch freundschaftlich eine große Zeit“, erinnert sich Udo Jürgens zurück.
Fast ohne Nr. 1 an die Spitze
53 Alben später steht fest: Zawinuls Prophezeiung ist mehr als aufgegangen. Er hat schon damals etwas im jungen Udo erkannt, das anderen scheinbar noch verborgen blieb. Der Karriereweg – von der Teilnahme an einem Komponistenwettbewerb des ORF in die Hitparaden – verlief keineswegs auf einer geraden Linie. Doch aufgeben war für Jürgens ein Fremdwort. 1964, 1965 und 1966 ging er beim ‚Grand Prix Eurovision de la Chanson‘ für Österreich an den Start, den er bei seiner dritten Teilnahme mit „Merci, Chérie“ gewinnen konnte. Jetzt kannte man ihn in ganz Europa und darüber hinaus. Die Karriere dauert bis heute an, obwohl Jürgens die Spitze der Charts meist verwehrt blieb. „Es gibt wohl niemanden auf der Welt, der sehr erfolgreich ist und dabei so wenige Nummer-Eins-Hits gehabt hat wie ich. Im habe im Rückblick
„Ich weiß, was ich will“ halten viele seiner Fans für Udo Jürgens besten Song. Mit knapp 80 stellt der Entertainer erneut klar, dass dieser Songtitel mehr ist als bloß eine Zeile Text. Sein neues Album hat er so produziert, wie er es schon immer wollte – stressfrei und ohne Druck von außen.
FOTO: DOMINIK BECKMANN
„Die Zukunft kann ich nicht beeinflussen, sie gestaltet sich durch das, was ich tue.“
Udo Jürgens blickt auch mit knapp 80 nach vorne.
Alle Generationen fest im Griff: Das Publikum von Udo Jürgens zieht sich bis heute quer durch alle Altersschichten.
„Dem Alter kann man nicht entfliehen. Da musst du einfach sagen, jetzt ist es da und in irgendeiner Weise muss ich es annehmen – auch wenn es schwer ist und mich manchmal erschreckt.“ Udo Jürgens über seinen Umgang mit dem Älterwerden
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Zwischen den beiden Bildern liegen Jahrzehnte und doch ist Udo Jürgens der Alte geblieben: Auf seinem neuen Album lässt er seine Fans wieder wissen, worüber er sich derzeit den Kopf zerbricht – von der Liebe bis zur aktuellen Lage der Welt.
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unglaubliche viele bekannte Lieder, aber echte Hits wie ,Aber bitte mit Sahne‘ waren wenige dabei. ,Ich war noch niemals in New York‘ war nie in den Charts vertreten und ist zwölf Jahre, nachdem ich es geschrieben habe, zu einer Legende, zu einem Riesenhit geworden – alles über Clubs und Lokale, über Dancing. Die Wege, die da die Lieder selbst beschreiten, die sind unvorsehbar. Das ist das Interessante.“
Neues Album und der Achtziger
Udo Jürgens, der am 30. September diesen Jahres seinen 80. Geburtstag feiert, gab seinem aktuellen Album den Titel „Mitten im Leben“ – und der ist durchaus wörtlich zu nehmen. „Ich fühle ich mit fast 80 Jahren erstaunlicherweise so kreativ wie nie zuvor. Da auf der Welt gerade jetzt so viel passiert, hatten meine Autoren und ich auch absolut keine Probleme, Inhalte für neue Lieder zu finden. Die große Aufgabe bestand lediglich darin, die spannenden Themen glaubwürdig umzusetzen.“
„Nachrichten inspirieren mich“
Neben der Liebe thematisiert Jürgens auf dem neuen Album jene Dinge, die uns tagtäglich in den Nachrichten begleiten – in „Der gläserne Mensch“ etwa die heute üblichen Abhör- und Überwachungsmethoden. Aber auch die Bankenkrise findet sich unter den Tracks. Im Lied „Die riesengroße Gier“ lässt er seine Fans wissen, was er von Pleite-Banken und Rettung derselben hält: „Nur ein Gedanke macht mich krank: Wär’ diese Erde eine Bank, ich hätte glatt gewettet, sie wäre längst gerettet“. Die HypoAffäre hat dem gebürtigen Kärntner überhaupt arg zugesetzt. „Es kann ja niemand etwas dafür, dass er aus Kärnten ist. Aus dem Land, in dem alles passiert ist. Aber man konnte es voraussehen. Die Politik war ja ähnlich zu jener von Evita Perón. Diese Art von Popularität, dieses Geldverschenken an arme Bauern, das ist alles liebenswert. Noch heute sagen sie ,Mei, der Jörgl, wie lieb der war‘. Ich habe ihn ja persönlich gekannt,
info
Udo Jürgens: „Mitten im Leben“
Das Album „Mitten im Leben“ erscheint Ende Februar 2014 bei Ariola. Neben der StandardVersion gibt es für Fans auch eine limitierte Premium-Edition mit Fotodokumentation, Fotodruck und Autogrammkarte. www.udojuergens.de war per Du mit ihm. Aber ich habe ihm natürlich gesagt: ,Hör’ zu, wie ihr Politik macht, das ist ein Wahnsinn. Das wird einmal ganz furchtbar scheitern.‘ Heute sehen wir, was das Resultat ist.“
Bunter Mix an Musikstilen
Eingespielt hat Udo Jürgens das Album in den Berliner Hansa Studios, in Potsdam und Köln. Hinter dem Mischpult saß dabei sein langjähriger Produzent Peter Wagner. Der Sound ist überaus vielfältig ausgefallen, was Udo Jürgens von Anfang an ein großes Anliegen war. Rockigeres wie „Der Mann ist das Problem“ findet man ebenso wie symphonische Klangwelten im Lied „Mein Ziel“. „Das Violinen-Solo in dieser Nummer spielt übrigens ein ganz großer Künstler der, beinahe muss man sagen natürlich, in Wien lebt. Es ist der russische Geiger Julian Rachlin, mit dem mich eine enge Freundschaft verbindet.“ Überhaupt beschreibt das Lied das Lebensmotto von Udo Jürgens besonders treffend. Denn obwohl er heute in erster Linie dankbar für seine Gesundheit ist, so hat er sich doch eine Eigenschaft, die ihn seit jungen Jahren begleitet, erhalten. Es ist jene Kraft, die Udo Jürgens seit Beginn an vorantreibt. „Ich habe mir im Leben immer Ziele gesetzt. Wobei es mir niemals entscheidend wichtig war, Ziele zu erreichen. Ich glaube, das Wichtigste war mir immer, mich auf den Weg zu machen.“ ///
Die Schauspielerin, Moderatorin und
Ex-Politikerin Mercedes Echerer begibt sich mit „Folksmilch“ auf eine beschwingte Reise: Den Donaumärchen – die schau im letzten Jahr begleitet hat – wird jetzt nämlich rhythmisches Leben eingehaucht.
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Die Donau tanzt
TEXT VON NINA NEKOUI
EINE DONAUREISE mit reichlich Musik und Literatur im Gepäck: Mercedes Echerer und das Acoustic Trio „Folksmilch“ interpretieren Lieder und Geschichten vom großen Strom zwischen dem Schwarzwald und dem Schwarzen Meer. Am 8. April wird Premiere gefeiert und die CD auf dem Badeschiff in Wien präsentiert. Unterschiedlichste Musikstile werden miteinander kombiniert, so wird ein Gedicht zur Funknummer und Mozart ertönt im BalkanSwing. Es wird natürlich auch in mehreren Sprachen gesungen. Alle Lieder und musikalischen Beiträge wurden eigens für Wellentanz von Folksmilch überarbeitet oder neu komponiert. „Mit diesen drei Musikern zusammenzuarbeiten ist ein Geschenk – ihr Stil, ihre künstlerische Vielfalt und ihre Professionalität inspirieren mich immer wieder neu“, so Mercedes Echerer euphorisch.
Entertainment und Kulturaustausch
Auf ihrer Reise begegnen den Zuschauern sowohl lokale Stereotypen als auch unbekannte Charaktere, wie etwa das „Mariandl“ aus der Wachau, „Tante Maria“ an der Donaumündung, der „odrahte Weaner“ oder die gewitzte Zigeunerin. Sie alle verbindet vor allem eines: die Donau. Mercedes Echerer interpretiert, singt und tanzt die Lieder und Geschichten charmant und räsonierend. Wilde Pirouetten wirbelnd
„Wellentanz ist ist vor allem eins: unterhaltsam. Entertainment im besten Sinne des Wortes.“ Mercedes Echerer
tanzt sie zu den Klängen von Folksmilch. Hier quetscht Christian Bakanic das Akkordeon und trommelt die Perkussion, Klemens Bittmann spielt Violine oder Mandola und Eddie Louis singt und bedient den Kontrabass. Die literarischen Beiträge stammen unter anderem von Rupert Henning, Manfred Horvath, Wolfgang Kühn und Inge Merkel. Ihre Texte werden musikalisch begleitet oder mit bestehenden Chansons verwoben. „Mit Wellentanz schwimmen wir gegen den Strom, überwinden Sprachbarrieren und leisten unseren Beitrag, Interesse und Neugier für die Kultur unserer Nachbarn weiter zu entfachen.“ So beschreibt die passionierte Entertainerin den Hintergrund der Aufführung. Ihr Verein „DIE2“ steht für europäischen Kulturaustausch und für das Überwinden alter Grenzen. Wellentanz soll nicht nur Unterhaltung bieten, sondern auch die Vermittlung der kulturellen Vielfalt im Donauraum. ///
info
Termine 2014 Wellentanz
Premiere: Dienstag, 8. April, 20 Uhr, Badeschiff, Donaukanallände, 1010 Wien
Dienstag und Mittwoch, 15. und 16. April, 29. Mai, 19.30 Uhr, Atelier Reloaded, Burggasse 71, 1070 Wien
Donnerstag, 5. Juni, 19.30 Uhr, Bockkeller im Wiener Volksliedwerk, Gallitzinstraße 1, 1160 Wien Freitag, 6. Juni 2014, 20.00 Uhr, Theaterei, Hauptstraße 26, 3051 Sankt Christophen
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Dass Julia Dujmovits Olympia-Gold aus
Sotschi in ihre Heimat geholt hat, ist weithin bekannt. Jetzt hat Wirtschaftskammerpräsident
Andreas Leitl Landeshauptmann Hans Niessl auf Grund der wirtschaftlichen Dynamik und der österreichweit höchsten Zuwachsrate an
Arbeitsplätzen im Burgenland eine zweite „Goldene“ zugestanden.
Aufbruch dank Centrope-Dynamik – Landeshauptmann Heinz Niessl hat gute Karten für das Burgenland
Zwei Goldmedaillen für das Burgenland
INTERVIEW VON RUDI MATHIAS, FOTOS: MICHAEL RAUSCH-SCHOTT
schau: Herr Landeshauptmann, wir sitzen hier in der St. Martins Lodge in Frauenkirchen – mitten in der Natur. Wären Sie jetzt Fußballtrainer, was würden Sie den BurgenländerInnen raten, damit ihnen diese hohe „Urlaubsqualität“ erhalten bleibt?
Hans niessl: Als Fußballtrainer bin ich dagegen, dass man auf Halten spielt – denn wer auf Halten spielt, verliert. Wir müssen offensiv bleiben und noch besser die Besonderheiten unseres Landes in den Mittelpunkt stellen. Auch wenn wir mit unseren Thermen schon das Burgenland erfolgreich zum Ganzjahresurlaubsland gemacht haben, müssen wir hart daran arbeiten, noch besser zu werden. Die Ferienqualität hier in der St. Martins Lodge mitten in der Natur ist einzigartig – aber genauso eine Herausforderung für Neues, noch Besseres.
Immer mehr Menschen wollen hier nicht nur Urlaub machen, auch das Wohnen wird im Burgenland immer populärer. Was macht die Region als Wohnsitz jetzt auf einmal so anziehend?
Das Nordburgenland ist im Centrope-Raum als Zukunftsregion gut etabliert. Wir haben hier österreichweit die höchsten Zuwachsraten beim Wirtschaftswachstum und bei der Zunahme an Arbeitsplätzen. Man wohnt bei uns am Rande des Nationalparks und hat trotzdem die Nähe zu Wien mit den guten Verkehrsanbindungen und dem Anschluss zum Flughafen. Davon abgesehen gibt es bei uns die beste Wohnbauförderung Österreichs. Das zieht Niederösterreicher und im Süden Steirer an, die ihren Hauptwohnsitz zu uns verlegen. Im Südburgenland leben sogar 150 Tiroler.
Das Burgenland hat auch am Ausbildungssektor stark aufgeholt. Lassen sich da Erfolge schon messen?
In den 60er Jahren waren wir noch das Bundesland mit dem niedrigsten Bildungsniveau. Wir waren das Land der Bau- und Landarbeiter und hatten hier wenig Zukunftsperspektiven. Heute haben wir mit 49% die höchste Maturantenquote Österreichs. Schon meine Vorgänger haben erkannt, wie wichtig es für unsere Jugend ist, eine gute, praxisnahe Ausbildung erwerben zu können. Mit dem Ausbau der Bildungseinrichtungen, wie etwa den Fachhochschulen, haben wir den Weg erfolgreich fortgesetzt.
Kiten, Surfen, Radfahren: Immer mehr junge Menschen entdecken den Neusiedler See als Freizeit-Eldorado vor den Toren Wiens. Was raten Sie hier Ihren Tourismusexperten?
Wir stehen im Tourismus vor großen Herausforderungen. Vor allem brauchen wir ein neues Tourismusgesetz und schlankere Strukturen. Wir brauchen das Geld nicht in der Verwaltung, sondern im Marketing. Genauso müssen wir Angebote für junge Menschen schaffen. Ein tolles Sommer-Opening am Neusiedler See bringt wenig, wenn wir das dort Versprochene über die Saison nicht halten können. Junge Menschen wollen öfter feiern und suchen das Erlebnis, ganz besonders auch am Abend. Genauso wünschen sie sich Unterkünfte, die ihren Vorstellungen und Möglichkeiten entsprechen. Da sehe ich eine große Herausforderung für unsere Betriebe.
wende gelungen. Jetzt hat auch noch Julia Dujmovits eine Goldmedailie nach Hause gebracht – was wünscht man sich da noch als Landeshauptmann?
Vor wenigen Tagen hat Wirtschaftskammerpräsident Andreas Leitl gesagt, das Burgenland hat in jüngster Zeit eigentlich zwei Goldmedailien gewonnen – die eine haben wir unserer Olympiasiegerin im Snowboarden zu verdanken und die andere gebührt der wirtschaftlichen Entwicklung des Burgenlandes mit der österreichweit höchsten Zuwachsrate an Arbeitsplätzen. Persönlich wünsche ich mir, dass wir unsere Chancen als Übergangsregion zunächst bis 2020 weiter erfolgreich nützen – und die finanziellen Mittel, die wir dafür von der EU in der Höhe von 73 Millionen Euro bekommen, nachhaltig einsetzen. Netto wünsch’ ich mir bis zum Jahr 2020 jährlich 1000 neue Arbeitsplätze und will besonders auch unsere Klein- und Mittelbetriebe entsprechend gut unterstützen.
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Hans Niessl
Kinderlachen, Ringelspiel und die berühmten Bamkraxler. Zuckerwatte und Kirtagkipferl.
Erste Frühlingssonnenstrahlen, Winterluft, die bereits den Sommer verheißt. Das alles verrät uns:
Es ist wieder Zeit für den
Kalvarienbergmarkt.
Kalvarienberg hat Saison
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TEXT VON HEDI MATHIAS
LANG BEVOR HERNALS so ein typischer Wiener Bezirk wurde, war die Vorstadt Schauplatz der Kämpfe gegen die Türken, bei denen auch die ursprüngliche Hernalser Pfarrkirche zerstört wurde. Das Land selbst kam 1587 in den Besitz des oberösterreichischen Geschlechts der Jörger. Im Zuge der Reformation waren die Jörger engagierte und bekennende Protestanten geworden und die Hernalser Pfarrkirche ein wichtiges Zentrum des neuen Glaubens, der auch unter den Wienern regen Zuspruch fand. Dieses „Auslaufen“ der Protestanten nach Hernals war sowohl Kirche als auch Kaiser ein Dorn im Auge. Nach dem Aufstand der Stände ob der Enns 1620 kam es zur Verfolgung und Enteignung der Jörger. Heute erinnert noch die Namensgebung von Jörgerstraße und Jörgerbad an dieses Adelsgeschlecht.
Wallfahrtsort im Herzen von Hernals
Aus der protestantischen Kirche wurde wieder eine katholische, und um möglichst viele Gläubige an die katholische Kirche zu binden, errichtete man vor nunmehr 300 Jahren den Kalvarienberg, eine von Menschenhand geschaffenen Erhöhung, die rund um die Kirche Platz für Passionsszenen bot. Der Plan ging auf und schon bald strömte die Wiener Bevölkerung zu den katholischen Feiertagen in die Vorstadt, Hernals wurde damit zu einem stark frequentierten Wallfahrtsort. Wenn aber der Aschermittwoch kam, dann war Zeit für den Fastenmarkt am Kalvarienberg. Bis Ostern blieben die Buden vor der Kirche in der Kalvarienberggasse, und schon 1779 schrieb der von Maria
Der Fastenmarkt am Kalvarienberg war immer schon ein beliebter Wallfahrtsort der Wiener Bevölkerung.
tipp
Der Bamkraxler
Dieses Wahrzeichen des Kalvarienbergmarktes hat seinen Ursprung in der Geschichte aus dem Lukas-Evangelium vom Zöllner Zacharias. Dieser musste einen Baum erklettern, um Jesus bei seinem Einzug in Jericho sehen zu können. Am Spielzeug selbst sind auf einer Feder auf einer Seite die kleine Holzfigur des Bamkraxlers befestigt und auf der anderen ein Glöckchen. Von der Schwerkraft wird die Figur nach unten gezogen und bringt auf diese Art das Glöckchen zum Klingen.
Theresia geadelte Buchhändler und Schriftsteller Josef Kurzböck: „In der Fastenzeit, besonders wenn die Witterung günstig, ist hier starker Zulauf. Die meisten gehen dahin, um zu sehen und gesehen zu werden; wir ersuchen also die Fremden, sich kein nachhaltigen Begriffe von der Andacht der Wiener zu schaffen.“ Die große Anziehungskraft von Hernals auf die Wiener Bevölkerung war mit ein Grund, dass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – nach der Schleifung der Stadtmauern – die erste dem öffentlichen Verkehr dienende Pferdebahn direkt vom Schottentor zur Wattgasse führte. Für diese Strecke benötigte man damals zwanzig Minuten – in etwa genau so viel Zeit, wie heute die Straßenbahnlinie 43 dafür benötigt.
Zwanzig Minuten benötigte die öffentliche Pferdebahn, die direkt vom Schottentor zur Wattgasse führte.
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TADDEO ZUCCARO, SATYR, 16. JAHRHUNDERT © SAMMLUNG KLÜSER, MÜNCHEN, 2014, FOTO: MARIO GASTINGER
06 / 04 –16 / 11 / 2014 / 04 –16 / 11 / 2014
ALLES KLAR HERR
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KUNSTHALLE KREMS FRANZ-ZELLER-PLATZ 3, 3500 KREMS T +43 2732 908010, WWW.KUNSTHALLE.AT
Der Kasperl, der ist wieder da
Der Ostermarkt am Kalvarienberg wurde jedenfalls zu einer echten Wiener Institution, Generationen von Wiener Kindern erfreuten sich an Bamkraxlern und allerhand Naschwerk, wie es in den Buden rund um die Kirche angeboten wurde. Zur Zeit des Marktes wurden früher Attraktionen angeboten – wie Kasperltheater oder Ringelspiel, damals ein Highlight im Kinderleben. Mit der Zeit verloren diese Angebote aber ihre Attraktivität – Xbox, Playstation & Co bieten heute anscheinend Abwechslung genug. 2014 feiern der Kalvarienberg und sein Markt das 300-Jahr-Jubiläum, und das war Anlass zur Neugestaltung. Erstmals findet der Markt nicht während der gesamten Fastenzeit statt – heuer lädt er vom 8. bis zum 20. April ein, täglich von 10.00 bis 20.00 Uhr. Unter dem Motto „Vielfalt leben bringt Weitblick und Lebensfreude“ ist ein abwechslungsreiches Programm geplant, bei dem sich für Jung und Alt ganz sicher etwas finden lässt. Ergänzt wird das Bühnenangebot durch Workshops wie Origami, Pantomime und vieles mehr. Und vor allem gibt es für die Kleinsten wieder ein Kasperltheater. Denn die berühmte Handpuppe wird nie aus der Mode kommen, und wie sagte schon Josef Weinheber: „… der erste schöne, woarme Toag im März, dazua das guade, oade Wienerherz, woas in sein Leichtsinn, in sein Übermuat auf sein Oart foasten und in sich gehn tuat, von Oaschermittwoch bis Koarsamstoag nein – so woars, so is ’s, und so soll’s immer sein.“ (aus ‚Kalvarienberg‘, „Wien wörtlich“). ///
www.karikaturmuseum.at
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06 / 04 –16 / 11 / 2014
ALLES KLAR HERR KOMMISSAR? Knatterton, Kottan,
Emil und andere Detektive