geschichte des Par r u t l u füm ie K -Fl D : ako a r t ns Ex
WW Magazin No. 5 Oktober/November 2012
jet-setleben liebeserklärung an die modemarke aus St. moritz
HAUSBesuch
Fr. 6.50
Eine Zeitschrift der Weltwoche Verlags AG
So wohnt der Filmkenner This Brunner
Mountain Girl
MENSW EAR COLLECTI ON F AL L /W INT ER 2 012 /13 W W W.p Au Lk E h L .CO M
WW-Magazin No. 5 Liebe Leserin, lieber Leser Normalerweise steht an dieser Stelle in Mode-, Stil-Zeitschriften et cetera, dass das Leben schön sei und das Wetter gut. Und dass la vie en général noch besser werde (inklu sive des Liebeslebens der Leserin), falls man die folgenden Ratschläge annehme (also Kaufempfehlungen befolge). Ich habe das auch schon geschrieben. Und würde es gerne wiederholen. Bloss fürchte ich, die nähere Zukunft wird eine andere sein, eine «inter essante» (das heisst eine schwierige). Die wirtschaftlichen Aussichten bereiten wenig Freude. Und ich denke, das wird sich nicht rasch ändern, dafür sorgen etwa Massnahmen zur «Euro-Ret-
tung», die bezahlt werden müssen (über steigende Preise für Güter und Dienstleistungen). Was das Wetter angeht, bin ich zuversichtlich in the short run (für das Liebesleben der Leserin ebenfalls) – der Klimawandel bringt heissere Sommer. Doch man fragt sich, was geschieht mit den schönen Sachen, über die wir berichten? (Wer soll das bezahlen?) Ich war in einem Geschäft, das Kleider verkauft, die mir gefallen. Doch ich konnte nicht dort einkaufen (ausser ich hätte den Betrag, den ich für die dritte Steuerrate beiseitegelegt habe, in einen Anzug investiert). Die gute Nachricht: Es gibt nicht bloss «zu teuer», es gibt
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auch «teuer». Die besten Waren sind die, die ihren Preis wert sind. Die beim Kauf mehr kosten, meint man, dann aber immer günstiger werden, weil sie länger halten und gefallen. Das sind die Stücke von den Anbietern, die wir finden wollen. Entscheiden Sie, ob es uns gelungen ist auf den folgenden Seiten.
Ihr
Mark van Huisseling
W W Magazin No. 5 Oktober/November 2012
Margiela Girl Smile: Wenn Kleider Witze erzählen.
No. 5 Oktober /November 2012
DAS PARFUM, EIN NEUER HORIZONT
Mitarbeiter des Monats s Ur Paul Engeler
der Zeitschrif tenbranche arbeitet, meint, fast jeder sei gerne bereit, sein Haus zu öffnen für das, was man «Homestory» nennt. Schliess lich sind Magazine voll davon. Stimmt. Bloss, wie man oft sieht, sind die Häuser der L eute, die in die Zeitschriften drängen, oft nicht die, die man sehen will. In dieser Lage hilft es, einen wie Reto Guntli dabeizuhaben. Dem Schweizer Fotografen, der Interior-Bücher – etwa für den heute eine Folge unserer Reihe teNeues-Verlag – fotografiert, «Interessante Berufe aus der öffnet man die Türe. Weil man Modewelt, von denen Sie noch weiss, dass er Zimmer und Mö nie gehört haben»: die Stylistin. bel so schön zeigt, wie sie sind – Ihre Aufgabe ist es, Kleidung mindestens. Die Wohnung, die und Accessoires auszuwählen er für uns dieses Mal öffnen liess, für Fotostrecken. Das heisst, sie finden Sie auf Seite 56. muss stilsicher sein in Mode fragen – und sich in Logistik aus kennen. Showrooms, in denen sich die Kleider befinden, die Designer verleihen, befinden sich oft nicht in der Schweiz, sondern dort, wo Mode gemacht wird. Die Stylistin ist auch ver antwortlich dafür, dass Stücke rechtzeitig am Ort sind, wo man sie braucht (und nicht im Büro einer Zoll b ehörde hängen). Stylistin Kim Dung Nguyen – die Schwester unserer Bild redaktorin D uong Nguyen, übrigens – ist stilsicher und ebenso sicher in Logistikfragen. Zu sehen ab Seite 32. wer nicht in
Tomas Prenosil eine wichtige journalistische Form, finden wir, ist der Essay, in dem ein Autor, von Beruf nicht Journalist, über einen Ge genstand schreibt, den er gut kennt. Ein Beispiel: Der Chef einer Confiserie schreibt über Schokolade, Kakao und Kuchen respektive den Genuss beim Verzehr ebensolcher Erzeug nisse. Klingt gut und überzeu gend, nicht wahr? Ist es auch. (Das war ein Aber-Satz.) Aber oft ist es so, dass derjenige, der tief drinsteckt in einem Ge genstand, diesen als weniger beschreibenswert ansieht, als die, die nicht näher damit be fasst sind. Und/oder dass die jenigen, die so etwas schreiben könnten, nicht schreiben kön nen beziehungsweise mögen. Tomas Prenosil, CEO der Con fiserie Sprüngli, sieht es nicht so. Und schreiben kann er auch – seinen Text über Schokolade und seinen Genuss finden Sie auf Seite 68.
Contributors
D K im u n g Nguyen
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unser jüngster Mitarbeiter ist auch unser ältester, Entschul digung, reifster. Als politischer Redaktor und Bundeshaus- Korrespondent hat er für die Weltwoche zahlreiche Artikel gegen Politiker, Institutionen sowie einen Nationalbank-Prä sidenten geschrieben. Dafür hat er viel Beifall, zahlreiche strenge Ur t eile und einige P reise bekomm en («Journa list des Jahres» der Zeitschrift Schweizer Journalist ). Nach sei nem ersten Artikel für diese Zeitschrift kam ich zu der Ein sicht, er hätte auch eine erfolg reiche Laufbahn zurücklegen können als Berichterstatter über die, sagen wir, schöneren Gegen stände der Welt und des Lebens. Seinen Artikel über seine Erfah rung beim Fahren des Mercedes SL 500 finden Sie auf Seite 66.
No. 5 Oktober /November 2012
Bild KEYSTONE
Reto Guntli
EIN FEST FÜR DIE SINNE DER NEUE BEoVISIoN 11 Ein Meisterwerk in Klang, Bild und digitaler Unterhaltung. Hören, sehen und fühlen Sie das Bang & Olufsen Smart TV-Gerät BeoVision 11. Jetzt in Ihrem Bang & Olufsen Geschäft.
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WW-Magazin No. 5
M a nchma l
ist der Fotograf nicht der Einzige, der an einem sonnigen Herbstmorgen in den Bergen schiesst. Bei unserem Modeshooting wurde keinem Tier ein Leid zugefügt, mit Sicherheit. Getroffen haben unsere Mitarbeiter trotzdem. Seite
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Cover Bild: jork weismann
Styling: Kim dung nguyen Marjolaine trägt einen Rock von TALBOT RUNHOF (erhältlich bei Gassmann, Zürich) und einen Pullover von FENDI.
Model: Marjolaine rocher (Viva)
Outfit: kLEID VON MOSCHINO
Inhalt
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No. 5 Oktober /November 2012
WO M E N – M ENSW EA R
ZÜ RICH BASE L S T. MO R ITZ G STA A D
A Z Z E D I N E A L A Ï A A L E X A N D E R M c Q U E E N B A L E N C I AG A B A L M A I N B L U M A R I N E C É L I N E D O LC E & G A B B A N A E T R O G A M M E B L E U G A M M E R O U G E G I A M B AT T I S TA VA L L I G I A N V I TO R O S S I G I V E N C H Y G U CC I J I L S A N D E R J I T R O I S K I TO N L A N V I N L U C I E N P E L L AT– F I N E T M A R C J AC O B S M A R N I M A R Y K AT R A N T ZO U M E I N D L M I U M I U M O N C L E R P R A DA P R A DA L I N E A R O S S A R O B E R TO C AVA L L I S TA L L I O N B O OT TO D ’S TO M F O R D VIONNET J E WE LLE RY BY K I E S E L S T E I N – C O R D LY D I A C O U R T E I L L E S E A M A N S H E P P S S H A M B A L L A J E W E L S S K I N C A R E BY T H E B O DY D E L I W W W.T R O I S P O M M E S .C H
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04 editorial 06 contributors
Trend-Report Fashion
14 mvhs liste
24 schmuckNews
Der Weg ist diesen Herbst steinig – die Steine sind hochkarätig.
Dinge, die unser Redaktionsleiter braucht D -R EP ORT
26
S
16 Fashion 22 Beauty
24 Schmuck 26 Uhren 28 Objekte 30 Reisen 64 Wohnen
uhrenNews
222
Xxxxxx: XXXXXX XXXXXXX
EN TR
BeautyNews
Dunkelrot für die Lippen. Oder: Herbst im Gesicht.
28 objekte: Fahrrad Bianchi Methanol 29FS.
30 reisen: Hendrick Cornelisz Vroom: «Die Mauritius und andere Ostindienfahrer», um 1600–1630.
Inhalt 2
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No. 5 Oktober /November 2012
WW-Magazin Trend-Report VII No. 5 Unser gerätekenner hat zwei Dinge gefunden, die verlangsamen, und drei, die helfen, schneller ans Ziel zu kommen. Finden becker ready 45 ice
Beschleunigen philips sonicare airfloss
Endlich ein schönes Navigationsgerät. Jahrelang kamen die elektronischen Pfadfinder in Grau-Schwarz daher. Die Firma Becker ändert das mit dem «Ready 45 Ice». Umgeben von einem gletscherweissen Rahmen, befindet sich der 4,3-Zoll-Bildschirm. Der 3-D-Fahrspur assistent hilft, die richtige Abzweigung zu nehmen, und dank integrierter Freisprech-Einrichtung kann auch telefoniert werden, so wie die Polizei es vorschreibt. Fr. 190.–
Finden Sie zu wenig Zeit, um Zahnseide zu verwenden? Dann hilft Philips mit dem «Sonicare Airfloss». Das Gerät funktioniert etwa so wie eine Wasserpistole mit hohem Druck: Feinste Wassertropfen werden mittels Druckluft beschleunigt, um Plaque zwischen den Zähnen zu lösen und zu entfernen. Mit 28-TageGeld-zurück-Garantie (für Kunden, die zu Zweifeln neigen). Fr. 149.90
Abwechseln sonoro troy
Sonoro Audio vereint in dem sogenann ten «Troy» drei Geräte. Erstens: einen schicken Design-Lautsprecher (3-ZollSpeaker, Basstreiber und Holzkorpus sorgen für vollen Klang). Zweitens: eine stabile und gut sichtbare Halterung, die als intelligentes Ablagesystem für Tablet-PCs dient. Drittens: zwei integrierte Universal-Ladestationen. Fr. 199.–
Von Stephan Gubler
(Redaktion)
Zuhören sony mdr-xb800
Treten bianchi methanol 29fs
Bei Sonys neustem Kopfhörer ist die «Advanced Vibe Structure»-Technologie verantwortlich für Bässe voller Druck und Präzision. Damit die geschlossenen Kopfhörer unterwegs nicht den Rucksack füllen, lassen sich die Ohrmuscheln schwenken und zusammenklappen. Fr. 219.–
Für das Bianchi «Methanol 29FS» braucht es in doppelter Hinsicht viel Kohle. Der Rahmen des italienischen Twenty niner-Edel-Fullys besteht aus Kohlefaser, und das macht das Fahrrad teuer. Am mattschwarzen Rahmen gibt es, natürlich, auch einen Streifen der Bianchi-Farbe Celeste. Fr. 9399.– Illustrationen: Ruby Taylor
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No. 5 Oktober /November 2012
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Grand Repos developed by Vitra in Switzerland, designed by Antonio Citterio
www.vitra.com/grandrepos
Erhältlich bei ausgewählten Vitra Fachhandelspartnern: Allschwil Rolf Fischer AG Baar Teo Jakob Basel Möbel Rösch AG Belp Probst + Eggimann AG Bern Anliker die Möbelmacher Boudry Meubles Rossetti SA Fribourg forme+confort Genève Structure 17 Kriens Möbel Amrein AG Küssnacht am Rigi Schwarz Wohnen AG Langenthal Bader AG Büro Design Locarno Knecht Arredamenti Lugano Dick & Figli SA Mendrisio Arredamenti Bernasconi SA Muttenz Hersberger AG Nidau Brechbühl Interieur AG Pontresina Rezzoli Designer Furniture Rapperswil Ambiente Einrichtungskonzepte AG Schaffhausen Betz Wohn- und Bürodesign AG Sion L’intemporel SA Solothurn Teo Jakob St. Gallen Domus Leuchten und Möbel AG Sursee ivoFrey AG Vétroz Anthamatten Meubles SA Wil Brenner & Co. Inneneinrichtungen Winterthur Kaspar Diener Inneneinrichtungen GmbH Zofingen Ueli Frauchiger Design AG Zug Bruno Wickart AG Zürich bord gmbh design furniture, Teo Jakob, wohnbedarf wb ag
WW-Magazin No. 5
Trend-Report
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Unsere Reise-Redaktorin weiss, wie Herbstferien speziell werden. Und wo man lernt, wie man reich wird. 1
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die saison 2012/13 beginnt mit interessanten Spezialarrangements. Das österreichische «Almdorf Sei nerzeit» bietet ein Paket für richtige Männer an (Holzh acken, Pirsch gänge). Feinschmecker mögen das «Trüffelarrangement» des «Eden Roc» gern: Nebst Geniessen im Res taurant «La Brezza» fährt man auf den Trüffelmarkt in Alba. Neues auch aus St. Moritz: Das «Carlton» öffnet eine Suite mit 386 Quadrat metern; das ist die grösste, sogar im Engadin. Eine Anleitung dafür, wie man die nötigen Mittel für die nächste Reise zusammenbekommt, liefert die Ausstellung «Kapital: Kaufleute in Venedig und Amster dam» des Landesmuseums in Zürich.
Von Yvonne Beck
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(Text)
Hendrick Cornelisz Vroom: «Die ‹Mauritius› und andere Ostindienfahrer», um 1600–1630.
No. 1 «Almdorf Seinerzeit», Kärnten; www.almdorf.com No. 2 Louis-Vuitton-City-Guides; www.louisvuitton.com No. 3 «Kapital: Kaufleute in Venedig und Amsterdam», im Landesmuseum
Zürich, bis 17. Februar 2013; www.nationalmuseum.ch No. 4 Die neue Suite des «Carlton», St. Moritz; www.carlton-stmoritz.ch No. 5 «Eden Roc»-Hotel in Ascona; www.edenroc.ch
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Zusammenspiel Unser Lebensraum ist Spiegel der Persönlichkeit – USM Möbelbausysteme sind feste Werte für flexible Lösungen.
Fragen Sie nach detaillierten Unterlagen oder besuchen Sie unsere Showrooms. USM U. Schärer Söhne AG, CH-3110 Münsingen, Tel. +41 31 720 72 72 Showrooms: Berlin, Bern, Düsseldorf, Hamburg, New York, Paris, Tokio info@usm.com, www.usm.com
Bilder: Jork Weismann
Styling: Kim Dung Nguyen
Sennen Tuntschii Als man sich in den Bergen um Thusis bereitmachte f端r den Alpabzug, machte sich unsere Hauptdarstellerin bereit f端r den Auftritt.
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Doppelseite und Seite 33: Kleid aus Spitze von MOSCHINO (bei Fidelio, Z端rich).
Linke Seite: Stricktop und -rock von COMME DES GARÇONS (bei Gassmann, Zürich).
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IlluXstrationXen:
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Rockstar-Style muss immer sein: die Zwillinge Dean undNo. Dan5Caten, Kreativdirektoren von Dsquared. Oktober November 2012
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Mein Stil
«Mein Stil» ist bei Dean und Dan Caten «Unser Stil». Sie sind eineiig und sich immer einig. Von Valeska Jansen
Unser Lieblingsrestaurant in Mailand: «Giacomo» (Via Pasquale Sottocorno, 6).
(Text)
Unser persönlicher Stil: Sage niemals nie. Was man heute schrecklich findet, kann morgen das Tollste sein — und umgekehrt. Unsere Kleidung: Eine gutsitzende Jeans und ein weisses Hemd.
Unser Fashion-Must-have diesen Winter: Massenhaft Accessoires. Unser Runway-Song: «I Wish I Were a Princess» von Little Peggy March. Unsere Arbeitsmusik: Lionel Daley, Madonna, Kimbra und Whitney Houston.
Unser Lieblingsfilm: «Finding Nemo»! Und «The Barefoot Contessa» («Die barfüssige Gräfin»).
Gianluca Fontana
(Bild)
Unser Lieblingsklub in Mailand: «Le Banque» (Via Bassano Porrone, 6). Unsere LieblingsparfümIngredienzien: Moschus-, Holz- und Ambernoten.
Noch nie verwendet haben wir: Rosennoten, die sind immer so dramatisch. Wir könnten niemals leben ohne . . . . . . einander. Unser verrücktestes Erlebnis: Ein Tandem-Fallschirmsprung.
Unsere Feriendestinationen: Griechenland und Spanien. Unsere Botschaft für unseren neuen Damenduft «Potion for Woman»: Man soll uns riechen – so sind wir! Unsere Aperitivo-Bar: «Radetzky Cafe» (Corso Garibaldi, 105).
Unsere Lieblingsschauspieler: Angelina Jolie und Robert De Niro.
Das perfekte Parfüm soll . . . . . . die Individualität des Trägers unterstreichen und alles Positive betonen.
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Dean und Dan Caten, eineiige Zwillinge aus Kanada, leben seit über zwanzig Jahren in Mailand. Sie sprechen kein Italienisch, allenfalls «un poco», aber sie lieben ihre neue Heimat (und italienische Männer). Ihre Lieblingskleidungsstücke sind Jeans und ein weisses Hemd, dazu Silberschmuck. Die Mode, die sie unter dem Namen Dsquared entwerfen, ist weniger basic. Punk- und Rock-Einflüsse vereinen sie mit Klassischem, das Ergebnis ist elegant und ein wenig wild. Ihre Herrenhosen-Säume befinden sich manchmal über den Fussknöcheln, und zum Anzug werden s chwere Silberketten getragen. Andere Designer verwenden für die Herbst/Winter-Kollek tion eher zurückhaltende Farben und geben den Stücken schlichte Formen, die Mode der Caten-Twins kommt sonnig gelb und orange daher, die Hosen sind hauteng. RockstarStyle muss immer sein. Mode, Accessoires, Schuhe und fast jedes Jahr einen neuen Duft – die beiden haben eine gemeinsame Leidenschaft: Sie leben für ihre Entwürfe und die Mode. Trifft man sie, wird es schwierig, wegen ihres Charmes nicht sofort zum Fan zu werden. Dean-Dan oder Dan-Dean sind sich immer einig und sehen auch bei nahe gleich aus (Dean behauptet, er sei einen halben Zentimeter grösser – er sei ja der Ältere).
Sie sprechen kein Italienisch, allenfalls «un poco», aber sie lieben ihre neue Heimat (und italienische Männer). Dsquared
Von MARK VAN HUISSELING (Text)
und RETO GUNTLI (Bilder)
Bilder (v. l. n. r.) von Gavin Turk, John Waters, Philip Taaffe; Fotografie von Louise Lawler; Hund von Barry Flanagan.
This Brunner
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Eine Wohnung sei ein Zuhause, sagt This Brunner, wenn es darin nicht aussehe wie in einem Möbelprospekt oder einem Interior-Magazin. In der Zürcher Wohnung des Filmkenners und Kunstfreunds gehören viele Bilder dazu. Plus eine von ihm selber gestaltete «Buch/Film-Installation».
In Zürich oder in Cannes ist Matthias «This» Brunner bekannt als Mann des Films, des cinéma d’auteur vor allem; er war Geschäftsführer der Firma Arthouse Commercio Movie, die Kinos betreibt, in denen zur Mehrheit Studio filme gezeigt werden, und er ist Kurator der Art Basel so wie der Art Basel Miami Beach für Film. Ausserdem ist er Filmproduzent; am vor kurzem zu Ende gegangenen 8. Zurich Film Festival wurde «Paul Bowles – The Cage Door Is Always Open», ein Dokumentarfilm, für den er mitver antwortlich ist, gezeigt. Doch sieht man seine Wohnung in Zürich, in der er seit mehr als zwanzig Jahren zur Miete lebt, lernt man ihn mehr als Mann der Kunst kennen. Im zweiten Stock eines kleinen Mehrfamilienhauses – im dritten und obersten Stock befindet sich eine Gäste wohnung, die Brunner ebenfalls mietet – gibt es Bilder von Andy Warhol sowie zeitgenössischen Künstlern wie Gavin Turk oder Wolfgang Tillmans – und das wahr scheinlich grösste John-Waters-Archiv. Arbeiten von Waters, sagt Brunner, seien unterbewertet. Möglicher weise, weil der sich nicht auf eine Richtung habe fest nageln lassen. Neben seiner Tätigkeit als Filmemacher («Pink Flamingos», «Hairspray») ist er auch Schriftstel ler, Maler, Fotograf et cetera und damit schwer fassbar. «Kunst kaufe ich, seit ich zum ersten Mal einen Lohn verdient habe», antwortet Brunner auf die Frage, wie er seine Sammlung aufgebaut habe. Die Art, wie er wohnt und sich einrichtet, beschreibt er als «leger». Ideen kommen ihm auf Reisen und, na türlich, beim Ansehen von Filmen. Neben Kunst mag er Möbeldesign aus den vierziger und fünfziger Jahren, besonders solches aus Frankreich und Amerika; einige der Möbelstücke von Jean Royère, Adnet Jacques oder Jean-Michel Frank hat er früh ersteigert. Seit kurzem besitzt er auch einen Schreibtisch von André Bloc, den hat er sich zu seiner Pensionierung geschenkt. «Was macht aus einem Haus ein Zuhause?» – «Wenn es darin nicht aussieht wie in einem Möbelprospekt oder In terior-Magazin», sagt er, der gelegentlich das Architectural
Linke Seite: Tisch und Stuhl von André Bloc, Bild von Wolfgang Tillmans, Fauteuil von Jean Royère.
Unten: Bild «Piss Painting» von Gavin Turk, «Flop»-Kissen von John Waters, Lampe von Serge Mouille.
Digest-Magazins liest. Bei Brunner zu Hause sieht es nicht aus wie in einem Möbelprospekt oder Interior-Maga zin. Doch es sieht aus wie bei jemandem, der viel Zeit damit verbringt, zum Beispiel Bücher so hinzulegen, dass sie aussehen wie zufällig hingelegt. Mit anderen Worten: Wie alles, was leicht aussieht, ist es auch mit Arbeit verbunden, eine Wohnung so aussehen zu las sen. Man fühlt sich trotzdem wohl chez Brunner, was auch damit zu tun hat, dass er sich nicht gross darum zu kümmern scheint, Möbelstücke oder Kunstwerke respek tive die Ordnung könnten Schaden nehmen. Die Tasse mit Grüntee zum Beispiel stellte er auf den Schutzum schlag eines Kunstbuchs, das auf dem Salontisch liegt. Und als ich einmal an einem Fest bei ihm war, das er zu
Foto von Robert De Niro von Greg Gorman; Foto von Pier Paolo Pasolini und von Monica Vitti mit 足Michelangelo Antonioni stammen aus dem BianconeroArchiv, Venedig.
This Brunner
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