Drahtesel 2015-3

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EUR 2,- / 32. Jahrgang / Ausgabe 3 / 2015

Wien wählt Wie radfreundlich sind die Gemeindebezirke? Seite 7

Dooring-Zone Aufgerissene Türen: Der Gefahr wirksam begegnen Seite 12

Navis im Test So kommen Sie leichter ans Ziel (oder auch nicht) Seite 36

Kuba mit Kind Eine Radreise für die ganze Familie Seite 42

P.b.b. Verlagspostamt 1040 Wien – Zlgnr.: 02Z033821M

Das österreichische Fahrradmagazin

Unsere Kinder So sehen sie das Radfahren


ÖSTERREICH ZIEHT SEINE EIGENEN LINES.

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 2

ZUMINDEST MIT DEM MOUNTAINBIKE.

Das erste Magazin aus der Alpenrepublik für Downhill, Freeride und Enduro. Schwer wie ein ordentliches Steak, dick wie die Bibel. Über 100 Seiten hochwertigster Magazinstoff gibt‘s dreimal jährlich. Erhältlich unter www.lines-mag.at. Für Appetizer check www.fb.com/LinesMagazine und www.instagram.com/lines_mag

AUSTRIAN MOUNTAINBIKE MAGAZINE


Brief des Herausgebers Liebe Leserin, lieber Leser, Eine wichtige Möglichkeit, Weichen für die künftige Radverkehrspolitik zu stellen, haben die Wienerinnen und Wiener bei den Bezirks- und Gemeinderatswahlen am 11. Oktober 2015. Der DRAHTESEL präsentiert dazu eine Bestandsaufnahme der Fahrrad-Politik auf Bezirksebene. Wenn wir morgen in einer Welt leben wollen, die nicht mehr vom Automobil dominiert sein soll, müssen wir heute damit beginnen, Kindern die Freude am Radfahren zu vermitteln. Wie unbefangen und lustvoll sich schon die ganz Kleinen auf dem Fahrrad bewegen und wie sie das Radfahren wahrnehmen, zeigt die entzückende Reportage ab Seite 24. Es gibt noch viel zu tun, um unsere Straßen lebens- und Fahrrad-freundlicher zu machen. Helfen Sie mit! radlobby.at/abstand radlobby.at/umfrage stimmefuersrad.at

Andrzej Felczak ARGUS-Vorsitzender und Vorsitzender Radlobby Österreich Drahtesel 3  ⁄  2015 – 3

Hoffentlich hatten Sie einen erholsamen Sommer! An alle, die im Urlaub Fahrrad-Ausflüge oder gar mehrtägige Radreisen unternommen haben – hier unsere Bitte: Nehmen Sie an der ersten österreichischen Radreise-Umfrage teil. Die Online-Befragung – sie wird von der Radlobby Österreich durchgeführt – soll Fakten und Argumente für eine Verbesserung der Radtourismusinfrastruktur in Österreich liefern und der umweltfreundlichsten Form des Reisens zu noch mehr Popularität verhelfen. Im letzten DRAHTESEL (Ausgabe DE 2  ⁄  2015) widmeten wir der Verkehrssicherheit einen Schwerpunkt. Das Thema ist leider aktueller denn je. Zahlreiche Radfahrende kamen in den letzten Monaten zu Schaden, weil Autofahrende unachtsam ihre Autotüren öffneten. In Graz endeten im Frühling zwei derartige „Dooring“-Unfälle sogar tödlich. Die Häufung zeigt, wie richtig die Radlobby mit ihrer aktuellen Abstandskampagne liegt. Ist doch –  neben Rücksichtnahme und besserer Infrastruktur – ausreichend Abstand zu geparkten Autos der entscheidende Faktor zur Erhöhung der Sicherheit. Mehr dazu in unserem Beitrag auf Seite 12.

EUR 2,- / 32. Jahrgang / Ausgabe 3 / 2015

Wien wählt Wie radfreundlich sind die Gemeindebezirke? Seite 7

Dooring-Zone Aufgerissene Türen: Der Gefahr wirksam begegnen Seite 12

Navis im Test So kommen Sie leichter ans Ziel (oder auch nicht) Seite 36

Kuba mit Kind Eine Radreise für die ganze Familie Seite 42

P.b.b. Verlagspostamt 1040 Wien – Zlgnr.: 02Z033821M

Das österreichische Fahrradmagazin

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sel.or.at/ab

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Unsere Kinder So sehen sie das Radfahren

Cover: Nila(5), Marco(6), Jitka(7), Lotte(10) und Milda(7) Zusammenstellung: Anna Hazod


Inhalt

Politik 6 Drei Fragen an: Orca

„Unsere“ Fahrradkurier-Europameisterin im Kurzinterview

Zahlen und Fakten zur Mobilitätspolitik

Interview mit dem dänischen Verkehrsplaner Jesper Risting

Diesen Sommer häufen sich die Dooring-Unfälle

Community

7 Wie radaffin sind Wiens Bezirke? 10 Das Geheimnis von Kopenhagen 12 Lasst doch mal die Türe zu!

17 Lastenrad-Initiativen vernetzen sich

Mobilitätswende durch nicht-kommerzielle Leihsysteme

Rechtsschutzversicherung, DRAHTESEL-Abo und vieles mehr

Infrastruktur

24 Coverstory: Heldenreise mit Tigerente So lernen die Kleinen angstfrei Rad fahren

18 Serviceleistungen für Mitglieder

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19 Fahrrad-Frust in Korneuburg

Die Gemeinde baut einen Radweg wie in den 1970er-Jahren

Fahrrad-Infrastruktur auf dem Prüfstand

20 Plus  ⁄  Minus

Lebensstil 22 Pumpstation im Gänsehäufel

Testpilot Jan Killian versucht sich am neuen Pump-Track 29 Bücher Literatur für Radfahrende

42 Kuba mit Kind und Radl Eine achtwöchige Inselreise in Wort und Bild

Service & Recht

30 Mechanikertipp: Verwöhne deinen Popo!

Argus-Werkstattleiter Marcin Dopieralski über die ideale Sitzposition

Rubriken

Johannes Pepelnik über Besonderheiten in der StVO

Brief aus der Ferne Beatrice Stude aus Mailand Seite 10

31 Rechtskolumne: Rennradfahrende dürfen mehr 32 Radkummerkasten: Ärger mit dem Mistkübler

Leser Peter Iwaniewicz wird von einem rabiaten Müllmann verfolgt Produkte & Technik

34 Im Fokus: Radgaragen

So High-Tech sind die neuen Radabstellplätze

36 Test: Fahrrad-Navis

Cinemascope Ines Ingerle über „Wadjda“ Seite 22

Der DRAHTESEL nahm drei Geräte mit auf die Reise 39 Neues aus dem ARGUS-Shop Retro-Räder, Vaude Rucksäcke, Handy-Halterung

Fahrstil Barbara Ottawa will nicht mehr die Quotenfrau sein Seite 28

Tour & Reise 40 Österreichs beste Rad-Wirte

Girtler in Osttirol bei den Schmugglern Seite 45

Das Spiele- und Buchhotel Tschitscher in Osttirol

41 Zauberhaftes Weinviertel

Mario Sedlak erkundet einen (fast) vergessenen Radweg

Forum

46 Leserbriefe 47 Termine

Der Reflektor Reinhold Seitl fordert Verkehrserziehung für Hunde Seite 46 Impressum: Seite 23


Aus der Redaktion # mamil # rennradfahren # aggressive autofahrer # trolle # xenophobie # gesprächskultur

Ich frage mich, welchen Anteil die vielen Hass-Postings haben, die sich in den Online-Foren der Tageszeitungen finden. Jeder Artikel über das Radfahren löst innerhalb weniger Minuten Schimpfkaskaden wütender Trolle aus. Wut und Frust werden in einem Ausmaß sichtbar wie sonst bei wenigen anderen Themen. Die leidige Debatte um Asylwerbende vielleicht ausgenommen. Da wie dort schießen die Emotionen in die Höhe, während das Niveau der Wortmeldungen immer weiter sinkt. Die Dümmsten schreien am lautesten. Und es scheint, als wären es bloß noch diese Stimmen, die von vielen Politikerinnen und Politikern gehört werden: Ekelhafter Opportunismus. Widerwärtig. Ich finde, es ist an der Zeit, dass sich die Vernünftigen zusammenschließen und den Parolen der Populisten entgegentreten. Für komplexe Sachverhalte braucht es sachliche Lösungen, kein Klima aus Zynismus und Hass. Das gilt für den Umgang mit Flüchtenden ebenso wie in der Verkehrspolitik.

Matthias G. Bernold Chefredakteur Fährt mit dem Rennrad durch den Wienerwald und wundert sich über den rauen Ton in den Online-Foren. Frage: Was können wir unternehmen, damit nicht Zorn und Zynismus die öffentliche Debatte dominieren? Drahtesel 3 ⁄ 2015 – 5

Samstagfrüh, wenn mir das Wetter wohlig kommt, gleite ich fröhlich aus dem Bett und nehme eine Schüssel Haferflocken, Erdnussmus und Obst. Raus aus den Pyjamahosen, heißt es dann, und rein in die Verkleidung: Bib-Shorts, Trikot und KlickeklackeSchuh. Im Handumdrehen wird Stadtmensch zu Mamil („Middle Aged Man in Lycra“). Breit lächelnd wartet mein alter Schulfreund vor der Türe (natürlich ebenfalls mamilisiert.) Dann geht es los und hinauf in die Hügel rund um Wien. Dopplerhütte, Tulbinger Kogel, Scheiblingstein. Manchmal 70 Kilometer, manchmal mehr. Frische, süße Luft in den Lungen. Die Kraft der Oberschenkel spüren. Ein Genuss. Nur eine Sache schmälert unsere Freude: Die Aggressivität vieler – nicht aller! – Autofahrender. Zuletzt wurden wir auf jenem kleinen Stück Straße in Klosterneuburg zwischen Donauradweg und Kreisverkehr Richtung Weidling angehupt, knappest überholt und dann beinahe tätlich angegriffen, weil wir für die 150 Meter bis zum Rechtsabbiegen die Fahrbahn benutzt hatten. (Was Radsportlern laut StVO gestattet ist. Siehe dazu auch Rechtstipp auf Seite 31.) Das soll jetzt nicht verbittert klingen. Aber leider vergeht keine Ausfahrt ohne ähnliche Begegnung. Woher kommt diese Aggression? Woher dieser Zorn?

Mahalo

Fotos: privat; Klimabündnis Tirol

Hervorzuheben in diesem Heft

Claudia aschour Die freie Journalistin und Mutter einer fünfjährigen Tochter war lange Kultur-Redakteurin beim Nachrichtenmagazin „News“. Für ihre berührende DRAHTESEL-Covergeschichte interviewte sie Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren.

Michael Bürger Betreut das Thema Mobilität beim Klimabündnis Tirol. Er sprach für diese Ausgabe mit dem dänischen Verkehrsplaner Jesper Risting über Fahrradhighways, das dänische Verkehrsmodell und die Erhöhung des Radfahrendenanteils.

Peter Provaznik Der DRAHTESEL-Fotograf und passionierte Weltradreisende hat uns aus Kuba eine spektakuläre Fotoreportage mitgebracht. Diesmal begab er sich mit neuer Freundin, Kind und Kinderanhänger auf die Reise.


Politik Getestet: So radaffin sind Wiens Bezirke Seite 7

Geöffnet: Wege aus der Dooring-Falle Seite 12

Gelüftet: Das Geheimnis von Kopenhagen Seite 10

Drei Fragen an „unsere“ Europameisterin Orca

DRAHTESEL Was macht eine meisterliche Fahrradbotin aus? Orca Man darf sich nicht stressen lassen und muss einen klaren Kopf bewahren. Es kommt nicht nur auf die Geschwindigkeit an. Eher darauf, klug zu fahren und sich die Kraft einzuteilen. Lässt sich eine Botenmeisterschaft mit der Wirklichkeit im Botenalltag vergleichen? Nur teilweise. Bei einer Meisterschaft ist es wich-

TU-Studie: Pendelnde brauchen mehr Stellplätze Zwei Drittel der Wohnstandorte von Pendelnden in der Ostregion liegen im Umkreis von weniger als drei Kilometern zu einer Bahnstation. Das ergab eine von den Arbeiterkammern Wien, Niederösterreich und Burgenland in Auftrag gegebene und von der Technischen Universität-Wien durchgeführte Studie. Für Arbeitswege zur Bahn nutzen derzeit rund 10 Prozent der Menschen das Fahrrad. Die TU-Analyse ergab, dass zum Erreichen des angestrebten 20 Prozent-Anteils die Errichtung von zusätzlichen, hochqualitativen Fahrradstellplätzen notwendig ist. In Summe fehlen in der Ostregion rund 17.300 Fahrradstellplätze an Bahnhöfen und Haltestellen. wien.arbeiterkammer.at

tig, dass sie auf neutralem Boden stattfindet, also zum Beispiel auf einem abgesperrten Gelände. Im Vorfeld erhalten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Plan der Strecke. Man muss sich die Stationen einprägen, um die beste Route zu finden. Zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Checkpoint sollte man – wie auch im Botenalltag zu den Kundinnen und Kunden – immer freundlich sein. Das erleichtert vieles. Was ist das Schöne am Botenfahren? Mir gefällt an der Arbeit, dass man zu den unterschiedlichsten Menschen kommt. Das ist eine spannende Sozialstudie. Ich mag es auch, mich im Straßenverkehr zu bewegen. Es ist ein schönes Gefühl –  fast wie Fliegen.

Wertschöpfung des Radverkehrs in Österreich

900

Millionen Euro beträgt die Wertschöpfung des Radverkehrs in Österreich. Das besagt eine Studie im Auftrag des Lebensministeriums. Wie dargelegt wird, tragen die Radfahrenden damit zur Erhaltung von etwa 18.300 Arbeitsplätzen bei. Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzeffekte betreffen die Bereiche Fahrradproduktion, Handel, Service und Infrastruktur. Immer wichtiger werden auch Tourismus und E-Bikes. Laut Verkehrsclub Österreich gaben im Jahr 2013 allein Wiens Haushalte knapp 50 Mill. Euro für Fahrräder und Radzubehör aus.

Foto: Hermes

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Nach mehreren nationalen und internationalen Titeln als beste Fahrrad­botin gewann Clara Felis, die beim Radbotendienst Hermes in Wien den Dienstnamen Orca trägt, die Europäische Meisterschaft der Rad­ kuriere (ECMC 2015) in Mailand.

Sich im Straßenverkehr zu bewegen, ist ein schönes Gefühl – fast wie Fliegen Orca

ADFC-Studie: Warnwesten erhöhen die Sicherheit nicht Je knalliger, desto sicherer? Klingt überzeugend, stimmt aber nicht. Dass sich die Sicherheit für Radfahrende durch das Tragen von Warnwesten nicht wesentlich erhöht, ist Ergebnis einer Studie des deutschen Fahrradverbandes ADFC. Eine Analyse aktueller Forschungsergebnisse hat festgestellt, dass sich Warnwesten in der Unfallstatistik nicht auswirken. Erklärung: Wenn Autofahrende mit Radfahrenden nicht rechnen, nehmen sie sie auch nicht wahr: egal ob mit oder ohne Warnweste. Was hingegen sehr wohl die Straßen sicherer macht: die Zahl der Radfahrenden. Je mehr Radfahrende unterwegs sind, desto niedriger ist das Unfallrisiko. hamburg.adfc.de

Top Neue Mahü ist fertig Nach politischem Riesen-Bahö war es am 1. August soweit. Der Umbau der inneren Mariahilfer Straße in einen verkehrsberuhigten Boulevard ist abgeschlossen. Kann sich noch jemand daran erinnern, wie stressig, mühsam und unerfreulich das Radfahren in der alten Mahü war?

Flop Tödliche Rad&Lkw-Unfälle Gleich drei tödliche Rad & LkwUnfälle ereigneten sich innerhalb einer Woche im Juni in Österreich. Immer wieder spielt dabei der „Tote Winkel“ eine Rolle: Jene Bereiche rund um den Lk w, die von den Lenkenden nicht eingesehen werden können.


Wie radfreundlich sind Wiens Bezirke?

Politik

Rechtzeitig vor der Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl in Wien liefert der Drahtesel das große Bezirks-Fahrrad-Ranking

V

Illustration: Anna Hazod

1. Innere Stadt Das Engagement der Bezirksvorstehung für den Radverkehr hält sich in Grenzen. Die Alternativroute „Innenring“ durch Öffnung der Stubenbastei ist ein Lichtblick. Die geforderte Cityquerung durch die Habsburgergasse lässt weiterhin auf sich warten. 2. Leopoldstadt Wichtige Qualitätsverbesserungen entlang der zukünftigen Langstreckenrouten werden von der Bezirksvorstehung verzögert. Die stark befahrene Praterstraße braucht endlich breitere Radwege, um als Langstreckenverbindung zu taugen. 3. Landstraße Mit Nachdruck von Seiten der lokalen Radgruppe wurden vom

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elo-city Konferenz, Mobilitätsagentur, radfreundliche Straßen, gratis Radmitnahme in der U-Bahn, Rad­paraden: Einiges hat die rotgrüne Wiener Stadtregierung in der vergangenen Legislatur­periode unternommen, um Wien radfreundlicher zu machen. Wie steht es aber um die Politik in den Bezirken, denen die Stadtverfassung viel Einfluss auf die Gestaltung von Straßen einräumt? Anhand von zentralen Kennzahlen und lokaler Expertise hat die Radlobby Wien versucht, das sehr unterschiedliche Engagement der Bezirksvorstehenden für den Radverkehr sichtbar zu machen. Denn am 11. Oktober wählen die Wienerinnen und Wiener auch ihre Vertretung im Bezirk. Und im Bezirk zählen sie ganz besonders: Die Stimmen fürs Rad.

Bezirk viele Radabstellplätze errichtet und insgesamt 3,5 Kilometer Einbahnen geöffnet. Der Wunsch nach einer Fahrradstraße in der Neulinggasse blieb allerdings bis heute unerfüllt.

6. Mariahilf Positiv ist die flächendeckend geltende Tempo 30-Zone. Die Situation am Getreidemarkt und an der Linken Wienzeile ist für Radfahrende hingegen weiterhin miserabel.

4. Wieden In der Operngasse wurde erstmals in Wien die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben. Weiterhin fehlt es an einer Lösung für die Argentinierstraße, als Teil der Langstrecke Süd.

7. Neubau Seit der Umgestaltung ist die Mariahilfer Straße attraktiver. Parallel dazu fehlt noch eine zügig befahrbare Alternativroute in West-Ost-Richtung.

5. Margareten Für die Entschärfung der Gefahrenstelle bei der U-Bahn Station Margaretengürtel erhielt der Bezirk die Goldene Speiche der Radlobby Wien. Die Umsetzung weiterer Radverkehrsmaßnahmen geht schleppend voran.

8. Josefstadt Die größte Herausforderung sind Maßnahmen zur sicheren und attraktiven Führung des Radverkehrs im Mischverkehr. Vorschläge der lokalen Radgruppe zur Verbesserung der Situation wurden bisher nicht umgesetzt.

9. Alsergrund Gut: Die konsequente Öffnung von Einbahnen und die Errichtung von Radabstellanlagen. Aufholbedarf: Schmale Mehrzweckstreifen neben Parkspuren, wie etwa in der Nussdorfer Straße. 10. Favoriten Vorschläge der lokalen Radgruppe zur Verbesserung der Radverkehrsbedingungen im Bezirk verhallen bisher ungehört. Realisierungschancen sind derzeit nicht in Sicht. 11. Simmering Ein Blick in das Bauprogramm zeigt, dass 2012 einiges umgesetzt wurde. Dennoch besteht großer Nachholbedarf, Radverkehrsinfrastruktur flächendeckend auszubauen.


Politik

Bezirksbudget*: Geld für Maßnahmen für den Radverkehr pro Einwohner * Da die Bezirke Radverkehrsmaßnahmen im Budget unterschiedlich zuordnen, ist ein präziser Vergleich schwierig.

1,21€ 1,37€

Radabstellplätze pro 1000 Einwohner

0,08€ 9

19.

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Anteil geöffneter Einbahnkilometer in %

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0,83€ 99

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15

227

35%,1 12

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11,4%

12. Meidling Im Zuge der Sanierung der Meidlinger Hauptstraße wurde das Viertel rund um das Meidlinger Platzl für Radund Fußverkehr attraktiver gestaltet. Brennpunkt bleibt der stark durch alle Verkehrsarten genutzte Bereich um den Meidlinger Bahnhof.

Infografik: Anna Hazod

13. Hietzing Die Priorität in Hietzing liegt entlang des Wientalflusses. Jedoch sollte nicht auf Querverbindungen durch den Bezirk und Verdichtung der Radabstell­anlagen vergessen werden.

53,7%

63

0,44€ 0,68€

9. 38,2%

16.

55

11 30,8%

14.

46,3% 22%

8.

0,29€

0,16€

1.

50 9

7.

19

20,6%

48,5%

26,3%

0,05€

6.

24

15.

14. Penzing Der Radweg Waidhausen­ straße / Heinrich-Collin-Straße ist das Highlight der letzten Jahre. Nord-Süd-Verbindungen, Bahnunterführungen und andere Problemstellen bleiben ungelöst.

16. Ottakring Es wurden einige innovative Lösungen im Mischverkehr umgesetzt (z.B. Hasnerstraße, Haltestellenkaps). Die große Herausforderung liegt darin, sichere und attraktive Bedingungen für Radfahrende jeden Alters zu schaffen.

15. Rudolfsheim-Fünfhaus Die Goldschlagstraße wird nach und nach fit für eine radfreundliche Straße gemacht. Das Westbahnhofgelände stellt die größte Barriere dar. Im südlichen Teil sind kaum Einbahnen geöffnet.

17. Hernals Seit Anfang 2015 wurden einige Einbahnen geöffnet. Die großen Herausforderungen, wie Verkehrsberuhigung im Zentrum und Lückenschlüsse (z.B. Alszeile), will der Bezirk künftig diskutieren.

5.

15 41,4% 0,03€ 11

13. 12. 18. Währing Bis auf ein paar geöffnete Einbahnen ist kaum Radinfrastruktur vorhanden. Dass der Bezirk sich gegen das Parkpickerl ausgesprochen hat, verhindert die Realisierung notwendiger Querverbindungen durch den Bezirk.

29,9%

0,07€

23.

11 12,3%

32,5%

4.


Politik

21.

0,03€ 14 53,1%

20.

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1,02€ 0,06€

Unter dem Titel „Stimme fürs Rad“ führt die Radlobby Wien eine Online-Kampagne durch, in der Wünsche der Wienerinnen und Wiener für die Verbesserung des Radfahrens in der Stadt gesammelt und das Feedback aller Bezirksparteien zu diesen Forderungen eingeholt werden. Alles Aktuelle dazu sowie ein Wählbarkeitsprofil für jeden Bezirk findet sich gesammelt auf stimmefuersrad.at

31

52,9%

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0,26€

52

3. 29,6%

19. Döbling Eine Strategie und Budget, um das Radfahren mit durchgehenden, sicheren Verbindungen auch für ungeübtere Radfahrende zu fördern, fehlt. Erfreulich ist die kürzlich erfolgte Öffnung von Einbahnen.

29

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7 19,9%

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20. Brigittenau Nach langem Ringen mit dem Bezirk wurde dieses Frühjahr in der Wasnergasse die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben. Weitere Verbesserungsmaßnahmen sind schwer durchsetzbar. 21. Floridsdorf Was fehlt, sind sowohl Verbindungen zwischen den historischen Zentren im Bezirk als auch sichere durchgehende Radrouten entlang der großen Durchfahrtsstraßen.

22. Donaustadt In der Donaustadt besteht seit Jahren ein vorbildlich gutes Klima zwischen Radlobby und Bezirksvorstehung. Durch regelmäßigen persönlichen Kontakt ist das Bewusstsein für Radverkehr sehr hoch, und es können viele Lösungen gemeinsam erarbeitet werden. 23. Liesing Vorschläge der lokalen Radgruppe werden schnell umgesetzt. Allerdings nur, wenn diese geringe Auswirkungen auf den Autoverkehr haben.

Quellen: Bezirksbudget: Rechnungsabschlüsse der Bezirke für 2013; Radabstellplätze: OGD, Einwohner: Statistik Austria, MA23, Stand 2014-01 Stadt Wien, MA46

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Online-Kampagne: Stimme fürs Fahrrad

0,01€ 21


Aus dem Land der Superradwege

Politik

Jesper Risting, Verkehrsplaner im Umweltamt von Kopenhagen, über Fahrrad-highways, den export des dänischen Verkehrsmodells und die Rückeroberung des öffentlichen Raums

Es reicht nicht, nur ein paar Radstreifen auf den Asphalt zu pinseln Jesper Risting, Verkehrsplaner im Umweltamt der Stadt Kopenhagen

Drahtesel Jeden Tag werden in Kopenhagen bis zu 1,2 Millionen Kilometer am Fahrrad zurückgelegt. Anders gesagt: Kopenhagens Radfahrende umrunden die Erde täglich 30 Mal. Wie konnte Radfahren so populär werden? Jesper risting Das hat mit unserer Kultur zu tun. Jeder Däne wächst mit dem Fahrrad auf und fährt sein Leben lang. Auch wir hatten ab den 1960erJahren zunächst einen Auto-Boom zu verzeichnen. In einer großen Demonstration vor dem Rathaus in den 1980erJahren forderten die Leute dann, dass

die Stadt den Radverkehr stärker fördert. Von da an nahmen die Dinge ihren Lauf. Kopenhagen gilt weltweit als die Hauptstadt des Radfahrens. Was ist eure Vision für die nächsten Jahre? J.r. Wir haben im Moment bei den Wegen von und zur Arbeit einen Radverkehrsanteil von 45 Prozent. Das Ziel für das Jahr 2025 sind 50 Prozent. Im Stadtinneren erreichen wir hierbei bereits Werte von bis zu 63 Prozent. Die Stadt Kopenhagen hat die Vision, bis 2025

Briefe aus der Ferne Dieses Mal: Mailand

Autos, Mopeds, Taxis, schmale Gehstreifen und Gestank: Der Vorplatz des Garibaldi Bahnhofs in Mailand bietet ein chaotisches Bild. Doch als ich die Straße quere, ist alles anders: aufgeräumt, schöne Materialien und Platz. Eine Freitreppe, flankiert von zwei Rolltreppen, führt zum Plateau. Oben angekommen, kann ich nicht aufhören zu lächeln und weiß nicht, wen ich zuerst beobachten soll. Die Kinder, die um die Wasserspiele laufen, die älteren Herrschaften beim Plausch, die Anzugträger mit Aperol Spritz oder die Jugendlichen an den Wutzlern – alles unter freiem Himmel. Ab und zu fahren Radler vorbei. Zuordnung von Verkehrsflächen gibt es keine. Nicht einmal das Wasser der Springbrunnen

zwingt dazu, Wege einzuhalten: Es ist nur wenige Zentimeter tief. Bank Campus auf italienisch: Die UniCredit hat hier ihr Hauptquartier errichtet. Es bildet den stadträumlichen Auftakt zum Stadtentwicklungsgebiet Porta Nuova, wo sich auch das Expo-Quartier befindet. Und es ist vor allem ein Quartier für den Fuß- und Radverkehr. Viel Grün, Platz um zu spielen. Autos dürfen zufahren, aber es passiert kaum. Dazu gibt es Bücher, Cocktails, Eis, einen Supermarkt und natürlich Kaffee. Die UniCredit wollte einen belebten Platz, und vermietet daher selbst. Bleibt zu hoffen, dass dies in Wien beim Erste Bank-und beim Bank AustriaCampus auch gelingt! Beatrice Stude

Foto: Beatrice Stude

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INTERVIEW: Michael Bürger


Politik

Fotos: Cycle Super Highways, Capital Region Copenhagen, Michael Bürger

CO2-neutral zu sein. Wir wollen weniger Stau, weniger Abgase und den Radfahrenden noch bessere Verkehrslösungen anbieten. Immer mehr Städte orientieren sich in der Verkehrsplanung am dänischen Modell – darunter Städte wie New York, Paris oder München. Wenn ihr mit Nachahmern sprecht, welches Wissen vermittelt ihr? J.r. Meistens wollen sie herausfinden, wie man Menschen dazu bringt, mit dem Rad zu fahren. Ein hoher Radverkehrsanteil bringt eine neue Dynamik in die Stadt. In der Verkehrsplanung herrscht mittlerweile Konsens, dass Fahrräder und nicht Automobile die urbane Lebensqualität heben. Mit Politikmachenden und Verkehrsplanenden aus der ganzen Welt teilen wir unsere Guidelines, zeigen ihnen, welche Maßnahmen und Strategien erfolgreich sind. Strategische Radverkehrsförderung ist keine höhere Wissenschaft, aber es reicht auch nicht, einfach nur ein paar Radstreifen auf den Asphalt zu pinseln.

Du planst Superradwege in und um Kopenhagen. Was unterscheidet einen Superradweg von einem normalen Radweg? J.r. Die Superradwege sind ein gemeinsames Projekt von 22 Gemeinden. Der erste Superradweg wurde 2012 eröffnet, derzeit arbeiten wir an neun weiteren. Wir wollen ein ganzes Netz davon. Die Superradwege sind eigene Radwege mit höchsten Qualitätskriterien. Zum Beispiel mit einer Mindestbreite von zweieinhalb Metern. Sie haben vier Schwerpunkte: Erreichbarkeit, Vorankommen, Komfort und Sicherheit. Beim Punkt Vorankommen geht es z.B. um den Flow und Geschwindigkeit, wo Grüne Wellen eine wichtige Rolle spielen. Welches Ziel verfolgt ihr mit dem Bau der Superradwege? J.r. Die Superradwege sollen dazu beitragen, Stau in der Stadt zu verringern. Die Hauptzielgruppe sind Pendelnde, die Distanzen zum Arbeitsplatz von bis zu 25 Kilometer zurücklegen. Wir konnten bislang erreichen, dass 52 Prozent mehr Pendelnde das Rad benützen.

Mit welchen Problemen habt ihr bei den Superradwegen zu kämpfen? J.r. Es gibt viele Diskussionen, weil wir ja den Autos Platz wegnehmen. Ein anderes Problem ist die hohe Geschwindigkeit der Pendelnden. Langsamere Radfahrende fühlen sich teilweise unsicher und meiden dann die Superradwege. Schwierig ist auch die Finanzierung: Ein Kilometer Superradweg kostet rund eine Mill. Euro. Welche Tipps hast du für Aktivistinnen und Aktivisten in Österreich, die sich für eine stärkere Radverkehrsförderung einsetzen? J.r. Der Kontakt zu den Politikern ist das Wichtigste. Fragt sie, welche Stadt sie haben möchten. Es ist wichtig, daran zu glauben, dass eine Veränderung möglich ist. In Kopenhagen hat die zuerst geschilderte Demonstration zu einer großen Veränderung geführt – warum soll man so etwas nicht auch wo anders erreichen? Man muss den öffentlichen Raum zurückgewinnen und die Aktivistinnen und Aktivisten sind dabei ein zentraler Faktor.

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Alltag auf Kopenhagens Straßen: Ein hoher Radverkehrsanteil bringt Dynamik in die Stadt


Ordnungsgemäß gedoort? Politik

Offenbar häufen sich derzeit die Dooring-Unfälle. Die Pressestelle der Polizei berichtet darüber. leider mitunter tendenziös

BERICHT: Matthias G. Bernold

Dooring-Unfälle in Wien 4. Juni Simmeringer Hauptstraße Ein Autolenker doort eine Radfahrerin 21. Juni Novaragasse Eine Pkw-Lenkerin doort ein 12-jähriges Mädchen, das zusammen mit zwei anderen Kindern unterwegs war

Drahtesel 3 ⁄ 2015 – 12

9. Juli Ottakringer Straße Als eine 48-Jährige und ihr 49-jähriger Mann den Mehrzweckstreifen entlang radeln, öffnet ein Pkw-Lenker die Fahrzeug-Tür 24. Juli Landstraßer Hauptstraße Dooring-Unfall am Taxistandplatz 29. Juli Dooring-Unfall in der Erdbergstraße 4. August Thaliastraße Ein Pkw-Lenker doort einen 32-jährigen Radfahrer

G

egen 10.55 Uhr fuhr ein 12-jähriges Mädchen mit dem Fahrrad in der Novaragasse. Kurz davor hatte eine 55-jährige Frau ihren Pkw ordnungsgemäß am rechten Fahrbahnrand eingeparkt und wollte aussteigen. Just in dem Moment, als sie die Fahrertür öffnete, fuhr das Mädchen beim Auto vorbei und prallte gegen die geöffnete Autotür.“ So berichtet die Pressestelle der Landespolizeidirektion Wien in einer Aussendung am Sonntag, dem 21. Juni 2015. Die Art und Weise, wie der Text, der von einigen Medien fast wortgleich übernommen wird, formuliert ist, ärgert viele Radfahrende. Zu Recht. Insinuiert doch die Wendung „ordnungsgemäß eingeparkt“, dass sich die Autofahrerin rechtmäßig verhalten habe. Mit den Worten „just in dem Moment“ wird angedeutet, dass es sich bei der Kollision um eine Art schicksalshafte Fügung gehandelt habe. Und mit der Phrase „prallte gegen die geöffnete Autotür“ wird die aktive Rolle dem Mädchen zugewiesen. Semantisch: eine Täter-Opfer-Umkehr. Tatsächlich haben Unfälle mit Dooring – der Anglizismus verbreitet sich immer mehr auch im deutschsprachigen Raum – weniger mit Schicksal zu tun als mit Fehlverhalten: Damit, dass viele Autofahrende nicht schauen, bevor sie die Türe öffnen. Damit, dass Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden. Auch damit, dass FahrradInfrastruktur mangelhaft geplant oder halbherzig umgesetzt wird. Mangelhafte Infrastruktur

Die Abstands-Kampagne der Radlobby Österreich radlobby.at/abstand

Was Pressetexte wie der oben genannte jedenfalls erzeugen und verbreiten: Stimmung für das Auto- und gegen Radfahren. Nach dem Motto: Ihr seid selber schuld, wenn ihr auf der Straße radelt oder eure Kinder auf der Straße fahren lasst. Nirgendwo in der Aussendung findet sich ein Hinweis auf Paragraph 23 Absatz 4 der Straßenverkehrsordnung (StVO), der klar festlegt, dass „die Türen eines Fahrzeuges so lange nicht geöffnet werden und auch nicht geöffnet bleiben dürfen, als dadurch andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden können.“ Wer die Aussendung liest und

die präzise Gesetzeslage nicht kennt, könnte meinen, es genüge, das Auto „ordnungsgemäß“ zu parken. Wie langjährige Untersuchungen zeigen, machen Unfälle mit parkenden Pkw rund zehn Prozent aller Kollisionen aus. Die Folgen sind dabei mitunter schwerwiegend. So wie im Frühling in Graz, als nach Dooring-Unfällen zwei Radfahrende starben. Offizielle Unfallstatistik gibt es für das laufende Jahr allerdings noch keine. Weder Polizei noch Wiener Mobilitätsagentur verfügen – wie sie auf Anfrage mitteilten – über aktuelle Zahlen. Aber die Presseaussendungen der Polizei und die geschilderten Episoden in den Online-Foren der Radcommunity deuten auf eine Häufung von Dooring-Unfällen hin (siehe Marginalspalte). suche nach den Ursachen Erkundigt man sich bei Verkehrsexperten, sind die Ursachen für Dooring-Unfälle vielfältig: Unachtsamkeit sowohl bei den Autolenkenden als auch bei den Radfahrenden, überhöhte Geschwindigkeit des motorisierten Verkehrs, Rücksichtslosigkeit und schlechte Sicht. Andrzej Felczak, der Vorsitzende der Radlobby Österreich, will auch beim Abstand ansetzen und somit die Fehlertoleranz erhöhen. „Pkw-Lenkende überholen Radfahrende vielfach zu knapp, und Radfahrende fahren zu weit rechts, weil sie glauben, auf diese Weise sicherer unterwegs zu sein.“ Um die Verkehrsteilnehmenden zu sensibilisieren, startete die Radlobby kürzlich eine eigene Abstands-Kampagne. Ziel dabei ist unter anderem die Verankerung eines Mindestüberholabstandes von 1,5 Metern in der StVO. „Ebenfalls wichtig ist es, dass Radfahrende einen Sicherheitsabstand von mindestens 1,2 Metern zu parkenden Autos einhalten“, sagt Felczak. Für Michael Meschik vom Institut für Verkehrswesen der Boku Wien spielen zu schmale Spurbreiten bei Mehrzweckstreifen eine wesentliche Rolle. „Es ist zu beobachten, dass KfzLenkende knapp an die Markierung und damit – bei schmalen Mehrzweckstreifen – knapper seitlich an Radfahrende heranfahren als auf einer Straße ohne Mehrzweckstreifen“, erklärte


Meschik in einem Interview mit dem DRAHTESEL heuer im März: „Risikobereite Kfz-Lenkende überholen häufiger und riskanter. Radfahrende werden dadurch in den Dooring-Bereich gedrängt.“ Nicht nur in den Fahrradstädten Amsterdam oder Kopenhagen, sondern auch in Städten wie New York City, wo Rad-Infrastruktur rasant errichtet wird, setzt man deshalb auf separierte Radwege oder Radspuren in großzügiger Breite. Laut Martin Blum, dem Chef der Wiener Mobilitätsagentur, ist man auch in Wien bemüht, die Errichtung von knappen Mehrzweckstreifen zu vermeiden: „Die Piktogramme mit dem Pfeil werden mittlerweile in vielen Fällen nicht mehr mittig sondern näher bei der linken Leitlinie

angebracht, damit der Abstand zu parkenden Autos größer gehalten wird.“ Dass Mehrzweckstreifen ein höheres Dooring-Risiko verursachen, sei aus den Unfalldaten allerdings nicht belegbar, betont Blum. „Erst seit dem Jahr 2012 wird in der Unfallerhebung der Polizei erfasst, an welcher Radverkehrsanlage sich der Unfall ereignet hat. Die Datenqualität

ist derzeit aber zu gering, um tatsächlich Rückschlüsse ziehen zu können.“ Ein Dooring-Hotspot sei jedenfalls die Innere Mariahilfer Straße gewesen. Mit der Verkehrsberuhigung dort gehörten diese Fälle der Vergangenheit an, freut sich Blum. Zur Präsentation der Unfallstatistik 2015 wird man wissen, wie sich diese Maßnahme auf die Statistik auswirkt. Bereits jetzt setzt sich Radlobby-Vorsitzender Felczak für eine sorgfältigere Wortwahl seitens der Polizei ein: „Es hat eine schriftliche Stellungnahme von uns an die Pressestelle der Landespolizeidirektion Wien gegeben. Wir haben mit dem Leiter, Johann Golob, telefoniert und um eine neutralere Berichterstattung ersucht. Unserem Empfinden nach hat man unsere Anregung ernst genommen.“

Illustration: Anna Hazod

Politik

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Nach 20 Jahren Erfolgsgeschichte hat Riese & Müller das Kultrad Birdy einer aufwändigen Überarbeitung unterzogen. Das Ergebnis: 20 Verbesserungen in Sachen Technik, Handling und Ausstattung. Geblieben jedoch ist der einzigartige Look, der das Birdy auch zukünftig zu einem echten Eyecatcher macht. Wir präsentieren: das beste Birdy aller Zeiten.


Blick in die Welt Politik

Fahrrad-Ampeln mit Regensensoren In der Rad-affinen Universitätsstadt Groningen (Niederlande) werden Radfahrende bald mit regen-sensiblen Ampel­ schaltungen verwöhnt. Stellen die Ampelanlagen fest, dass es regnet, werden die Wartephasen für Radfahrende verkürzt. Bereits jetzt werden 61 Prozent aller Fahrten in Groningen mit dem Rad zurückgelegt. Und die Stadtverwaltung will diesen Anteil weiter erhöhen. Neben den neuen Ampeln soll es in Kürze beheizte und damit frostsichere Radwege und 5.000 neue Radabstellplätze beim Hauptbahnhof geben – 10.000 gibt es dort bereits ...

Radverkehrsplan für Moskau Bis zum Jahr 2020 will Moskau ein Radwegenetz realisiert haben. Federführend an den Planungen beteiligt ist hierfür das heimische Unternehmen Rosinak & Partner. Die Fahrrad-Infrastruktur in der 12-Millionen-Einwohner Stadt soll primär entlang von Flüssen, von Ring­ straßen und wichtigen radialen Rad­routen errichtet werden. Mehr über dieses Projekt und über österreichische Unternehmen, die im Bereich Radverkehr tätig sind: radkompetenz.at

Google hat den Fahrrad-Plan Google kämpft für eine Mobilitätswende im Silicon Valley. Zusammen mit der Fahrrad -NGO „Silicon Valley Bicycle Coalition“ entwickelte das Internet-Unternehmen den sogenannten Google Bike Vision Plan, der die Region in den nächsten Jahren mit einem Radwegenetzwerk versehen soll, das den Anforderungen des 8-80-Ideals entspricht (d.h. Acht- wie 80-Jährige sollen sich darauf sicher und komfortabel fortbewegen können). bikesiliconvalley.org/betterbiking/ google-bike-vision-plan-2015

Central Park wird fast autofrei Durch den Central Park in New York City sollen künftig deutlich weniger Autos fahren. Bürgermeister Bill de Blasio sperrte die Grünanlage ab Ende Juni weitgehend für den motorisierten Verkehr. Davor hatten Autos an Wochentagen zur Hauptverkehrszeit zahlreiche Straßen des Parks benutzen dürfen. Auch im Prospect Park in Brooklyn schränkte die Stadtverwaltung den Autoverkehr deutlich ein. Spaziergehende und Radfahrende hatten seit Jahrzehnten für diese Regelungen gekämpft.

Badetuch in Parkplatzgröße Das Berner Freibad „Marzili“ wurde im August Schauplatz einer ungewöhnlichen Intervention. Aline Trede, Nationalrätin der Schweizer Grünen, kam mit einem Badetuch in Größe eines Parkplatzes (13 Quadratmeter) zum Sonnen auf die Liegewiese. Als Co-Präsidentin des Vereins „Umverkehr“ will sie aufmerksam machen, wieviel Raum der motorisierte Individualverkehr vergeudet. Mehr als acht Millionen Parkplätze gebe es in der Schweiz, Parkhäuser und private Garagen nicht mit eingerechnet, wurde Trede in der Berner Zeitung zitiert. umverkehr.ch

Illustrationen: Anna Hazod

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 14

Boris Johnson, der Radrowdie Londons Bürgermeister Boris Johnson ist wieder einmal in den Schlagzeilen. Diesmal allerdings nicht, weil er Europas vielleicht ehrgeizigstes Fahrradinfrastrukturprogramm (Volumen: 900 Mill. Pfund) durchsetzt. Sondern weil er eine Verkehrssünde auf sich geladen hat: Der Tory-Politiker nahm seine Frau auf dem Gepäcksträger mit (und wurde dabei von Autofahrenden gefilmt). Wie der „Guardian“ berichtet, entschuldigte sich Johnson danach öffentlich. Er habe nicht gewusst, dass diese Form der romantischen Personenbeförderung ungesetzlich sei.


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Drahtesel 3 ⁄ 2015 – 15

Werden Sie ARGUS Fördermitglied!


Community Cover: Kinder malen für den DRAHTESEL Seite 16

Lastenrad: Initiativen vernetzen sich Seite 17

Serviceleistungen für Mitglieder Seite 18

Drahtesel 3 ⁄ 2015 – 16

Kinder, Kinder – malt uns was! Wie Kinder das Radfahren erleben ist das große Thema dieser DRAHTESEL-Ausgabe (siehe S. 24). Aus diesem Anlass laden DRAHTESEL und Radlobby zum großen MalWettbewerb: Kinder im Alter von null bis zehn Jahren sind dazu eingeladen, sich in Zeichnungen, Malereien oder auch Skulpturen mit dem Radfahren auseinanderzusetzen. Unter den Einsendungen verlosen wir feine Fahrrad-Goodies. Außerdem werden die Werke der jungen Künstlerinnen und Künstler im nächsten Heft abgedruckt bzw. auf der Homepage präsentiert. Wir bitten Eltern bzw. Lehrpersonen, die Kunstwerke zu fotografieren bzw. zu scannen und bis spätestens 31. Oktober an diese E-Mail-Adresse zu senden: drahtesel@argus.or.at

Kilian, 4 Jahre

Elif, 5 Jahre

Marco, 6 Jahre

ÖSTeRReICH

WIeN

NIeDeRÖSTeRReICH

VORARLBeRG

Die Plattform Radkompetenz Österreich vernetzt innovative heimische Unternehmen aus den Bereichen Fahrradinfrastruktur und Radverkehr. Gründungsmitglieder der jüngst von der Radlobby ins Leben gerufenen Initiative sind unter anderem UUBS, die die vandalismussichere Wiener Pumpe entwickelt haben, WOOM Bikes, die mit ihrem mitwachsenden Kinderradkonzept derzeit in den USA durchstarten, der Radgaragen-Hersteller Ziegler oder Faltrad-Produzent VELLO. Eine vollständige Liste der Mitglieder findet sich hier: radkompetenz.at

Am 22. September 2015, dem Internationalen Autofreien Tag, veranstaltet die Plattform autofreiestadt.at zum bereits neunten Mal „Rasen am Ring“. Zwischen 12 und 19 Uhr werden Opern-, Burg- und Universitätsring vom Autoverkehr befreit. Mit Rollrasen, Musik, Diskussionen und Kinderprogramm setzen die beteiligten Organisationen, darunter federführend die Radlobby Wien, ein Zeichen für einen verkehrsberuhigten Ring, für die Förderung aktiver Mobilität und für den Umweltschutz. Wer „Rasen am Ring“ mit Spenden unterstützen will, kann dies auf der Crowdfunding-Plattform respekt.net tun.

Die peinliche Misere um die Unterbringung von Asylwerbern in Österreich ließ die Radlobby Wiener Neustadt initiativ werden: In Kooperation mit der Wohngemeinschaft Leuchtturm organisiert man Radausfahrten mit jungen Flüchtlingen. „Die meisten der Jugendlichen kommen aus Syrien, Afghanistan und aus dem Iran“, erklärt Radlobby Niederösterreich-Vorsitzender Karl Zauner: „Bei den Radtouren geht es darum, die Stadt kennenzulernen, Kontakte zu entwickeln, miteinander zu reden.“ Die Räder für die Touren wurden gespendet. Weitere Rad-Spenden sind willkommen. noe.radlobby.at/wiener. neustadt

Von Bregenz nach Wien radelten Christoph Wiesmeyr, Markus Stadlbauer, Stefan Hagmair, Martin Stadlbauer auf – technisch unveränderten – Wiener Citybikes. Damit stellte das Quartett die Langstreckentauglichkeit der Stadträder eindrucksvoll unter Beweis. Eine Woche dauerte das Unterfangen. Pannenfrei ging es über 738 Kilometer und 4.876 Höhenmeter. Der höchste Punkt war dabei der Fernpass in den Tiroler Alpen auf 1210 Meter Seehöhe. Ihre Erlebnisse auf der Tour dokumentierten die vier Hobbyradfahrer in einem eigenen Blog. citybikeohnegrenzen.wordpress.com

Neue Plattform für Fahrrad-Firmen

Barbara Ottawa

Rasen am Ring – 22. September 2015

Radfahren mit jungen Flüchtlingen

Mit dem Citybike von Bregenz nach Wien


So gut: Lastenrad statt Lkw Die Initiative „Wielebenwir“ will Ideen zur gemeinschaftlichen Nutzung von Lastenrädern verbreiten. Am besten weltweit

Community

BERICHT: Isabella Klebinger

Source Buchungssoftware „Commons Booking“ – sie steht über das LastenradWiki frei zum Download zur Verfügung. Auch ein Wordpress-Plugin für Verwaltung und Verleih von Lastenrädern oder anderen Gemeingütern wurde vorgestellt.

Isabella Klebinger schreibt derzeit ihre Bachelorarbeit über Freies Lastenrad-Sharing. Zuletzt experimentierte sie mit der urbanistischen Intervention „retreat into the streets“, für die ein chinesisches Lastenrad zum Wohnlabor umfunktioniert wurde. Das Projekt ist Teil der Vienna Biennale 2015 und noch bis 4.10. im MAK zu sehen.

Zusammenschluss von Lastenrad-Initiativen Seit Anfang 2014 sind im deutschsprachigen Raum bereits 30 Initiativen für freie Lastenrad-Projekte entstanden. Fast alle sind auf der Plattform velogistics.net vertreten, die das Ziel verfolgt, postfossile, gemeinschaftliche Mobilität zu fördern. dein-lastenrad.de velogistics.net

Urbane Intervention mit Hilfe von Schablonen und wasserlöslicher Kreide: Städte brauchen Lastenradparkplätze

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 17

Z

u viele Autos in der Stadt? Wir wollen das ändern.“ Dieses Statement findet sich im Wiki dein-lastenrad.de, einer Initiative des Vereins „wielebenwir“. Bereits 2013 hat die Gruppe aus Köln das erste freie Lastenrad Deutschlands initiiert. Das Ziel: Lastenräder gemeinschaftlich nutzen und deren Bekanntheit erhöhen. Am 20. Juni 2015 folgten 15 Initiativen der Einladung zum „Forum freie Lastenräder“ nach Köln. Aus Österreich war die Initiative „Das Lastenrad Graz“ vertreten. Gemeinsam wurden Themen wie die Entmarktung von Lastenradangeboten oder gemeinschaftliche Synergien (etwa beim D.I.Y. Lastenradbau), Strategien zur Verbreitung von Lastenrädern sowie Marketingfragen diskutiert. Wichtiger Punkt auf der Agenda: die neue Open-

Lastenräder zum Ausleihen in Wien: fahrrad.wuk.at lastenradkollektiv.at

steiermark

Freies Lastenrad für Graz Zwei steirische IT-Unternehmer gründeten im Juli 2014 den Verein „Das Lastenrad“. Eine erste Bilanz zeigt, dass sie damit gut unterwegs sind BERICHT: Wolfgang Wehap

W

eil sie die Idee des Lastenrads weiterbringen und dessen „Hippie-Image“ korrigieren wollten, gründeten Telematiker Andreas Zobl und Rennradfahrer Martin Moser gemeinsam mit Erwin Nindl den gemeinnützigen Verein „Das Lastenrad“. Unterstützt vom Grazer Umweltreferat schafften sie ein E-Trike des dänischen Herstellers Christiania an und stellten es zum kostenlosen Verleih bereit. „Wir sind überzeugt, dass das Lastenrad eine Alternative zum Auto ist und zum wichtigen Bestandteil urbaner Mobilität wird“, sagt Andreas: „In zehn Jahren

wird es vor Lastenrädern nur so wuseln.“ Das Modell „freies Lastenrad“ hat man sich in Köln abgeschaut (siehe obenstehender Artikel), mittlerweile ist es in 20 deutschen Städten und in Österreich auch in Wiener Neustadt umgesetzt bzw. geplant. Übergeordnetes Ziel ist es, einen „niederschwelligen Zugang“ zu dieser Transportalternative zu eröffnen. Die Rechnung ist, wie die Bilanz nach dem ersten Betriebsjahr zeigt, voll aufgegangen. 331 registrierte Personen liehen das Rad insgesamt 259 Mal aus. Der Modus ist simpel: Auf www. das-lastenrad.at erfolgt per

Mausklick die Reservierung, bei Abholung wird ein Lichtbildausweis vorgelegt und los geht’s. Ideal für Übersiedelungen Der Standort ist nicht fix. Verschiedene Institutionen sind eingebunden und übernehmen für eine gewisse Zeitspanne Stationierung und Verleih. Das hat den Vorteil, dass das Christiania als eine Art Wanderpokal in verschiedene Teile der Innenstadt kommt und neue Kundschaft anlockt. Die häufigsten Nutzungen sind laut Andreas und Martin größere Einkäufe, Übersiedelungen, Entsorgungen, aber auch

Ausflüge. Kulturveranstalter wie „Diagonale“ oder „La Strada“ setzen ebenfalls auf den diskreten Charme des Vehikels. Etliche buchen das Rad, um zu testen, ob eine derartige Investition (ca. 3.000 Euro) auch für sie selbst in Frage kommt. Inzwischen sind Martin und Andreas auch verkehrspolitisch aktiv geworden und propagieren die Einrichtung von LastenradParkplätzen im öffentlichen Raum. Und, so lange sich in dieser Hinsicht offiziell nichts tut, markieren sie welche in Eigenregie mit (wasserlöslichen) weißen Piktogrammen. das-lastenrad.at


Radfahren stärken? Werden Sie Mitglied und nutzen Sie die Vorteile

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Die Radlobby-Vereine vertreten über 6.000 Mitglieder in ganz Österreich. Mitglieder können auf viele Vorteile zählen – vom Versicherungspaket über einkaufsrabatte bis zum DRahtesel-abo

Versicherungspaket

radlobby-rabatt

Interessensvertretung

Dreifach-Schutz: RechtsschutzVersicherung für Anwaltsund Gerichtskosten; Unfallund Haftpflichtversicherung.

Günstiger einkaufen im ausgesuchten Radhandel in ganz Österreich. argus.or.at/partnerbetriebe radlobby.at/radhandel

Die Radlobby tritt für die Interessen der AlltagsRadfahrenden in ganz Österreich ein.

Nur für Mitglieder Die optionale kostengünstige Fahrrad-DiebstahlVersicherung argus.or.at/dsv Mitgliedsvorteile und -beiträge können je Bundesland geringfügig variieren – radlobby.at/mtg

Drahtesel-abo Viermal jährlich kommt der DRAHTESEL, das österreichische Fahrradmagazin, zu Ihnen ins Haus!

einzel-Mitgliedschaft

studierende

haushalts-Mitgliedschaft

Alle Mitgliedervorteile um eUr 40,- pro Jahr

Ermäßigte Mitgliedschaft eUr 26,- pro Jahr für Studierende bis 26 sowie für alle unter 19 Jahren

Für Familien, WGs und Lebensgemeinschaften: Pro Jahr eUr 40,- für das Erstmitglied, alle weiteren Haushaltsmitglieder je eUr 26,-; unter 18 Jahren gratis.

Mitglied werden zahlt sich aus! Sie können in jedem Bundesland bei einem Radlobby-Verein Mitglied werden! Und zwar bei ARGUS – Die Radlobby (B, K, T, V, W) sowie bei der Radlobby Niederösterreich, der Radlobby Oberösterreich, Radlobby ARGUS Steiermark, der Radlobby Salzburg und der Radlobby IGF. Die Mitgliedschaftstarife sind großteils vereinheitlicht. Bis zu eUR 2,- Ermäßigung bei Einziehungsaufträgen – gilt für alle Mitgliedsarten Mitgliedschaftsformular hier online: radlobby.at/mtg oder argus.or.at/mtg

Bonus für Neu-Mitglieder Alle Neumitglieder erhalten eine Werkkarte, das kleine Rad-Werkzeug für die Geldbörse (Kennwort DRAHTESEL angeben und nur solange der Vorrat reicht, nicht mit anderen Aktionen kombinierbar) werkkarte.com


Infrastruktur Planungsfehler: Der neue Radweg in Korneuburg Seite 19

Wien schafft es wieder in den Copenhagenize Index Seite19

PLUS/MINUS: Infrastruktur im Praxistest Seite 20

Vorwärts in die 1970er-Jahre Mit dem neuen Rad- ⁄ Fußweg in Korneuburg katapultiert sich die Gemeinde in die Vergangenheit zurück

Radstädte dieser Welt

Copenhagenize Index der radfreundlichsten Städte

1.

Kopenhagen

2.

Amsterdam

3. Anachronistisch: der neue Radweg in Korneuburg ANALYSE: Andrzej Felczak

D

er Donauradweg ist die meistbefahrene touristische Radroute in Österreich und als Eurovelo 6 Teil des höchstrangigen Radverkehrsnetzes in Europa. Gezählte 365.000 Radfahrende im Jahr passieren Korneuburg. Das sind durchschnittlich 1.000 am Tag. Bisher verlief die Radroute im Mischverkehr: Radfahrende und motorisierter Verkehr waren auf der Fahrbahn unterwegs. Daraus resultierende Probleme waren keine bekannt.

Foto: Richard Stawa

Vorgeschobenes Sicherheitsargument Nun allerdings errichtete das Land Niederösterreich für 80.000 Euro einen schmalen Rad  ⁄  Fußweg samt rechtwinkeliger Querung der Fahrbahn mit Radfahrerüberfahrt: Eine Infrastrukturvariante, die den Radverkehr nicht nur auf Schrittgeschwindigkeit herunterbremst, sondern Konflikte zwischen Radfahrenden und Zufußgehenden provoziert. Laut Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen sind Geh- und Radwege nur bei geringem Fußgänger- und Radverkehr zulässig. Seitens der Gemeinde Korneuburg wird die Maßnahme mit mehr Sicherheit begründet. Zeitgemäße Lösungen – etwa die Schaffung einer Fahrradstraße wie am Südufer der Donau bei Kuchelau – werden von den Verant-

wortlichen abgelehnt. Das Lkw-Aufkommen wegen des in der Straße befindlichen MOL-Großtanklagers mache den Radweg erforderlich. Wie viel von diesem Argument zu halten ist, zeigt allerdings eine Stellungnahme von MOL, die dem DRAHTESEL vorliegt: „Wir, als MOL, betreiben das Tanklager seit 2003. Noch nie haben wir Probleme/ Unfälle mit Radfahrenden gehabt, die Tankwagenfahrer wissen, dass die Straße Teil des Donau-Radweges ist, (...) Tankwagen können von Samstag 14 bis Sonntag 22 Uhr nicht beladen werden, da am Wochenende Lkw-Fahrverbot angeordnet ist. An Werktagen werden 50 bis 130 Fahrzeuge befüllt, davon mindestens die Hälfte in den Zeiträumen 24 bis 8 Uhr und 20 bis 24 Uhr, wo weniger oder gar keine Radfahrenden und Zufußgehenden unterwegs sind.“ Mit dieser Form der Radverkehrsbehinderung konterkariert Korneuburg die eigenen Leitlinien, in denen man sich dazu bekannte, Radfahren attraktiver zu machen, den Umstieg aufs Rad zu forcieren und die schwächeren Verkehrsteilnehmenden zu schützen. Stattdessen exerziert man Verkehrsplanung wie aus dem vorigen Jahrhundert, als man vor allem auf eines abzielte: den motorisierten Verkehr auf Kosten aller anderen Verkehrsteilnehmenden zu privilegieren und zu beschleunigen.

4. Straßburg neu 5. Eindhoven 6. Malmö 7. Nantes 8. Bordeaux 9. Antwerpen 10. Sevilla 11. Barcelona 12. Berlin 13. Ljubljana neu 14. Buenos Aires neu 15. Dublin 16. Wien wieder drin! 17. Paris 18. Minneapolis neu 19. Hamburg 20. Montreal Nach mehrjähriger Unterbrech­ ung hat es Wien heuer wieder in den Copenhagenize Index der radfreundlichsten Städte geschafft. Der Index wird von der Copenhagenize Design Company, dem Stadtplanungsbüro von Mikael Colville-Andersen, erstellt. Wien war erstmals im Jahr 2011 unter den Top 20 und rutschte zwei Jahre später aus der Wertung. Lobend werden die verkehrsberuhigten Zonen in der Innenstadt und das im internationalen Vergleich respektable Radwegenetz erwähnt. Kritisiert wird u.a. das lückenhafte Citybike-System. copenhagenize.eu

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 19

Utrecht


Plus  ⁄  Minus

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 20

Infrastruktur

Verkehrs-Infrastruktur

Innsbruck

Waidhofen an der Ybbs

Judenburg

Die Radwegverbindung zwischen Unibrücke und Innbrücke am Südufer des Inns war lange gewünscht und wurde schließlich vor wenigen Jahren realisiert. Allerdings unterbrechen häufig Veranstaltungen die Strecke: Im Winter verstellen die Standln des Christkindlmarktes den Radweg. Im Sommer sind es Fisch- und andere Märkte, Sport- und Musikevents. Die Blockade des Radweges erfolgt noch dazu regelmäßig ohne Umleitungsbeschilderung. Das bedeutet für aus Richtung Westen kommende Radfahrende zweimaliges Überqueren des stark autobefahrenen Innrains. „Es ist super, wenn in Innsbruck tolle Veranstaltungen stattfinden“, meint dazu Ingrid Egermann von Argus Radlobby Tirol: „Aber an die Radler wird offenbar kein Gedanke verschwendet. Einen Streifen am Rand freizuhalten, sollte doch kein Problem sein.“

Nach der Einrichtung weiterer Fahrrad-Abstellplätze und der Planung einer Radachse quer durch die Stadt freut sich die örtliche Radlobby über einen weiteren Erfolg: Die Öffnung der Einbahn Durstgasse für den Radverkehr. Schüler haben damit die Möglichkeit, vom Kolpingheim auf direktem Wege in die 1,2 Kilometer entfernte HTL zu gelangen. Mit der Öffnung wird auch der lokale Bäcker besser an die Radachse angebunden und die Einbahnöffnung für den Radverkehr trägt indirekt zur Reduktion des Verkehrs rund um die dort angesiedelte Volksschule bei. Auf dem Foto abgebildet: Andrea Haidler (Radlobby), Lea Haidler, Verkehrsstadtrat Alfred Beyer, Bürgermeister Werner Krammer, Julia Haidler, Gunnar Scholz (Radlobby).

Alles andere als eine Qualitätsradroute stellt der Abschnitt des Murradwegs unter der Autobahnbrücke Judenburg dar. Im Zuge der langjährigen Brückenbaustelle wird das Aushängeschild des steirischen Radtourismus als Lagerplatz für Brückenbaumaterial missbraucht. Den Radfahrenden, die ohne jede Vorwarnung dorthin geleitet werden, bleibt nichts anderes übrig, als vorsichtig zwischen den herumliegenden Teilen zu schieben. Es kann bei einer so wichtigen Radroute erwartet werden, dass entweder genügend Platz zum Fahren gelassen oder eine temporäre Ausweichroute angeboten wird. Den Baustellenbetreibenden scheint auch nicht bewusst zu sein, dass sie wohl bei Unfällen haften würden.

Fischmarkt & Co: Blockade des Innradweges als Dauereinrichtung

Fotos: Innsbruck: Ingrid Egermann; Waidhofen an der Ybbs: Gunnar Scholz; Steiermark: Heidi Schmitt; Wien: Andrzej Felczak

Einbahnöffnung zwischen HTL und Schülerwohnheim

Radweg als Lagerplatz? So wird die Murradroute kaputt gemacht

Einfach online Radbeschwerden abgeben: radkummerkasten.at


im Praxistest

Wien 1., Radweg Franz-Josefs-Kai

Wien 1, Babenbergerstraße

Wien 2., Reichsbrücke

Der Radweg zwischen der MariaTheresien-Straße und dem Schottenring war lange eine unbequeme und mit einem gewissen Risiko verbundene Engstelle auf der Route in die Innenstadt. Gleich nach der Kreuzung kam eine scharfe Kurve neben einer Betonkonstruktion und die Radwegbreite betrug knapp zwei Meter. Jetzt verläuft der Radweg geradlinig mit einer komfortablen Breite von vier Metern. In der Kreuzung wurde die Querung verbreitert und begradigt. Es wurde eine zusätzliche Querung, parallel zum Donaukanal, eingerichtet. Nicht optimal ist der Schutzweg MariaTheresien-Straße. Er verläuft auch über den Radweg und eine sichere Querung für Zufußgehende muss gewährleistet sein. Eine Ampel für die Radfahrenden finden wir jedoch übertrieben. Beim Schottentor funktioniert es mit einer Bodenmarkierung „Vorrang geben“ und einer roten Einfärbung sehr gut. Diese Lösung sollte auch hier zum Einsatz kommen.

Die Radwege in der Babenbergerstraße sind am Kapazitätslimit und gleichzeitig hat der Kfz-Verkehr nach dem Umbau der Mariahilfer Straße ab­ genommen. Die Aufhebung der Radwegbenützungspflicht ist daher die logische und sinnvolle Konsequenz. Schnelle Radfahrende können die Straße legal nutzen, ungeübte oder unsichere Radfahrende bleiben auf dem Radweg, wie am Foto zu sehen ist. Die Radlobby Wien meint, dass die Verkehrsorganisation Radweg ohne Benützungspflicht viel häufiger ein­ gesetzt werden soll. Bei Geh- und Radwegen und bei schmalen Radwegen sollte die Benützungspflicht die absolute Ausnahme sein. Wenn Radwege in Tempo 30-Zonen verlaufen, können geübte Radfahrende oft sicherer und schneller auf der Fahrbahn vorwärtskommen.

Der Radweganschluss Reichsbrücke im 2. Bezirk ist eine jahrzehntealte Planungssünde. Notwendig wäre hier eine Neuplanung von Grund auf. Mit breiten und sicheren Unterführungen. Dazu kam es allerdings nicht. Stattdessen wurde versucht, die Situation mit dem Farbtopf zu entschärfen: Der Radweg ist jetzt grün und trägt allerlei Gefahrenzeichen. Zu einer nennenswerten Verhaltensänderung der Radfahrenden trägt dies leider nicht bei: Die stadteinwärts Fahrenden haben nach der Unterführung eine kurze Steigung, wollen naturgemäß den Schwung nützen, bremsen zu wenig, kommen in der Kurve in Schräglage und geraten regelmäßig in der Kurve auf die Gegenspur. Das ist eine physikalische Gesetzmäßigkeit, gegen die keine Bodenmarkierung hilft. Der Radfahrer am Foto zeigt übrigens, wie die Ideallinie einer sicheren Radwegführung aussieht: Der Radweg muss rechtzeitig vor der Unterführung gerade verlaufen, um ausreichende Sichtbeziehungen zu ermöglichen. Als Teil einer zukünftigen Langstreckenverbindung Nord sollte diese Stelle schnellstmöglich saniert werden.

Breit, geradlinig, bequem: Beispiel für moderne Radwegsführung

Radwegbenützungspflicht fällt jetzt auch in der Babenbergerstraße

Nur anmalen ist zu wenig: Schlampige Überarbeitung einer Planungssünde

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Infrastruktur


lebensstil Kindlich: Heldenreise der Fahrrad-Wichtel Seite 24

Weiblich: Quotenfrau sucht Gleichgesinnte Seite 28

Sinnlich: Lesen über Amour und Radfahren Seite 29

Die Pumpstation Unser testpilot versucht sein Glück auf dem neuen Pumptrack im Wiener Gänsehäufel

Foto: privat

Drahtesel 3 ⁄ 2015 – 22

TESTFAHRT: Jan Killian

Ihm ist keine Strecke zu gefährlich: Jan Kilian in der Steilkurve

„Gemma pumpen“, ist unter den testosterontriefenden jungen Männern Wiens die übliche Einladung ins Fitnesscenter. Im Gänsehäufel an der Alten Donau – selbes Publikum, andere Sportart – ist diesmal der sogenannte Pumptrack unser Workout der Wahl. Dabei handelt es sich um eine als Rundkurs angelegte Wellenbahn mit Steilkurven, die mit BMxRad, Longboard oder Roller befahren werden kann. Zum Preis von fünf Euro kann man sich einen fahrbaren Untersatz und Schutzausrüstung ausborgen. Dann kann es losgehen.

Durch Drücken mit Beinen und Armen generiert man Vortrieb und holt im Wellental den Schwung für den jeweils nächsten Hügel. Hat man die Bewegung einmal heraußen, kann man von Runde zu Runde Geschwindigkeit aufbauen und wird mit immer stärkerer Schräglage in den Steilkurven belohnt. Das Pumpen ist anstrengend und geschmeidig zugleich. Nach vier Minuten ist man ausgepowert wie nach einer knackigen Zumba-Stunde und freut sich auf einen Sprung ins kühlende Gewässer. pumptrack.wien

Cinemascope Wadjda

Bei Wadjda, dem ersten Film, der ausschließlich in Saudi-Arabien gedreht wurde, zeichnet für Drehbuch und Regie eine Frau verantwortlich. Das ist ungewöhnlich für ein Land, in dem Frauen nach wie vor weitaus weniger Rechte haben als Männer. Ungewöhnlich ist auch der Inhalt dieses kleinen Wunderwerks: Wadjda erzählt die Geschichte des gleichnamigen zehnjährigen Mädchens, das rebellisch und selbstbewusst versucht, in einem Leben voll Restriktion und Ungleichgewicht zurecht zu kommen. Sein sehnlichster Wunsch, ein eigenes Fahrrad, ist unkonventionell, ja richtiggehend vermessen: Radfahren wird in Wadjdas Heimatland als Gefahr für die Keuschheit der Frau angesehen und ist daher verboten. Die kleine Kämpferin lässt sich davon nicht beirren und strebt den Sieg beim Koran-Rezitier-Wettbewerb ihrer Schule an, mit dessen Preisgeld sie das Rad erstehen will.

Vor dem Hintergrund der saudiarabischen Geschlechterpolitik erzählt Haifaa Al-Mansour mit viel Feingefühl eine kraftvolle Coming of Age-Geschichte. Obwohl die Missstände und scheinbar unverrückbaren Sozialkonstrukte des Landes aufgezeigt werden, bleibt Wadjda ein positiver und erfrischender Film, der an gewissen Stellen sogar Hoffnung und die Möglichkeit auf Veränderung durchschimmern lässt. Wadjda Drama, Saudi-Arabien/Deutschland 2012 (98 Minuten) Regie & Drehbuch: Haifaa Al-Mansour, Kamera: Lutz Reitemeier, Produktion: Gerhard Meixner/ Roman Paul, Schnitt: Andreas Wodraschke, Musik: Max Richter Mit: Reem Abdullah, Waad Mohammed, Abdullrahman Al Gahoni, Ahd Kamel, Sultan Al Assaf

An dieser Stelle stellt die Film- und Theaterwissenschaftlerin Ines Ingerle Klassiker und Neuheiten aus der Welt des FahrradFilms vor.


Impressum

DRAHTESEL – Das österreichische Fahrradmagazin 32. Jahrgang ⁄ Heft 3 Erscheinungsdatum 2. September 2015 Medieninhaberin (Verlegerin) und Herausgeberin ARGUS – Arbeitsgemeinschaft Umweltfreundlicher Stadtverkehr DVR-Nr.: 0445495 ZVR-Zahl: 265962142 Sitz Frankenberggasse 11 1040 Wien Vorsitz Andrzej Felczak felczak@argus.or.at Stv. Vorsitz Heidi Schmitt Chefredakteur Matthias G. Bernold Unter Mitarbeit von Walter Albrecht Claudia Aschour Michael Beck

Lukas Beurle Walter Bradler Eliza Brunmayr Michael Bürger Andrzej Felczak Martin Friedl Hannes Friedrich Evelyn Eder Willi Grabmayer Martina Gura Alec Hager Eva Häfele Mirko Javurek Jan Killian Rolf Nagel Valerie Madeja Margit Palman Peter-Alexander Pöltl Erwin Preuner Peter Provaznik Roland Romano Martin Rotter Heidi Schmitt Mario Sedlak Daniela Schulhofer Reinhold Seitl Andrea Siegl Christian Steiner Beatrice Stude Horst Watzl Wolfgang Wehap Karl Zauner

Kolumnen Marcin Dopieralski Roland Girtler Ines Ingerle Barbara Ottawa Johannes Pepelnik Reinhold Seitl Cover Nila(5), Marco(6), Jitka(7), Lotte(10) und Milda(7) Zusammenstellung: Anna Hazod Art Direktion Anna Hazod annahazod.com

ARGUS ⁄ Radlobby Wien-Büro Lichtenauerg. 4 ⁄ 1 ⁄ 1 1020 Wien Tel. & Mail siehe ARGUS Fahrradbüro oben Mo-Fr 10-13 Uhr

Bildbearbeitung Marlies Plank

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Illustrationen Lysanne Bellemare (Autorenportraits) Anna Hazod

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Kontakt ARGUS-Fahrradbüro Frankenberggasse 11 1040 Wien Mo - Fr 14 - 19 Uhr, Sa 10 - 14 Uhr Tel.: 01 ⁄ 505 09 07 Fax DW: 19 service@argus.or.at argus.or.at

Leserbriefe sind herzlich willkommen, allfällige Kürzungen können nicht ausgeschlossen werden. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht mit der Meinung der

DRAHTESEL-Redaktion übereinstimmen. Radlobby Österreich ist Mitglied des Europäischen Radfahrverbandes ECF

Der DRAHTESEL ist das Vereinsmagazin der ARGUS und wird in Kooperation mit den Vereinen der Radlobby Österreich hergestellt. Druck Ferdinand Berger & Söhne GmbH Die gesamte Produktion des DRAHTESEL wird nach dem österreichischen Umweltzeichen abgewickelt.


Lukas, 3 Jahre Das ist schon mein zweites Rad (Laufrad, Anm.) zum Geburtstag. Damit kann ich ganz schnell laufen. Das ist lustig. Das alte ist im Keller. Ich fahre lieber Slalom als gerade.

Paula, 3 Jahre Das ist mein erstes Rad (Laufrad, Anm.). Das Rad hat das Christkind und die Klingel der Osterhase gebracht. Ich fahr’ lieber schnell. Ich hab’ keine Bremse am Rad, weil ich bremse mit dem Fuß. Die Mama sagt, ich bin ein Tigerenten-Turbo.


Heldenreise mit Tigerente

Lebensstil

Unsere Autorin radelt beim Fahrrad-Training im Privatkindergarten Wichtelmännchen mit. Dabei erlebt sie hautnah, wie aus kleinen Menschen große Pedalheldinnen und -helden werden

I

n Formation geht es los. Ob Zweierreihe oder Entenmarsch, kein Slalom ist den Wichtelmännchen zu eng, keine Wiese zu gatschig, kein Gegenwind zu stark. Kinderaugen funkeln stolz, und fleißige Füße treten, als ob die kleinen Fahrräder große Rennmaschinen wären. Gleich geht’s los: Achtung, fertig, aufgestiegen! Wer schon einmal ein Kind hat etwas erlernen sehen, weiß: der junge Mensch ist im Grunde ein einziges Gefühlskonglomerat. Unbändige Lust und Weltuntergangsfrust gehören zusammen wie Pommes zu Ketchup. Nur Angst, Angst ist ihm fern. Da kann die erste Schramme noch so tief sein, an der selbstbestimmten Mobilitätsexpansion führt kein Weg vorbei. Das liegt vor allem an der Weltanschauung der Kinder. Sie kümmern sich um das Wie, nicht um Wenn und Dann und Ob. Macht ihnen etwas Spaß, bleiben sie an der Sache dran. Für Kinder zählt das Erlebnis. Beim Turnen wie beim Basteln. Und bei der Mobilität ist es ebenso. Eine gute Voraussetzung, damit aus kleinen Großstadtmenschen angstfrei große Pedalhelden werden. Einer, der wahrscheinlich mehr Kinder während dieser Entwicklung begleitet hat als jeder andere, ist Patrick Bischoff. Als Sportstudent begann er 2013 im Privatkindergarten Wichtelmännchen in Wien-Margareten mit Kindern im Alter von ein bis sechs Jahren ein wöchentliches Sportprogramm zu entwickeln: Mit Klettern, Eislaufen, Schwimmen. Und  –  einmal pro Woche – mit Radfahren.

„Jedes Kind mag sich sportlich engagieren. Wie und wie lange ist halt verschieden“, weiß der diplomierte Sportwissenschaftler. Die Kinder im Wichtelmännchen-Kindergarten absolvieren innerhalb einer Woche mehr Sport als Herr und Frau Österreicher innerhalb eines Monats. (Zumindest wenn man zum Vergleich die Zahlen aus dem Österreichischen Ernährungsbericht 2012 heranzieht.)

Maja, 7 Jahre Das ist nicht mein erstes Rad. Ich hatte zuerst ein Laufrad. Ich hab mein Rad von der Kathrin bekommen, wie ich noch jünger war. Super ist, dass man durch die Gegend fahren kann und es wird einem kühler. Das ideale Rad sollte blau sein mit Eulen.

Spaß ist entscheidend Der entscheidende Faktor für die Motivation der WichtelmännchenKinder ist dabei: Spaß. Geteilt in vier Altersgruppen geht’s einmal in der Woche auf Radtour. Die kleinsten starten mit dem Laufrad durch den benachbarten Bruno-Kreisky-Park, die Fünf- bis Sechsjährigen düsen an guten Tagen acht Kilometer entlang des Wientalradweges bis nach Hütteldorf und zurück. Kein Programm gleicht dem anderen, denn Routine wird schnell zur Langeweile und die führt zur Unachtsamkeit. „Kinder nehmen ihre Umwelt ganz grob war, vergleichbar mit dem Blick durch eine Milchglasscheibe“, erklärt Agnes Grill, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde: „Sie filtern ganz grob nach dem, was sie gerade brauchen. Dadurch sind sie von gleichzeitigen, unterschiedlichen Reizen nicht überfordert.“ Dieser Blick auf die Welt schafft Kindern Vorteile, wenn sie sich ganz auf eine Sache konzentrieren. Doch er birgt mitunter auch Gefahren. „Bis zum

Naemi, 4 Jahre Ich finde, mein Rad ist das beste. Es ist mein erstes. Bekommen habe ich es von der Emma aus dem zweiten Stock. Nur im Radgeschäft habe ich eines gesehen, das so glitzert, das hätte ich gerne. Fahren tu ich lieber schnell als langsam. Wieso es schön ist, weiß ich nicht. Ich fahre einfach.

Paula, 7 Jahre Gelernt habe ich Rad fahren mit vier Jahren bei der Oma. Super ist, dass man Gänge hat zum bergauf Fahren. Ich spiele, dass mein Rad ein Pferd ist. Ich hätte auch gerne ein Rad mit Pferden drauf.

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 25

REPORTAGE: Claudia Aschour, Fotos: Andrea Siegl


Lebensstil

Freiwillige Testfahrende sind ganz schnell gefunden.

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 26

Simon, 5 Jahre Das ist ein neues Rad, weil das alte nicht mehr passt. Bekommen habe ich es aus einem Geschäft, von irgendeinem Mann. Der Papa war auch dabei. Ich fahre gerne schnell. Bremsen kann ich gut, nur heben kann ich es nicht. Es ist zu schwer.

Weiterführende Informationen & Kontakt zum „Sportkindergarten Wichtelmännchen“ von Eveline Neuper in Wien-Margareten: wichtelmaennchen.com Infos zu privaten Radkursen für Kindergärten von Patrick Bischoff / United in Cycling: unitedincycling.com Radkurse „KinderRadSpaß“ für Kindergruppen und Schu­lklassen über die Radlobby, privat oder gefördert von der Mobilitäts­ agentur der Stadt Wien: fahrsicherrad.at

Parcoursfahren macht speziell dann Spaß, wenn die Strecke selbst abgesteckt werden darf.

Alter von zwölf Jahren können Kinder Geschwindigkeit und Entfernung nicht zuverlässig einschätzen“, warnt die Ärztin. Die Unberechenbarkeit der Kinder muss von ihren Begleitpersonen berücksichtigt werden. Bischoff weiß, wie er die Stadt, die nicht fürs Radfahren gemacht ist, auch mit kleinen Menschen sicher erkunden kann. Um und Auf dafür sind detaillierte Ortskenntnis inklusive regelmäßigem Grätzelcheck und zwischenmenschliches Know-how plus Vertrauen. Faszinierend für Beobachtende: Die Kinder verhalten sich beeindruckend abgeklärt. Innerhalb des Parks erlauben sie sich freizügig den einen oder anderen Abschneider, wohingegen auf der Straße die mit Bischoff vereinbarte Formation ganz penibel eingehalten wird. „Ich kenne die Kinder und weiß, was sie leisten können und wollen“, erklärt Bischoff, der über seinen Verein United In Cycling (UIC) seine Fahrradkurse auch an anderen Kindergärten anbieten und dazu jeweils eigene Instruktorinnen und Instruktoren innerhalb der Pädagogenschaft ausbilden will: „Mögliche Fehler muss ich immer einkalkulieren. Solan-

ge die Kinder Freude am Radeln und den Übungen haben, weiß ich, dass sie aufmerksam sind.“ Wie viel Sport ein Kind verträgt, ist übrigens von Person zu Person verschieden. Dennoch gibt es eine offizielle Empfehlung seitens der World Health Organisation, wonach sich Kinder und Jugendliche mindestens eine Stunde am Tag moderater bis anstrengender körperlicher Aktivität widmen sollten. Nachgewiesen ist ferner, dass körperliche Aktivität in jungen Jahren die Reifung der motorischen Fähig-

Kathrin, 9 Jahre Radfahren habe ich mit vier gelernt, in Wien. Mein erstes war ein Laufrad, ich hab’ es von Mama und Papa bekommen. Wenn ich fahre, weht der Wind ins Gesicht und es wird kühler. Das mag ich. Bergauf zu fahren macht mir auch Spaß. Ein gutes Rad soll nicht kaputt sein, eine Bremse und eine Klingel haben und rot sein.

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Lebensstil

Wenn das Rad nicht tut, was der Fahrer will, gibt es praktische Tipps zur Lenktechnik vom Profi.

keiten unterstützt. „Je weniger Bewegungserfahrung ein Kind bis zum vollendeten fünften Lebensjahr sammelt, desto schlechter werden auch seine motorischen Fähigkeiten als Erwachsener sein“, erklärt Grill. Ferner würden schon im Kindesalter die Grundlagen zur späteren Bewegungsarmut bzw. Bewegungsfreude gelegt. Wichtig: Vorbildwirkung der Eltern Ganz allgemein gilt, mit etwa zwei bis drei Jahren sind die motorischen Fähigkeiten weit genug gediehen, um selbstständig Laufrad oder Rad zu fahren. Das Schöne ist, Kinder sind Experten in eigener Sache. Sie bestimmen den Zeitpunkt am besten selbst. Ein wenig Unterstützung, ein passender Helm (Pflicht für Kinder unter zwölf Jahren), dann ist der Rest ein Kinderspiel im wahrsten Sinne des Wortes. Was tun, wenn der Nachwuchs nicht will? Beharrlich bleiben. Einen aktiven Lebensstil und den Spaß am Radfahren vorzeigen. „Vorbild setzt sich auf Dauer durch“, sagt Grill. Und die meisten Kinder, die auf ihren Laufrädern umherflitzen, die aus Transporträdern oder von

Alexander, 4 Jahre Vorher hatte ich ein LöwenRad, jetzt hab’ ich ein SharkyRad, es ist das schönste. Ich hab’ es ausgesucht und gekauft. Das kann ich sogar heben. Ich mag schnell fahren und langsam fahren. Ich mag Rad fahren, weil es spannend ist. Meinen Zahn hab ich aber auf der Stiege verloren. Kindersitzen lachen, haben unbefangene Freude am Radeln durch die Stadt. Mit ein wenig Motivation können so überraschend lange Strecken bewältigt werden. Fein am Stadtradeln: Dass es für den Fall der Fälle (plötzlich auftauchende, unüberwindbare Müdigkeit, Unlust, glühende Trotzattacke, etc.) immer Transportalternativen gibt. Gesichert ist die Heimkehr immer. Die Wichtel im Bruno-Kreisky-Park müssen jedenfalls nicht mehr motiviert werden. Es beginnt zu regnen, als wir zur Mittagspause unter einem Baum Schutz suchen. Neben mir steht Simon und isst sein Butterbrot. „Stört es dich, wenn es regnet?“, frage ich ihn. „Weiß nicht“, sagt er gleichgültig weiterkauend, „beim Radfahren spür ich gar keinen Regen.“

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Stella, 5 Jahre Ich mag Radfahren, weil es gut ist für mich. Weil es sportlich ist. Ich hab ein orangenes Rad mit einer blauen Schrift und ein bisschen schwarz dazu. Der Sam hat ein blaues, das ist sehr fad. Wenn ich bergab fahre, will ich immer treten, damit ich noch schneller werde. Ich kann sogar schneller fahren als Mama und Papa. Wenn ich bergab fahre, bremse ich mehr mit dem Rücktritt und sonst lieber so mit den Füßen.

Raffael, 10 Jahre Ich habe es mit vier gelernt und Stützrädern. Das hier ist schon mein viertes Rad! Ich kann es ganz einfach heben und schieben, sogar in den Zug hinein. Das ideale Rad muss die passende Farbe haben und ein Mountainbike sein. Ich mag am Radfahren, dass man überall hinfahren kann. Wenn jemand jünger ist und kein Auto hat, kann man mit einem Rad überall hin und ist schneller dort.

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Patrick Bischoff erklärt den Wichteln, wohin die nächste Etappe führt.


Lebensstil

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DIY-Nachschlag

Fahrstil

Quotenfrau auf der Suche

Fotos: Michael Kirchweger

Die Cover-Story im letzten DRAHTESEL befasste sich mit dem Thema Do-It-Yourself und stellte unter anderem selbst gebastelte Fahrrad-Möbel, Anhänger, Schmuck und Kleidungsstücke vor. Auch luden wir unsere Leserinnen und Leser ein, weitere DIY-Tipps an uns zu senden. Diesem Aufruf ist Michael Kirchweger gefolgt, der uns Fotos einer ebenso einfachen, wie nützlichen Bastelei zukommen ließ: Ein Ventiladapter als Schlüsselanhänger. Einfach von einem alten Fahrradschlauch das Ventil abschrauben (Dunlopventil), die Luftlöcher mit einem Bohrer etwas vergrößern und darin eine Ringklemme einfädeln. Fertig. Schon ist das Aufpumpen an Tankstellen kein Problem mehr.

Sieht gut aus und ist praktisch: Ein Ventil-Adapter als Schlüsselanhänger

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Danke der Nachfrage, meinem Allerwertesten geht es gut. Jene Menschen, die sich nur ab und zu aufs Fahrrad setzen, oder sich nicht vorstellen können, pro Tag mehr als 50 Kilometer zu fahren, interessiert es anscheinend brennend, wie sich 200 oder mehr Kilometer auf das Hinterteil auswirken. Hiermit kann ich vermelden: Alles ausprobiert, alles kein Problem. Vorausgesetzt, der Sattel passt. Die Langstrecken liegen mir, und so habe ich mich dieses Jahr nach einer erfolgreichen 210er-Runde bei der Klassik-Sternfahrt In Velo Veritas im Weinviertel entschlossen, am Wochenende danach bei der Charity-Veranstaltung „Herz bewegt“ in einem Tag von Passau nach Wien zu fahren – nur 100 Kilometer mehr. Schon bei der Voranmeldung zeigte sich erneut, dass ich die einzige Frau auf der langen Distanz sein würde – andere stießen später (ab Melk oder Tulln) dazu. Als Quotenfrau wird man besonders bewundert: „Du als Frau ...“ Dabei sollte eigentlich nicht mein Geschlecht für Bewunderung sorgen. Bestand doch die weit größere Leistung darin, die Strecke auf meinem alten StahlRennrad zurückzulegen. Das heißt ohne technischen Schnickschnack: Ohne Karbongabel, ohne Click-Pedale, die Schaltung nicht in den Bremshebeln integriert ... Es gibt viele Radfahrerinnen, die Langstrecken mögen und auch das Durchhaltevermögen haben. Einige hatten keine Zeit mitzufahren, andere trauen es sich (noch) nicht zu, oder sie fürchteten, nicht mithalten zu können. Aber keine Angst, das geht anderen Radfahrern auch so. Nächstes Jahr hätte ich gerne Mitstramplerinnen an meiner Seite! Bitte melden!

Barbara Ottawa ist Journalistin in Wien


BÜCHeR

Sinnesrausch und Liebelei Lebensstil

„Eine Heiterkeit ging von all diesen Leuten aus, die da zusammensaßen, nachdem sie mit eigener Kraft dorthin gelangt waren, und die jene Art unbestimmten Stolzes derer in sich bargen, die soeben eine, wenn auch noch so geringe Heldentat vollbracht haben.“ Dieser schöne Satz entstammt dem Buch „Nun wachsen uns Flügel“, das die amouröse Geschichte eines Partnertausches im ausgehenden 19. Jh. erzählt und zugleich dem Radfahren huldigt. Zwei befreundete junge Ehepaare aus Paris brechen, begeistert von der neuen Erfindung des Velozipeds,

zu einer Radtour durch die Normandie auf. Das ist mit ungewohntem Körpereinsatz und viel Schweiß in der Sommerhitze verbunden, zugleich aber mit einem neuen Freiheitsgefühl. Auf dem Fahrrad entfliehen sie den gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit. Die französische Originalausgabe dieser luftiglockeren Lektüre ist 1898 unter dem Titel „Voici des Ailes!“ erschienen und wurde nun ins Deutsche übersetzt. Autor Maurice Leblanc (1864-1941) gelangte später mit seinen Romanen über den Meisterdieb Arsène Lupin zu Ruhm.

Die 50 besten Radtouren der Welt

Peloton: Chronik eines Wasserträgers

Komplizierte Welt der Mountainbikes

Die Stange, wo die Geier sitzen

50 Radtouren auf der ganzen Welt hat Autor Chris Santella in seinem „National Geographic“Buch versammelt. Geradelt wird in den USA auf dem Icefield Parkway, entlang des Grand Canyon oder in Hawaii. Dazu gibt es Touren in Europa, Asien und auf dem Rest des Globus. Das Buch ist eine Inspirationsquelle und schöne Einstimmung für die nächste Radreise. Die Tipps zu den Touren stammen von Reise- und Rad-Fachleuten, die mit Kurzbiographie vorgestellt werden. Ansprechende Fotos und Reisetipps runden das Ganze ab.

Elf Jahre lang war der Brite Charly Wegelius Radprofi. Auf den vordersten Rängen oder in den Schlagzeilen landete er nie. Gemeinsam mit Co-Autor Tom Southam erzählt er vom Rennradsport abseits des Rampenlichts, über den Alltag als Wasserträger und bezahltes Arbeitstier. Kampf gegen die Schmerzen, Durchhalten und die Befriedigung, zum Sieg eines anderen beigetragen zu haben, prägten Wegelius’ Karriere. In England fanden seine Erinnerungen großes Medienecho. Die nicht nur für Rennradfans lesenswerte Übersetzung ist im Covadonga-Verlag erschienen.

Für Einsteiger ist die Wahl des richtigen Mountainbikes nicht immer einfach: Es gibt Räder für Marathons, Downhill, zum Springen, Tourenfahren und Alleskönner. Autor Florian Haymann, Ex-Rennfahrer und Mitbegründer der Zeitschrift „Freeride“, gibt Tipps für Einsteiger: Neben der Auswahl des richtigen Vehikels geht es auch um Zubehör, Reparaturtipps und Fahrtechnik.

Heute produzierte Räder seien „nur noch die stange, auf der die geier sitzen“, heißt es im Manifest der Bike Liberation Front. Die passionierten Radbastlerinnen und -bastler sind gegen jede Kommerzialisierung. Ihr Hass gilt dem Auto, dessen „sakrosankte macht“ die Angst, überfahren zu werden, verbreitet und Radwege als „artenschutzkorridore im strassenverkehr“ schafft. Das Büchlein regt zum Nachdenken an. Aber auch dazu, die teilweise aggressive Haltung zu hinterfragen. In jedem Fall ist den Autorinnen und Autoren Recht zu geben, wenn sie schreiben: „fahrrad zu fahren ist die huldigung der intelligenz an die faulheit“.

Omo Lisboa

Omo Lisboa

Santella, Chris 50 Places to bike before you die. Die besten Radrouten zwischen Irland und Südafrika. Hamburg 2015: NG Malik-Buchges. ISBN 978-3-86690-430-9 25,70 Euro

Wegelius, Charly; Southam, Tom Domestik. Das wahre Leben eines ganz normalen Radprofis. Bielefeld 2015: Covadonga Verlag ISBN 978-3-95726-005-5 17,50 Euro

Daniela Schulhofer

Omo Lisboa

Haymann, Florian Mountainbikes. Auswahl, Wartung, Fahrtechnik. Bielefeld 2015: Delius Klasing Verlag ISBN 978-3-667-10300-0 15,40 Euro

Die Jugendstil-Illustrationen von Lucient Métivet sind bereits in der Originalausgabe erschienen.

Barbara Ottawa

Bicycle Liberation Front Manifesto #1.7 Wien 2015: bahoe books ISBN 978-3-903022-15-7

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Leblanc, Maurice Nun wachsen uns Flügel. Amouröser Roman. Bern 2015: MAXIME Verlag ISBN 978-3-931965-54-9 20,60 Euro


Service & Recht Marcin Dopieralski: Sitzhöhe richtig einstellen Seite 30

Johannes Pepelnik: Rechtslage für Rennräder Seite 31

Verfolgt vom rasenden Mistkübler Seite 32

Richtig sitzen, glücklich radeln Der Argus-Werkstattleiter befasst sich diesmal mit der Frage der richtigen Sitzposition

Text: Marcin Dopieralski

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ie Form des Sattels richtet sich nach der individuellen Sitzposition und dem Fahrradtyp: Bei sportlicher, geneigter Sitzhaltung sollte der Sattel schmaler und länger sein als bei aufrechter Haltung. Um den perfekten Sattel zu finden, empfiehlt sich ein Vermessen der Sitzbeinknochen, damit ein Sattel gewählt wird, der optimal zur Anatomie des Fahrenden passt. Ist der Sattel zu schmal, sitzt man nicht auf den Sitzknochen, sondern am Damm. Mögliche Folgen: Schmerzen und Durchblutungsstörungen. Gel-Sättel dürfen nicht zu weich sein. Ein fester Gel-Polster passt sich den Sitzbein-Knochen an und vermindert durch eine größere Auflagefläche den Druck. Ein gut passender Ledersattel erfüllt den gleichen Zweck. Der Sattel sollte grundsätzlich waagrecht eingestellt sein, wobei dies nach persönlichen Vorlieben etwas variiert werden kann. Durch Verschieben des Sattels in horizontaler Richtung und durch die Wahl längerer, kürzerer oder geneigter Vorbauten kann die Sitzposition verändert werden. Heute werden auch Vorbauten mit einstellbarem Winkel angeboten. Sitzhöhe richtig einstellen Eine der wichtigsten Einstellungen beim Fahrrad ist die Sitzhöhe. Dabei wird die richtige Einstellung des Sattels beim Radfahren oft ignoriert, was ganz schnell den Spaß verderben kann und – im schlimmsten Fall – sogar dauerhaftgesundheitliche Schäden nach sich zieht. Eine falsche Satteleinstellung verhindert in erster Linie die richtige

Entfaltung der Beinkraft. Wenn der Sattel zu tief eingestellt ist, werden die Beinmuskeln nicht richtig ausgedehnt, die vollständige Zugspannung der Muskeln wird nicht erreicht, was in der Folge zu schnellerer Ermüdung führt. Auch können wir nicht die volle Kraft des Muskels nutzen. Wir belasten die Kniegelenke stärker und radeln mit höherem Verletzungsrisiko. Gefederte Sattelstützen Es gibt viele Methoden, die Sattelhöhe richtig einzustellen. Die einfachste und dabei sehr effektive Methode ist die Fersenmethode. Die Kurbel wird dabei in die tiefste Position entlang der Verlängerung der Sitzrohres gebracht. Der Radfahrer bzw. die Radfahrerin muss dann auf dem Sattel sitzend mit der Ferse das Pedal ganz hinunterdrücken. Die ideale Sitzhöhe ist dann erreicht, wenn das Bein am tiefsten Punkt fast vollständig gestreckt werden kann und das Knie dabei minimal gebeugt ist. Die Hüfte darf aber dabei nicht zur Seite kippen. Gefederte Sattelstützen haben das Problem, dass sie sich unter Körperbelastung senken – bis zu einem Drittel des Federweges. Dadurch verringert sich die Sitzposition zwischen drei bis fünf Zentimeter abhängig von Bauart und Einstellung der Federung. Ein echter Sitzpositions-Fanatiker war übrigens der berühmte Radrennfahrer Eddy Merckx. Er hatte immer einen Imbus-Schlüssel dabei und hielt während des Rennens (!) mitunter an, um die Sitzhöhe zu optimieren. Dennoch (oder genau deswegen) gewann Merckx mehr Radrennen als jeder andere Radsportler im Peloton.

Marcin Dopieralski leitet den ARGUS-Shop. Der begeisterte Raddesigner – Eigenmarke B’IQ – gibt für den DRAHTESEL Reparatur-Tipps.

Die richtige Sitzposition auf dem Rad Waagrechter Sattel

20˚

Arme abwinkeln

Ausreichend Abstand zwischen Sattel und Lenker

Mit den Fußballen auf der Pedalachse


Was Rennradfahrer dürfen Für Radsportler im training gelten auf der straße besondere Vorschriften. Das Wissen darüber ist allerdings – besonders unter autofahrenden – nicht sehr weit verbreitet

Service & Recht

Johannes Pepelnik ist Rechtsanwalt in Wien und Vertrauensanwalt der Radlobby

r

ennfahrräder dürfen – anders als gewöhnliche Räder – ohne Klingel, weiße Rückstrahler vorne, rote Rückstrahler hinten, Pedalreflektoren und Seitenreflektoren verwendet werden. Während eine strikte Wortinterpretation zum Ergebnis kommt, dass diese Ausrüstungsvorschriften auch außerhalb von Trainingsfahrten gelten, da die Fahrradverordnung lediglich von der „Verwendung“ von Rennfahrrädern schreibt, sehen die Strafverfolgungsbehörden dies anders: die besonderen Ausstattungsvorschriften für Rennräder sollen demnach nur bei einem Rennradtraining gelten.

Cartoon: Fugart

Keine radwegebenutzungspflicht Wann ist ein Rad eigentlich ein Rennrad? Gem. § 4 der Fahrradverordnung, wenn es ein maximales Eigengewicht von höchstens zwölf Kilogramm hat, einen Rennlenker, einen äußeren Felgendurchmesser von mindestens 630 Millimeter und eine äußere Felgenbreite von höchstens 23 Millimeter. Eine lange – vor allem zivilrechtlich nach Unfällen geführte – Diskussion befasste sich mit dem Rennlenker. Einer mittlerweile veralteten Auffassung zufolge ist unter einem solchen Lenker lediglich eine im Rennsport übli-

che Lenkstange mit in der Regel nach vorne und unten gekrümmtem Griff zu verstehen. Hierzu gibt es allerdings eine Anfragebeantwortung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMFIT) an den Österreichischen Radsportverband: demnach sind unter „Rennlenker“ alle Lenker zu verstehen, die bei den unterschiedlichen Radrennen zum Einsatz gelangen. auch Nebeneinanderfahren erlaubt Es passiert nicht selten auf Land und ⁄ oder Bundesstraßen, dass Autofahrende Rennradfahrende zurechtweisen, weil letztere nicht die Radwege benutzen. Sie unterliegen dabei einem Rechtsirrtum, sind doch Radrennfahrer während Trainingsfahrten gemäß § 68 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung explizit von der Radwegebenutzungspflicht ausgenommen. Eine ebenfalls weithin unbekannte Vorschrift (StVO § 68 Abs. 2 ) gibt Rennradfahrenden das Recht, bei Trainingsfahrten nebeneinander zu fahren. Als Trainingsfahrt gelten laut Judikatur Ausfahrten im Rahmen einer systematisch geplanten, pädagogisch fundierten und methodisch zielgerichteten Fahrt, hauptsächlich zur Steigerung und Op-

timierung sportlicher Leistungen. Bei der Fahrt mit Rennfahrrädern ist es unerheblich, ob die Fahrenden zu einem Radsportverein gehören, oder ob es Privatpersonen sind, die in ihrer Freizeit trainieren. Allerdings verlangt die juristische Literatur, dass sich Rennradfahrende auf Trainingsfahrt rennmäßig kleiden, und im Allgemeinen höhere Geschwindigkeiten gefahren werden als auf einem durchschnittlichen Radweg. Zu Ausrüstungsgegenständen, die auf eine Trainingsfahrt im rechtlichen Sinn hinweisen, gehören etwa Handschuhe, Helm, Trikot, Klickpedale, Rennradschuhe, Rennradhose mit Sitzpolster oder Fahrradcomputer. Mitverschulden ohne helm Wichtig für sämtliche Rennradfahrende ist die Entscheidung 2 Ob99 ⁄ 14v des Obersten Gerichtshofs (OGH). Darin entschied das Höchstgericht, dass einem Rennradfahrer ein Mitverschulden an einer Kopfverletzung zukam, weil er keinen Helm getragen hatte. Der OGH begründete seine Entscheidung damit, dass, wer schnell fährt, ein höheres Unfall- und Verletzungsrisiko eingeht. Daher wird demjenigen, der auf dem Rennrad trainiert, zugemutet, einen Radhelm zu tragen.

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Alle Vorteile für Radlobby-Mitglieder Seite 18

Drahtesel 3 ⁄ 2015 – 31

TExT: Johannes Pepelnik


Radkummerkasten

Flucht vorm Mistkübelmann

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 32

Geärgert beim Radfahren? Radkummerkasten der Radlobby Wien und Drahtesel machen Missstände öffentlich bzw. stellen Kontakt zu den verantwortlichen Stellen her. Entweder Mail an drahtesel@argus.or.at (Kennwort: Radkummer) oder direkt via Online-Formular bei radkummerkasten.at

Auf dem Radweg wird DRAHTESEL-Leser Peter Iwaniewicz von einem Fahrer der Wiener Müllabfuhr abgedrängt, verfolgt und mit Watschen bedroht. Hier seine Beschwerde und die Reaktion der MA48 in Auszügen

2. Juni 2015: Iwaniewicz an MA48 Sehr geehrte Damen und Herren, Folgender Vorfall ereignete sich heute am 2. Juni 2015 um ca. 9.50 Uhr in der Dominikanerbastei 21, 1010 Wien. Auf einem in beide Fahrtrichtungen führenden markierten Fahrradstreifen hält regelmäßig ein Fahrzeug der Müllabfuhr. Als ich heute auf dem Fahrradstreifen um die oben angegebene Zeit die Kreuzung überquerte, fuhr der Lkw trotz direktem Sichtkontakt direkt auf mich zu. Da auf der links gelegenen Fahrspur Autos entgegenkamen, konnte ich dort hin nicht ausweichen und musste mich rechts an den Fahrbahnrand retten. Der Lkw hat mich dabei leicht gestreift und fuhr trotzdem weiter. Ich hatte die Befürchtung, überfahren zu werden und rief laut um Hilfe. Der Lenker schimpfte darauf hin nur laut aus dem Wagen heraus. Als ich ihn darauf hinwies, dass ich auf dem Fahrradstreifen Vorrang hätte und er mich durch sein Verhalten körperlich massiv gefährdet hat, sprang er aus dem Wagen und lief mir unter Androhung von Gewalt fast 50 Meter weit nach („Wart’� nur bis ich dich erwisch, dann gibt’s Watschen!“). Ich finde dieses Verhalten eines Mitarbeiters ihrer Magistratsabteilung völlig intolerabel. Offensichtlich hat dieser Fahrer in vollem Bewusstsein der Situation, als er mit dem Lkw anfuhr und mich verdrängte, in Kauf genommen, mir eine Körperverletzung zuzufügen. Danach hat er mich verfolgt und körperlich bedroht. Ich ersuche Sie um entsprechende weitere Maßnahmen. Ich erwarte mir nicht nur eine formale Entschuldigung, sondern fordere Sie auf, diesen Mitarbeiter bis zum Abschluss Ihrer internen Erhebungen vom Dienst zu suspendieren, da dieser durch sein Verhalten eine Bedrohung für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer bedeutet. Des Weiteren ersuche ich aus Sicherheits-

gründen darum, dass sie die Fahrer von Müllfahrzeugen dazu anhalten, an dieser Stelle nicht primär auf dem Fahrradstreifen (der gegen die Einbahn führt) zu halten, sondern dazu die normale Fahrspur zu verwenden. Mit freundlichen Grüßen Dr. Peter Iwaniewicz 5. Juni 2015: Brief MA48 an Iwaniewicz Sehr geehrter Dr. Iwaniewicz! Bezugnehmend auf Ihr E-Mail vom 2. Juni 2015 möchten wir Ihnen mitteilen, dass die Magistratsabteilung 48 stets bemüht ist, ihre tägliche Arbeit für die Wiener Bevölkerung mit so geringer Beeinträchtigung wie möglich durchzuführen. Wir möchten uns bei Ihnen für diese unangenehme Situation entschuldigen und bedauern sehr, dass Sie sich durch das Fehlverhalten unseres Mitarbeiters in ihrer Sicherheit massivst gefährdet gefühlt haben. Weiters möchten wir uns bei Ihnen für die abfälligen Wortmeldungen des Lenkers entschuldigen. Der betroffene Mitarbeiter befindet sich im Urlaub. Der Vorfall wird nach Dienstantritt mit dem Lenker analysiert. Die MA 48 wird sich danach umgehend mit Ihnen in Verbindung setzen. Mit freundlichen Grüßen Sekretariat Fuhrpark 8. Juli 2015: MA 48 an Iwaniewicz Bezugnehmend auf Ihre E-Mail möchten wir uns nochmal für die unangenehme Situation entschuldigen. In einem persönlichen Gespräch mit dem betroffenen Lenker wurde er auf sein rücksichtsloses Verhalten hingewiesen. Es wurden seitens der Magistratsabteilung 48 disziplinäre Maßnahmen gegenüber dem Lenker getroffen. Wir hoffen, dass unsere MitarbeiterInnen in Zukunft einen besseren Eindruck bei Ihnen hinterlassen werden. Mit freundlichen Grüßen Sekretariat Fuhrpark

Illustration: Lysanne Bellemare

Service & Recht


Produkte & Technik Sicher parken: Die Welt der Radgaragen Seite 34

Sicher heimfinden: Welches Navi passt zu mir? Seite 36

Neue Produkte im ARGUS-Shop Seite 39

Bicycle Business

Fahrrad-Bistro im ehemaligen Gloriette-Kino

Matthias Bernold

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 33

Foto: Matthias Bernold

Lange war es still um das traditionsreiche Gloriette-Kino in Wien-Penzing (Ecke Linzerstraße  ⁄  Johnstraße). Seit dem Jahr 2013 ist das Kino, das kurz vor dem Ersten Weltkrieg in das Gebäude eingezogen war, nicht mehr in Betrieb. In Kürze allerdings kommt die Kultur zurück. Genauer gesagt: Die Fahrradkultur. Noch im Oktober will Anthony Chira, der zwei Häuser weiter den Shop Bikes+Vienna betreibt, ein FahrradBistro mit angeschlossener Werkstatt und Geschäft eröffnen. Inspiration sind Cafés wie das legendäre LookMumNoHands in London. Das Wiener Gegenstück soll noch besser werden. „Ein kultureller Treffpunkt“, erklärt Chira: „Ein Ort, um zusammenzukommen und sich wohlzufühlen. Wo Filme gezeigt werden, wo es Koch- und Fotografie-Kurse gibt und wo die Leute feiern.“ Das ganze übrigens bei hervorragendem, aber leistbaren Essen, verspricht Chira: Ein brasilianischer Küchenchef, der früher im Motto am Fluss tätig war, wird aufkochen. Man darf gespannt sein … Anthony Chira im ehemaligen Gloriette-Kino, wo im August noch die Umbauarbeiten im Gange waren

hot or not Zeugs für Radfahrende

Fahrrad leihen mit Spinlister

Laser als Abstandhalter

GPS-Tracker als Diebstahlsschutz

McDonald’s für Radfahrende

Nach den Online-Diensten AirBnB für die private Zimmervermietung und Uber für die Beförderung von Personen gibt es nun auch ein Service für die Leihe von Fahrrädern, Schiern und Surfbrettern: Spinlister. Auf dieser Website, die weltweit in Konkurrenz zu CitybikeSystemen in den Städten tritt, kann jeder seinen DRAHTESEL tage- oder stundenweise verleihen und damit Geld verdienen. Oder sich einmal auf die Schnelle ein Vehikel ausborgen. Praktisch für Städtereisen! spinlister.com

Einige Hersteller, etwa Slancio oder Blaze, haben Fahrradlichter im Angebot, die neben der Funktion eines Scheinwerfers auch Laserlicht nutzen, um Abstandslinien oder Symbole auf den Asphalt zu projizieren. Das ganze kommt in den Farben rot und grün. Es soll verhindern, dass Radfahrende übersehen werden bzw. gewährleisten, dass Kfz-Lenkende einen sicheren Überholabstand einhalten. Bleibt die Frage, ob die Laser die Sicherheit erhöhen. Oder doch bloß wieder ein Gadget sind, das ungenutzt in einer Schublade verschwindet ...

Mit Velocate bietet das Unternehmen Büchel ein im Rücklicht verstecktes GPS-Tracking-System für E-Bikes an. Der Tracker wird am Gepäckträger montiert. Sollte das Rad gestohlen werden, sendet das Gerät eine Nachricht auf das Smartphone und zeigt die Position der Diebe an. Außerdem kann vom Smartphone aus ein akustisches und optisches Signal aktiviert werden, das das Auffinden erleichtert und gleichzeitig einen Nachweis über die Eigentümerschaft erbringt. fahrrad-diebstahl.com

Die wachsende Begeisterung für das Fahrrad ist auch der globalen Burger-FranchiseKette McDonald’s nicht entgangen: Wie das US-Magazin „Wired“ berichtet, entwickelte McDonald’s für seine jüngste Kampagne eine „McBike“ genannte Tragevorrichtung aus Karton, die es ermöglicht, ein Fast Food-Menü samt Pommes Frites und Getränk am FahrradLenker zu befestigen. Für die Massen wird „McBike“ derzeit noch nicht produziert – lediglich in einem Promo-Video kam das Produkt zum Einsatz.


Ein Dach für dein Fahrrad Produkte & Technik

Mit der Popularität des Radfahrens wird auch die Frage der Unterbringung des Drahtesels immer wichtiger. Verschiedenste Anbieter tummeln sich auf dem Markt ÜBERBLICK: Caroline Kampf

Connexurban Bei den Fahrradparkanlagen des oberösterreichischen Herstellers connexurban wird Augenmerk auf Platzoptimierung gelegt. Hergestellt aus Stahl und Aluminium ermöglicht das System ein einfaches Abstellen der Räder auf zwei Etagen. Die obere Schiene kann flach abgesenkt und das Vorderrad muss nur 40 Zentimeter hoch gehoben werden, um es in der Schiene zu parken. Das Foto zeigt die FahrradAbstell­anlage am Bahnhof Baden bei Wien, die im Sommer renoviert und auf 492 Stell­ plätze erweitert wurde. connexurban.at

Mit dem Easylift+ bietet das Unternehmen Innovametall ein benutzerfreundliches, doppelstöckiges Fahrradparksystem. Das Besondere dabei: Beim Abstellen in der oberen Etage unterstützen integrierte Gasdruckfedern das Anheben des Fahrrades. Bei der Fahr­ radentnahme wiederum sorgt ein spezielles Dämpfungssystem für das sichere Absenken der oberen Führungsrinne, was eine Bedienung ohne großen Kraftaufwand erlaubt. Das Foto zeigt die Großanlage mit über 600 Stellplätzen am Hauptbahnhof in Salzburg. www.innovametall.at safetydock.com

Orion Orion Bausysteme und der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) entwickelten miteinander bereits in den 1980er-Jahren den Fahrradparker „Beta“. Der Klassiker unter den Rad-Parksystemen wurde über die Jahre an immer neue Fahrradgenerationen und Anforderungen angepasst: Das Resultat ist der Beta XXL, dessen ausladende Bügelgeometrie das gleichzeitige Anschließen von Laufrad und Rahmen ermöglicht. Als Baukastensystem entwickelt, kann das System durch Module beliebig erweitert werden. orion-bausysteme.de

Fotos: Hersteller

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 34

Innovametall


Produkte & Technik

Raddepot

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 35

Das Parksystem von Raddepot punktet mit einem Management- und Schließsystem, das vollautomatisch via Smartphone und Bluetooth Low Energy Schloss betrieben wird. Die flexiblen, mobilen und kompakten Anlagen fungieren als intermodale Schnittstelle von öffentlichem Verkehr und Radverkehr. Weder für die Errichtung noch für den Betrieb des Raddepots sind Baumaß­ nahmen oder Anschlüsse notwendig. raddepot.net

Lock & Dock

Johannes Teeken GmbH Das neue Modell Optima V8 aus Deutschland ist eine Weiterentwicklung des erfolgreichen Doppelstock Parkers Optima V7 Das neue Modell zeichnet sich durch eine verbesserte Absenkvorrichtung und eine geringere Hebehöhe für das Vorderrad aus. Das System gibt es wahlweise mit und ohne Überdachung. teeken.de

Diebstahlsichere und platz­ sparende Fahrrad-Aufbewahrung für das Eigenheim bietet das System „Lift up“ des Unternehmens Lock & Dock. Ein vertikaler Aufzug erleichtert die Handhabung auch mit schweren E-Bikes und schafft Platz auch bei wenig Raum. „Lift up“ kommt dabei in drei Versionen: mit Elektromotor und Steckdose für E-Bikes, mit Handkurbel oder Flaschenzug und als Basisausführung mit Flaschenzug ohne Rückwand zum Einstiegspreis. lock-dock.com

Ziegler Der österreichische Hersteller Ziegler hat in den letzten Jahren seine Produktpalette im Bereich der Radabstell­ lösungen und der Elektromobilität ausgebaut: Fahrradboxen mit Elektroeinheit hat das Unternehmen ebenso im Angebot wie Fahrradüberdachungen mit Induktions-Systemlösungen oder klassische Fahrradständer. Bei allen Produkten wird auf Witterungsbeständigkeit und Wertigkeit geachtet. ziegler-metall.at streetfurniture.at


Produkte & Technik

Irrungen und Wirrungen – die Welt der Fahrrad-Navis Der Fahrrad-Tourismus boomt und mit ihm der Markt für Navigationsgeräte. Unzählige Geräte verschiedenster Hersteller sind auf dem Markt. Das Angebot ist dabei ebenso verwirrend wie die Leistungspalette der Navis

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Daniela Schulhofer fuhr mit dem Teasi One bis nach Holland

Text: Reinhold Seitl

F

ahrradreisende zieht es gern in unbekannte Gegenden. Neue Landschaften und spannende Begegnungen paaren sich jedoch regelmäßig mit Orientierungsproblemen. Landkarten – das war gestern. Technikfreudige Radl-Reisende blicken auf ihr Navigationsgerät an der Lenkstange, das den Weg weist. GPS-Fahrradcomputer der neueren Generation warten mit einer langen Feature-Liste auf: Navigation und Routenplanung, Slot für Landkarten auf (micro)SD, Sprachansage, USB-Schnittstelle ⁄ n, WiFi, Bluetooth, Touchscreen (auch handschuhtauglich), stoßfest und wasserdicht, Live-Tracking, Wattmess-System-Einbindung für die sportliche Leistungskontrolle, SmartphoneKoppelung … Spitzengeräte haben weit über 100 Anzeigemöglichkeiten. Manche Wegsuchende fühlen sich dadurch über-informiert oder brauchen vieles davon nicht. Andere freuen sich über die Fülle der angebotenen Leistungen. Ist doch nicht so schlecht, den GPS-Track laufend an ein Smartphone (und von dort an die Cloud) zu senden oder sich Rundfahrten in der Umgebung (inklusive Höhenprofil) vorschlagen zu lassen. In vielen Fällen macht es Sinn, die Tour am PC vorzuplanen, denn die automatisch berechneten Strecken am Navi sind nicht automatisch die besten oder schönsten. Auf ein gutes Navi lassen sich die Strecken laden. Die Karten für den Fahrradcomputer sind teilweise kostenlos. Teilweise müssen die Kartenpakete erworben werden. Das kann durchaus ins Geld gehen: So kostet

etwa das Kartenpaket des Marktführers Garmin für Italien und Griechenland knapp 40 Euro, das für Australien und Neuseeland schon 145 Euro. Auch der Download von speziellen Anbietern wie etwa Alpenvereinen ist mit Kosten verbunden. Immerhin bieten Urlaubsregionen den Gratisdownload fürs Navi von Radtouren der Gegend an. Wer kaum Zusatzinformationen über die Umgebung auf dem Navi benötigt, kann zu einfacheren Ausführungen greifen, die keine Kartendarstellung auf dem Display zeigen. Die Routenführung erfolgt hier durch die Darstellung von Linien und Pfeilen auf dem Bildschirm. Noch einfacher geht es durch blinkende LED-Orientierungslichter direkt am Lenker. Das wird bisher nur selten verbaut, dann aber meist im Bündel mit anderen elektronischen Innovationen wie Ultraschall-Sensoren, Totwinkel-Assistenten, vollständiger Smartphone-Einbindung u.a. Smartphones kein Ersatz fürs Navi Smartphones alleine sind als Navigationsgeräte auf Radreisen übrigens kein brauchbarer Ersatz für GPS Fahrradcomputer. Das Display ist am hellen Tag schlecht ablesbar und schaltet sich bei Sonneneinstrahlung wegen zu hoher Temperatur ab. Als Orientierungshilfe kann das Handy in Zusammenarbeit mit einer guten App und Offlinekarten nützlich sein. Auf alle Fälle sollte die Navihalterung Schutz vor Witterung bieten. Nicht alle Geräte sind nämlich wetterfest.


GPS Test Produkte & Technik

Garmin edge 1000

Teasi One²

Peter Dworak

Daniela Schulhofer

Das Top-Gerät aus dem Hause Garmin ist etwas größer und schwerer als der Garmin Edge 800, dafür aber flacher gebaut. Das Gehäuse sieht edel aus und macht einen hochwertigen Eindruck. Er hat mit einem Drei-ZollBildschirm das bisher größte Display aller Radcomputer. Anfangs ist das kapazitive (berührungsempfindliche) statt resistive (druckempfindliche) Display gewöhnungsbedürftig, schon die Nähe des Fingers über dem Glas kann eine Aktion auslösen. Vor allem auf Schotter- und Forststraßen ist damit das Rumtippsen obsolet. Kein Problem auch die Bedienung mit Handschuhen. Kernfunktionen des laut Listenpreis knapp 500 Euro teuren Gerätes (enthalten sind dabei Brust-Gurt, Tritt- und Speed-Sensor sowie GarminOpenStreetMap-Karte) sind Training und Navigieren. Letzteres erfolgt in der OpenStreetMap-Europa von Garmin. Die – auch akustischen – Abbiegehinweise sind allerdings nicht ganz ausgereift. Auch kommen die Signale schon mal zu spät. Das ist beim schnellen Rennradtraining ein Problem. Abgesehen von den gängigen Anzeigen am Display gibt es die verschiedensten Infos über Wattleistung, Wettermeldungen, Livetracking oder über potenzielle Trainingspartner in Reichweite. Einige dieser Funktionen sind nur verfügbar, wenn eine Smartphone- bzw. Internet-Verbindung besteht. Der Akku reicht für eine Ganztagestour nicht aus, nach sechseinhalb bis acht Stunden ist jedenfalls Schluss; auch wenn Displaybeleuchtung, WLAN und Bluetooth ausgeschaltet blieben. Fein ist eine optional erhältliche Fernbedienung. Damit lässt sich – ohne die Hand vom Griff zu nehmen – etwa die Beleuchtung ein- und ausschalten. Was wiederum wichtig ist zum Stromsparen …

Drei Wochen lang war ich mit dem Teasi One (Kaufpreis: 134 Euro) in Europa unterwegs. Eine große Hilfe war das Gerät dabei nicht. Im Navigierenzu-Modus werden drei Routen (Standard, leicht, schnell) vorgeschlagen. Will man eine Tagestour planen und verschiedene Zielpunkte oder Wegpunkte einrichten, wird es mühsam. Es lassen sich zuvor erstellte Routen importieren. Dies scheint das Gerät allerdings zu überfordern. Noch bevor die Tour richtig begonnen hat, bricht die Navigation bereits ab. Es erscheint die Meldung „Ziel erreicht“ oder „bitte wenden“. Lässt man dem Gerät seinen Willen und akzeptiert die vorgeschlagene Route, funktioniert die Navigation gut. Das heißt, solange man keinen Meter von der berechneten Route abweicht. Das Gerät ist nicht in der Lage, Neuberechnungen in Realtime durchzuführen und mega-unflexibel: Eine Reaktion auf reale Gegebenheiten, etwa eine Baustelle, ist nicht möglich. Das Teasi („to tease“ bedeutet im Englischen übrigens „jemanden nerven“) hängt sich in neun von zehn Fällen auf. Meistens hilft ein Neustart. Aber regelmäßig friert das Gerät ein. Dann heißt es: Warten bis der Akku leer ist. Vieles scheint nach dem Zufallsprinzip zu funktionieren. Wie auch der automatische Zoom oder die Ausrichtung nach „Fahrtrichtung oben“, was sich nach wenigen Minuten von selbst ändern kann. Die Bedienung des trägen Touchscreens ist ungewohnt. Um jetzt einmal etwas Positives zu schreiben: das Kartenmaterial basiert auf OpenStreetMaps, die nicht teuer zugekauft werden müssen. Damit sind wir bereits wieder bei den Schwächen. Nach zwei Wochen verfällt das Teasi in Schockstarre: Totalausfall, alle Reset-, Lade- und Neustartversuche bleiben vergebens.

Fazit: Das Garmin Edge 1000 bietet einen von keinem anderen Gerät zu toppenden Funktionsumfang. Allerdings wird nicht jede Funktion jedem User nützen. Beim Navigieren bestehen Verbesserungsmöglichkeiten.

Der kleine Plagegeist

Fazit: Alles zu umständlich, zu zeitaufwendig und fehleranfällig. Vor allem für längere Touren besser Straßenkarten mitnehmen. Oder gleich ein anderes Gerät...

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Spielt alle Stücke

Peter Dworak nahm das Garmin Edge 1000 auch zum Rennradtraining mit


Produkte & Technik

Xplova G3

GPS Test

Brustschwache Batterie

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Mario Sedlak

Mario Sedlak ließ sich vom Xplova G3 auf die Pleierhöhe führen

Das „G3“ wird von der Firma xplova aus Taiwan als GPS-Fahrradcomputer (ab 129 Euro) verkauft. Im Vergleich mit anderen Navigationsgeräten ist das Display mit 35×44 Millimetern ziemlich klein. Die Steuerung erfolgt – ungewöhnlich – nicht mittels Touchscreen, sondern über Tasten. Auffallend sind zwei große Knöpfe auf der Vorderseite, mit denen eine Aufzeichnung gestartet bzw. eine Zwischenzeit gespeichert werden kann. Das lässt den typischen Einsatzzweck des xplova G3 erahnen: das Aufzeichnen von Trainingsfahrten, um sie nachher zu analysieren. Dazu verbindet man das Gerät mit einem Windows-PC, auf dem man die mitgelieferte Software installiert. Wer einen Funk-Pulsmesser hat, kann dessen Signale am G3 empfangen und mitspeichern. Ebenso ist mit entsprechendem Zubehör die Aufzeichnung der Trittfrequenz möglich. Nach dem Einschalten zeigt das xplova G3 Geschwindigkeit und Kilometerstand an. Weitere Daten und Diagramme (Höhe, Puls usw.) sind darstellbar. Die Karte am G3 stammt von OpenStreetMap. Sie enthält allerdings nur die wichtigsten Orte und Straßen. Bei Vergrößerung sind nur noch Höhenlinien sichtbar. Zum Navigieren ist das unbrauchbar. Über die mitgelieferte

Software sollten andere, genauere Karten von OpenStreetMap kostenlos auf das Gerät gespielt werden können, was in meinem Test allerdings nicht klappte. Möglich ist das Aufspielen von Routen im GPx-Format. Die eigene Erstellung von Routen ist ebenfalls möglich, aber nur am Computer, nicht am G3 direkt. Für längere Radtouren ist das Gerät jedoch nicht tauglich, denn der Akku hielt mit eingeschaltetem Display knapp zwei Stunden! Weitere Schwächen: Bei Stillstand zeigt die Geschwindigkeitsanzeige nicht Null sondern wechselnde Werte bis zu ein paar km ⁄ h. Auf der Bielerhöhe wurden 1.976 Meter Seehöhe angezeigt. Korrekt wären 2.036 Meter gewesen, und die wurden bis auf ein paar Meter genau von meinem Garmin Oregon 450, das ich ebenfalls mithatte, auch angezeigt. Auf Tastendruck reagiert das G3 oft mit einer gewöhnungsbedürftigen Verzögerung. Der berechnete Kalorienverbrauch ist auf einer Bergstrecke ungefähr gleich wie in der Ebene. Für eine importierte GPx-Route zeigt die Software ein Höhenprofil, aber keine Höhenmeter an ... Fazit: Meinem Eindruck nach ist das Xplova G3 nur begrenzt brauchbar. Der relativ hohe Preis scheint mir nicht gerechtfertigt.

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Tour & Reise Einkehrschwung: Die besten Fahrrad-Wirte Seite 40

Radtour: Die geheime Weinviertel-Tour Seite 41

Reisefreude: Kuba mit Kind Seite 42

einkehrschwung: Österreichs beste Rad-Wirte

Entschleunigen und Verweilen an der Drau

Neues Service: Taxis am Traisental-Radweg Am Traisental-Radweg ergänzen ab September 2015 vier Taxi-Unternehmen zwischen St. Pölten und Mariazell das Service-Netzwerk für Radfahrende. Bisher boten neben den ÖBB-Zügen zwischen St. Pölten und Lilienfeld die Mariazellerbahn und der Radtramper-Bus zwischen St. Pölten und St. Aegyd Transportservice auf ihren Linien für Radgäste und Räder. Nun ist mit dem Service der Taxis auch ein flexibles Zusteigen abseits der Linien möglich. traisentalradweg.at

Online-Umfrage: Radtourismus in Österreich Die Arbeitsgruppe Radtourismus der Radlobby Österreich führt derzeit mit dem Marktforschungsinstitut Kondeor eine Radreiseanalyse durch. Per Online-Umfrage sollen die Wünsche und Bedürfnisse von Radreisenden genau erforscht werden; die Ergebnisse werden in die Verbesserung von Tourismus-Angeboten und Reiserouten fließen. Wer mitmacht, kann Gastronomie-Gutscheine gewinnen. Nehmen Sie hier an der Online-Befragung teil: radlobby.at/umfrage

Foto: privat

Drahtesel 3  ⁄  2015 – 40 Die Gastgeber Heidi und Dieter Mayr-Hassler aus Osttirol

Radeln entlang von Flüssen führt uns aus dem rasanten Alltag in einen Zustand der Entschleunigung. Gänzlich diesem Konzept verschrieben hat sich das Spiele- und Buchhotel Tschitscher im Osttiroler Nikolsdorf am Drau-Radweg. Den erholungsuchenden Gästen hier wird auch ein feines Aprés-Rad-Programm geboten: Lesen und Genießen, Hören und Spielen sind die Inhalte. Es gibt natürlich keine Fernseher zum Durchzappen, dafür aber eine reichhaltige Audiothek mit Musik-CDs und Hörspielen. Die Bibliothek des Gasthofs hält zeitgenössische Bücher, auch Regionalkrimis wie „Totenfrau“ des Tiroler Autors Bernhard Aichner. Die Spielothek lädt zu Brettspielen ein, darunter viele Klassiker aus der Kindheit. Als Familienspiel empfehlen die Gastgeber Heidi und Dieter MayrHassler übrigens „Heckmeck am Bratwurmeck“.

Neu aufgelegt: StadtLandRadkarte Die neu aufgelegte StadtLandRadkarte für Wien und Niederösterreich ist der perfekte Begleiter für einen Tagesausflug. Die Karte im Maßstab 1:40.000 deckt einen Umkreis von ca. 30 Kilometer rund um Wien und zudem die Gegend bis nach Bratislava ab. Markiert sind bekannte wie lokale Radwege, was eine individuelle Routenplanung ermöglicht. Erhältlich ist die Karte um 19,90 Euro im ARGUS-Shop sowie im gut sortierten Buchhandel.

Dieses Familien-Würfelspiel findet auch im FahrradGepäck leicht Platz, etwa auf der Rad-Bade-Safari. Und es lässt auch einen Regentag zu einem gelungenen Radtourentag werden. Das hat das Hotel Tschitscher, abgesehen von der Erfüllung der Bett + BikeKriterien, zu bieten: • Breites Info-Angebot für regionale Radtouren und Rad-Sternfahrten • Radtouren-Packages: Rad-Bade-Safari • Hörbuchfestival Osttirol mit Literatur-Dinner und Hörbuch-Radtour www.spielehotel.at Die Drahtesel-Serie Einkehrschwung: Österreichs beste Rad-Wirte stellt Gastro­ nomie-Betriebe vor, die Rad­freundlichkeit besonders überzeugend leben. Ernst Miglbauer

Fahrradtourismus in der EU: Umsatz von 44 Mrd Euro In einem Interview mit der deutschen „Welt“ unterstreicht der Grüne Europapolitiker Michael Cramer die wirtschaftliche Bedeutung des Fahrradtourismus. Seit 20 Jahren verzeichne diese sanfte Form des Reisens Zuwachsraten von bis zu 20 Prozent pro Jahr und einen Umsatz von 44 Milliarden Euro pro Jahr. „Damit erreicht diese Tourismussparte dieselbe Höhe wie die Kreuzfahrt-Branche“, erklärt Cramer.


Serie: Österreichs schönste Radtouren

Weinviertler Schnäppchen Von Krems nach Maissau auf einem (fast) vergessenen Radweg

Tour & Reise

Limberg Maissau Eggendorf am Walde Mühlbach am Manhartsberg

37 35

Großriedenthal

218 34

Senftenberg Krems an der Donau

Fels am Wagram

Grafenegg S5

Dürnstein Weißenkirchen in der Wachau

37a

Donau

Anreise Züge fahren in Krems, WagramGrafenegg und Limberg-Maissau. Beim Bahnhof Krems und beim Schloss Grafenegg befinden sich Nextbike-Leih­räder (von Frühlingsbeginn bis Mitte November). Unterkunft und Gastronomie In Maissau befindet sich ein „Amethysthotel“ mit Radverleih. Zur Einkehr gibt es die Weinviertel-typischen Heurigen. Ein Blick in den Heurigen­ kalender lohnt.

W

eder in der offiziellen Niederösterreich- noch WeinviertelRadkarte ist er eingezeichnet, aber trotzdem ist er relativ gut beschildert und empfehlenswert: der Weinviertel-Radweg – nicht zu verwechseln mit der Weinviertel-DAC-Radtour bei Retz und der Weinviertel-Donau-Radtour um Korneuburg. Der „Geheimtipp“ beginnt in Krems, verläuft über Maissau nach Retz und dann ungefähr gleich wie die Kamp-Thaya-MarchRoute entlang der Staatsgrenze nach Osten. Vor allem von Krems nach Maissau ist der Weinviertel-Radweg eine gute Verbindung. Im Vergleich zum UrzeitRadweg, der über den Manhartsberg nach Maissau führt, spart der Radfahrende 150 Höhenmeter und die Steigungen sind erträglicher.

Illustration: Anna Hazod

Ein Radweg für Detektive Laut Weinviertel-Tourismus wurde der Radweg schon in den 1980er-Jahren angelegt und längst aufgelassen. Allerdings ist die Route auch auf neuen Wegweisern noch angegeben und in der Radkarte vom Donau-Niederösterreich-Tourismus eingezeichnet. So ist es kein Problem, vom nördlichen Donauradweg kommend den Anfang des Radwegs zu finden. Empfehlenswert ist der Einstieg bei Theiß. Damit wird die relativ stark befahrene Weinzierl-Straße in Krems vermieden, in die Tourenradelnde – noch dazu ohne Wegweiser – einbiegen müssten. Ansonsten sind Wegweiser spärlich, aber durch-

gängig vorhanden, wenngleich oft total verblichen. Beim Schloss Grafenegg scheint es früher eine Durchfahrt gegeben zu haben – nun signalisiert ein Verkehrszeichen Fahrverbot. Durchschieben oder Umfahren ist aber möglich. Mit etwas Intuition ist dann der Weg bis Maissau zu finden – meistens einfach dem Straßenverlauf folgen. Sehenswürdigkeiten Wie auf den meisten Routen ist „Radweg“ nicht wörtlich zu nehmen. Fast durchgängig verläuft der Weinviertelweg auf Landstraßen im Mischverkehr. Dafür gibt es – anders als etwa am Urzeit-Radweg – durchgängig Asphalt. Neben Schloss Grafenegg, das ein reichhaltiges Kulturangebot hat,

führt der Weinviertel-Radweg auch direkt beim Schloss Mühlbach mit seinem großen Park mit seltenen Pflanzen vorbei. Eine Führung durch das Schloss ist nur für vorangemeldete Gruppen möglich. Ebenfalls in Mühlbach am Manhartsberg befindet sich das Geburtshaus des katholischen Geistlichen und Mundartdichters Joseph Misson. In Maissau ist die Amethystwelt die Hauptattraktion. Zahlende Besucher erfahren hier alles über den violetten Edelstein und sehen eine riesige freigelegte Ader. Violett ist das unübersehbare Markenzeichen der Gemeinde. Alle möglichen Objekte sind in dieser Farbe lackiert. In der Ferne ist das Schloss Maissau zu sehen, das leider nicht von innen besichtigt werden kann.

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EXPEDITION: Mario Sedlak


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Kuba, Kind


und Kegel Neue Freundin, neue Tochter, zwei Fahrräder, ein neuer Kinderanhänger. So ausgestattet verschlägt es unseren Reporter acht Wochen lang nach Kuba

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REISEPROTOKOLL & FOTOS: Peter Provaznik

Augenfreude kurz vor Trinidad: Die Insel verwöhnt ihre radreisenden Gäste


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Tour & Reise

Musik, Mojitos, weißer Strand: Kuba ist die perfekte Destination für Radreisende

Modal Split auf Kuba: Ein paar alte Autos, Pferdefuhrwerke und viele, viele Fahrräder

A

uf Grund der jahrzehntelangen US-Blockade ist der karibische Inselstaat durch eine liebevolle Konservierung des Vorhandenen gekennzeichnet. Mangel wird durch Lebenslust und Improvisation wettgemacht. Als Reisende sind wir gern gesehen. Auch dank unserer fünfjährigen Viktoria: Die Kinderliebe der Kubanerinnen und Kubaner öffnet viele Türen. Nach der Ankunft am Flughafen von Matanzas: Entspannung auf Varadero, der kubanischen Tourismushochburg. Wir kochen selbst gesammelte Muscheln und fangfrischen Hummer. Dann die ersten Tage im Sattel durch Zentralkuba über die Schweinebucht und Cienfuegos bis Trinidad. Wild zelten im Zitronenhain, bei Bauern im Hof, am Flachdach eines Restaurants oder in Casas Particulares – näher dran am authentischen Kuba geht nicht. Ob Zahnarzt, Lkw für den Radkartontransport, oder ein Bett nach dem Sonnenstich, immer sind hilfsbereite Kubanerinnen und Kubaner in der Nähe, die – so gut sie können – helfen. Radtransfers über weite Distanzen: dank der staatlichen Buslinie Viazul kein Problem. Unsere zwei Räder und den zusammengeklappten Leggero Vento Kinderanhänger verladen wir selbst.

Kaum Lärm, behutsame Geschwindigkeit, menschliches Maß

Das ideale Gefährt, auch für frisch Verliebte

Von Baracoa, der Stadt am südöstlichsten Zipfel der Insel, fahren wir über die berühmte Passstraße La Farola durch den tropischen Regenwald nach Guantanamo, gratis Shuttleservice der Polizei inklusive. Viktoria liebt das Neue, die Abwechslung, die Menschen und deren Temperament, lernt spielerisch Spanisch, quietscht vor Freude bei schnellen Abfahrten. Zwischendurch gibt’s Abkühlung im Meer. Unsere Fahrziele haben wir definiert, die Tagesetappen entstehen im Fahren. Je nach Windrichtung, Hitze, physischer und psychischer Verfassung. Viki beobachtet, spielt, singt, oder schläft im Kinderanhänger. Wir machen viele Pausen, trinken reichlich. Die Unterkünfte werden spontan und intuitiv ausgesucht. Wir haben viel Zeit, und nehmen sie uns auch. Insbesondere fernab der Städte begeistert uns Kubas Modal Split: Zufußgehende, Radfahrende, Pferdekutschen, Ochsenkarren, einige Traktoren, Lkw und wenige Amischlitten. Das heißt: kaum Lärm, behutsame Geschwindig-


Wir kochen selbst gesammelte Muscheln und fangfrischen Hummer

Schmugglern auf der Spur Unser Autor begibt sich ins legendäre Villgratental in Osttirol

Nach einigen Tagen in Kubas Hauptstadt Havanna fahren wir noch eine Runde ausgehend von Viñales, dem weltbesten Tabakanbaugebiet, auf die traumhafte Halbinsel Cayo Jutias und retour. Wir zelten fünf Meter vom Strand entfernt unter Palmen. Herzliche Kubaner laden uns zum Essen ein. Dann: Musik, Mojitos, weißer Strand. Das Meer ist blau. Ein entspannter Ausklang. Der Abschied fällt uns schwer. Anreise Mit der Fluglinie Condor von Wien direkt nach Varadero. Räder einzeln in gebrauchten Radkartons, 75 Euro pro Strecke und Stück. Fahrradanhänger im Karton ging als Kinderwagen gratis durch. Unterkunft In Casas Particulares im Kreis der Familie, bestens und reichlich bekocht. Campen inoffiziell, überall nach Rücksprache oder unentdeckt möglich. Verpflegung Private Paladares (kleine Familien­ restaurants). Straßenstände mit Pizzas und Sandwiches. Reisen mit Kind Tagesetappen bis max. 65 Kilometer einplanen, Malsachen etc. mitnehmen. Trink- und Pipistopps, Spielplätze erkunden, Muscheln sammeln, im Schatten liegen etc. Eine Slide Show mit allen Bildern von Peter Provazniks Kuba-Reise findet sich auf drahtesel.or.at

Tour & Reise

Roland Girtler Der vagabundierende Kulturwissenschaftler und Universitätsprofessor schreibt regelmäßig an dieser Stelle

M

it dem Fahrrad, es ist schon eine Zeit her, radelte ich über das Lesachtal in Kärnten nach Sillian in Osttirol. Diese Tour ist zwar anstrengend, es geht bergauf und bergab, aber von unglaublicher Schönheit. In Sillian kehre ich bei Familie Walder ein, die hier eine kleine hübsche Pension besitzt. Edith und Hermann Walder sind liebe, alte Freunde von mir. Hermann, ein Mann wie ein Felsen, stammt aus dem innersten Villgratental, ungefähr 20 Kilometer von Sillian entfernt. Er ist mit seinen Schwestern und Brüdern, sie waren insgesamt zwölf Geschwister, in dem kleinen Weiler Kalkstein auf einem großen Gebirgsbauernhof aufgewachsen. Hermann Walder ist durch seinen Kampf gegen ein Gerichtsurteil berühmt geworden: Er wollte nicht hinnehmen, dass der Jäger, der seinen Bruder Pius am 8. September 1982 von hinten niedergeschossen hatte, nur wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde. Hermann Walder und seine Brüder waren nicht nur ehrbare Holzfäller und Wilderer, sondern ebenso ehrbare Schmuggler. Als solche waren sie auch mit dem Fahrrad unterwegs. Um mich auf die Spuren der alten Schmuggler zu begeben, radle ich in das Villgratental. Allmählich steigt die Straße auf über 1.600 Meter Seehöhe an. In Kalkstein ist die Straße zu Ende. Wenn

man nach Südtirol will, muss man zu Fuß über ein Joch wandern, so wie es dereinst die Schmuggler taten, die Lebensmittel nach Osttirol brachten. Vor der Abzweigung nach Kalkstein steht noch das mächtige alte Zollhaus, das 1973 seine Bedeutung verlor. Bis dahin beherbergte das Zollhaus Zöllner, die auf den Bergen Schmuggler zu fassen suchten.

Die Schmuggler in Osttirol waren hoch angesehene Leute Gerade in den Zeiten der Armut nach den letzten Kriegen waren die Schmuggler hoch angesehene Leute. Die Walder-Brüder waren starke Leute, die imstande waren, auf unwegsamem Gelände die Zöllner zu umgehen. Ähnlich wie das Wildern, gehörte auch das Schmuggeln zur Kultur der kleinen Leute im Gebirge. Radfahrende unterstützten die Schmuggler beim heimlichen Transport ihrer Waren hinaus aus dem Villgratental in das Pustertal. Auf das Wohlsein von Hermann Walder, seiner Frau, seiner Töchter und seiner Enkeln, aber auch auf das Wohlsein der früheren ehrbaren Schmuggler, zu Fuß und auf dem Rad, erhebe ich ein kleines Glas mit dem isotonischen Getränk Bier.

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keiten, menschliches Maß. Wir unterstützen die lokale Wirtschaft, kaufen sonnengereiftes Gemüse und Obst vom Lastenrad oder Handkarren, Pizza und Fruchtsäfte aus Hauseingängen.


Forum Briefe von Leserinnen und Lesern Seite 46

Reflektor: Hündisches Verhalten Seite 46

# Ampelschaltungen Bin ein großer Fan eures feinen Magazins! Was mir aber fehlt, ist das Thema Ampelschaltungen. Öffentlicher Raum wird nämlich auch via Zeit verteilt. In den Niederlanden wissen sie das schon lange und schalten daher nach Rad- und nicht nach Autogeschwindigkeit. Würde mich über mehr Debatte dazu freuen! Ansonsten: Weiter so ;-) Sybille Pirklbauer 1210 Wien

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# Fahrradboxen Ich suche Menschen, die in der Wohnhausanlage in der Jägerstraße 89-95 wohnen und Interesse an versperrbaren Fahrradboxen haben. Wir versuchen gerade bei Wiener Wohnen diese Boxen zu beantragen und würden noch Unterstützer brauchen! Es geht ganz einfach: Bei Wiener Wohnen unter 05 75 75 75 anrufen, Namen und die genaue Adresse nennen und Interesse bekunden. PS: Nachahmen ist natürlich auch in jedem anderen Gemeindebau möglich und erwünscht! Julia Hai 1200 Wien

Termine: Streetlife, Sternfahrt, Radkult Seite 47

# Abstands-Kampagne der Radlobby Die Aktion „Abstand halten“ find ich ganz toll – vielleicht gibt es dann mehr Bewusstsein für das Problem. Früher hat man oft Fahrräder mit ausklappbaren Abstandhaltern gesehen. Ist das noch gesetzlich zulässig? Gerhard Dum 1210 Wien antwort der redaktion: Der alte Abstandhalter ist weiterhin erlaubt. Er ist jedoch so kurz, dass ein sicherer Überholabstand nicht erreicht werden kann. Ein paar gute Abstandhalter können Sie hier finden: hamburgfiets.de/tag/abstand

# Jagd auf Radfahrende

der Kreuzung, allerdings kam hinter mir eine Polizeistreife. Eine Ordnungswidrigkeit, zugegeben, aber 70 Euro Strafe dafür? Mich würde interessieren, ob auch andere diese Beobachtung gemacht haben und ob ein Kalkül besteht, Radfahrenden das Leben schwer zu machen. G. H. (Name der Redaktion bekannt) Die Redaktion freut sich über Diskussionsbeiträge und Leserbriefe. Bitte senden Sie uns Ihren Text unter Bekanntgabe Ihres Namens und der Postleitzahl an drahtesel@argus.or.at

D rahte s e

l Probeabo

sel.or.at/ab

www.drahte

o

Ich beobachte und erlebe auch am eigenen Leib, dass die Wiener Polizei in diesem Sommer regelrecht Jagd auf Radfahrende macht. An einer stillen Kreuzung einer verkehrsberuhigten Zone fuhr ich bei Rot über die Kreuzung, weil ich Lebenszeit nicht mit dem Warten auf das in diesem Fall irrelevante Farbenspiel der Ampel zubringen wollte. Es war keinerlei Fahrzeug auf

Der Reflektor

Das Pratzerl des Pudels Wir Kinder liebten die Gesellschaft von Schäfermischling Rex, wenn wir die Sommerferien bei Großmutter auf dem Land verbrachten. Er war treu ergeben, ließ sich von uns alles gefallen und verbellte jeden, der sich näherte. Sein großes Feindbild polterte in Gestalt des nachbarlichen Pferdegespanns oft am Haus vorüber. Leidenschaftlich hetzte er dem Wagen nach – bis er eines Tages, herzzerreißend heulend, am Straßenrand verendete. Er war unter die Räder gekommen. Gemütlich radelte ich eines Tages auf einem gemischten Fuß ⁄ Radweg, als ich von weitem eine mir entgegen kommende liebe Freundin erblickte. Sie führte Pudeldame Silvie an der Leine. Früher noch als ihr telefonierendes Frauchen erkannte mich der Hund, riss sich los und stürmte mir euphorisch

entgegen. Während ich bremste, sprang sie an mir hoch und verfing sich mit einer Pfote in meinem Vorderrad. Radfahrende kennen das Problem: Hunde haben Schwierigkeiten, sich StVO-konform und eigenverantwortlich zu verhalten. Emotionen trüben ihnen die Sinne. Der Jagdtrieb schwächt ihre Einsichtsfähigkeit. Sie starten oft unvermittelt der mutmaßlichen Beute hinterher, bei der es sich um Kinder, Joggende oder Radfahrende handeln kann. Eigentlich sollte man Straßenverkehrsschulungen für die Vierbeiner verlangen. Silvies Frauchen sollte man mit derlei extremem Gedankengut besser verschonen. Das Pratzerl des Pudels ist zwar längst geheilt, aber die Beziehung zwischen Frauchen und mir ist nicht mehr so herzlich wie früher.

Reinhold Seitl ist Mediendesigner und Journalist in Wien. Er betreibt das FahrradTextportal bikeletter.at


Termine im Herbst 12. und 13. September streetlife Festival – Das Festival für Stadtmenschen Vom 12. bis 13. September verwandelt sich die Babenbergerstraße in Wiens größtes Wohnzimmer. Mit Musik, Kunst und Design. Mit Sport, Street-Art, Urban Gardening, innovativen Mobilitäts-Angeboten, Infotainment zur Stadtentwicklung Wiens und Kinderprogramm. streetlife-festival.at

Albert-Schulz-Halle Attemsgasse 2, 1220 Wien Treffpunkt: 9:30

eU-sternfahrt taG Des sPOrts HELDENPLATZ Auhofcenter 1140 Auhofcenter, 1140 Wien Treffpunkt: 9:30

19. September 2015 eU-sternfahrt am tag des sports Am 19. September findet in Wien anlässlich der ersten Europäischen Woche des Sports eine große Radsternfahrt statt. An fünf Punkten wird gestartet (siehe Grafik) und zum „Tag des

1

Happel-Stadion Meiereistr. 7, 1020 Wien Treffpunkt: 9:30

2

4 5 3

Schwechat Hauptplatz Hauptplatz Schwechat Treffpunkt: 9:30

Columbus-Center 1100 Columbusplatz 7-8, 1100 Wien Treffpunkt: 9:30

Sports“ am Heldenplatz geradelt. Alle Teilnehmenden der Sternfahrt erhalten beim Start und bei den Zwischenstopps Wertbons, die gegen EU-Goodies eingetauscht werden können sowie zur Teilnahme am RADLOBBY-Gewinn-

spiel berechtigen. beactive-austria.at tagdessports.at 16. bis 18. Oktober radkult Festival Ein Wochende lang zeigt das „Radkult Wien Festival“ der Radlobby IGF wieder urbane Rad-

kultur mit Radfilmen, Parties, Action und Kunst. Im Gartenbaukino hat unter anderem die sehenswerte schwedische FahrradDokumentation „Bikes vs. Cars“ ihre Österreichpremiere. radkult.at

22. September 2015 rasen am ring Am 22. September, dem Internationalen Autofreien Tag, veranstaltet die Plattform autofreiestadt. at zum bereits neunten Mal „Rasen am Ring“. Zwischen 12 und 19 Uhr werden Opern-, Burgund Universitätsring Auto-frei. autofreiestadt.at 16. Oktober 2015 Critical Mass Die Critical Mass, Radausfahrt für eine gerechtere Verteilung des öffentlichen Raums, findet in Wien jeden dritten Freitag im Monat statt. Treffpunkt ist der Schwarzenbergplatz (16.30 Uhr). Auch in Graz, Innsbruck, Linz, Salzburg und Wiener Neustadt wird geradelt. criticalmass.at

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Land

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